Archiv für den Monat Dezember 2019

Neumunster, German-Australian Line, August 1914

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Neumünster“

Endstation Fremantle (Westaustralien)

Dieser Blogartikel fasst die Geschichte eines der Schwesterschiffe der „Fürth“ zusammen, dem Dampfschiff „Neumünster“.

Er setzt damit die Reihe fort, die mit der „Reichenbach“ begonnen wurde (Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Reichenbach“ ) und mit der „Plauen“ weitergeführt wurde (Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Plauen“ ).

Die Geschichte jedes dieser Schwesterschiffe hat interessante Details zu bieten. Bei der „Neumünster“ ist bemerkenswert, wie viele Originaldokumente von diesem Schiff noch erhalten sind.

Aber beginnen wir mit dem Bau des Schiffes „Neumünster“.

Bildnachweis Titelbild: Das Dampfschiff “Neumünster” im Hafen von Fremantle, Zeitungssausschnitt (Western Mail, 21. Aug 1914), Quelle: National Library of Australia (trove.nla.gov.au)

Das Schiff

Die Bestellung der „Neumünster“ erfolgte nur einen Tag, nachdem die „Plauen“ bestellt worden war, nämlich am 1. Februar 1906. Der Baubeginn erfolgte dann mit einiger Verzögerung am 11. Oktober 1906, der Stapellauf am 16. April 1907 und die Lieferung an die Reederei am 18. Mai 1907. (Alle Angaben nach Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Otto Harms, Hamburg, 1933.)

Der Bau erfolgte damit zeitlich sehr synchron mit dem der „Plauen“, lediglich einen Monat nach hinten versetzt und auch dem der „Fürth“, die im Zeitplan drei Monate nach der „Neumünster“ lag. Erstaunlich finde ich die Tatsache, dass jedes dieser knapp 120 Meter langen Schiffe in einer Bauzeit von nur rund 200 Arbeitstagen fertiggestellt werden konnte. Das zeugt von einem hohen Organisationsgrad der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft.

Für die Maße und die Motorisierung des Schiffes verweise ich auf den Artikel der „Fürth“: Bau, Stapellauf und Probefahrt der „Fürth“ . Hier gibt es auch für die Neumünster nichts Neues. Lediglich das Vermessungsergebnis sei hier genannt, da dieses für jedes Schiff trotz gleicher Baupläne unterschiedlich ausfällt: Die „Neumünster“ hatte 4224 Bruttoregistertonnen („Fürth“ 4229). Der Baupreis war mit 1,255 Millionen Mark identisch mit dem der „Plauen“ und 17 tausend Mark unter dem der „Fürth“.

Neumünster in Norwegen

Das Schiff „Neumünster“ in Norwegen, © Reinhart Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, 1984.

Die Stadt Neumünster

Das kleine Städtchen Neumünster in Schleswig-Holstein hatte im 19. Jahrhundert die typische Entwicklung einer Industriestadt genommen. Durch die Textilindustrie wuchs die Stadt von 1867 als sie gerade einmal 9.000 Einwohner hatte auf 35.000 Einwohner im Jahr 1910. Zu diesem Zeitpunkt prägten Betriebe wie die Tuchfabrik Christian Friedrich Köster oder die Lederfabrik Emil Köster AG das Stadtbild; Neumünster wurde Holsteins „Manchester“ (Quelle: vimu.info).

Schafwolle war Australiens wichtigstes Exportprodukt und auch Tierhäute, Schaffelle und Gerbstoffe wurden in großer Zahl nach Europa exportiert, sicher auch über den Hamburger Hafen nach Neumünster. Zu den deutschen Importen australischer Produkte: Australische Exporte nach Deutschland

Aber auch in entgegengesetzter Richtung könnten Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen aus Neumünster und Australien bestanden haben, waren doch Kleidung und Textilien die wichtigsten Exporte des Deutschen Reichs nach Australien. Deutsche Exporte nach Australien

Mehr über die Industriegeschichte Neumünsters erfahren Sie in dem kleinen Prospekt der Stadt Neumünster „Route der Industriekultur, Neumünster, 25 Stationen der Industriegeschichte“, abrufbar auf der Seite metropolregion.hamburg.de

Neumünster Schleswig-Holstein 1895

Ansicht von Neumünster, 1895, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wd_b187.JPG

Auf Australienfahrt

Wie alle Schiffe der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) bediente die „Neumünster“ bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges die Linien der Reederei nach Australien und Niederländisch Indien.

Entscheidend für das weitere Schicksal des einzelnen Schiffes war die geografische Position Ende Juli/Anfang August 1914 beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Wie alle Schiffe der Kleinserie war auch die „Neumünster“ noch nicht mit einer Telegrafenanlage ausgestattet und musste sich daher von den politischen Entwicklungen im nächsten Hafen überraschen lassen.

Die „Neumünster“ hatte Hamburg am 30. Juni und Antwerpen am 4. Juli 1914 verlassen und war für den 14. August 1914 in Fremantle an der Westküste Australiens angekündigt. Danach sollte die „Neumünster“ die südaustralischen Hafenstädte Adelaide und Port Pirie anlaufen.

