23. Oktober 1914: Abfahrt aus Colombo
Der Frachtdampfer “Fürth” war am 5. Oktober 1914 vom Prisengericht in Ceylon als rechtmäßige Prise bestätigt worden. SIEHE: Das Dampfschiff „Fürth“ wird kondemniert. Danach hätte das Schiff nach England überführt werden können, aber versicherungstechnische Fragen verzögerten das Ablegen um zweieinhalb Wochen. SIEHE: Dampfschiff „Fürth“: Die Abfahrt nach England verzögert sich
Das Abfahrtsdatum aus Colombo ist aus erster Hand bekannt. Die Quelle ist ein Telegramm des Gouverneurs von Ceylon, Robert Chalmers an den Secretary of State for the Colonies, also den Minister für Kolonialangelegenheiten, zu dieser Zeit Lord Harcourt.
Prize ship “Furth“ left here October 23rd for London please make arrangements for taking over ship on behalf of Crown on arrival.
CHALMERS.
Quelle: Telegramm von Gouverneur Chalmers vom 26. Oktober 1914, Britisches Nationalarchiv, Referenznummer CO 323/625/9
Erze und Waren aus Ceylon
An Bord der „Fürth“ waren bei der Abfahrt eine Ladung Erze aus Australien als Teil der ursprünglichen Fracht und etwa 5000 Tonnen ceylonesische Produkte.
Die Erzmengen sind wie folgt dokumentiert (hier auf ganze Tonnen gerundet, die Originalangaben sind auf das Pfund genau):
255 Tonnen Zinkkonzentrate
265 Tonnen Bleikonzentrate
2.000 Säcke Bleikonzentrate
200 Säcke Wolframerz
1.010 Tonnen Zinkkonzentrate

Die „Fürth“ transportierte regelmäßig Erze von Australien nach Europa (Bild Pixabay)
Über die Natur der ceylonesischen Produkte geht aus den Archivunterlagen nichts hervor.
Mit der Übergabe der Waren bei Ankunft in London wurde die Firma Thomas und James Harrison in London betraut:
„The ship is consigned to Messrs: Thomas and James Harrison, Billiter Street …”
Zu T & J Harrison mehr in einem der nächsten Blogartikel. Das Unternehmen hatte sich um die ordnungsgemäße Auslieferung der ceylonesischen Produkte und einem Teil der Erze zu kümmern. Ein anderer Teil der Erze dagegen mussten zunächst im Namen des Prisengerichtes in Colombo eingelagert werden, bis eine Entscheidung über ihre Auslieferung getroffen wurde.

Colombo Harbour 1915, Quelle: State Library Victoria, Referenz: Image H83.103/163
Direkte Fahrt
Erwartungsgemäß gibt es auf der Reise der „Fürth“ von Colombo nach England nicht viele Zwischenstationen, da das Schiff und die gesamte Ladung für London bestimmt waren.
Dokumentiert ist die Ankunft in Suez vor der Einfahrt in den Kanal unter anderem in der schottischen Tageszeitung Dundee People’s Journal:
Furth s.s., at Suez from Sydney, Nov 7.
Dundee People’s Journal, Sa 14. Nov 1914, S. 10, SHIPPING INTELLIGENCE
Quelle: British Newspaper Archive
Die Angabe “aus Sydney” ist natürlich prinzipiell richtig, allerdings hatte die „Fürth“ Sydney bereits am 18. Juli 1914 verlassen.

