Ein echter Archivschatz
Titelbild: Titelseite des Logbuchs der „Fürth“, Beginn 21. April 1914; mit freundlicher Genehmigung des National Museums Liverpool (Merseyside Maritime Museum), Ref. B/HAR/11/4/1
Das außergewöhnlichste Dokument, das vom Dampfschiff „Fürth“ heute noch existiert, ist zweifelsohne das Logbuch/Schiffstagebuch der letzten Australienreise.
Ganz erstaunlicherweise hat es die Zeit bis heute überstanden und schlummert in einem Archiv vor sich hin, wenn nicht ein neugieriger Blogschreiber seine Ruhe stört.
Außerordentlich ist das Schiffstagebuch der „Fürth“ aus den folgenden Gründen:
Es ist eines der wenigen Schiffstagebücher eines Frachtdampfers der Kaiserlichen Handelsmarine, das bis in die heutige Zeit überdauert hat. Es gib daher einen der wenigen „Live“-Einblicke in den typischen Ablauf einer Überseereise zur Dampfschiffszeit.
Besonders bemerkenswert, wenn nicht sogar einzigartig ist die Tatsache, dass das Logbuch aus zwei Teilen besteht: Einem ersten Teil, in dem die Australienfahrt unter Kapitän Richter von Hamburg über Antwerpen, Lissabon und Südafrika dokumentiert ist.
Der zweite Teil des Logbuchs stammt von dem britischen Kapitän, der die „Fürth“ nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges und der Kaperung des Schiffes vor Ceylon durch die Royal Navy nach London überführt hat.
In Liverpool
Dieser britische Kapitän, R. J. Thomson, fuhr für die englische Reederei Thomas & James Harrison, die von der British Navy den Auftrag erhalten hatten, die „Fürth“ nach England zu bringen.
Aus diesem Grund landete das Logbuch der „Fürth“ im Firmenarchiv von T & J Harrison und nach dessen Auflösung im Merseyside Maritime Museum in Liverpool.
Die ganze Geschichte gibt es hier: Ein Logbuch der „Fürth” in Liverpool
Glücklicherweise gibt es in Liverpool einen Dienstleister für historische Recherchen, über den ich an Scans des Tagebuches gelangen konnte. Er heißt Books, Boxes & Boats und hat auch eine sehr empfehlenswerte Webseite mit vielen Recherchetipps und -links zur maritimen Forschung: Books, Boxes and Boats
Der Reise erster Teil
Die einzelnen Etappen der Australienreise der „Fürth“ habe ich in verschiedenen Blogartikeln erzählt. Das sind die Links:
Das Schiffstagebuch der „Fürth“ – eine Einleitung
Tagebuch (2) : Die „Fürth“ im Trockendock
Tagebuch der „Fürth“ (3): Bunkern und Laden im Hamburger Hafen
Logbuch der „Fürth“ (4) – Abfahrt aus Hamburg
Tagebuch der „Fürth“ (5): von Hamburg nach Antwerpen
Logbuch (6): Die „Fürth“ in Antwerpen
Tagebuch der „Fürth“ (7): von Antwerpen nach Lissabon
Von Lissabon nach Kapstadt: Das Logbuch der „Fürth“ (8)
In Südafrika wurden zunächst Kapstadt, Mosselbay und Port Elizabeth angelaufen, bevor es über den südlichen Indischen Ozean nach Australien ging:
Tagebuch (9): Die „Fürth“ in Kapstadt
Logbuch (10): Die „Fürth“ in Mossel Bay und Port Elizabeth (Südafrika)
Tagebuch (11): Die „Fürth“ in den Roaring Forties
In Australien selbst wurde zunächst Melbourne, dann Sydney, Newcastle und Brisbane angesteuert. Von dort ging es zurück wiederum über Sydney und Melbourne unplanmäßig nach Adelaide und dann nach Fremantle. Jede dieser Hafenstädte und auch die Agenten der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft in diesen Städten werden in den folgenden Artikeln präsentiert.
Tagebuch (12): Die „Fürth“ in Melbourne
Logbuch (13) der „Fürth”: In Sydney
Die „Fürth“ in Brisbane (Tagebuch, Folge 14)
Tagebuch der „Fürth“ (15): In australischen Gewässern
Die „Fürth“ in Adelaide: Logbuch (16), Juli 1914
Die „Fürth“ und die Gebrüder Strelitz in Fremantle, Logbuch (17)
Ein besonderes Problem für die Reedereien war der hohe Prozentsatz an Desertionen in Australien: Dazu hier mehr:
Dampfschiff „Fürth“: Tagebuch-Spezial – Deserteure, Einschleicher und wechselndes Personal
Über die Kaperung der „Fürth“ vor Ceylon berichtet dann der letzte Teil des deutschsprachigen Logbuchs:
Logbuch der „Fürth“ (18) – Ein plötzliches Ende der Reise
Andere Quellen
Nach der Ankunft der „Fürth“ im Hafen von Colombo im August 1914 hatte Kapitän Richter das Tagebuch aus verständlichen Gründen nicht fortgeführt. Hier gibt es aber glücklicherweise andere Quellen, die die Geschichte von Schiff und Mannschaft weitererzählen:
Die „Fürth“ in Colombo: 11. bis 18. August 1914
Wie ein bekannter deutscher Physikprofessor auf die „Fürth“ kam
Die abenteuerliche Reise des Kapitäns der „Fürth“, W. Richter, auf der „Koningin Emma“
Gefangenschaft auf Ceylon – Mannschaftsmitglieder der „Fürth“ berichten
Rückkehr nach Deutschland mit dem Dampfschiff „Tabanan“
Logbuch zweiter Teil
Das Schiffstagebuch der „Fürth“ wird dann Ende Oktober 1914 von Kapitän Thomson weitergeführt, natürlich in englischer Sprache.
