Archiv für den Monat September 2022

Sasaksaat Spoorbrug, Java, um 1915

Zur Geschichte der Eisenbahn auf Java

In Samarang

Titelbild: Eisenbahnbrücke bei Sasaksaät (Sasaksaat) in Westjava, zwischen 1915 – 1918; Quelle: Tropenmuseum, part of the National Museum of World Cultures; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Im letzten Blogartikel hatte ich die Stadt Tjilatjap an der javanischen Südküste vorgestellt. Heute bleiben wir in Zentraljava, begeben uns aber an die Nordküste in die Stadt Samarang (heutige Schreibweise Semarang). Beide Städte liegen weniger als 250 Straßenkilometer voneinander entfernt. Mit dem Dampfschiff dauerte die Reise jedoch etwa zweieinhalb Tage und es mussten mindestens 620 nautische Meilen (1150 Kilometer) um die Insel Java herum zurückgelegt werden.

Java map 1911

Karte der Insel Java, aus Encyclopedia Britannica 1911, Lage der Stadt Samarang farbig markiert; https://en.wikisource.org/wiki/1911_Encyclopædia_Britannica

Samarang liegt an der Mündung des gleichnamigen Flusses. Um das Jahr 1910 lebten hier etwa 96000 Menschen, darunter 5000 Europäer.

Meyers Reisebücher aus dem Jahr 1912 geben uns eine kurze Beschreibung:

Die alte Stadt Samarang, nahe der Mündung des Ngaran oder Samarangflusses, war bis 1824 befestigt, wovon noch das Fort Prins van Oranje erhalten ist. Der neue Stadtteil liegt hauptsächlich an der von Kanarienbäumen und Tamarindenbäumen beschatteten Bodjong-Allee. Im Stadtgarten Mi. und So. Konzert. Eine Oberstadt liegt auf einem 100 m hohen Hügel etwa 3,5 km südl. von Samarang in Tjandi; dorthin führt die schöne Oengaran-Allee bis Djomblang, einen Teil des Chinesenviertels durchschneidend. Lohnende Wagenfahrt nach dem chinesischen Felsentempel Gedong Batoe. Am Westende der Stadt liegt das arabische und javanische Viertel, das bei Westmonsun früher oft überschwemmt wurde. Samarang bietet wenig für Vergnügungsreisende, ist aber der zweitgrößte Handelsplatz Javas; lebhafte Ausfuhr von Kaffee, Zucker, Kopra, Indigo und Büffelhäuten.
Meyers Reisebücher, 1912,
Quelle: https://www.gutenberg.org/files/50669/50669-h/50669-h.htm#Page_155a

Samarang Bahnhof um 1910

Samarang, Bahnsteig des ersten Bahnhofs auf Java, Nederlands-Indische Spoorweg Maatschappij, ca. 1910-1920; Quelle: Tropenmuseum, part of the National Museum of World Cultures, über commons.wikimedia.org https://commons.wikimedia.org/wiki/File:COLLECTIE_TROPENMUSEUM_Het_perron_van_het_eerste_station_van_de_Nederlands-Indische_Spoorweg_Maatschappij_te_Semarang_TMnr_10013983.jpg

Die „lebhafte Ausfuhr“ machte Samarang zu einer Hafenstadt, die regelmäßig von der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft auf den Linien 2 und 3 bedient wurde. Siehe dazu den Fahrplanausschnitt unten. Zu den Linien der DADG siehe den Blogbeitrag: Die Flotte der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft 1914

DADG Fahrplan 1910

Anzeige der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, Zeitschrift HANSA, Oktober 1910 (Ausschnitt): Quelle: digishelf.de

Samarang Java, Pirogen, um 1910

Pirogen in Samarang (Java/Niederländisch-Indien) um 1910, Ansichtskarte der Deutsch-Australischen-Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, veröffentlicht 1913; ungelaufen, eigene Sammlung

Die Eisenbahn auf Java

Nach Britisch-Indien war Niederländisch-Indien das zweite Land Asiens, dass durch Bahnlinien erschlossen wurde.

Der Grundstein für die Erschließung der Insel wurde in Samarang gelegt. Das später viele Tausend Kilometer lange Netz von verschiedenen Bahnen, die sich durch die Insel schlängelten, hatte hier seinen Ursprung mit einer kurzen Linie. Diese führte von Samarang nach Tangoeng und hatte gerade einmal eine Länge von 26 Kilometern. Sie wurde am Samstag, den 10. August 1867 eröffnet.