Anm.: Normalerweise waren die Schiffe der DADG auf ihrer Reise zwischen Europa und Australien (mindestens) einen Hafen in der Kapkolonie bzw. Südafrikanischen Union angelaufen. Das war bei dieser Reise nicht der Fall. Die „Neumünster“ hatte den Bedarf an Bunkerkohle für die ganze Fahrt nach Australien in Europa gedeckt. Oft waren die Schiffe bei der Ausreise nach Australien nicht voll beladen, so dass genug Platz für Bunkerkohle vorhanden war.

Am 16. August 1914 um 6.30 Uhr wurde die „Neumünster“ unter Führung von Kapitän Carl Herrmann vor der australischen Westküste in der Nähe von Rottnest Island von dem Kreuzer HMAS „Pioneer“ gestoppt und anschließend in den Hafen von Fremantle gebracht.

Die Mannschaft wurde auf Rottnest Island interniert. Zu diesem Lager gibt es hier noch einen eigenen Artikel, denn ich will auch das Schicksal der deutschen Seeleute und das der deutschstämmigen Einwohner Australiens im Ersten Weltkrieg nicht vergessen.

Gerichtsverhandlung

Gegen die Beschlagnahmung der „Neumünster“ wurde von Kapitän Herrmann im Namen der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft Einspruch erhoben. Es ging darum, ob die „Neumünster“ eine rechtmäßige Prise (“prize“) war oder ob sie nur festgehalten werden konnte (“detention“). Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob die Kaperung noch auf hoher See stattfand, oder ob sich das Schiff zum Zeitpunkt der Kaperung bereits im Hafengebiet von Fremantle befand. Details dazu unter anderem in: The Daily News, Perth, Fr. 4. Dez. 1914, S. 8, THE NEUMUNSTER (Quelle: trove.nla.gov.au).

Das Urteil fiel dann erwartungsgemäß aus: Die „Neumünster“ wurde in der Urteilsverkündung am 22. Dezember 1914 als rechtmäßige Prise anerkannt. Auch dazu gibt es mehrere Zeitungsartikel, unter anderem sehr ausführlich in The West Australian, Perth, Mi 23. Dez 1914, S. 7-8, PRIZE COURT (Quelle: trove.nla.gov.au).

Unabhängig von der Gerichtsentscheidung war die „Neumünster“ bereits ab Ende Oktober wieder auf See und brachte eine Woll-Lieferung nach England.

Cooee, Neumünster

„Cooee“, exNeumünster; Quelle: © Maritime Museum of Tasmania, https://ehive.com/collections/3906/objects/620489/cooee

„C3“, „Cooee“ und „Bomarsund“

Ab Januar erhielt das Schiff den provisorischen Namen „C3“, bevor es später in „Cooee“ umgetauft wurde. Es blieb bis Ende 1925 im Verkehr zwischen Australien und England.

Im Januar 1926 wurde die „Cooee“, ex-Neumünster für £ 190.000 an die Fa. A/B Naxos Prince des finnischen Reeders und Geschäftsmanns Robert Mattson in Helsinki verkauft und umbenannt in „Bomarsund“.

Anm.: Quelle für den Verkaufspreis: Daily Mercury, Mackay (Queensland), Mo 18. Jan 1926, S. 5, COMMONWEALTH SHIPS)

Mehr Informationen über die „Bomarsund“, ex-Neumünster sowie Bilder finden Sie auf der sehr informativen Webseite über die finnische Schifffahrt Äänimeri: https://www.aanimeri.fi/piwigo/index.php?/category/89

Im Oktober 1935 wurde die „Bomarsund“ zum Abbruch an die Fa. Van Heyghen ins belgische Gent verkauft.

Falls Sie mal ein altes Schiff los werden wollen: Van Heyghen Recycling gibt als Teil der belgischen Galloo-Gruppe noch heute. Schiffe werden im Hafen von Gent abgewrackt und der Schrott anschließend verkauft.

Spannende Originaldokumente

Zu den eingangs erwähnten Originaldokumenten: Der Festsetzung des Schiffes in Fremantle ist es zu verdanken, dass zahlreiche Schiffsdokumente im nahegelegenen Perth erhalten geblieben sind (heute ist Fremantle Teil des Ballungsraumes Perth).

Man ist dort sehr sorgfältig mit den Unterlagen der beschlagnahmten Schiffe umgegangen, da die Beschlagnahmungen jeweils Gerichtsprozesse nach sich zogen. Neben Dokumenten der „Neumünster“ sind auch zahlreiche Unterlagen der ebenfalls im August 1914 beschlagnahmten Schiffe „Greifswald“ und „Thüringen“ des Norddeutschen Lloyd (Bremen), archiviert worden.

Von der „Thüringen“ liegt sogar ein alter Schlüssel im Archiv: http://sro.wa.gov.au/blogs/key-prize-war-ww1-wa

Der Schlüssel und all diese historisch sehr interessanten Papiere finden sich im State Records Office of Western Australia in Perth. Für das Schiff „Neumünster“ sind das

– das Schiffszertifikat
– der Messbrief
– die Musterrolle
– ein Gesundheitspass vom Britischen Generalkonsulat in Antwerpen
– ein Gesundheitspass vom Generalkonsulat der Niederlande in Antwerpen
– eine Bescheinigung vom Hafenarzt in Hamburg
– ein „Sailing und Arrival Code“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft für telegrafische Nachrichten
– eine Bescheinigung von Lloyd’s Register, ausgestellt in Rotterdam
– eine Liste der Schiffs-Vorräte für den australischen Zoll (Getränke & Lebensmittel; Öle, Lacke etc.)
– eine Inventarliste der Schiffsausstattung
– das Logbuch (Schiffstagebuch, ab 20. Juni 1914)

Demnächst mehr zu einem Teil dieser Dokumente hier im Blog!

