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New Farm Wharf Brisbane 1912 - 1913

Grüße aus Brisbane

Titelbild: Frachtdampfer „Düsseldorf“ an der New-Farm-Wharf in Brisbane, Postkarte der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, undatiert und ungelaufen, Aufnahme aus den Jahren 1912/1913; eigene Sammlung

Im Zeitalter Eduards VII.

Heute gibt es im Blog ein paar schöne historische Aufnahmen aus Brisbane, der drittgrößten Stadt Australiens.

Den Anfang macht eine Fotografie des Frachtdampfers „Düsseldorf“ an der New-Farm-Wharf.

Die „Düsseldorf“ war 1912 in Dienst gestellt worden. Über das Schiff hatte ich im Zusammenhang mit dem Aufnahmelager für gestrandete Deutsche in Barcelona berichtet. Hier war es kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 23. Juli 1914 angekommen und verblieb bis Kriegsende dort.

Hier geht es zum Artikel: Gestrandet in Barcelona

Die New Farm Wharf in Brisbane war 1912 ausgebaut worden und bot dem Überseeverkehr eine bessere Infrastruktur mit direktem Bahnanschluss.

NEW FARM WHARF.
ADDITIONAL IMPROVEMENTS.

Situated at the terminus of one of the tram services, the New Farm Wharf, recently constructed at considerable cost, has been well alvanized by vessels of various lines calling at Brisbane. The wharf is conveniently situated for the overseas trade, railway communication being obtained by the Bulimba branch line, two sets of rails running the entire length of the wharf in front of the commodious cargo sheds, while at the rear of the wool stores there is another set of rails, which allows wool to be transferred from railway trucks direct to the stores. The whole of the work in connection with the property is not yet completed, and it is only quite recently that a 6ft alvanized iron fence with massive gates was put up. At the present time the new wharf has a quay line of 800ft., but the demands made by shipping have been so great that the owners of the property, it is understood, have decided to extend the wharf to a total length of 1000ft. A feature in connection with the distribution of cargo from the wharf is the running of big motor lorries, seven of these vehicles being at present in use.
The Brisbane Courier, 30. Aug 1912, S. 6

South Brisbane Reach, about 1906

Kohlenanleger am South Brisbane Reach am Brisbane River; Postkarte, gelaufen im September 1906 von Wooloomin, einem Vorort von Brisbane nach Manchester, eigene Sammlung.

South Brisbane Reach

Ein anderes Schiff der Deutsch-Australischen Dampfschiff-Gesellschaft findet sich auf einer Postkarte des Kohlenanlegers im Brisbane River. Es ist einer der typischen „Zweischornsteiner“ der Meißen-Klasse.

Insgesamt zwölf Schiffe liefen nach diesem Baumuster bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft vom Stapel: „Meißen“, „Elbing“, „Bielefeld“, „Varzin“, „Harburg“, „Itzehoe“, „Magdeburg“, „Kiel“, „Duisburg“, „Laeisz“, „Apolda“, „Rostock“ (in der Reihenfolge ihrer Inbetriebnahme).

Die Postkarte ist im September 1906 gelaufen, das Bild also älter (nach 1900) und zu diesem Zeitpunkt waren noch alle „Zweischornsteiner“ für die DADG in Fahrt. Es bleibt daher offen, um welches der Schiffe es sich handelt.

Eine etwa fünfzehn Jahre ältere Aufnahme zeigt eine ganz ähnliche Perspektive des gleichen Anlegers. Viel verändert hatte sich seitdem nicht.

North Quay

Mit der nächsten Aufnahme begeben wir uns ins Stadtzentrum von Brisbane, Ecke North Quay und Victoria Bridge.

Brisbane Victoria Bridge and North Quay

North Quay und Milton Reach, Brisbane, am linken Bildrand ist die Victoria Bridge zu sehen; Postkarte, gelaufen (Poststempel unleserlich), ca. 1900 – 1914, eigene Sammlung.

Die Victoria Bridge aus dem Jahr 1897 war die zweite permanente Brücke an dieser Stelle. Die erste eiserne Brücke aus dem Jahr 1874 war bei der großen Überflutung Brisbanes im Jahr 1893 zerstört worden.

Die Brücke hatte zwei getrennte Fahrbahnen und auf den Seiten jeweils einen Fußweg. Sie musste erst 1969 einer leistungsfähigeren Brücke Platz machen.

Unten rechts im Bild das New Olympia Theater mit West’s Pictures. Hier konnten die Einwohner Brisbanes regelmäßig neue Filme bestaunen.

Die Zeit der elektrischen Straßenbahnen in Brisbane fällt übrigens genau mit der Lebensdauer der abgebildeten Victoria Bridge zusammen. Erste elektrische Trams fuhren 1897 und die letzten wurden im Jahr 1969 aus dem Verkehr gezogen.

Heute ist an dieser Stelle ein vielspuriger Verkehrsknotenpunkt. Den Charme, den der Platz im Zeitalter Eduards VII. innehatte, wird man vergebens suchen.

Victoria Bridge Brisbane

Brisbane, Victoria Bridge, 1906; Quelle: John Oxley Library über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:BrisbaneCombinationTramVictoriaBridge1906.jpg

Nachtrag – Das Dampfschiff „Fürth“ in Brisbane

Der Frachtdampfer „Fürth“, ein Schiff der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg, war auf seinen Australienreisen dreimal in Brisbane:

Das erste Mal auf der elften Australienfahrt vom 26. – 29. Mai 1912, dann direkt wieder auf der 12. Fahrt vom 22. – 24. November 1912 und ein letztes Mal auf der 15. und letzten Fahrt vom 5. bis 10. Juli 1914.