Die Niederländer hatten offenbar Gefallen am Eisenbahnbau auf Java gefunden, denn schon im Jahr 1880 gab es 405 Kilometer Bahnstrecken und 20 Jahre später im Jahr 1900 bereits 3338 Kilometer Schienenwege in Normal- und Schmalspur (1435 mm und 1067 mm).

java railway about 1935

Güterzug auf der Zahnradbahnlinie zwischen Magelang und Fort Willem I, Zentraljava, bei Kilometer 75, Aufnahme zwischen 1905-1940; Quelle: Tropenmuseum, part of the National Museum of World Cultures; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Ende 1928 sollen dann 5473 Kilometer Bahnstrecken öffentlicher und privater Gesellschaften in unterschiedlichen Spurbreiten auf Java existiert haben. Bevorzugte Spurbreite war die sogenannte Kapspur mit einem Schienenabstand von dreieinhalb englischen Fuß oder 1067 mm. Sie war in dem unwegsamen Gelände gegenüber der Normalspur im Vorteil, außerdem waren die Baukosten im Vergleich etwa ein Viertel günstiger.

Zu dem dichten Bahnnetz auf Java kamen noch rund 7000 Kilometer Feldbahnen, von denen allein 6500 Kilometer Strecke verlegt worden waren, um Zuckerplantagen zu erschließen und mit den Raffinerien zu verbinden.

Quelle: Railways of Indonesia, Indonesia-dutchcolonialheritage.nl

Bei einer so großen Zahl an Strecken verwundert es nicht, dass man in der Literatur abweichende Zahlen findet. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, sie nachzumessen.

Java railway map 1935

Eisenbahnnetz auf der Insel Java im Jahr 1935, Karte aus einem Reiseführer; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Java_Railway_Line_1935.jpg

Die Hauptverwaltung der Nederlands-Indische Spoorweg Maatschappij in Samarang

Die öffentlichen Bahnen wurden von einer staatlichen und über zwanzig privaten Gesellschaften betrieben. Die älteste davon war die Nederlands-Indische Spoorweg Maatschappij in Samarang.

Die im Jahr 1907 fertiggestellte neue Hauptverwaltung zeigt, dass der Bahnbetrieb ein lukratives Geschäft gewesen sein muss.

Das Gebäude wurde von den beiden niederländischen Architekten Jacob Frederik Klinkhamer und Bert Johan Ouëndag an die klimatischen Bedingungen Samarangs perfekt angepasst. Lange Arkadengänge auf der Vorder- und Rückseite des Verwaltungsgebäudes sowie eine große Zahl an Jalousietüren sorgten für ein angenehmes oder zumindest erträgliches Raumklima.

Die große Zahl an Türen war es, die dem eindrucksvollen Bauwerk den javanischen Namen „Lawang Sewu“ (Tausend Türen) verschaffte, auch wenn es gar nicht so viele sein sollen.

Nachdem das imposante Gebäude lange Zeit verlassen und als Geisterhaus verschrien war, wurde es nach 2009 renoviert und ist heute (2022) wieder der Öffentlichkeit zugänglich.

Lawang Sewu Samarang 1907

Hauptverwaltung der Niederländisch-Indischen Eisenbahn (Nederlands-Indische Spoorweg Maatschappij, NIS) in Samarang, fertiggestellt im Juli 1907; Quelle: Tropenmuseum, part of the National Museum of World Cultures; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:COLLECTIE_TROPENMUSEUM_Het_hoofdkantoor_van_de_Nederlandsch-Indische_Spoorweg_Maatschappij_(NIS)_in_Semarang_TMnr_10032316.jpg, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Eine ausführlichere Darstellung zur Eisenbahngeschichte Niederländisch-Indiens mit vielen Abbildungen finden Sie zum Beispiel hier (in englischer Sprache):
http://www.indonesia-dutchcolonialheritage.nl/Special%20Subjects/Railroads.html/1925GedBoek.pdf

Historische Aktie NIS sGravenhage 1920

Aktie der Nederlandsch-Indische Spoorweg-Maatschappij vom 9. März 1920; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Nederlandsch-Indische_Spoorweg-Maatschappij_1920.jpg

Tjilatjap, Java, about 1910

In Tjilatjap

Im Süden der Insel Java

Heute führen uns die Reisen des Dampfschiffes „Fürth“, einem Frachtdampfer der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg (DADG), nach Tjilatjap.