Logbuch Neumünster 1914, log book

Schiffstagebuch der „Neumünster“, Juni bis August 1914, © State Records Office of Western Australia, Perth, Cons. 4230/1.2

America, Alger-Insel, Franz-Josef-Land

Allen Bloglesern ein frohes, gesundes und friedliches Weihnachtsfest 2019!

Die „America“ in der Weihnachtsnacht

Das Foto zeigt das dreimastige Dampfschiff „America“ im Mondlicht, aufgenommen in der Weihnachtsnacht am 25. Dezember 1901.

Bildnachweis: Library of Congress, Digital ID ds 00318 //hdl.loc.gov/loc.pnp/ds.00318, http://www.loc.gov/resource/ds.00318/

Die „America“ war das größte Schiff der Baldwin-Ziegler Polarexpedition, die von Norwegen aus startete und über Franz-Josef-Land den Nordpol erreichen wollte. Baldwin errichtete sein Basislager auf der zum Archipel Franz-Josef-Land gehörigen Alger-Insel, nachdem er mit der „America“ nicht weiter nach Norden vorstoßen konnte. Den Nordpol erreichte die Expedition nicht.

Wer weiter lesen möchte: Im November 2017 erschien ein reich bebilderter Artikel über das Basislager auf der Alger-Insel und den davon heute noch erhaltenen Überbleibseln in The Siberian Times (in englischer Sprache).

Der Standort des Lagers wurde 2017 untersucht; er droht in den nächsten Jahren im Meer zu verschwinden:

„There was an urgent need to survey the site on Alger Island because the land is literally being washed away – an example of how the warmer climate is radically changing the Arctic landscape. 

In 1990, the distance between camp’s houses and the shore was 39 metres, today the waterline is just 6 metres away from the ruins.“

Quelle: Old British flag found on remote Arctic island: but who brought it there, and when?, Artikel aus The Siberian Times vom 22. November 2017, abgerufen am 5. Dez 2019; https://siberiantimes.com/other/others/news/old-british-flag-found-on-remote-arctic-island-but-who-brought-it-there-and-when/

 

Allan's Adelaide

Ein Blüthner-Konzertflügel an Bord der „Fürth“

Ein edles Instrument

Adelaide, im Juli 1914

Am 24. Juli 1914 wurde in Adelaide, Südaustralien eine Kiste mit einem Flügel auf die „Fürth“ verladen.

Um genau zu sein, geht aus dem Artikel The Week’s Shipments in der Zeitung Daily Commercial News and Shipping List in Sydney, vom 4. Aug 1914 auf Seite 19 nur hervor, dass eine Kiste mit einem „Piano“ verladen wurde:

Hamburg: … 1 cs piano

Der Begriff „Piano“ kann im Englischen allerdings sowohl für ein Klavier „upright piano“ oder einen Flügel stehen „grand piano“.

Ein Telegramm klärt auf

Diese Ungewissheit wird durch ein Dokument im Britischen Nationalarchiv beseitigt, dass nähere Angaben zu diesem „Piano“ gibt und es eindeutig als Konzertfügel, also „grand piano“ ausweist (Quelle: The National Archives, Kew, Referenznummer CO323/651/14).

Es handelt sich um ein Telegramm vom Governeur Ceylon’s, Robert Chalmers, an den Minister für Kolonialangelegenheiten, Lord Harcourt, vom 29. Januar 1915:

Die Londoner Niederlassung der Firma Blüthner hatte sich an Chalmers gewandt, um den Konzertflügel zu erhalten, der sich an Bord der „Fürth“ befunden hatte und beschlagnahmt worden war.

Die zeitliche Verzögerung, mit der diese Bitte an den Gouverneur herangetragen wurde, wäre dadurch zu Stande gekommen, so die Angaben im Telegramm, dass der Flügel irrtümlicherweise an die Niederlassung in Hamburg adressiert war und die Londoner Blüthner-Niederlassung nicht darüber informiert war, dass sich das Musikinstrument an Bord der „Fürth“ befunden hatte.

Im Original:

Telegram

The Governor of Ceylon to the Secretary of State for the Colonies.
(Received Colonial Office 4.3 pm 29th January 1915)

S.S. “Furth” condemned cargo contains grand piano consigned Bluthner and Company of Wigmore Street; London Bluthner’s write that this piano consigned by mistake to their agents Hamburg instead of London no claim has been made because they had no knowledge that piano was on “Furth” Attorney General satisfied from papers produced that bona fide mistake made and no enemy interest in piano authority is requested to restore piano subject to payment charges.
CHALMERS

Das Ministerium für Kolonialangelegenheiten fand die Erklärung schlüssig und schenkte der Darstellung der Blüthner-Niederlassung in der Wigmore Street in London Glauben. Dementsprechend kurz viel die Antwort aus, die am 3. Februar 1915 verschickt wurde:

Draft Telegram
to Governor of Colombo

Your telegram of 29 January
piano ex Furth
proposals approved

Damit war der Weg frei, dass die Londoner Niederlassung den Flügel ausgeliefert bekommen konnte.

