“The Black Germans” in Woolloomooloo
Löschen und Bunkern
Titelbild: Woolloomooloo Bay, Sydney, Postkarte, teilweise koloriert, gelaufen 1910; Quelle: National Museum of Australia, Ref.: 1986.0117.6471
Die „Fürth“ hatte am Nachmittag des 29. Juni 1914 in Sydney festgemacht; genauer in Woolloomooloo, Schuppen 4. SIEHE: Tagebuch (12): Die „Fürth“ in Melbourne (der Blogartikel dokumentiert auch die Fahrt der „Fürth“ von Melbourne nach Sydney bis zum Anlegen in Woolloomooloo).
Das Entladen begann am Morgen des 30. Juni:
Dienstag, d. 30. Juni 1914. Ab Mittag feiner Staubregen
Löschen von 8 h am bis 3 ½ pm mit 4 Gängen
Löschen von 3 ½ pm bis 5 pm mit 3 Gängen
Bunkern von 8 h am bis 12 h m mit 2 Gängen
Wache II. Offz. Nagel
Mittwoch, 1. Juli 1914. Anhaltender feiner Regen.
Löschen von 8 h am bis 12 h m mit 4 Gängen
Löschen von 12 h m bis 5 h pm mit 3 Gängen
Mannschaft klarte Laderaum auf
5.30 pm wurde der Heizer Hunger beim Kesselspülen verbrüht. Siehe Unfall-Journal Seite 1.
Wache IV. Offz. Christiansen.
Anmerkung: Zu dem Arbeitsunfall und den zahlreichen Desertionen in Sydney sowie auch zu Anmusterungen siehe den Blogbeitrag: Dampfschiff „Fürth“: Tagebuch-Spezial – Deserteure, Einschleicher und wechselndes Personal
Donnerstag d. 2. Juli 1914. Regen
Löschen von 8 h am bis 11 h am mit 2 Gängen
11 h wurde das Löschen wegen zu starken Regen unterbrochen
Wache II. Offz. Nagel

Woolloomooloo und Woolloomooloo Bay, undatierte Aufnahme von John Henry Harvey (1855-1938); Quelle: State Library Victoria, ID H91.300/323
Die Vertretung der German Australian Steamship Company
In Sydney unterhielt die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) eine eigene selbständige Vertretung, als Generalvertretung für ganz Australien.
In Australien war die Reederei auch als German-Australian Line oder noch kürzer als „The Black Germans“ bekannt, ein Spitzname, der sicher auf die großen, schwarzen und schmucklosen Frachtschiffe der Reederei zurückgeht.
Die Vertretung befand sich im Zentrum Sydneys (das Gebäude existiert heute nicht mehr):
General Agence
German Australian Steamship Company
5 O’Connell Street
Sydney, New South Wales
Seit 1902 waren die Geschäftsführer die beiden Deutschen Gustav Reimer und Albert Peick. Der zweite war bereits ab 1891 im Büro der DADG in Sydney als Buchhalter tätig.
Die Stevedoring & Shipping Comp. Ltd.
Ebenfalls im Jahr 1902 wurde ein eigener Stauereibetrieb unter dem Namen „Stevedoring & Shipping Comp. Ltd.“ gegründet:
„… führte u. a. dazu, die Stauerei mit Zubehör in eigenen Betrieb zu nehmen und dafür eine besondere englische Gesellschaft zu errichten, unter dem Namen „Stevedoring & Shipping Co Lim.“. Leichterei wurde damit verbunden, Pressen der Wolle, Bunkerung in Adelaide nebst Hulk und Kohlendampfer. Für die Gründung genügten sieben Gesellschafter, welche nicht Engländer zu sein brauchten.“
O. Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg (1933).
Anmerkung: Eine Hulk ist ein außer Dienst gestelltes (Segel-)Schiff ohne eigenen Antrieb; sie wurde als Lagerraum verwendet.
Die Gesellschafter und ihre Anteile waren (von insgesamt 200 Aktien):
Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg (137 Aktien)
H. F. Kirsten, Händler, Hamburg (10)
Alfred Edge, Händler, Hamburg (10)
A. Zimmer, Händler, Hamburg (10)
Otto Harms, Geschäftsführer DADG, Hamburg (9)
Gustav John Ludwig Reimer, Pymble, N.S.W. (1)
Albert Hendrich Wilhelm Peick, North Sydney (1)
William Volckens, Händler, Hamburg (10)
Julius B. Tadsen, Kapitän, Sydney (1)
Dietrich Hermansen, Händler, Hamburg (5)
Marius Boger, Händler, Hamburg (4)
Ernest Chelins, Händler, Hamburg (1)
Kurt von Sydown, Händler, Hamburg (1)
Quelle: Truth, Perth, Sa 28. Nov 1914, S. 2 HAMBURG HUMBUG (antideutscher Artikel nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs), National Library of Australia.
Als Geschäftsführer der Stauerei wurden Kapitäne der DADG eingesetzt, die gleichzeitig auch vor Ort als Inspektoren für die Reederei arbeiteten. Ab Mai 1908 war das Kapitän Julius Tadsen. Dieser hatte die Position 27 Jahre lang bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1934 inne (Quelle: Daily Commercial News and Shipping List, Sydney, 30. Okt 1934, S. 5, CAPTAIN TADSEN RETIRING).
Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatten die australischen Verwaltungsbehörden den Auftrag für die Entladung zweier festgesetzter DADG-Schiffe in Sydney an die Stevedoring & Shipping Comp. Ltd. vergeben, was in der Presse für sehr kritische Artikel sorgte, da sich das Unternehmen in „Feindeshand“ befand.