Von der letzten Fahrt ist das Logbuch erhalten. Die Einträge zu Brisbane finden Sie hier:

Die „Fürth“ in Brisbane (Tagebuch, Folge 14)

Gracia, Barcelona 1915

Gestrandet in Barcelona

Titelbild: Der deutsche Konsul verliest Kriegsnachrichten, „Casa de los Alemanes“ in Barcelona, Januar 1915; Fotografie: Alessandro Merletti (1860-1943), in: La Ilustración Artistica, 25. Januar 1915, Nr. 1.726, S. 82; © Biblioteca Nacional de España; http://hemerotecadigital.bne.es/; Lizenz: CC-BY 4.0

Über das Dampfschiff „Düsseldorf“ und die „Casa de los Alemanes“

Der Artikel berichtet über die Besatzung des Dampfschiffes „Düsseldorf“ und andere Deutsche, die ab August 1914 in Barcelona gestrandet waren und deren Rückkehr nach Deutschland auf dem See- oder Landweg durch den Ersten Weltkrieg versperrt war.

Auf Betreiben des deutschen Konsuls konnten die oft mittellosen Menschen in einem ehemaligen städtischen Schlachthof Barcelonas untergebracht werden. Zu Beginn des Jahres 1915 waren dies etwa 500 Personen.

Weizen aus Melbourne

Am 30. Mai 1914 verließ die „Düsseldorf“, ein Frachtdampfer der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft den Hafen von Melbourne mit der stattlichen Menge von 92,833 Sack Weizen.

Weizen war neben Wolle eines der wichtigsten Exportgüter Australiens und wurde nach der Erntesaison in großer Menge nach Europa transportiert.

SIEHE: 6000 t Weizen für England

Als Fahrtziel der „Düsseldorf“ war Teneriffa angegeben. Nicht, dass dort auch nur ein einziger Sack abgeladen worden wäre, aber der Weizen wurde erst während der langen Rückfahrt der Schiffe verkauft und der endgültige Bestimmungshafen später festgelegt.

Am 17. Juli 1914 berichtete die Zeitung The Advertiser in Adelaide, dass der Weizen ins Vereinigte Königreich verkauft worden wäre, dass aber Gerüchte aufgekommen seien, dass der Weizen in einen Mittelmeerhafen geliefert werden solle.

„It is, however, rumored that the cargo is intended for a Mediterranean port.”

Ob es der Hamburger Reederei Mitte Juli zu riskant schien, eines ihrer Schiffe wegen der drohenden Kriegsgefahr noch nach Großbritannien laufen zu lassen, ist nicht überliefert. Tatsache ist, dass die „Düsseldorf“ am 23. Juli 1914 mit ihrer Ladung in Barcelona eintraf und sie anschließend hier löschen sollte.

Am 3. August 1914 suchte auch der Dampfer „Brasilia“, ein Schiff der Hamburg-Amerika Linie (HAPAG) den Schutz des Hafens Barcelona im neutralen Spanien. Seit 27. Juni 1914 lag hier außerdem der deutlich kleinere Dampfer „Anna Strowig“ der Stettiner Reederei Wm. Eisenach.

Die „Brasilia“ war ein 1906 bei Palmers‘ Shipbuilding & Iron Co Ltd in Nordengland gebauter Frachtdampfer mit 6.565 Bruttoregistertonnen. Das Schiff war mit 137 Metern Länge etwas kürzer als die „Düsseldorf“ (143 Meter), hatte aber ein größeres Ladevolumen als die „Düsseldorf“ mit 5.877 BRT. Deutlich kleiner hingegen war die „Anna Strowig“ mit 2.381 BRT.

Dampfer Düsseldorf 1912

Das Dampfschiff „Düsseldorf“, © Reinhart Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg, 1888-1926, Cuxhaven 1984 (Strandgutverlag), S. 15.

Deutscher Hilfsverein Barcelona

Die Besatzungen der Schiffe hatten Glück, denn sie waren nicht auf sich allein gestellt. Neben einem deutschen Konsulat gibt es in Barcelona seit 1868 einen Deutschen Hilfsverein. Dieser gemeinnützige Verein hilft bis heute „deutschsprachigen Menschen in Barcelona in einer gesundheitlichen, rechtlichen oder sozialen Notlage“.

Während des Ersten Weltkrieges gab es für den Verein viel zu tun.

Nachdem absehbar war, dass die Besatzungen der Schiffe länger in Barcelona bleiben mussten, organisierte der Deutsche Hilfsverein ihre Unterbringung in der evangelischen Kirche und im dazugehörigen Pfarrhaus.

Allerdings erreichten immer mehr Menschen Barcelona, in der Hoffnung von hier über den Seeweg nach Italien nach Hause zu kommen.

Die Schiffe neutraler Staaten wie Spanien wurden jedoch von den wachsamen Alliierten aufmerksam kontrolliert. Deutsche im wehrfähigen Alter nahmen die Alliierten von den neutralen Schiffen herunter und steckten sie in Gefangenschaft.