Auf die Passage des Suezkanals wartende Schiffe um 1880, Quelle: commons.wikimedia.org; PortSaid Canal 1880.jpg
Falmouth und London
Bevor die „Fürth“ in London ankam, legte sie noch in Falmouth (Cornwall) an:
FALMOUTH, November 23. – Arrived, Furth, from Colombo for London; ….
The Scotsman, Di 24. Nov 1914, S. 10, SHIPPING INTELLIGENCE
Quelle: British Newspaper Archive
Das Eintreffen in London ist für den 26. November 1914 dokumentiert, zum Beispiel in der Tageszeitung The Scotsman, Edinburgh:
LONDON,
26. … Furth, from Colombo; …
…
The Scotsman, Fr 27. Nov 1914, S. 2, SHIPPING INTELLIGENCE
Quelle: British Newspaper Archive
Die Mannschaft von Kapitän R. J Thomson
Dass die Firma T & J Harrison mit der Abwicklung der Ladung bei ihrer Ankunft in London (s. o.) beauftragt wurde, war nahe liegend, denn auch die Mannschaft der „Fürth“ auf dieser Reise sollte von diesem Schifffahrtsunternehmen gestellt werden.
Die Crew war ursprünglich mit dem Schiff „Diplomat“ unterwegs, dass jedoch von dem Kleinen Kreuzer „SMS Emden“ am 13. September 1914 versenkt wurde. Ein Großteil der Mannschaft der „Diplomat“ unter Führung von Kapitän R. J. Thomson erreichte dann über Kalkutta Colombo und übernahm das Dampfschiff „Fürth“ für die Fahrt nach London:
“The SS Fürth was captured by the Royal Navy and subsequently manned by Harrison Line’s officers and crew from the Diplomat. The Diplomat was captured on 13 September 1914 by the German commerce raider, Emden in the Bay of Bengal, and after the crew were transferred to the prison ship Kabinga, the Diplomat was sunk. Upon release in Calcutta, Captain Thomson and most of the crew went to Colombo (16 September 1914) and took over the captured SS Fürth and sailed to London.”
Quelle: National Museums Liverpool, Maritime Archives & Library, T & J Harrison Ltd, Ref.code B/HAR, Acc. No.: MMM.2005.59, abgerufen unter discovery.nationalarchives.gov.uk/ am 9. Oktober 2019.
Die Größe des 1912 gebauten Schiffes „Diplomat“ ist mit 7615 Bruttoregistertonnen (BRT) angegeben (Quellen: theshipslist.com und wrecksite.eu). Die „Diplomat“ war für ihre Zeit also ein großes Frachtschiff, vergleichbar mit der „Australia“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (7480 BRT), siehe: Bordkonzert in Port Pirie. Zum Vergleich dazu das Dampfschiff „Fürth“, das 4229 BRT hatte.
Ein Bild des Schiffes „Diplomat“, Baujahr 1912, scheint nicht zu existieren. Selbst die Webseite des Caledonian Maritime Research Trust (clydeships.co.uk), eine Datenbank aller in Schottland gebauten Schiffe, kann zu diesem Schiff keine Abbildung anbieten. Über die SMS „Emden“ und die Versenkung der „Diplomat“ mache ich demnächst noch einen eigenen Artikel.
Weitere Quellen bestätigen Kapitän R. J. Thomson
Im Britischen Nationalarchiv gibt es zwei Dokumente, die ebenfalls Kapitän R. J. Thomson als Kapitän der „Fürth“ im Oktober/November 1914 dokumentieren: Das erste ist ein Antrag auf die Zahlung eines Bonus für den Kapitän, datiert vom 6. April 1915:
Ceylon. Prize steamer Furth: question of payment of a bonus to the ship’s commander.
Original Correspondence From: Crown Agents, Folio(s): 434-437 (Ref. CO 323/665/63).
Das zweite Dokument ist die Zurückweisung dieses Antrags vom zuständigen Gouverneur (Mai 1915):
Ceylon. SS Furth: decision by the Governor not to support the proposed payment of a bonus to Captain R J Thomson for his appointment as master of the ship; includes a copy of a letter from Mr F Bowes, Principal Collector of Customs.
Original Correspondence From: Governor Chalmers, Despatch No 345 (Ref. CO 323/654/69).
Anm: Diese Dokumente habe ich den National Archives in Kew nicht eingesehen, eventuell geben die Originale mehr Auskunft über die Person des Kapitäns R. J Thomson.
Ein geradezu sensationelles Originaldokument
Hier im Blog geht es demnächst weiter mit einer Vorstellung der Reederei T & J Harrison. In den Archivunterlagen des Unternehmens befindet sich ein echter schiffshistorischer Schatz für die Rekonstruktion des Dampfschiffes „Fürth“ im Jahr 1914.
Ankunft in London
Später dann die Ankunft der „Fürth“ in London, genauer gesagt in den Tilbury Docks. Bei dieser Gelegenheit werden wir auch den Londoner Agenten der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft kennen lernen.