Tjilatjap liegt im Süden der Insel Java, die vor der Unabhängigkeit Indonesiens zu Niederländisch-Indien gehörte. Die Stadt heißt heute offiziell Cilacap, in englischen Quellen wurde auch die Schreibweise Chilachap benutzt, wie auf der untenstehenden Karte aus Encyclopædia Britannica, Ausgabe 1911. Das „p“ am Wortende ist übrigens stumm, es wird nicht gesprochen.

Java map about 1910

Karte der Insel Java, aus Encyclopedia Britannica 1911, Lage der Stadt Tjilatjap farbig markiert; https://en.wikisource.org/wiki/1911_Encyclopædia_Britannica

Die Stadt erlangte für den Handel eine gewisse Bedeutung, da sie über den einzigen Hafen an der Südküste Javas verfügt, der für große Schiffe zugänglich ist. Darüber hinaus schützt die im Süden vorgelagerte langgestreckte Insel Nusa Kambangan den Hafen vor starken Winden und hohem Seegang.

Über einen Schienenanschluss war der Hafen von Tjilatjap mit dem Hinterland verbunden.

Die folgende Abbildung ist um das Jahr 1900 entstanden. Sie zeigt eine noch sehr primitive und rudimentäre Ausstattung der Anlegestelle von Tjilatjap. In der rechten Bildmitte ist gerade das Gerüst für den neuen Anleger in Bau, der die Hafeninfrastruktur maßgeblich verbessern sollte.

Tjilatjap about 1900

Tjilatjap, Anlegestelle, um 1900, Digital Collections Leiden University Libraries, http://hdl.handle.net/1887.1/item:782587, Creative Commons CC BY License

Im folgenden Bild war der Bau abgeschlossen und der neue Kai in Betrieb.

Dem Fotografen ging es offensichtlich darum, die schöne Lichtstimmung im Hafen einzufangen. Sonst hätte er vielleicht den Namen des Schiffes notiert, das am Kai lag. Es ist einer der markanten „Zweischornsteiner“ der DADG.

Siehe dazu die folgenden Artikel: Instagram der Kaiserzeit: Ansichtskarten

Zumindest lässt sich das Bild durch das abgebildete Schiff auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg datieren (1900-1914).

tjilatjap wharf with German Australian line steamer

Tjilatjap, Kai, ca. 1900-1914, Digital Collections Leiden University Libraries, http://hdl.handle.net/1887.1/item:823951, Creative Commons CC BY License

Mehr Glück haben wir mit der nachstehenden Aufnahme, bei der die Namen der beiden Schiffe mit archiviert wurden. Es sind die Frachtdampfer „Reichenbach“ der DADG und „Thüringen“ des Norddeutschen Lloyd Bremen.

„Reichenbach“ war ein Schwesterschiff der „Fürth“. Ich hatte den Dampfer hier im Blog ausführlich vorgestellt. SIEHE: Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Reichenbach“

Tjilatjap, steamships Reichenbach and Thueringen, about 1908

Die Frachtdampfer „Reichenbach“ (DADG, rechts) und „Thüringen“ (NDL, links) am Anleger in Tjilatjap, von der Insel Noesa Kambangan aus gesehen, um 1908, Digital Collections Leiden University Libraries, http://hdl.handle.net/1887.1/item:915206, Creative Commons CC BY License

Den Dampfer „Thüringen“ ereilte 1914 das gleiche Schicksal wie einem anderen Schwesterschiff der „Fürth“, der „Neumünster“: Im August 1914 war auch „Thüringen“ im Hafen von Fremantle konfisziert worden. Die Besatzung wurde im Anschluss auf der Insel Rottnest interniert.

Hier das Schiff noch einmal auf einer Ansichtskarte des Norddeutschen Lloyd.

Thüringen Schiff

Frachtdampfer „Thüringen“, Norddeutscher Lloyd Bremen, Ansichtskarte ungelaufen und undatiert (ca. 1906-1914), eigene Sammlung

Warenumschlag in Tjilatjap

Eine detailreiche Aufnahme zeigt den Güterbahnhof von Tjilatjap.

Neben den Gleisen und Lagerschuppen sehen wir links ein Gebäude, in dem die Büros der Reedereien untergebracht waren.

In der linken Hälfte befand sich das Büro der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, wie ein großes Schild über dem Eingang belegt. Das Büro war offensichtlich zur Zeit der Aufnahme nicht besetzt, die Tür ist geschlossen.