International Exhibition 1880 Melbourne, German Court, pianos

Ausstellungshalle mit deutschen Klavieren/Flügeln auf der International Exhibition in Melbourne 1880; Fotograf: Ludovico Hart, Quelle: Museums Victoria Collections

 

Die Firma Blüthner – Klavierbautradition seit 1853

Julius Blüthner gründete im Jahr 1863 in Leipzig eine Pianofortefabrik. Die Stadt gehörte zu dieser Zeit zu den Zentren des europäischen Geistes-, Kultur- und Wirtschaftslebens und der Jungunternehmer schaffte es schnell, mit seinen qualitativ hochstehenden Instrumenten große Bekanntheit zu erlangen.

Julius Blüthner wurde Hoflieferant von Queen Victoria, Zar Nikolaus II., dem dänischen König, dem deutschen Kaiser, dem türkischen Sultan wie auch dem König von Sachsen und bereits 1868 begann er, ein internationales Vertriebsnetz zu installieren.

Im Jahr 1914 gehörte zu diesen Vertriebspartnern die Firma Allan’s Ltd. in Adelaide.

Allan's Adelaide

Anzeige der Fa. Allan’s in der Zeitung The Advertiser, Adelaide vom Dienstag den 16. Juni 1914, S. 15 (Ausschnitt), Quelle: trove.nla.gov.au/

Das Musikhaus Allan’s in Adelaide

Allan’s. Ltd. befand sich in der Rundle Street 53 in Adelaide und somit in bester Lage. In dieser Straße befand sich zum Beispiel auch das Kaufhaus Jas. Marshall & Co. SIEHE: Die Fuerth in australischer Werbung

Allan’s Ltd. hatte das Musikhaus 1911 von Howells, Young & Co. übernommen und innerhalb kürzester Zeit seine Verkaufsfläche verdoppelt und auch die Zahl der Angestellten stark vergrößert.

Die Bedeutung eines Klaviers oder eines Flügels in der damaligen Gesellschaft, zumindest in gut bürgerlichen Kreisen, kann daraus abgelesen werden, dass Allan’s in den Tageszeitungen ganzseitige PR-Anzeigen schaltete und auch sonst regelmäßig in großen Anzeigen für sein Haus warb.

So steht eine ganze Seite am Samstag, den 24. Januar 1914 unter dem Titel „A CENTRE OF MUSICAL LIFE “ (The Mail, Adelaide, Seite 7).

Auf dieser Seite macht Allan’s auch vollmundig Werbung für die Klaviere der Firma Blüthner, die er neben anderen Marken in seinem Musikhaus zum Verkauf anbot. In einem Artikel unter dem Titel THE ROMANCE OF PIANOS heißt es:

“The making of the really good pianos is almost a science, some carefully guarded secrets of which are handed down from father to son. Among these stands the Bluthner, recognised through out the world as one of the greatest pianos that human ingenuity has ever produced”

Anzeige Allan’s: The Advertiser Adelaide Di 16. Jun 1914, S. 15,

Rundle Street with shops, department stores and street traffic. Some of the shops from the extreme left are: Barlows Shoes; Coudrey's Chemist; E.S.Wigg & Son, Stationers; The Coliseum, Donaldson's and James Marshall department stores. People are patronising the street fruit and vegetable barrows and strolling past the shop windows. There is one motor car to be seen amongst the horse-drawn traffic (in front of Marshall's). [On back of photograph] 'Rundle street, looking east from King William Street / Nov. 1909 / Near side of Barlow's (on extreme left) is 30 yards east of King William St.'

Rundle Street, Adelaide, Aufnahme Nov. 1909. Quelle: State Library of South Australia, B3542.

Ein Konzert von Mischa Elman in Adelaide

Die Frage, die sich natürlich stellt, ist, warum ein Konzertflügel der Firma Blüthner von Adelaide nach Hamburg bzw. London transportiert wurde.

Eine Verbindung könnte zu einem Konzert bestehen, dass einer der damals bekanntesten Violinisten  der Welt, Mischa Elman, am 16. Juni 1914 in Adelaide gegeben hatte.

Bei diesem Konzert stand ein „Bluthner grand“ auf der Bühne, wie Zeitungsartikel belegen. Allerdings ist es rein hypothetisch, dass es genau dieser Flügel war, der später auf das Dampfschiff „Fürth“ verladen wurde, aber immerhin eine Möglichkeit.

Ein langer, überschwänglicher Artikel im Advertiser ist am Tag nach der Vorstellung voll des Lobes für ein herausragendes Konzertereignis in Adelaide:

THE ELMAN CONCERT.
A MAGNIFICENT RECEPTION.

Mischa Elman, the world-famed young violinist, swayed an immense audience in the Exhibition Building last night by his heaven-sent genius and strong musical personality. …

Offensichtlich war nicht nur der Redakteur des Advertisers vom Konzert überwältigt, sondern auch das ganze Publikum:

Numerous encores were demanded and freely given.