Diese Erfahrung musste auch Kapitän Richter vom Dampfschiff „Fürth“ auf seiner Reise von Ceylon nach den Niederlanden machen. SIEHE: Die abenteuerliche Reise des Kapitäns der „Fürth“, W. Richter, auf der „Koningin Emma“

Anmerkung: Von der „Düsseldorf“ konnten einige Reservisten noch nach Deutschland gelangen. Ich gehe davon aus, dass sie Barcelona noch Ende Juli oder in den allerersten Augusttagen verlassen haben. Harms (1933) schreibt dazu:
„Die dienstpflichtigen Leute der Besatzung sind nach Deutschland geschickt. Der dritte Steuermann ist dabei in französische Gefangenschaft geraten.“
Dritter Steuermann der „Düsseldorf“ war K. Schielke (Quelle: Mariners and Ships in Australian Waters).

Die vielen in Barcelona gestrandeten Deutschen wurden notdürftig auf den deutschen Schiffen untergebracht. Laut Harms (1933) waren das auf der „Düsseldorf“ bis zu 250 Personen.
Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg, Schröder & Jeve, 1933.

Für den Empfang der Menschen in Barcelona hatte der Deutsche Hilfsverein eine eigene Anlaufstelle eingerichtet:

Damals richtete man im Pfarrhaus einen kleinen Empfangsraum ein mit direktem Zugang von der Straße für die Hilfesuchenden.
Quelle: https://www.deutscher-hilfsverein-barcelona.org/

Der Deutsche Hilfsverein in Barcelona kümmerte sich aber nicht nur den Empfang der Menschen, sondern auch um ihre Unterbringung und Verpflegung.

Mehr über das ehrenamtliche Engagement des Deutschen Hilfsvereins und seine Geschichte finden Sie hier https://www.deutscher-hilfsverein-barcelona.org/

Casa de los Alemanes 1915, Barcelona

Küche in der „Casa de los Alemanes“ in Barcelona, Januar 1915; Fotografie A. Merletti (1860-1943), in: La Ilustración Artistica, 25. Januar 1915, Nr. 1.726, S. 82; © Biblioteca Nacional de España; http://hemerotecadigital.bne.es/; Lizenz: CC-BY 4.0

„La Casa de los Alemanes“

Seit Beginn des Jahres 1914 stand der ehemalige städtische Schlachthof Barcelonas im Viertel Gràcia leer. Über die weitere Verwendung der Gebäude war noch keine Entscheidung gefallen. In Gesprächen mit der Stadtverwaltung erreichte der deutsche Konsul, dass ihm die Räumlichkeiten für die Unterbringung der gestrandeten Deutschen zur Verfügung gestellt wurden.

Anmerkung: Neben den gestrandeten Deutschen in Barcelona befanden sich neben Deutschen auch Staatsangehörige Österreich-Ungarns und acht Türken.
Quelle: El Libéral, 21. Februar 1915; http://hemerotecadigital.bne.es.

In kürzester Zeit wurden die verwahrlosten und heruntergekommenen Gebäude wieder hergerichtet und am 25. Januar 1915 konnte „La Casa de los Alemanes” eröffnet werden. So wurde das neue Flüchtlingslager genannt, in dem alle in Barcelona Gestrandeten zentral untergebracht werden konnten.

Das Lager verfügte über achtzehn Schlafsäle und einen großen Speisesaal, der auch für Aufführungen und Konzerte genutzt werden konnte. Darüber hinaus gab es weitere Einrichtungen wie Verwaltungsbüro, Küche, Vorratslager, Sanitärräume, Krankenstation, Werkstatt, Schuster, Friseur, Schneiderei und eine Bibliothek. Ein großer Innenhof diente für Versammlungen, Konzerte und zum Sport. Die Abbildungen dieses Artikels geben einen Eindruck davon.

Anfang 1915 waren in dem Lager etwa 400 – 500 Personen untergebracht.

Gracia Barcelona 1915

Schlafsaal in der „Casa de los Alemanes“ in Barcelona, Januar 1915; Fotografie A. Merletti (1860-1943), in: La Ilustración Artistica, 25. Januar 1915, Nr. 1.726, S. 82; © Biblioteca Nacional de España; http://hemerotecadigital.bne.es/; Lizenz: CC-BY 4.0

Die Leitung des Lagers hatte der Schiffsführer des Dampfers „Brasilia“, Kapitän Duch, übernommen, der das Lager in strenger Disziplin leitete. Er wurde von drei weiteren Herren bei der Verwaltung unterstützt, darunter ein Doktor Lemmel.

Um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, schlossen sich einige Seeleute zu einem Orchester zusammen und tingelten über die Dörfer der Region und gaben Konzerte.

Andere stellten Flaschenschiffe her oder malten Aquarelle, die sie in der Stadt verkauften oder gegen Tabak oder Wein eintauschten.

Die Unterkunft im alten Schlachthof bestand bis zum Ende des Krieges fort. Nach dem Krieg kam es zum Ausbruch der Spanischen Grippe und die Gebäude wurden zum Krankenlager umfunktioniert.

Gracia Barcelona 1915

Konzert im Innenhof der „Casa de los Alemanes“ in Barcelona, Januar 1915; Fotografie A. Merletti (1860-1943), in: La Ilustración Artistica, 25. Januar 1915, Nr. 1.726, S. 82; © Biblioteca Nacional de España; http://hemerotecadigital.bne.es/; Lizenz: CC-BY 4.0

Quellen dieses Blogartikels

Verschiedene Zeitungsartikel aus der Spanischen Nationalbibliothek aus dem Februar 1915, eine Fotoreportage aus der Zeitung La Ilustración Artistica vom 25. Januar 1915 (beide unter http://hemerotecadigital.bne.es/) sowie ein Artikel aus der Tageszeitung El Pais: Los alemanes de Gràcia vom 15. August 2015 (www.elpais.com)

Die Abbildungen des Artikels (bis auf die des Schiffes „Düsseldorf“) sind von dem spanischen Fotografen italienischer Abstammung Alessandro Merletti.  Merletti stammte aus einer Turiner Unternehmerfamilie und ließ sich 1888 in Barcelona nieder. Er gilt als ein Pionier der Fotoreportage in Katalonien, arbeitete für verschiedene Medien und hielt viele politische, soziale, kulturelle und sportliche Ereignisse in Bildern fest.