Im rechten Gebäudeteil sehen wir die Kontore der Stoomvaart Maatschappij Nederland und der Koninklijke Paketvaart Maatschappij. Auch hier befindet sich ein breites Schild über den Büros.

tjilatjap, donan station, about 1910

Tjilatjap, Bahnhof im Stadtteil Donan; Digital Collections Leiden University Libraries, http://hdl.handle.net/1887.1/item:914990, Creative Commons CC BY License

Das Dampfschiff „Fürth“ in Tjilatjap

Die abgelegene Lage der relativ kleinen Stadt Tjilatjap hat zur Folge, dass die Ankunft und Abfahrt der Schiffe in den Zeitungen nicht so gut dokumentiert wurde wie in Batavia oder Soerabaya.

Dennoch sind mindestens fünf kurze Aufenthalte des Frachtdampfers „Fürth“ in der Zeit zwischen dem 6. Oktober 1907 und dem Februar 1911 in den Schiffsmeldungen der niederländischen Zeitungen überliefert.

Über aufgenommene Fracht der „Fürth“ in Tjilatjap habe ich leider keine Angaben. Wichtige Handelsgüter waren Kopra, Gummi, Tee und Maniok.

Gummi wurde auf Plantagen auf der vorgelagerten Insel Nusakambangan gewonnen, die als Gefängnisinsel genutzt wurde (und bis heute wird). Die Häftlinge mussten auf den Gummiplantagen und in der angeschlossenen Fabrik arbeiten.

Heute sind in der Stadt eine bedeutende Erdölraffinerie und ein großes Zementwerk angesiedelt. Für indonesische Verhältnisse ist die Stadt mit über 200.000 Einwohnern sehr klein geblieben.

Historische Aufnahmen aus der Kolonialzeit

Die folgenden Aufnahmen vermitteln einen Eindruck vom krassen Gegensatz des Lebens in den europäischen Kolonien. Es handelt sich um eine Aufnahme des Marktes von Tjilatjap und zwei vom europäischen Club.

tjilatjap market

Tjilatjap, Marktplatz, Digital Collections Leiden University Libraries, http://hdl.handle.net/1887.1/item:914617; Creative Commons CC BY License

tjilatjap societeit 1920

Gesellschaft im Club (Sociëteit) um 1920; Digital Collections Leiden University Libraries, http://hdl.handle.net/1887.1/item:904906, Creative Commons CC BY License

Societeit Tjilatjap about 1920

Tjilatjap, Sociëteit (Club der Europäer); Digital Collections Leiden University Libraries, http://hdl.handle.net/1887.1/item:919467; Creative Commons CC BY License

Tropenkrankheiten

Das privilegierte Leben der Europäer in Tjilatjap hatte jedoch einen gewaltigen Haken: die Stadt war berüchtigt für Tropenkrankheiten, vor allem Malaria.

In der Zeitung De Locomotief vom 4. April 1910 heißt es:

Aus Tjilatjap schreiben sie uns: Abgesehen davon, dass hier schon Pocken und akute Malaria weit verbreitet sind, sind seit 31. März sechs Cholera-Fälle mit tödlichem Ausgang vorgekommen.
De Locomotief, Samarang (Java), 4. April 1910, http://www.delpher.nl

Wären Sie damals noch dazu im Besitz von Meyers Reiseführer gewesen, wären sie bestimmt niemals auf die Idee gekommen, Tjilatjap in Ihre Java-Rundreise aufzunehmen:

„ein unbedeutender Seehafen und verrufenes Fiebernest, an der landschaftlich schönen Südküste Javas, der die lange »Blumeninsel« (Noesa Kembangan) vorgelagert ist“
(Meyers Weltreisen 1912 über Tjilatjap)

Die Besatzungen der deutschen Schiffe, die den Ersten Weltkrieg im Hafen von Tjilatjap verbrachten, mussten diese Fiebererfahrung machen. Harms (1933) schreibt dazu:

„In Tjilatjap haben die Besatzungen ziemlich stark unter Fieber zu leiden gehabt.“ (Harms, 1933).

Verantwortlich für das ungesunde Klima waren große Sumpfgebiete in der Umgebung der Stadt. In den 1920er Jahren wurden umfangreiche Wasserbaumaßnahmen durchgeführt, um den Wasserabfluss im Hinterland zu verbessern.

