Die „Fürth“ in Skandinavien

Holz für Geelong

Die neunte Fahrt des Dampfschiffes „Fürth“
vom 5. April 1911 bis 24. September 1911 (DADG, Linie 6)

Eine Fahrt mit vielen Überraschungen!

Andersen & Co. Frederiksstad

Anzeige des Maklers Andersen & Co. in Frederiksstad (Norwegen) für die Abfahrt des Dampfschiffes „Fürth“ im April 1911 nach Australien, Zeitung Kysten, 30. März 1911, Seite 3, Quelle: National Library of Norway

Nur zwei Tage Liegezeit

Die erste Überraschung gibt es bereits in Hamburg. Die „Fürth“ war erst am 3. April 1911 aus Australien in Hamburg angekommen und hatte gerade einmal zwei Tage, um ihre Ladung zu löschen, bevor sie am Abend des 5. April 1911 nach Gothenburg (Göteborg) aufbrach.

Am 5. April musste ab- und angemustert werden und die Anmusterung fand sogar noch vor der Abmusterung statt!

Die einzige Fahrt nach Skandinavien

Eigentlich war die „Fürth“ auf der Linie 4 geplant gewesen. Diese Fahrt übernahm dann allerdings die „Hamm“ und die „Fürth“ wurde für die sogenannte „Skandinavien-Linie“ eingeplant. Dies sollte auch die einzige Fahrt dieses Dampfschiffes in den hohen Norden bleiben.

Ein großer Fahrplan

Eine weitere Überraschung ist der Fahrplan der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, der jetzt auf deutlich mehr Linien angewachsen war als vorher. Kapstadt und Sydney wurden jetzt wöchentlich bedient und Fremantle, Melbourne, Adelaide und Brisbane vierzehntägig. Auch Java wurde zweiwöchentlich über Australien angefahren und zusätzlich gab es Direktfahrten dorthin durch den Suezkanal.

Anders ausgedrückt: Das Geschäft der Reederei brummte!

German Australian Steam Ship Company, advertisement in HANSA, April 1911

Anzeige der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft vom April 1911 in der Zeitschrift HANSA mit sechs Linien nach Australien und Niederländisch-Indien

Holz aus Skandinavien: „Baltic Timber“

Der Grund für die Skandinavien-Linie der DADG lag in großen Holzlieferungen für Australien. Wir werden das später bei der Ankunft in Melbourne und vor allem in Geelong sehen.

Frederiksstad Tilskuer

Anzeige der Firma Andersen in der Tageszeitung Frederiksstad Tilskuer vom 20. April 1911, Seite 3

FUERTH LEAVES HAMBURG.
Cable advices state that the G.A. Company’s steamer Fuerth was despatched from Hamburg on the 23rd April for Fremantle, Adelaide, Melbourne, and Sydney. She comes out in what is known as Line 6 in the service from Scandinavia.
Daily Commercial and Shipping List, Mi 26. Apr 1911

Anm.: Am 23. April lief die „Fürth“ von Cuxhaven ab, wo sie am Tag zuvor von Skandinavien zurückgekommen war. Ich habe keinen Beleg dafür gefunden, dass sie am 22. oder 23. April in den Hafen Hamburg zurückfuhr.

Achtung Sprengstoff!

Quelle: Pixabay (Bildausschnitt)

Erster Hafen in Australien war Fremantle, für den eine größere Menge Sprengstoffe bestimmt waren. Diese wurden aus Sicherheitsgründen auf Reede in Schuten umgeladen. Erst dann lief die „Fürth“ ans Hafenkai, um die restliche Ladung zu löschen. Zum Thema Dynamit siehe auch folgenden Beitrag: Plakatwerbung

GERMAN STEAMER FURTH.
ARRIVES PROM HAMBURG.
Shortly before 6 o’clock this morning the German-Australian steamship liner FURTH reached Fremantle from Hamburg, and dropped anchor in Gage Roads. She will tranship 6,050 cases of explosives into lighters, after which she will come into the river to a berth at the Quay to discharge a quantity of general cargo.
The Daily News, Perth, Mo 5. Jun 1911, S. 11

Holz für Victoria

Das skandinavische Holz war für die Häfen Melbourne und Geelong bestimmt. Geelong liegt am Westufer der großen Bucht Port Phillip im Bundesstaat Victoria, an der sich auch die Hauptstadt Melbourne befindet.