Am Ende des Artikels bekommt auch der begleitende Pianist viel Lob und der Blüthner-Flügel findet Erwähnung:

The accompanist, Mr. Percy Kalin, was a centre of attraction all the evening. He played with masterly intuition, through a programme which would distress many a solo pianist. He was all that could be desired in a difficult position. There was inspiration for him in the shape of a magnificent Bluthner grand worth 400 guineas.

Der Wert des Konzertflügels war also 400 Guineen, wobei 1 Guinee 21 Shilling entsprach oder wenn man dezimal rechnet, wie wir das heute tun, 1,05 englischen Pfund. Auch wenn es die Guinee als Münze bereits 1914 lange nicht mehr gab, hatte sich der Begriff für die Wertangabe von Luxusgütern erhalten.

Die 400 Guineen waren jedoch eine bescheidene Summe, wenn man den Wert der beiden Geigen, eine Stradivari und eine Amati, zum Vergleich nimmt, wie es im Artikel der Zeitung „The Mail“ gemacht wurde:


WEALTH ON THE CONCERT PLATFORM
Five thousand pounds would be a conservative estimate of the ‚capital‘ worth of the Mischa Elman concerts. His Strad was valued, at £2,500, his Amati scarcely a penny less, and the great new Bluthner, a noble instrument recently imported by Allan’s, cost £400.
The Mail Adelaide Sa 20.
Juni 1914

Zum Vergleich dazu lag das Gehalt eines Frachtschiffskapitäns im Überseeverkehr, also eines sehr gut verdienenden Mannes, zu dieser Zeit bei etwa 30 Pfund pro Monat.

Nachtrag

Mischa Elman wurde 1891 im Russischen Kaiserreich geboren. 1923 siedelte er in die USA über und wurde amerikanischer Staatsbürger. Er starb 1967 in New York City. Er galt als einer der großen Violinisten seiner Zeit.

Die Firma Blüthner verlor bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges mit dem British Empire ihren wichtigsten Exportmarkt. Das traditionsreiche Familienunternehmen meisterte jedoch diese Krise genauso wie spätere und so finden sich auch heute noch Blüthner-Konzertflügel auf den großen Bühnen der Welt: https://www.bluethnerworld.com/de/

Auch heute hat die Fa. Blüthner noch eine Niederlassung in London: 6 Baker Street, Portman Sq. In acht Übungsräumen kann man dort einen Flügel oder ein Klavier spielen https://www.bluthner.co.uk/.

Die Fa. Allan’s fusionierte 2010 mit einem anderen großen Musikhaus, der Fa. Billy Hyde. Das Geschäft in Adelaide wurde im Januar 2018 endgültig geschlossen. Die Gruppe, die Geschäfte in ganz Australien betrieb, meldete im Sommer 2018 Konkurs an. Damit ist ein über 100 Jahre altes Unternehmen vom Markt verschwunden.

Quellen zu Allan’s: http://www.adelaidenow.com.au/business/sa-business-journal/iconic-adelaide-music-store-allans-billy-hyde-closing/news-story/ef1ce1f49ea88ca89f3086cf994f912a und smartcompany.com.au/industries/retail/music-retailer-allans-billy-hyde-collapses-voluntary-administration/ (beide abgerufen am 8.11.2019)

 

Bluthner, Glens, Melbourne

Blüthner-Flügel bei einem Konzert in Melbourne, 30-er Jahre des 20. Jhdts., Glens war der Vertriebspartner von Blüthner in Melbourne, Quelle: State Library of Victoria, Id H2009.21/75

Dampfschiff Plauen, Stapellauf

Das Schwesterschiff „Plauen“ – ein Nachtrag

Die Namensgebung der Schiffe

Vor einigen Wochen habe ich hier im Blog das Schwesterschiff „Plauen“ vorgestellt. Die Zusammenfassung der Geschichte dieses Dampfschiffes finden Sie hier: Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Plauen“

Inzwischen habe ich noch ein paar Nachforschungen in Plauen angestellt, über die heute berichte.

Eine Frage, die mich schon lange interessiert, aber auf die ich bislang keine zufriedenstellende Antwort erhalten habe, ist die, wie die Namensgebung der Schiffe vor sich gegangen ist.

Die „Fürth“

Von dem Schiff „Fürth“, dem Hauptthema dieses Blogs, ist aus der Fürther Stadtchronik Paul Käppners nur dieser Eintrag bekannt:

(26.) Die deutsch-australische Dampfschiffahrtsgesellschaft – Sitz in Hamburg – hat auf Anregung der hiesigen Firma Ullmann und Engelmann einem ihrer Frachtdampfer den Namen „Fürth“ gegeben.
Quelle: http://www.dr-alexander-mayer.de/downloads/chronik-1887-1911.pdf, Eintrag vom 26. Februar 1908

Auch im Stadtarchiv ist über das Schiff „Fürth“ nicht zu finden, außer einer Abbildung des Schwesterschiffs „Hagen“, dass sich aber dort ohne eine Bezugnahme auf das Schiff „Fürth“ befindet.