Anhang

Mannschaftsliste der „Düsseldorf“ vom 11. Mai 1914 in Sydney, Kapitän war A. Lenschow. Mit ihm waren 51 Männer an Bord.

Düsseldorf, Mannschaft, May 1914

Besatzung der „Düsseldorf“ am 11. Mai 1914 in Sydney, Quelle: Mariners and Ships in Australian Waters

Das Dampfschiff "Apolda", beschlagnahmt beim Einlaufen in Kapstadt im August 1914, © Reinhart Schmelzkopf: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926

Die deutsche Handelsmarine beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges

Hohe Verluste und blockierte Schiffe

Linienverkehr der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft zusammengebrochen

Die weltweit agierende deutsche Handelsflotte wurde beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges schwer getroffen und der internationale Handel brach für das Deutsche Reich quasi über Nacht zusammen.

Die britische Admiralität veröffentlichte dazu die folgenden Zahlen mit Stand 23. September 1914, also sieben Wochen nach dem Ausbruch des Krieges zwischen dem Vereinigten Königreich und dem Deutschen Kaiserreich.

Das Dampfschiff "Altona", beschlagnahmt beim Einlaufen in Port Philip-Bay (Australien) im August 1914 ,© Reinhart Schmelzkopf: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926

Das Dampfschiff „Altona“, beschlagnahmt beim Einlaufen in Port Philip-Bay (Australien) im August 1914 ,© Reinhart Schmelzkopf: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926

Britische Verluste

Zunächst die britischen Verluste:

12 versenkte Handelsschiffe, davon allein sechs durch den Kleinen Kreuzer „SMS Emden“ der Kaiserlichen Marine

15 durch Minen verlorene britische und neutrale Handelsschiffe (69 Tote und Vermisste)

26 versenkte Fischereischiffe

74 festgehaltene und gekaperte Handelsschiffe mit einer Tonnage von insgesamt 170.000 Tonnen

12 gekaperte und versenkte Handelsschiffe mit einer Tonnage von 59.000 Tonnen

Insgesamt beliefen sich die britischen Verluste nach Angaben der Admiralität auf 139 Schiffe mit einer Tonnage von 229.000 Tonnen.

Deutsche Verluste

Dagegen werden die Verluste der deutschen Handelsmarine wie folgt bilanziert:

102 in britischen Häfen zurückgehaltene deutsche Schiffe (200,000 Tonnen). Unter diese Kategorie fällt auch das Dampfschiff „Fürth“ in Ceylon, einem Teil des British Empire.

88 gekaperte Schiffe seit Kriegsbeginn mit 333,000 Tonnen

14 festgehaltene Schiffe in der Suezkanalzone (72.000 Tonnen)

15 festgehaltene Schiffe in Häfen der Vereinigten Staaten (247.000 Tonnen)

und 168 von den Alliierten festgehaltene oder gekaperte Schiffe (283.000 Tonnen)

Das ergibt eine Summe von 387 Schiffen mit einer Tonnage von 1.140,000 Tonnen.

Die Zahlen der britischen Admiralität sind zitiert nach einem Artikel in der Tageszeitung Aberdeen Press and Journal von Dienstag, dem 29. September 1914 (http://www.britishnewspaperarchive.co.uk).

Starkes Ungleichgewicht

Während die deutsche Handelsmarine tief getroffen war, waren britische Verluste zwar vorhanden, bezogen auf die Handelsflotte insgesamt, war der Verlust ein wesentlich kleinerer Prozentsatz. Die Größe der britischen Übersee-Handelsflotte wird in einem Artikel der Zeitung Derry Journal vom Mittwoch, den 23. September 1914 mit über 4000 Schiffen angegeben (http://www.britishnewspaperarchive.co.uk).

Die Zahl von über 4000 Schiffen ist durchaus plausibel, da die englische Handelsflotte von 1901 bis 1913, in zwölf Jahren also, um 3160 Dampfer mit 3.782.669 Nettoregistertonnen zugenommen hatte. Quelle: Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, 1933, Hamburg.

Als Vergleich beziffert Harms „nach amtlichen Zahlen“ den Zuwachs der deutschen Handelsflotte im Zeitraum 1901 bis 1914 auf 780 Dampfer mit 1.484.437 Nettoregistertonnen. England war also klarer Spitzenreiter im Überseehandel.

Das Dampfschiff "Düsseldorf", bei Kriegsausbruch in Barcelona, blieb dort während des Krieges und diente der Aufnahme deutscher Flüchtlinge aus Frankreich; © Reinhart Schmelzkopf: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926

Das Dampfschiff „Düsseldorf“, bei Kriegsausbruch in Barcelona, blieb dort während des Krieges und diente der Aufnahme deutscher Flüchtlinge aus Frankreich; © Reinhart Schmelzkopf: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926

Ein Gesamtwert von 13 Millionen Pfund

Die Financial Times hatte bereits Anfang September in einem Artikel den finanziellen Wert dieser Verluste errechnet. Nachdem mir der Originalartikel nicht vorliegt, zitiere ich hier nach gleichlautenden Meldungen im Auckland Star und im Examiner (Launceston, Australien), beide vom 3. September 1914.
Quellen: https://paperspast.natlib.govt.nz und https://trove.nla.gov.au.

