Archiv für den Monat April 2018

Australische Exporte nach Deutschland
Wolle als wichtigste Handelsware
Vor einigen Wochen haben wir uns die deutschen Exporte nach Australien zu Beginn des 20. Jahrhundert angeschaut: Deutsche Exporte nach Australien 1908. Heute geht es um die Waren, die Australien nach Deutschland exportiert hat. Viele davon haben wir bereits als Ladung auf der „Fürth“ gesehen oder werden sie bei den nächsten Fahrten noch antreffen.
In einer Ausgabe der Australischen Zeitung von 1907 finden wir folgende veröffentliche Handelsstatistik:
Handel zwischen Australien und Deutschland im Jahr 1905
„gemäß den genauen statistischen Aufstellungen, die von der deutschen Regierung veröffentlicht und uns [der Australischen Zeitung] vom Kaiserlich Deutschen Generalkonsulat zugestellt worden sind“.
Wichtigste Güter aus Australien (Wert in £)
- Wolle und Wollenwaren, 5.724.750
- Erze, Metalle, Asbest usw., roh u. verarbeitet, 1.089.000
- Getreide und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse, 378.800
- Blei und Bleiwaren, 165.500
- Holz und Holzwaren, 144.250
- Edel- und andere Steine, roh, geschliffen und gefaßt, 81.200
- Zinn und Zinnwaren, 73.200
- Oele und Fette, 54.800
- Kupfer und Kupferwaren, 33.450
- Häute und Felle, 31.750
- Kohlen, Koks und Petroleumschiefer, 26.900
- Tierische Erzeugnisse, 26.150
Sonstiges, 79.150
Zusammen: 7.908.900
Deutsch- Australischer Handelsbericht, Australische Zeitung, Adelaide, Mi 12. Jun 1907, S. 10

Mit Wolle beladenes Fuhrwerk in Hahndorf bei Adelaide; Hahndorf ist eine der ältesten deutschen Siedlungen Australiens, Aufnahme 1901, © State Library of South Australia, B-18258.
Wolle, Erze und Getreide
Wolle war also das mit großem Abstand wichtigste Handelsgut, dass nach Deutschland exportiert wurde, gefolgt von Erzen, Metallen und Getreide (überwiegend Weizen). Allerdings sind die Belege für Wolle als Handelsware auf der „Fürth“ vergleichsweise selten. Ganz anders ist dies für Erze und Metalle.
Die Einfuhren australischer Güter nach Deutschland haben zu Beginn des 20. Jahrhunderts die deutschen Exporte wertmäßig stark überwogen, es gab also einen großen Handelsüberschuss, der nach den deutschen Quellen (s.o.) für das Jahr 1905 £ 5.566.400 betrug.
Dies sollte sich auch den nächsten Jahren nicht ändern, wie eine Quelle aus dem 1910 belegt:
„Nach den jüngsten in den Besitz des hiesigen deutschen Konsuls Herrn H.C.E. Mücke gelangten Handelsberichten ist Australiens Ausfuhr nach Deutschland gerade ungefähr viermal so groß als Deutschlands Einfuhr nach der Commonwealth. Die Einfuhr australischer Waren nach Deutschland betrug während der von dem Bericht behandelten zwölf Monaten £ 15 092 600, die Einfuhr deutscher Waren nach der Commonwealth dagegen nur £ 4 482 394.“
Australische Zeitung, Adelaide, Mi 3. Aug 1910, S. 14

Die „Fürth“ transportierte regelmäßig Erze von Australien nach Europa
Gold
Einen großen Anteil an diesem Ungleichgewicht hatten die großen Edelmetall-Einfuhren des Deutschen Kaiserreiches aus Australien. So bezog Deutschland im Jahr 1910 Gold- und Silberbarren im Wert von £5.799.150 von Australien, oder mengenmäßig betrachtet 53 Tonnen (gleiche Quelle).
Auf diese Gold- und Silberimporte kommen wir noch einmal gesondert zurück. Interessant ist auch, dass die Edelmetalle in der eingangs zitierten Statistik des Deutschen Generalkonsulates nicht ausgewiesen wurden.
Eine weitere Frage ist, wie das Gold transportiert wurde. Auf Handelsschiffen in großen Kisten mit der Aufschrift „GOLD“? Sicher nicht. Weiß jemand dazu mehr?
Unterschiedliche Zahlen
Wenn man einen Blick in die Exportstatistiken des Commonwealth wirft, fällt sofort ins Auge, dass dort die Exportzahlen deutlich niedriger sind. Zum Beispiel für das Jahr 1905:
Während das deutsche Generalkonsulat die australischen Einfuhren nach Deutschland mit £7.908.900 beziffert, weist die Commonwealth-Statistik für das gleiche Jahr nur einen Wert von £3.888.170 aus, also nur etwa die Hälfte.
Zur Erklärung des Unterschieds beider Statistiken hier das Zitat aus dem Originaltext.
„Wie schon früher erklärt, ergibt sich der Unterschied der beiden statistischen Aufstellungen aus der Miteinschließung von indirekt angekauften oder verkauften Waren, denn Deutschland kauft einen erheblichen Teil seiner australischen Einfuhr auf den Londoner Auktionen usw., und Australien erhält einen Teil seiner deutschen Waren durch Vermittlung Londoner Verschiffer. Der Unterschied der beiden statistischen Einschätzungen stellt daher den Wert des indirekten Handels zwischen beiden Ländern dar. Gleichviel wie man die obigen Aufstellungen vergleicht, ergibt sich die unwiderlegliche Tatsache, daß Deutschland um rund 5 Millionen mehr von Australien kauft, als es an Australien verkauft, und daß dieser gewaltige Unterschied von Jahr zu Jahr zunimmt.“
(Deutsch- Australischer Handelsbericht, Australische Zeitung, Adelaide, Mi 12.Jun 1907, S. 10)
Der deutsch-australische Handel floriert
Zusammenfassend bleibt festzustellen: Der deutsch-australische Handel hat sich im Zeitraum vor dem Ersten Weltkrieg prima entwickelt. Das belegt auch ein Blick in das australische statistische Jahrbuch:
Für den Zeitraum 1902-1906 sind für Großbritannien inklusive aller Besitzungen 71,20% aller australischen Exporte ausgewiesen, als wichtigste nicht britische Exportnation ist Frankreich mit 7,59% gelistet, dann folgt Deutschland mit 6,17%.
Bemerkenswert sind dann die Zahlen für 1908: Alle britischen Exportländer machen dann nur noch 60,22% der Exporte aus und Nummer zwei wird Deutschland mit einem Sprung auf 14,32%, also mehr als eine Verdoppelung. Frankreich ist nur noch dritte Exportnation auf wenig veränderten 8,01%.
Quelle: Official Year Book of the Commonwealth of Australia No. 3 – 1910. Australia. Commonwealth of Census and Statistics, 1201 S.
Diese positive Entwicklung wird erst durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Sommer 1914 jäh unterbrochen.