Sein eigenes Schiff „Diplomat“ war im Golf von Bengalen von SMS „Emden“ versenkt worden und so kam er schiffslos nach Colombo und übernahm die „Fürth“:
SIEHE SMS „Emden“ versenkt die „Diplomat“ .
Ein Highlight auf der Fahrt nach Europa ist die Passage des Suezkanals. Dann ging es mit kurzem Zwischenstopp in Gibraltar direkt nach Falmouth und weiter nach London in die Tilbury Docks. Hier endet das Schiffstagebuch der „Fürth“, bevor der Frachtdampfer „Fürth“ an die Anglo-Persian Oil Company verkauft und in „Kerman“ umbenannt wurde.
Kapitän R. J. Thomson überführt das Dampfschiff „Fürth“ von Ceylon nach England
Dampfschiff „Fürth“: durch den Suezkanal
Dampfschiff „Fürth“: Fahrt durchs Mittelmeer und den Atlantik nach London
Das Dampfschiff „Fürth“ in London
Paukenschlag: Das Dampfschiff „Fürth“ wird verkauft
Der Frachtdampfer „Neumünster“
Ein zweites Schiffstagebuch eines Schiffes der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, dass heute noch vorliegt, ist das Logbuch der „Neumünster“. Es findet sich in den National Archives of Western Australia in Perth. Auch hier hatte ich einen privaten Geschichtsforscher engagiert, der mir das Dokument gescannt hat. In Auszügen habe ich es vorgestellt:
Aus dem Logbuch des Schiffes „Neumünster“
Weitere spannende Originaldokumente dieses Schwesterschiffes der „Fürth“, die in Perth archiviert sind, finden Sie in den folgenden Artikeln. Nachdem beide Schiffe identisch waren, habe ich mir erlaubt, viele der Dokumente auf die „Fürth“ zu übertragen.
Die Musterrolle (Originaldokument aus den Jahren 1913/1914)
Dampfschiff „Fürth“: Bordverpflegung nach Musterrolle
Dampfschiff „Fürth“: Weitere Einblicke in die Bordverpflegung
Dampfschiff „Fürth“: In der Kombüse
Dampfschiff „Fürth“: In der Kapitänskajüte
Dampfschiff „Fürth“: im Mannschaftslogis
Die Telegrammcodes des Dampfschiffes „Fürth“
Dampfschiff „Fürth“: Über Hygiene und Gesundheit an Bord
Dampfschiff „Fürth“: Sicherheit an Bord
Ein Revisionsbericht von Lloyds aus dem Jahr 1912
Von dem Schwesterschiff „Neumünster“ gibt es in Flensburg sogar noch Originalpläne, die wiederum auch für die identische „Fürth“ Geltung haben:
Pläne zur Rekonstruktion des Dampfschiffes „Fürth“

Zeichnung der „Neumünster“, einem Schwesterschiff der „Fürth“, © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. BN_269). Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass sämtliche Bildrechte beim Schifffahrtsmuseum Flensburg liegen und jegliche Nutzung dieses Bildes der Genehmigung des Rechteinhabers bedarf.
Weitere Logbücher
Weitere erhaltene Tagebücher von DADG-Schiffen vor dem Ersten Weltkrieg sind mir bislang nicht bekannt, ich habe aber auch noch nicht ernsthaft recherchiert.
Am größten halte ich die Wahrscheinlichkeit, noch andere Logbücher zu finden, in Australien. Hier wurden zahlreiche Schiffe der DADG beschlagnahmt und es kam anschließend zu Prozessen vor den Prisengerichten. Außerdem blieb Australien bis in die Gegenwart politisch stabil.
Für unwahrscheinlich halte ich dagegen, in Hamburg fündig zu werden. Die DADG ging 1926 in die HAPAG auf und vieles Archivierte dürfte damals nicht weitergegeben worden sein. Viele andere Dokumente haben sicher den Zweiten Weltkrieg nicht überstanden. Aber ganz ausschließen sollte man auch das nicht, schließlich gibt es im Staatsarchiv Hamburg auch noch viele schöne Originaldokumente des Dampfschiffes „Fürth“.
SIEHE:
Der Bielbrief der „Fürth“ und die Eintragung ins Schiffsregister
Das Schiffszertifikat der „Fürth“
Der Suezkanal-Messbrief des Dampfschiffes „Fürth“
Dampfschiff „Fürth“: Rückzahlung der Vorrechtsanleihe im Jahr 1917