Laut der Financial Times belief sich der Wert der zu diesem Zeitpunkt in Großbritannien aufgelegten deutschen Schiffe auf 13 Millionen Pfund, wobei ihre Ladung einberechnet wurde. Ein beachtlicher Teil von der Summe sei davon als Prämie an die Seeleute auszuzahlen („bounty“) und der Rest flösse in die Staatskasse, um die Kriegskosten auszugleichen.

Gleichzeitig wurde in dem Artikel der Wert der Schiffe und ihrer Ladung, die in neutralen Häfen zurückgehalten wurden auf 47 Millionen Pfund beziffert.

Geografischer Nachteil

Auch geografisch befand sich das Deutsche Kaiserreich im Nachteil. Während die deutschen Häfen und der Hauptzugang des Deutschen Reiches zu den Weltmärkten durch den Ärmelkanal von den Alliierten leicht kontrolliert und blockiert werden konnten, stellten die deutschen U-Boote und Seeminen hauptsächlich für die Nordseehäfen Englands eine Bedrohung dar. Die Versorgung vom Ausland wurde daher von den Briten an die Westküste verlagert, wie folgender Auszug aus einem Artikel der Zeitung Newcastle Journal vom 4. September 1914 zeigt:

“The danger to navigation from floating mines on the East Coast is responsible for diverting a good deal of traffic from Northern Europe to the English West Coast. This appears to especially the case with the Danish and Norwegian provision trade, which hitherto has been conducted mainly by way of the Tyne. It is just announced that a steamer with a full cargo of Danish produce has for the first time arrived in Queen’s Dock, Liverpool, the cargo consisting of 6,500 casks of butter, 350 to 400 tons of eggs and bacon, 300 tons butter, and other produce in barrels. The fleet of steamers with which this vessel associated consists of eight, which will now be increased. She is a mail boat, and brought over all the mails from Denmark, Norway, and Sweden. It added that the bulk the produce was about the same as that which usually comes from Denmark, but it has been diverted to Liverpool owing to the difficulties attending navigation to the Tyne and Leith, and it essential that the produce should arrive in time for the market. There is just a possibility that efforts will be made to establish a permanent line between Denmark and the Mersey port, and if that is accomplished might mean the diversion of a certain amount of entrepot trade from the North-East Coast.”

Die Lieferungen aus Nordeuropa wurden also von Newcastle-on-Tyne nach Liverpool umgeleitet. Die Briten waren in diesem Fall mit ihrer Insellage eindeutig im Vorteil.

Wirtschaftlicher Vorteil

Auch wirtschaftlich sahen die Briten große Chancen auf sich zukommen, da die Deutschen quasi vom Weltmarkt abgeschnitten waren und die anderen europäischen Nationen wesentlich stärker in den Krieg eingebunden waren, als die Briten:

Der britische Schatzkanzler, zu diesem Zeitpunkt David Lloyd George, 1. Earl Lloyd-George of Dwyfor, wird in demselben Artikel des Newcastle Journal wie folgt zitiert:

„I am confident that with patience and with the steps we have taken British trade will not merely freely, but will be booming in very short time, because we are the only manufacturing country now in Europe. We have only America to deal with as a great manufacturing country. Other manufacturing countries are occupied with this great war. The Germans as competitors have practically disappeared from the markets of the world. There is no reason why our manufactures should not go to every part of the world. The routes are free to them, and once they establish exchanges and are able to adapt themselves to the changed conditions trade will go on.”

Das Dampfschiff "Oberhausen", bei Kriegsausbruch in Tasmanien und dort beschlagnahmt; © Reinhart Schmelzkopf: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926

Das Dampfschiff „Oberhausen“, bei Kriegsausbruch in Tasmanien und dort beschlagnahmt; © Reinhart Schmelzkopf: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926

Die Flotte der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft

Die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) gehörte in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zu den am stärksten wachsenden deutschen Reedereien. Siehe dazu auch den Artikel 25 Jahre Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft.

Die Auswirkungen des Kriegsausbruches waren für die Reederei verheerend. Otto Harms resümiert in seinem bereits zitierten Buch: „Diese Aufzeichnungen schließen mit dem Krieg ab. Sie sind niedergeschrieben, um an einem Beispiel in handgreiflicher Form zu zeigen, was der Krieg zerstört hat, wie ein blühendes Unternehmen vernichtet worden ist.“

Auch der Schifffahrtshistoriker Reinhart Schmelzkopf schreibt: „Außer der D.D.G. Hansa wurde keine andere deutsche Reederei so stark von den Kriegsereignissen getroffen.“ Reinhart Schmelzkopf: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926, Cuxhaven 1984.

Von den 55 Dampfern der DADG befanden sich bei Kriegsausbruch lediglich 9 in deutschen Häfen. 14 Schiffe waren in Häfen des Commonwealth oder wurden dorthin verbracht (wie die Dampfschiffe „Fürth“ und „Australia“ nach Colombo, siehe: Die Kaperung der „Fürth“. Jeweils drei Schiffe wurden im Suezkanal und in Antwerpen festgehalten und 26 befanden sich in neutralen Häfen. Quelle: Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffsgesellschaft, 1933, Hamburg.