Ullmann und Engelmann, catalogue 1902

Titelseite des Kataloges der Fa. Ullmann und Engelmann 1902; der vollständige Katalog auf https://optical-toys.com

Die „Reichenbach“

Im Fall des Schiffes „Reichenbach“, ebenfalls einem Schwesterschiff der „Fürth“ liegt die Namengebung noch mehr im Dunkeln. Siehe Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Reichenbach“. Auch in der mit großer Wahrscheinlichkeit namensgebenden Stadt Reichenbach im Vogtland ist das Schiff im Stadtarchiv nicht bekannt. Weitere Nachforschungen in Reichenbach (Vogtland) als auch in Reichenbach am Eulengebirge sind bislang im Sande verlaufen.

Die Reichenbach in Burnie

Mit freundlicher Genehmigung des © Maritime Museum of Tasmania, Cyril Smith Collection vol. 11., https://ehive.com/collections/3906/objects/842355/reichenbach

Die „Plauen“

Einen neuen Anlauf nahm ich dann in der Stadt Plauen, die erst im Jahr 2013 die Patenschaft für eine Einfahrbesatzung des Unterseebootes U36 der Deutschen Marine übernommen hatte und – so mein Gedanke – sich vielleicht auch noch an diese ältere Schiffspatenschaft erinnert.

Leider ist aber auch im dortigen Stadtarchiv nichts über die Patenschaft mit einem Dampfschiff bekannt gewesen. Eine Mitarbeiterin der Stadt war dann so freundlich, meine Anfrage an die Vogtlandbibliothek weiterzuleiten, die über ein vollständiges Archiv der lokalen Tageszeitungen verfügen.

In der Tat kamen dann im Archiv der Bibliothek zwei Artikel ans Licht. An dieser Stelle herzlichen Dank für die Unterstützung aus Plauen.

Beide Artikel sind vom 6. März 1907, dem Tag als auch die Nachricht in den Altonaer Nachrichten erschienen war. Hier nochmal die Meldung aus Hamburg:

Stapellauf
Am Montag mittag fand auf der Schiffswerft zu Flensburg der Stapellauf eines der für die Deutsch-australische Dampfschiffahrtsgesellschaft in Hamburg erbauten Dampfers statt. Er erhielt in der Taufe durch Fräulein Oeberg-Helsingborg den Namen „Plauen“. Die Tragfähigkeit des Schiffes beträgt 7000 Tons.
Altonaer Nachrichten, Mittwoch 6. März 1907, Nr. 109, Morgen-Ausgabe, S. 3

Dampfschiff "Plauen"

Das Dampfschiff „Plauen“, © National Library of Australia (State Library of New South Wales), Reference code 456726

Die lokalen Medien

Die Zeitung Vogtländischer Anzeiger und Tageblatt vom 6. März 1907 berichtete ebenfalls darüber, gibt aber leider keine zusätzlichen Informationen preis:

Plauen auf dem Weltmeere.
Auf der Flensburger Schiffswerft stand am Montag der Stapellauf eines für die Deutsch-Australische Dampfschiffahrtsgesellschaft in Hamburg erbauten Dampfers statt, dessen Tragfähigkeit 7000 Tons beträgt. Das Schiff erhielt den Namen „Plauen“. Quelle: Vogtlandbibliothek Plauen

Interessanter ist der zweite Artikel in der Neuen Vogtländischen Zeitung vom 6. März 1907:

Stapellauf des Dampfers „Plauen“.
Leipziger Blätter bringen nachstehende Nachricht aus Hamburg: „Auf der Flensburger Schiffswerft stand heute der Stapellauf eines für die Deutsch-Australische Dampfschiffahrts-Gesellschaft in Hamburg erbauten Dampfers statt, dessen Tragfähigkeit 7000 Tons beträgt. Das Schiff erhielt den Namen „Plauen“. Da es neben unserer Spitzenstadt Plauen nur noch ein Plauen bei Dresden gibt, das jedoch seine Selbständigkeit vor kurzem aufgegeben hat, indem es Dresden einverleibt worden ist, so liegt die Vermutung nahe, daß man, vorausgesetzt daß die Nachricht richtig ist, mit der Taufe des Schiffes auf den Namen Plauen unsere Stadt ehren will. Sonderbar wäre nur, daß man unsere Stadtverwaltung von der Ehrung nicht in Kenntnis gesetzt hat. Sonst ist es Sitte, daß auf diese Weise zu Ehrenden erst um ihr Einverständnis befragt und auch zur Schiffstaufe eingeladen werden. Das ist in diesem Falle jedoch nicht der Fall gewesen, weshalb die Nachricht für Plauen und seine Stadtverwaltung mindestens eine kleine Überraschung ist.“ Quelle: Vogtlandbibliothek Plauen

Fragen bleiben offen

Der Artikel drückt viel Skepsis und Unglauben aus: „Leipziger Blätter bringen…“ oder „vorausgesetzt, daß die Nachricht richtig ist“; die Redakteure hatten also definitiv noch nichts von dem Schiff „Plauen“ gehört.

Das im Artikel genannte Plauen bei Dresden hatte im Jahr 1900 gerade einmal 12.000 Einwohner, war aber bereits am 1. Januar 1903 zu Dresden eingemeindet worden. Industrie oder Handel, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Australien exportiert haben könnten, konnte ich dort nicht aufspüren.