In beiden Häfen zusammen lag die „Fürth“ insgesamt drei Wochen, um die Ladung zu löschen. Auf die große Ladungsmenge weist auch die folgende Meldung hin:

BALTIC TIMBER.
Bills of lading received for the German steamer Furth, due to leave Melbourne for Geelong at the end of the week show that she has a very large parcel of Baltic softwoods on board for Geelong. It will run into something like a million super-feet, and will be distributed amongst all the timber yards of the district. It is expected that the Furth will be in port at least a week discharging.
Geelong Advertiser, Do 15. Jun 1911, S.3

In Geelong wartete man schon ungeduldig auf die Holzlieferung, die sich dann allerdings um zwei Tage verzögerte.

SHIPPING MOVEMENTS.
If agents‘ arrangements do not miscarry the German-steamer Furth will complete the discharge of her timber cargo for Melbourne in the Yarra today, and will steam down to Corio Bay to commence the landing of Geelong orders to-morrow morning.

Geelong Advertiser, Di 20. Jun 1911, S. 2

Anm.: Yarra ist der Fluss in Melbourne, die Corio Bay bildet den südwestlichen Teil der Port Phillip-Bucht im Ballungsraum Melbourne in Victoria. Die Stadt Geelong liegt an der Corio Bay.

Schiffsunfälle in Geelong

Glimpflich verliefen zwei Zwischenfälle bei der Ankunft der „Fürth“ in diesem erstmals angelaufenen Hafen. Erst rammte das Schiff leicht die Pier und dann fielen auch noch Bodendielen ins Wasser, die ein Matrose wieder aus dem Wasser fischen musste. Die Wassertemperaturen waren offensichtlich recht frisch, denn es war Juni und damit australischer Winter!

Anm.: Ein Blick in eine Klimatabelle weist für Geelong im Juni eine durchschnittliche Wassertemperatur von ca. 15 °C aus. Sicher kalt für einen Australier, aber nicht wirklich für einen Hamburger Matrosen!

A CHAPTER OF ACCIDENTS.
Several mishaps, fortunately not of a serious nature, attended the arrival of the German timber-laden steamer Furth in Corio Bay yesterday afternoon, from Frederikstadt, via Melbourne. She had to pass the s.s. St. Albans to reach the shore berth on the west side of the Yarra-street pier, and was blown by the northerly breeze into the foreshore embankment. She struck bow on against the stone work, but only lightly, and backed out undamaged. Soon after unloading was commenced a sling of flooring boards fell from one of the derricks overboard. A stevedore who went down the side of the vessel to pick up the sling, joined the timber in the water, and had an unpleasant cold bath. He quickly emerged from the water unhurt, and the timber was also recovered.
Geelong Advertiser, 24. Jun 1911, S.3

Fyansford

Im folgenden Artikel erfahren wir, dass das Holz für die Papiermühle in Fyansford bestimmt war und der Verfasser drückt seine Hoffnung aus, dass diese Direktlieferungen aus Übersee öfter erfolgen werden. Außerdem klärt er über den missverständlichen Ausdruck „wood pulp“ auf. Das Holz hat eine durch und durch feste Konsistenz und ist gar nicht „pulpy“.

Anm.: Als Wood Pulp wird das Holz bezeichnet, das beim Holzeinschlag oder in Sägewerken als Abfallprodukt übrigbleibt, also Holzprügel, dünne Stämme etc.

DIRECT IMPORTING.
A line of 400 bales of wood pulp is being landed from the timber steamer Furth for the Australian Paper Mills at Fyansford. Usually supplies are landed by transshipment, but in this case the facility of a direct caller was availed of by the consignees: It might be expected that if visits from oversea vessels were more frequent there could be a greater amount of direct importing. Wood pulp is made from timber at the milling establishments, but is not Ianded, as its name would suggest, in a pulpy state.
It closely resembles coarse parchment and is very heavy in bulk.
Geelong Advertiser, Mo 26. Jun 1911, S.2

Viel Betrieb

Es war zu dieser Zeit jede Menge los im Hafen von Geelong. Schiffe mit insgesamt 18000 Tonnen Ladekapazität lagen an den Piers, 7000 Tonnen davon allein vom Dampfschiff „Fürth“.