Tjilatjap map 1894

Karte von Tjilatjap, 1894, aus: West-Java; traveller’s guide for Batavia to the Preanger Regencies and Tjilatjap, Cornell University Library, Ithaka (New York); http://seasiavisions.library.cornell.edu/catalog/seapage:160_71

Tjilatjap im Ersten Weltkrieg

Zwei DADG-Schiffe und ein Reichspostdampfer des Norddeutschen Lloyd Bremen verbrachten den ganzen Ersten Weltkrieg im Hafen von Tjilatjap.

Der Frachtdampfer „Lübeck“ (SIEHE: Das Projekt DigiPEER) war auf dem Weg von Fredrikstad (Norwegen) nach Australien unterwegs und hatte am 25. Juli 1914 das Kap der Guten Hoffnung passiert. Am 11. August erhielt das bereits mit drahtloser Telegrafie ausgestattete Schiff vom Dampfer „Lüneburg“ Nachricht vom Kriegsausbruch und änderte seinen Kurs nach Tjilatjap, wo es am 26. August 1914 einlief.

Das Dampfschiff „Stolberg“ erreichte von Hamburg kommend, am 30. Juli Fremantle in Westaustralien. Es gelang dem Kapitän noch am 4. August den Hafen zu verlassen. Statt nach Melbourne und Sydney, nahm er Kurs auf Tjilatjap, das er am 10. August erreichte. Noch im August verließ „Stolberg“ wieder Tjilatjap, um die Kaiserliche Marine zu unterstützen. Siehe dazu den Artikel: „Stolberg“ suchte dann den Hafen Makassar als neuen Nothafen auf.

Der Dampfer „Sydney“ hatte in Sydney am 28. Juli abgelegt: Fahrtziel Adelaide. Statt in Adelaide Erze zu laden, fuhr das Schiff jedoch direkt weiter in Richtung Batavia. Nachdem die Mannschaft Nachricht von „Stolberg“ erhalten hatte, dass die Passage der Sundastraße nicht sicher wäre, ließ der Kapitän den Kurs nach Tjilatjap ändern. „Sydney“ erreichte den Hafen an der javanischen Südküste am 11. August.

Ein weiteres Schiff, das in Tjilatjap Zuflucht gesucht hatte, war der Reichspostdampfer „Roon“ des Norddeutschen Lloyd Bremen.

Frachtdampfer Sydney 1911, DADG

Frachtdampfer „Sydney“, Baujahr 1911, © Abbildung aus: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg 1888-1926, R. Schmelzkopf (1984), Eigenverlag (Strandgut), Foto aus der Sammlung A. Kludas

Fünf lange Jahre

Die Schiffe „Lübeck“, „Sydney“ und „Roon“ sollten fünf lange Jahre in Tjilatjap bleiben. Erst im August 1919 verließen sie den Hafen unter neuer Flagge.

Die deutschen Schiffe, die so viele Jahre ruhig im Hafen von Tjilatjap gelegen haben, werden nach und nach ausgerüstet, um ihrer neuen Bestimmung unter englischer Flagge zu folgen. Es ist ein Passagierschiff, die Sydney und zwei Frachtschiffe, die Lübeck und die Roon.
Het nieuws van den Dag voor Nederlandsch-Indië, 19. Aug. 1919; www. Delpher.nl (eigene Übersetzung)

Anmerkung: Der Artikel hat zwei Schiffe durcheinandergebracht: das Passagierschiff war der Reichspostdampfer „Roon“ des Norddeutschen Lloyd Bremen und „Sydney“ war ein Frachtschiff der DADG.

Alle vier genannten Schiffe mussten 1919 an Großbritannien abgeliefert werden. Die drei DADG-Dampfer wurden von der British India Steam Navigation Company (BI) bereedert. SIEHE dazu den Artikel: Das Schulschiff „Australia“

Über den Aufenthalt eines DADG-Dampfers in Niederländisch-Indien während des Ersten Weltkriegs hatte ich am Beispiel von Dokumenten Wilhelm Holsts berichtet. Holst war Schiffkoch auf dem Dampfer „Ulm“, der in den Kriegsjahren vor der Insel Ambon lag. Holst erkrankte während des Aufenthalts, er starb im März 1917.
Die „Ulm“ in Ambon (Teil 1 von 2) und Die „Ulm“ in Ambon (Teil 2 von 2)

Nusa Kambangan Lighthouse

Tjilatjap, Leuchtturm auf der Insel Nusa Kambangan, Ansichtskarte undatiert (ca. 1900-1930), Collectie Wereldculturen, Public Domain Anonymous 70 EU