Karte von Sydney und Port Jackson, 1906; Quelle: Justus Perthes, Gotha, 1906, See-Atlas, Blatt 21, Häfen des Grossen Oceans (Ausschnitt), commons.wikimedia.org, Pacific ocean seaports 1906.jpg
Anmerkung zur Karte: Die Woolloomooloo Bay rechts ist 1906 noch ohne die langgestreckte, weit in die Bucht hineinreichende Finger Wharf; das bekannte Circular Quay ist am unteren Ende der Sydney Cove und die in den 30-er Jahren erbaute Harbour Bridge verbindet Dawes Pt. mit den auf der nördlichen Seite der Bucht gelegenen Stadtteilen. Den ganzen Kartenausschnitt finden Sie hier im Blog auf dieser Seite: Endlich nach Hause!
Woolloomooloo
Fester Liegeplatz der DADG-Flotte in Sydney war im Stadtteil Woolloomooloo:
„Der Liegeplatz unserer Schiff in Sydney war seit Jahren in Woolloomoolloo Bay, berth 2, mit einem Schuppen unmittelbar an der Wharf und einem dahinter liegenden größeren Schuppen.“
O. Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg (1933).
Allerdings reichte der Platz wegen der gestiegenen Umschlagsmengen nicht aus und 1913 wurden vom Harbour Trust mit finanzieller Unterstützung der Hamburger Reederei zwei neue Schuppen, einer davon mit zwei Ebenen, gebaut, die ca. Mitte 1914 fertiggestellt wurden.
„Da bald darauf der Krieg ausbrach, haben wir von dieser nach unseren Anforderungen hergestellten, außerordentlich praktischen Anlage so gut wie keinen Nutzen gehabt.“
Der Platzbedarf war teilweise aber noch größer, wie der folgende Textausschnitt und auch die Abbildung belegen
„Wenn die neue Wharf auch Platz bot für drei Schiffe, so kam es doch häufig vor, daß das nicht ausreichte, daß mehr Schiffe im Hafen waren. Um diesen eine besondere Vorrichtung zur sicheren Befestigung zu geben, ist im Oktober 1913 eine große Ankerboje mit schweren Ankern und Grundketten hinausgesandt, Gewicht 57 tons, Anschaffungskosten 1200 £.“
(beide Zitate aus der gleichen Quelle)