SHIPPING MOVEMENTS.
Consignments of Baltic weatherboards, lining and flooring boards totalling 409 standards were brought yesterday from Frederickstadt via Melbourne by the German-Australian steamer Furth. She berthed at the Yarra-street pier, where the presence of the E. and A. liner St. Albans and the collier Moorabool made shipping look, decidedly brisk. The s.s. Pakeha was at the railway pier, and the aggregate registered tonnage capacity of the four vessels was approximately 18,000 tons. The barque Joseph Craig cleared out for Auckland yesterday morning and to-day the St. Albans will clear for Hong Kong via Sydney. The Pakeha will be loaded down to a safe mark for the outward passage of the channel, and will probably lift 4000 tons of wheat. Her charterers, Louis Dreyfus and Co. are stated to be the biggest grain dealers in the world.
Geelong Advertiser, Sa 24. Jun 1911, S.2

Anm: 1 Standard entspricht 165 Kubikfuß oder 4,7 Kubikmeter. 409 Standards sind also ungefähr 1922 Kubikmeter.

Port Pirie

Interessant ist der folgende Verlauf der Fahrt: Von Geelong ging es zunächst nach Sydney. Hier wurden wahrscheinlich Kohlen für den Eigenbedarf gebunkert. Auch Fracht für Port Pirie?

Anm.: Bei den Ankunfts- und Abfahrtszeiten der „Fürth“ gibt es in Sydney auch Differenzen in den Medien: Ankunft 6. oder 7. Juli, Abfahrt 8. oder 9. Juli. Eventuell hängt das auch mit den Schiffsbewegungen in der Bucht von Sydney zusammen.

The German-Australian liner Fuerth was removed from her berth at Purbury’s Wharf to Wharf No. 3, Pyrmont North, at 5 p.m. yesterday.
The Daily Telegraph, Sydney, Sa 8. Jul 1911, S. 21, SHIPPING.

In Port Pirie befinden sich Metallhütten, in der die Erze von der Lagerstätte Broken Hill verarbeitet werden. Die Bleihütte zählt zu einer der größten weltweit. Aber auch Erze, angereicherte Erze (Konzentrate) und Weizen werden von Port Pirie aus verschifft.

Die südaustralische Stadt Port Pirie wurde von der „Fürth“ nur auf dieser einen Fahrt angelaufen. Für Ende 1912 war sie zunächst für eine Direktfahrt dorthin von Hamburg aus vorgesehen, die dann aber das Schiff „Plauen“ übernahm.

Port Pirie:
… The steamer Furth, which sailed for Antwerp via eastern ports on Saturday, took 1,005 tons of ore on account of George Wills & Co., and 1,000 tons of ore for Elder, Smith, & Co.
Chronicle, Adelaide, Sa 22. Jul 1911, S. 25, Shipping News.

FUERTH, G.A. s.
For Hamburg, via ports.
Sailed Port‘ Pirie July 15, 1911.
Geo.. Wills and Co., agents.
Amsterdam: 1005 tons 7cwt. lead concentrates.
Hamburg: 1000 tons lead concentrates

Von Port Pirie ging es über Niederländisch-Indien auf die Heimreise.

Nochmals viel Betrieb

In Makassar auf der Insel Celebes (Sulawesi) war das Handelsvolumen stark angewachsen und die Hafenanlagen und Lagerräume für die umgeschlagene Menge zu klein geworden. Geplante Neubauten waren noch nicht fertig und so gab es bei der Abfertigung der Schiffe Probleme. Die „Fürth“ und die „Deucalion“ mussten einige Tage auf Reede warten, bevor sie an den Anlegern Platz fanden.

 „…
En wat dat zeggen wil, konden we dezer dagen alen toen twee groote vraohtsohepen, de Deucalion en de Fürth eenige dagen op de ree moesten wachten brj gebrek aan ruimte aan de steigers.
…“
Bataviaasch nieuwsblad, 10. Aug 1911

Cochin

Anschließend gab es einen kurzen Stop in Batavia und dann sechs Tage Aufenthalt in Cochin an der indischen Malabarküste, was darauf hindeutet, dass hier noch viel Fracht aufgenommen wurde.