Außerdem hatte die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft ihre Schiffe nach solchen Städten benannt, „die im Baedeker nicht gerade zu den empfohlenen Reisezielen zählen, dafür aber Standorte großer Industrieunternehmen waren“. Zitat R. Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888-1926 (1984). Damit fällt die Wahl sehr eindeutig auf Plauen im Vogtland.

Die zu Beginn gestellte Frage, wie denn die Patenschaft und die Schiffsbenennung zustande kam, ist leider nach wie vor unbeantwortet, einzig die Stadtverwaltung und die Lokalpresse können wir nun in diesem Fall ausschließen.

Estertalbrücke und Barthmühle bei Plauen

Elsterthalbrücke und Barthmühle bei Plauen, ca. 1890 -1900, Detroit Publishing Co., Views of Germany; Quelle: Library of Congress, https://lccn.loc.gov/2002720601

Das Schiff „Remscheid“

Auch die ausgebliebene Einladung von Stadtvertretern war zumindest kein Einzelfall. Dazu ein dokumentierter Fall aus Remscheid:

„Auf Drängen der Remscheider Kaufmannschaft wandte sich die Stadt Anfang April 1914 an den Norddeutschen Lloyd und bat um die Benennung eines Dampfers mit dem Namen Remscheid.“

Der Norddeutsche Lloyd (NDL) kam dieser Bitte auch nach, jedoch war man bei der Stadt Remscheid nicht damit zufrieden, dass „nur“ ein Frachtschiff im Ostasienverkehr und kein Passagierdampfer den Namen der Stadt tragen sollte.

„In den nächsten Monaten folgen mehrere Schreiben der Stadt an NDL mit der Bitte, doch einen Passagierdampfer mit dem Namen RS zu versehen. Das wurde aber von NDL abgelehnt. Stattdessen folgte im März 1915 die Information an die Stadt, dass der Frachter inzwischen von Stapel gelaufen sei (die Stadt hatte dazu keine Einladung erhalten).“

Quelle der beiden Auszüge: http://www.waterboelles.de/archives/11862-Als-Schiffe-den-Namen-Remscheid-trugen.html

Die Frage nach einem Fracht- oder Passagierschiff stellte sich bei einer Anfrage bei der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft jedoch nicht; die Reederei hatte das Auswanderergeschäft bereits 1894 eingestellt und nur Frachtschiffe in Verkehr. Siehe dazu den Artikel Plakatwerbung

Anm.: Weitere Infos zum Schiff „Remscheid“ mit zahlreichen Abbildungen: www.messageries-maritimes.org/yangtse2.htm (in französischer Sprache) oder hier: http://www.wikiwand.com/de/Remscheid-Klasse

 

Dampfschiff Plauen, Stapellauf

Anzeige zum Stapellauf der „Plauen“ in den Altonaer Nachrichten vom 06. März 1907; Quelle: theeuropeanlibrary.org

Fräulein Oeberg-Helsingborg

Unbeantwortet bleibt im Fall der Benennung des Dampfschiffes „Plauen“ auch die Frage: Wer war Fräulein Oeberg-Helsingborg?

Dieses Fräulein mit dem ungewöhnlichen Namen hatte nach dem Bericht der Altonaer Nachrichten die Schiffstaufe durchgeführt. Wer könnte sie gewesen sein?

 

Hertz Garveri og Skotojsfabrik, Köbenhavn

Die Fracht der „Fürth“: Häute aus Australien für Schuhe aus Dänemark

A/S Hertz‘ Garveri & Skotojsfabrik

Eine direkte Verbindung

Die Fracht an Bord des Dampfschiffes „Fürth“ lässt sich immer dann am anschaulichsten darstellen, wenn die Warenlieferung einem ganz bestimmten Unternehmen zugeordnet werden kann. Letzte Woche hatte wir das an Hand von Erzen und Konzentraten gesehen: Die Erze an Bord der „Fürth“

Diesmal führt uns die Geschichte des Dampfschiffes „Fürth“ nach Kopenhagen, zur Gerberei und Schuhfabrik A/S Hertz Garveri & Skotøjsfabrik.

Bildnachweis Titelbild: Anzeige von Hertz Garveri og Skotojsfabrik, Kopenhagen, in Isafold (isländische Tageszeitung) Reykjavik, 4. Oktober 1908, S. 248; Quelle: Timarit.is

Belegt ist diese Verbindung zwischen Häuten auf der „Fürth“ und dem dänischen Schuhhersteller durch einen Anspruch, den die Firma an einem Teil der Fracht der „Fürth“ nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs gestellt hatte.

Ein Anspruch, der sich offenbar sehr lange hingezogen hat, den die Datierung von Dokumenten aus dem Britischen Nationalarchiv in Kew läuft bis in das Frühjahr 1917.

Wenn ich die Kurzbeschreibung aus dem Archiv richtig interpretiere, waren die Häute zu diesem Zeitpunkt durch das lange Lagern längst unbrauchbar und dann vernichtet worden und zu allem Überfluss wurden von dem dänischen Unternehmen anschließend auch noch Gebühren verlangt.