Schiffe ohne Nutzen

Die meisten der Schiffe, die neutrale Häfen erreicht hatten, lagen in Niederländisch-Indien. Dort waren sie allerdings für die Reederei ohne Nutzen, da sie bei Verlassen der Inselgruppe Gefahr liefen, ebenfalls gekapert zu werden. Andererseits musste Geld überwiesen werden, um die Besatzungen zu entlohnen und die Schiffe fahrbereit zu halten.

Ich werde auf die Lage dieser Schiffe in Niederländisch-Indien an dem Beispiel der „Ulm“ unter der Leitung von Kapitän C. B. Saegert, dem früheren Kapitän des Dampfschiffes „Fürth“, zurückkommen. Dieser hatte mit der „Ulm“ den Hafen von Newcastle N.S.W. in Australien gerade noch rechtzeitig verlassen können. Siehe: Die „Fürth“ beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges

Bildnachweis zum Titelbild: Das Dampfschiff „Apolda“, beschlagnahmt beim Einlaufen in Kapstadt im August 1914, © Reinhart Schmelzkopf: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926, S. 45

C. B. Saegert, master

Kapitän C. B. Saegert – eine Würdigung

Fünf Jahre Kapitän der „Fürth“

Kapitän C. B. Saegert war Kapitän der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft und verantwortlicher Schiffsführer des Dampfschiffes „Fürth“ vom Tag seiner Probefahrt am 17. August 1907. Kapitän C. B. Saegert hatte die Verantwortung für das Schiff bis Ende August 1912. In dieser Zeit unternahm er als Kapitän der „Fürth“ elf Reisen nach Australien und Niederländisch-Indien.

Obwohl er also fünf Jahre „der Alte“ war, wie die Besatzung ihren Kapitän oft nannte, konnte ich bis heute nur wenige Informationen über ihn finden. Diese spärlichen Informationen stelle ich hier zusammen und hoffe, sie mit Hilfe von eventuellen Nachfahren eines Tages noch ergänzen zu können.

C. B. Saegert, master

Anzeige der DADG vom 30. August 1898 in den Hamburger Nachrichten mit Kapitän Saegert auf dem Dampfer „Sommerfeld“

Ein Glücksfall

Soviel kann ich sagen: Kapitän C. B. Saegert war für das Dampfschiff „Fürth“ ein Glücksfall: Er war zum Zeitpunkt der Übernahme der „Fürth“ bereits ein erfahrener Kapitän. Er hatte bis ins Jahr 1900 die Verantwortung für das Schiff „Sommerfeld“. Am 21. August 1900 übernahm er die Leitung des Dampfers „Bergedorf“, dem Dampfer, der lange nach seiner Zeit als Kapitän am 4. April 1911 an der Südspitze Indiens havarierte und verloren ging: Der Untergang des Dampfers „Bergedorf“ .

„Bergedorf“, Saegert, nach abgehaltener Probefahrt 21. ds. Nachm. von Middlesbrough nach Hamburg.
Schiffsnachrichten in Altonaer Nachrichten / Hamburger neueste Zeitung, 23. August 1900, S. 3

Nicht nur hatte er also lange Erfahrung in der Schiffsführung, sondern er kannte die Fahrtrouten und die angelaufenen Häfen bereits ausgesprochen gut.

The new German-Australian liner Furth, launched on 20th July last, and since described in detail, was taken to a river berth, on arrival yesterday. She is under command of Captain C. B. Saegert who is well known at this port.
The Age, Melbourne, Do 24. Okt 1907, S. 6, SHIPPING INTELLIGENCE.

Aus einer von Kapitän C. B. Saegert am 21. März 1909 unterzeichneten Mannschaftsliste wissen wir, dass er an diesem Tag 56 Jahre alt war. Er ist also 1852 oder 1853 geboren.

Master C. B. Saegert, 56 years old, March 21, 1909

Kapitän C. B. Saegert, Unterschrift mit Altersangabe auf der Meldeliste für die Hafenpolizei in Syndey am 21. März 1909

Keine besonderen Vorkommnisse

Während seiner Zeit als Kapitän, gab es keinen schweren Zwischenfall auf dem Schiff, zumindest keinen, der in der damaligen Presse erschienen wäre. Das gleiche gilt für Unfälle, die allesamt sehr glimpflich abliefen. Das Auflaufen auf Grund am 30. August 1909 im Hafen von Melbourne muss sicher dem Lotsen angelastet werden, das Schiff nahm außerdem keinen Schaden: Suche nach der Waratah. Einen zweiten Zwischenfall gab es in Geelong, als das Schiff beim Andocken vom Wind gegen die Hafenmole gedrückt wurde, aber auch hier waren keine Schäden zu verzeichnen: Die „Fürth“ in Skandinavien.

Im Sommer 1910 hätte Kapitän C. B. Saegert eigentlich ein neues Schiff übernehmen sollen, was aber aus uns unbekannten Gründen dann nicht hatte sein sollen, da der neue für die „Fürth“ ausersehene Kandidat Wienecke das Schiff nicht übernahm: Ein neuer Kapitaen?

Die weiteren Stationen

Am 21. September 1912 verließ das Schiff „Düsseldorf“ (9625 Tonnen Tragfähigkeit) den Hafen Hamburg zu seiner zweiten Fahrt. Kapitän war jetzt C. B. Saegert, der von der „Fürth“ (7010 Tonnen Tragfähigkeit) auf das neuere und größere Schiff gewechselt war.