In Amsterdam löscht die “Fürth“ die folgende Ladung:

1005 Tonnen Bleierz, 1860 Ballen Kokosgarn, 821 Körbe Kopal, 442 Stück Wurzelholz, 258 Kisten Kopal, 167 Kisten Muskatnüsse, 203 Säcke Zimt, 300 Säcke Kaffee, 175 Säcke Kopal, 100 Sack Dammarharz, 100 Fässer Glyzerin, 60 Kisten Wermuth, 63 Kisten Schalen, 52 Körbe Zimt, 38 Ballen Kapok, 22 Ballen Hirschfelle, 25 Kisten Seife, 18 Körbe Wurzelholz, 14 Fässer Kokosöl, 10 Ballen Süßholz, 6 Ballen Ölsaat, 1 Kiste Sonstiges
Für Rotterdam: 12 Fässer Kokosöl, 5 Ballen Ölsaat und 6 Kisten Seife

CARGALIJST AMSTERDAM.
JAVA. Furth, en partij loose looderts, 1,005,000 kilo, 1860 bn. cocosgaaren, 821 manden gom copal; 442 stuks wortelhout, 258 kn gom copal, 167 kn. nootmuakaat, 203 zk. kaneel, 300 zk.coffie, 175 zk. gom copal, 100 zk. gom damar, 100 vn. glicerine, 60 kn. vermouth, 63 kn. schelpen, 52 manden kaneel, 38 bn. kapok, 22 bn. hertevellen. 25 kn. zeep, 18 manden wortelhout, 14 vn. cocosolie, 10 bn. zoethout, 6 bn. oliezaad, 1 kist diversen.
Voor Rotterdam: 12 vn. cocosolie, 5 bn. oliezaad, 6 kn. zeep.
Nieuwe Rotterdamsche Courant, 21. Sep 1911

Anm.: Quelle sehr schlecht lesbar, Angaben ohne Gewähr (vor allem die Zahlenangaben)

Macassar Boengie

Laut folgendem Handelsbericht sind 350 Ballen Kaffee mit der „Fürth“ nach Amsterdam gekommen und zwar von der Sorte „Macassar Boengie“.

350 bales coffee

350 Ballen Kaffee der Qualität „Macassar Boengie“ wurden von der „Fürth“ nach Amsterdam importiert, Ankunft des Schiffes am 21. September 1911

Zu „Macassar Boengie“ heißt es:

„Prior to Dutch colonization of the Toraja highlands in 1905, coffee was traded through indigenous networks west to the port town of Boengie, from where it was shipped to the main export hub of Makassar. This coffee was then known as Boengie coffee, and had a particularly good reputation in the European market…. Even after trade networks were no longer conducted through Boengie port, the Dutch administration recognized the value contained within a place name, and actively attempted to ‘protect the good name of Boengie coffee’ throughout the colonial period.”
Cross-Continental Agro-Food Chains: Structures, Actors and Dynamics in the Global Food System, Niels Fold, Bill Pritchard (2005), 264 S.; abgerufen unter books.google.fr

Briefkasten

Die folgende Meldung erschien im Hamburger Anzeiger vom 22. August 1911 unter der Rubrik „Briefkasten“. Offensichtlich konnten Abonnenten der Zeitung hier Nachrichten hinterlassen.

Hamburg. …— Der Hamburger Australdampfer „Fürth“, Kapitän Sägert (sic), hat am 8. Juli die Heimreise von Sidney (sic) in Australien angetreten. Er ist am 15. September im Hamburger Hafen fällig. Briefe erreichen ihn noch in Marseille, Frankreich, und zwar per Adresse: J. Em. Frisch.

Es gab in Marseille zu dieser Zeit ein Schifffahrtsunternehmen mit dem Namen „Société d’Armement E. Frisch & Cie“, eventuell der oben genannte Adressat?

Am 24. September 1911 war die „Fürth“ zurück in Hamburg.

Umladungen in Hamburg

Umladungen
Der Dampfer „Fürth“, von Australien und Ostindien, überbringt Ladung ex D. „van der Hagen“, „van Heemskerk“, „Maire“ und „van Net“ von Niederländisch-Indien; …
(Hamburgischer Correspondent und neue hamburgische Börsen-Halle, 26 Sep 1911, S. 43)

Zum Abschluss die detaillierte Fahrtroute

SS Fuerth, detailled sailing route, travel 9

Die detaillierte Fahrtroute der Fürth auf der neunten Australienreise