Dieser Archiveintrag ist eine Nachricht von Gouverneur Reginald Edward Stubbs in Ceylon vom 4. April 1917 (Nr. 210):

„Ceylon. Prize proceedings: details of charges payable by the claimants in respect of a consignment of hides from SS Furth which were destroyed as being of no value.”
(Ref. CO 323/738/39)

Häute aus Brisbane und Sydney

Mehrere tausend Häute waren in Brisbane und in Sydney auf die „Fürth“ geladen worden (laut Exportmanifest in Brisbane 7083 Stück und in Sydney 5330, plus 200 Stück in Melbourne). Die Exportmeldungen weisen mehrere Versender auf, so dass sicher nur eine Teilmenge dieser Häute für Kopenhagen bestimmt war. SIEHE dazu: Unvollendete Fahrt

Die Häute wurden nass oder trocken transportiert (wet or dry hides). Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Wer das im Detail wissen möchte, hier ist ein Link zu dem Thema: https://www.cargohandbook.com/Hides_and_skins

Gerberei M. Hertz, Kopenhagen, ca. 1888

Die Gerberei M. Hertz im Jagtvej, Kopenhagen, circa 1888; Quelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:M._Hertz%27_Garveri_1888.png

Die Gerberei und Schuhfabrik A/S Hertz‘ Garveri & Skotojsfabrik

Die Firma geht auf eine von Abraham Hertz im Jahr 1821 gegründete Gerberei zurück. Die A/S Hertz‘ Garveri & Skotojsfabrik wurde dann 1891 gegründet und 1897 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt.

Für das Jahr 1910 spricht eine amerikanische Marktanalyse der skandinavischen Schuhfabriken von einer täglichen Produktionskapazität von 150 genähten („McKay-sewn“) und 250 Rahmenschuhen (welted).

Das Geschäft befand sich in der Citygade 22 in der Innenstadt Kopenhagens und die Fabrik im Jagtvej 211, ebenfalls in Kopenhagen.

Im Ersten Weltkrieg erfolgt dann ein Zusammenschluss mehrerer dänischer Schuhproduzenten zu einem neuen Unternehmen: M.I. Ballins Sønner & Hertz Garverier og Skøtojsfabriker.

“Consolidation of Danish Leather and Shoe Factories
The earlier talked of consolidation in the leather and shoe industrie; has now been put into effect. The companies joined together are A/S M.I. Ballins Sons, Hertz Tannery & Shoe Factory A/S, the United Shoe factory A/S, and E.F. Jacob and B. Lotinga. The new company that takes over these businesses will have the name M.I. Ballins S
ønner & Hertz Garverier og Skøtojsfabriker.”

Commerce Reports, Band 2, United States, Bureau of Foreign and Domestic Commerce 1918, No. 78, Washington DC, 3. April 1918 (zitiert nach books.google.fr).

Citygade Köbenhavn, 1899

Citygade in Kopenhagen im Jahr 1899, großflächige Stadtsanierung im linken Bildteil, Quelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:Citygade_K%C3%B8benhavn_1899.png

Ein spannender Industriefilm

Auf der Internetseite des Dänischen Filminstituts (Det Danske Filminstitut) kann man sich einen vier-minütigen Film aus dem Jahr 1916 anschauen, der die Produktionsprozesse in der A/S Hertz‘ Garveri & Skotojsfabrik zeigt. Es ist ein Stummfilm, Dänischkenntnisse brauchen Sie dazu also keine.

Der Film zeigt die einzelnen Arbeitsschritte in der Gerberei von der Anlieferung der Häute (auf einem Pferdewagen, einzeln als handliche Pakete verschnürt) und gibt einen spannenden Einblick in die damaligen Arbeitsbedingungen, die sicher in Gerbereien anderer Länder sehr ähnlich waren.

Der Film trägt den Titel: Eine moderne Schuhfabrik.

Den Filmtitel finde ich allerdings etwas missverständlich, denn der Film zeigt ausschließlich Arbeiten in der Gerberei. Sehenswert ist er trotzdem.

https://filmcentralen.dk/museum/danmark-paa-film/film/en-moderne-skotojsfabrik

Hertz Garveri Skarvhuset Köbenhavn

A/S Hertz‘ Garveri & Skotojsfabrik, Reinigung der Häute, 1906, Quelle: http://www.heilesen.dk/ahertz/ahfabrik.html

Schöne Fotoalben

Andere Dokumente sind aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg: vier Fotoalben des Unternehmers Alfred Hertz, der selbst viele Aufnahmen in der Fabrik, aber auch von seiner Wohnung, einer Italienreise und anderen Szenen gemacht hat (Fabrikaufnahmen aus dem Jahr 1906).

Hier im Blogartikel beschränke ich mich darauf, zwei Aufnahmen aus der Fabrik wiederzugeben. Empfehlen kann ich den Besuch der Seite

http://www.heilesen.dk/ahertz/index.html

wo Sie die ganze Sammlung betrachten können. Ich finde, es lohnt sich!

A/S Hertz' Garveri & Skotojsfabrik, Köbenhavn, Danmark

A/S Hertz‘ Garveri & Skotojsfabrik in Kopenhagen, Bearbeitung der Häute, 1906, Quelle: http://www.heilesen.dk/ahertz/ahfabrik.html