Sonderbar daran ist, dass die erste Fahrt der „Düsseldorf“ von dem ebenfalls sehr erfahrenen Kapitän der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, J. Schuldt durchgeführt wurde. Nach nur einer Fahrt mit der „Düsseldorf“ übernahm er bereits wieder ein anderes (und kleineres) Schiff, und zwar die „alte“ Plauen, ein Schwesterschiff der „Fürth“, Baujahr 1907.

Warum? Das weiß ich nicht. Noch in Australien war Kapitän J. Schuldt (nach außen) voll des Lobes über die „Düsseldorf“ gewesen:

“…Regarding the seefaring qualities of the Dusseldorf, Captain J. Schuldt is enthusiastic He reports that the voyage passed, off without remarkable incident, but states that the bunker coal provided at a South African port where the vessel called en route was very poor. Otherwise she would have arrived earlier, although the run across was accomplished in excellent time, as it was.”
Newcastle Morning Herald and Miners‘ Advocate, Mi 29. Mai 1912, S. 4, NEW GERMAN LINER DUSSELDORF.

Das Dampfschiff „Ulm“

Aber auch Kapitän C. B. Saegert blieb nicht lange auf der „Düsseldorf“. Bereits im Jahr 1914 wechselte auch er wieder zurück auf ein kleineres Schiff, die „Ulm“.

Die neuen Australdampfer Freiberg und Ulm. Die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft stellt, wie schon von uns mitgeteilt, im Laufe dieses Monats zwei neue Dampfer, Freiberg und Ulm, in Dienst, von denen der erstere, auf Tecklenborgs Werft in Geestemünde erbaut, am 11. April seine Probefahrt machte und seit dem 13. April hier schon in Ladung liegt. Der 9600 Tons große Dampfer ist mit einer dreifachen Expansions-Heißdampfmaschine von 4000 Pferdestärken ausgerüstet, die dem Dampfer auf der Probefahrt eine Geschwindigkeit von 14,6 Seemeilen in der Stunde verlieh. —Der zweite Dampfer, Ulm, auf der Neptunwerft in Rostock erbaut, ist etwa 1000 Tons kleiner als der Dampfer Freiberg. Der Dampfer macht am 18. April seine Probefahrt und geht im Anschluß an diese direkt nach Gothenburg weiter. Der Dampfer erhält dort eine Teilladung nach Australien, die er in Frederikstad kompletteren wird. Von Frederikstad tritt der Dampfer die erste Reise an. Führer des
Dampfers Freiberg ist Kapitän I. Renz, und die Führung des Dampfers Ulm erhält Kapitän Saegert, bisheriger Führer des derselben Reederei gehörenden Dampfers Düsseldorf.
Hamburger Anzeiger, 17. April 1914, S. 5

Von Skandinavien aus steuerte die „Ulm“ Emden an, den letzten deutschen Hafen, den Kapitän C. B. Saegert vor dem Ersten Weltkrieg anlaufen sollte:

Ulm, ss., 4,700 tons, Capt. Saegert, left Emden May 7. Due June 17. Messrs. Strelitz Bros.,
agents, The West Australian, Perth, Do 28. Mai 1914, S. 6, SHIPPING

Emden, Germany, mole, postcard 1922

Die Mole in Emden, Postkarte, 1922, Quelle: http://www.zeno.org/Ansichtskarten

Eine sehr lange Reise

Die erste Reise mit der “Ulm” sollte die einzige bleiben und viel, viel länger dauern als vorhergesehen (über 5 Jahre).

Die „Ulm“ kam am 22. Juli 1914 in Newcastle N.S.W. (Australien) an, um dort Kohlen für Amboina, Makassar und Java zu laden. Am 2. August 1914 ist das Schiff von Newcastle abgegangen, ohne auf volle Ladung zu warten und erreichte am 20. August 1914 Banjoewangi.
Quelle: Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (1933).

Anm.: Banjoewangi heißt heute Banyuwangi und liegt am östlichen Ende der Insel Java, gegenüber der Insel Bali. – Die vorgezogene Abfahrt von Newcastle war von der Reederei wegen des drohenden Eintritts Großbritanniens in den Krieg angeordnet worden, der dann am Abend des 4. August 1914 (GMT) erfolgte (in Australien bereits der 5. August 1914).

Amboina/Ambon (Molukken – Ost-Indonesien)

Während des Ersten Weltkriegs lag das Schiff „Ulm“ spätestens ab September 1914 im Hafen von Amboina (Ambon), einer kleinen Insel gleichen Namens im östlichen Indonesien. An Bord natürlich auch der Kapitän: C. B. Saegert.