Dampfschiffe im Hafen von Woolloomooloo, Mai 1914, links im Bild die „Mannheim“, Deutsch-Australische Dampfschiff-Gesellschaft; Australian National Maritime Museum on The Commons, Object no. 00017565
Nach 1914
Im Jahr 1915 wurde die bekannte Finger Wharf in der Woolloomooloo Bay errichtet. Das damals größte Holzgebäude der Welt hat über 400 Meter Länge und 63 Meter Breite und diente vorrangig der Verschiffung von Wolle.
1987 hatte die Regierung von New South Wales den Abriss beschlossen. Nach Bürgerprotesten übernahm in den frühen 90-er Jahren die große australische Entwicklungsgesellschaft Walker Corp. den Komplex und renovierte ihn.
Heute beherbergt die Woolloomooloo bzw. Finger Wharf über 300 Wohnungen, ein Hotel, Geschäfte, Restaurants, Büros, eine Marina und ein Parkhaus; der Komplex gehört zu Sydneys großen Touristenattraktionen.
Quellen: https://www.walkercorp.com.au/retail/woolloomooloo-wharf/ und http://www.visitsydneyaustralia.com.au/woolloomooloo-finger-wharf.html

Dampfschiff in der Woolloomooloo Bay, Postkarte, gelaufen 1913, Quelle: National Museum of Australia, Ref. 1986.0117.5740
Weiterfahrt nach Brisbane
Am 3. Juli 1914 wurde die „Fürth“ fertig entladen, bevor sie am Abend nach Brisbane auslaufen sollte:
Freitag d. 3/7.14 Schönes Wetter
Löschen von 8 h am bis 11 h am mit 3 Gängen
Löschen von 11 h am bis 3 h pm mit 2 Gängen
Löschen von 3 h pm bis 8.30 pm mit 1 Gang
Tanks 1 bis 10 voll
Tiefgang 11‘6‘‘; 17‘10‘‘
8.30 pm fertig. Machten das Schiff seeklar.
10 h 45 m Anfang d. Reise, Lotse Andersen.
11 h 25 m pm Lotse von Bord. Anfang d. Seereise.
11.40 pass. North head
Anmerkung: Die Sydney Heads oder kurz The Heads sind eine Reihe von Landzungen, die die Einfahrt in den Naturhafen von Sydney markieren. North Head liegt im Stadtteil Manly, der damals schon eine begehrte Wohnlage war.

Werbung für eine Grundstücksversteigerung in Manly 1910; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:North_Beach_Estate_Manly_Auction_1910.jpg
Liegezeit
Erstmals ist die Liegezeit nicht im Tagebuch eingetragen. Die vielen Personalwechsel brachten die Bordroutine eventuell durcheinander.
Sie betrug 4 Tage 6 Stunden 0 Minuten (nach den beiden Tagebucheinträgen vom 29.6 und 3.7.:
29.6. 4.45 Ende d. Reise, Schiff fest am Schuppen
3.7. 10.45 pm Anfang d. Reise
Nächste Woche im Blog
Endstation Brisbane – von hier wird die Fahrt der „Fürth“ wieder nach Sydney und Melbourne zurückgehen, bevor das Schiff noch die australischen Häfen Adelaide und Fremantle anläuft.
Viele schöne Leuchttürme säumen die Küste zwischen Sydney und Brisbane, heute dem drittgrößten Ballungsraum Australiens.
Grund genug, die oft im Schatten von Sydney und Melbourne stehende Stadt Brisbane zu erkunden, uns im Hafen umzusehen und auch die Fa. Brabant & Co., den Vertreter der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft zu besuchen.
In Brisbane wird die erste Fracht für die Rückreise aufgenommen und die Mannschaft baut Schotten. Im diesem Zusammenhang sehen wir uns ein ganz besonderes Zeitdokument an, einen Stauplan des Schiffes „Fürth“, in dem die einzelnen Erzladungen für die Zielhäfen Antwerpen und Hamburg eingetragen wurden. Über den Transport der Erze selbst hatte ich an anderer Stelle berichtet: Die Erze an Bord der „Fürth“ …
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