Bild: Pixabay
Die „Hagen“: Schwesterschiff der „Fürth“
Bilder von Frachtschiffen sind relativ selten, vor allem wenn es um Schiffe vor dem Ersten Weltkrieg geht, als die Fotografie noch eine aufwändige Angelegenheit war.
Umso mehr freue mich über ein Foto eines Schwesterschiffes der „Fürth“ und zwar der „Hagen“, die gut neun Monate vor der „Fürth“ in Dienst gestellt wurde (10. November 1906). Der Hersteller für beide Schiffe ist die Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft und auch die Abmessungen der Schiffe sind identisch.

Das Schwesterschiff „Hagen“ des Dampfers „Fürth“ auf der Elbe bei Oevelgönne/Hamburg, 13. März 1909.
Quelle: Stadtarchiv Fürth, Signatur A4718
Der Dank geht an Herrn Salimi von FürthWiki, der mir freundlicherweise das Foto herausgesucht hat und an das Stadtarchiv Fürth für dessen Zustimmung, das Bild hier im Blog zu zeigen.
Anm.: Dieses Foto wurde mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Fürth veröffentlicht. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass sämtliche Bildrechte beim Stadtarchiv Fürth liegen und jegliche Nutzung dieses Bildes der Genehmigung des Rechteinhabers bedarf!
Mehrere Schwestern
Weitere baugleiche Schwestern der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft waren die „Reichenbach“, die „Plauen“, die „Neumünster“, die „Osnabrück“ und die „Hanau“. Diese Aufzählung ist jedoch nicht vollständig, es muss mindestens noch eine weitere baugleiche „Schwester“ geben. Wie sie heißt, finde ich noch heraus.
„… Diese 7 Dampfer geben uns bislang für das laufende Geschäftsjahr noch nicht volle Beschäftigung, weshalb wir uns entschlossen haben, den Bau eines Frachtdampfers von folgenden Dimensionen: Länge 387 Fuss, Breite 50 Fuss 10 Zoll, Tiefe 27 Fuss 9 Zoll, für eigene Rechnung in Angriff zu nehmen.“
Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft, Flensburg, Geschäftsbericht für das Betriebsjahr 1906/07, Quelle: Hamburgischer Correspondent und neue hamburgische Börsen-Halle, 06. Sep 1907, S. 15
Man war in Flensburg also sehr optimistisch, dieses Schiff dann ebenfalls an die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft oder einen anderen Reeder verkaufen zu können. Das spricht für den Erfolg dieser Baureihe!
Auf dem Weg nach Newcastle (New South Wales, Australien)
Die dritte Fahrt der „Fürth“ nach Australien vom 8. August 1908 bis 1. Januar 1909 ist jetzt im Blog online.
Das erste Mal ist die „Fürth“ Newcastle angelaufen, den bedeutendsten Kohle-Exporthafen Australiens. Passend dazu werden wir der Frage nachgehen, wie viel Kohle unser Frachtdampfer „Fürth“ auf seinem Weg nach Australien verbraucht hat.
Was meinen Sie? Wie viel Kohle brauchte die „Fürth“ oder ein anderes Dampfschiff in der damaligen Zeit, also um das Jahr 1910, um einmal von Hamburg nach Australien zu fahren:
50 Tonnen, 500 Tonnen oder vielleicht sogar mehr als 1500 Tonnen? Die Antwort lesen Sie hier: Die Sache mit der Kohle

Verladung von Kohle im Hafen von Newcastle NSW, aufgenommen ca. 1900 – 1910,
© State Library of New South Wales, REFERENCE CODE 413801, CALL NUMBER PXE 711/480