Ambon/Amboina port

Blick vom Strand auf den Hafen von Amboina, 1922, Quelle: Collectie Nationaal Museum van Wereldculturen, Amsterdam, Inventarnr. TM-33000958

Im Jahr 1915 und 1916 spenden Kapitän C. B. Saegert sowie einige andere Besatzungsmitglieder für die Kriegshilfe:

47. Gabenverzeichnis der Hamburger Kriegshilfe
(Die Aufrufe der Hamburgischen Kriegshilfe und des Roten Kreuzes werden in der Sonntagsausgabe veröffentlicht.)
Deutsche Bank, … Deutsch-Austral.-Dampfsch.-Ges., Dampfer „Ulm“, Kapitän C. B. Saegert 50, 2. Steuermann P. Hoffmeister 170, 4. Steuermann R. Bloese 50, 4. Maschinist L. Reichard 50
Hamburger Anzeiger, Fr 2. Juli 1915, S. 11

Gabenverzeichnis der Hamburgischen Kriegshilfe
Deutsche Bank: … Kapitän C. B. Saegert u. Maschinisten-Anwärter C. Heesch vom D. „Ulm“, z. Zt. Amboina,
Niederländisch-Indien, durch Deutsch-Austral. Dampfsch.-Ges. 80.(Neue Hamburger Zeitung, 2. Juni 1916,Seite 4)

Außerdem liegt mir eine von Kapitän C. B. Saegert unterschriebene Original-Abrechnung für den Schiffskoch Wilhelm Holst vom 27. März 1917 vor, ebenfalls ausgestellt in Amboina (auf dieses Dokument komme ich noch einmal zurück).

C. B. Saegert, master

Kapitän C. B. Saegert, Originalunterschrift auf einem Dokument des Jahres 1917, eigene Sammlung

Drei Todesfälle

Eine weitere Spur des ersten Kapitäns der „Fürth“ habe ich im Jahr 1922 gefunden, die allerdings Ereignisse aus den Jahren 1914 bis 1916 betrifft:

Das Seeamt zu Hamburg verhandelte am Mittwoch den 1. November 1922 drei Todesfälle, die sich auf dem Dampfer „Ulm“ unter der Leitung von Kapitän C. B. Saegert zugetragen hatten.

Der zeitlich erste Fall ereignete sich am 7. September 1914 im Hafen von Sawai, womit wir auch den Aufenthaltsort des Schiffes für diesen Tag kennen. Zu den beiden anderen Todesfällen kam es dann im Jahr 1916 im Hafen von Ambon.

Anm. Sawai liegt im Norden der Insel Pulau Seram, weniger als eine halbe Tagesreise von Ambon.

Die Namen der Verunglückten: Der Leichtmatrose Franz Carl Gustav Paul Kötteritzsch, ertrunken beim Bewegen eines Beibootes im Hafen von Sawai (7. September 1914); der dritte Offizier Hugo Max Hornuff am 2. Juni 1916 durch Sturz in den Unterraum des Schiffes und der Matrose Fritz Heinemann genannt Woebbekind, am 10. April 1916 ebenfalls durch Sturz in den Unterraum. Alle drei Todefälle wurden bei der Verhandlung des Seeamtes als Unglücksfälle eingestuft, an denen niemanden ein Verschulden trifft.
Quelle: Hamburgischer Correspondent und neue hamburgische Börsen-Halle, 02. November 1922 , S. 27

Ob Kapitän C. B. Saegert allerdings bei der Verhandlung im Jahr 1922 selbst anwesend war, ist nicht dokumentiert.

Letzte Informationen

Eine (für den Moment) letzte Spur von Kapitän C. B. Saegert gibt es im Frühjahr 1919 in einer Zeitungsmeldung über eine Meuterei auf dem Schiff „Ulm“ (De Preanger-bode, 12. Apr 1919).

Danach konnte ich bislang keinen Hinweis mehr auf Kapitän C. B. Saegert finden.

Er muss theoretisch noch bis zum 30. August 1919 in Ambon gewesen sein, dem Tag, als die „Ulm“ fast ein Jahr nach Kriegsende an die Briten übergeben wurde, wie die Zeitung Bataviaasch nieuwsblad am 29. August 1919 berichtete:

Amboina, 29 Aug. (Aneta). De schepen-overgavs.
De heden overgegeven schepen ,Manila“ en ,Teo Pao“ voeren de Statenbondvlag met in den top de Britsche kleuren. De overgave van de ,Ulm“ heeft Zaterdag plaats.
Bataviaasch nieuwsblad, 29-08-1919

Erst dann kann er zusammen mit der verbliebenen Mannschaft das Schiff verlassen haben und hat wahrscheinlich auf schnellstem Weg versucht, über Makassar und Batavia nach Deutschland zurückzukommen. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits 66 oder 67 Jahre alt und dürfte seinem Ruhestand in der Heimat sehnsüchtig entgegengesehen haben.

Allerdings kamen im Herbst 1919 sehr viele Kriegs- und Zivilgefangene aus aller Welt nach Deutschland zurück, ein einzelner Kapitän ist in dieser großen Zahl an Heimkehrern nur schwer auszumachen…

Kapitän Claus Berthold Saegert aus Stralsund?

Laut der Transkription eines Dokumentes der Hafenbehörde in Sydney vom 22. Januar 1902 beim Eintreffen des Dampfers „Bergedorf“ steht die Abkürzung der Vornamen für Claus Berthold Saegert, damals 49 Jahre alt und als Ort wurde in der Meldung für die Hafenpolizei Stralsund angegeben. Im Scan des Originals (www.marinersandships.com.au) sind diese Angaben allerdings nicht zu lesen, vielleicht wurden sie auf der Außenseite des Dokumentes gemacht, die nicht eingescannt wurde. Aber immerhin eine Spur…

Stralsund port, about 1900

Führt uns die Spur nach Stralsund?
Stralsund vom Hafen mit Dampfer Altefähr, Postkarte, um 1900, Quelle: http://www.zeno.org/Ansichtskarten

Für alle sachdienlichen Hinweise, die dazu dienen, das Profil von Kapitän C. B. Saegert zu vervollständigen, vorab herzlichsten Dank!