Kaiser Bill

Kaiser Bill

Titelbild: Der säbelschwingende Deutsche Kaiser („Kaiser Bill“) überzieht Europa mit Krieg; Karikatur aus der Boulevardzeitung Truth, Perth, 5. September 1914

Spott für den Kaiser und antideutsche Stimmung in Australien

Insgesamt waren zwischen 1788 und 1900 über 1 Millionen Menschen nach Australien gekommen. Die große Mehrheit von ihnen kam von den Britischen Inseln. Die anderen Europäer zusammen machten nicht mehr als etwa zehn Prozent der neuen Siedler aus.

Im Jahr 1900 stellten die Deutschen von diesen „anderen Europäern“ die größte Einwanderergruppe und im Jahr 1914 sollen etwa 100.000 Deutschstämmige in Australien gelebt haben. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Gesamtbevölkerung Australiens etwa fünf Millionen Menschen.

Das respektvolle Miteinander zwischen der Mehrheit aus Australiern, die aus England, Irland und Schottland nach Australien gekommen waren und der deutschen Minderheit endete mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges.

Australier deutschstämmiger Herkunft wurden zu Feinden (enemy aliens) erklärt und deutsche Schulen und Vereine geschlossen.

Australische Zeitung Adelaide

Australische Zeitung, Titel der letzten Ausgabe vom 15. März 1916; Quelle: National Library of Australia, trove.nla.gov.au

Verbannung der deutschen Sprache

Die deutsche Sprache wurde aus dem Unterricht staatlicher Schulen verbannt und auch die Australische Zeitung in Adelaide musste ihr Erscheinen mit ihrer letzten Ausgabe vom 15. März 1916 einstellen.

Das hatte der australische Minister für Landesverteidigung per Dekret beschlossen:

An unsere Leser!

„Befehl nach Paragraph 28 B der Kriegs-Vorsichtsmaßregeln 1915.

Da es nach meinem Dafürhalten im Interesse der öffentlichen Sicherheit und der Verteidigung der Commonwealth notwendig ist, die Veröffentlichung des als „Australische Zeitung“ bekannten Blattes zu verbieten, die oder ein Teil von welcher, in der deutschen Sprache gedruckt und die in Adelaide von Basedow, Eimer & Co. herausgegeben wird:
Verbiete ich, George Foster Pearce, Minister für Landesverteidigung hiermit die Veröffentlichung der genannten Zeitung nach dem kommenden 15. März, solange solche oder ein wesentlicher Teil derselben in der deutschen Sprache gedruckt wird.

Datiert, diesen elften Tag des Februar 1916.
Gezeichnet: G. F. Pearce,
Minister für Landesverteidigung.

An Herren Basedow, Eimer & Co.,
Office der „Australischen Zeitung“,
Adelaide, Südauftralien.“

Obiger Befehl spricht für sich selbst, und nehmen wir also mit tiefstem Bedauern hiermit Abschied von unseren Lesern. Gebe Gott, daß der Friede bald kommen möge, wann wir hoffen, allen Abonnenten ihre Zeitung wieder zustellen zu dürfen.
Basedow, Eimer & Co.

Australische Zeitung Adelaide

Australische Zeitung, Artikel „An unsere Leser“, letzte Ausgabe vom 15. März 1916; Quelle: National Library of Australia, trove.nla.gov.au

Wirtschaftsleben

Viele australische Unternehmen ohne deutsche oder deutschstämmige Beteiligung nutzen die Gunst der Stunde, ihre unliebsamen Konkurrenten zu diffamieren oder anzuschwärzen. Das ging durch alle Industriezweige.

Eine Branche, die traditionell viele Deutsche beschäftigt, ist das Brauereiwesen und so bewarb das Unternehmen Tucker & Co. in Sydney sein Foster’s Lager gegen die Konkurrenz mit folgender Anzeige:

Fosters advertisement 1915

Anzeige Foster’s Lagerbier in The Mirror of Australia, Sydney, So 17. Okt. 1915, S. 8; Advertising; Quelle: National Library of Australia; trove.nla.gov.au

Ortsbezeichnungen

Auch deutsche Ortsbezeichnungen wurden vielfach ersetzt. Insgesamt gab es während des Ersten Weltkrieges über 80 Umbenennungen. So erhielt der vielleicht bekannteste „deutsche“ Ort Hahndorf in Südaustralien den Namen Ambleside, den der bis in das Jahr 1935 trug, bevor er den alten Namen zurückerhielt.

Spottgedichte

Vor diesem Hintergrund änderte sich auch der Ton in den australischen Medien gegenüber dem Deutschen Reich, vor allem die Boulevardzeitungen schossen sich auf Kaiser Wilhelm II. ein und „The German Emperor“ oder „Emperor William of Germany“ erhielt stattdessen jetzt immer öfter den Spottnamen „Kaiser Bill“ (Billy ist eine Form von William, also Wilhelm). Ein Spitzname, der sich auch in anderen englischsprachigen Ländern immer größerer Beliebtheit erfreute.

Karikaturen von und Spottgedichte über „Kaiser Bill“ wurden vielfach abgedruckt und viele Zeitungen ermunterten auch ihre Leser, Spottgedichte einzusenden.

Hier ein Auszug aus dem Spottgedicht, das die Titelabbildung begleitete:


He’s posed indeed in manner grand,
And threatened Europe day by day,
He is a sort of firebrand
That must be squashed and brushed away:
The German nation is all right,
They’ve men just like the rest of us,
And with them we don’t want to fight
With cannon, gun, or blunderbuss;
It’s Kaiser Bill, as here you see,
Who’s causing all the gory strife,
And makes enlist both you and me,
And leave our kiddies and our wife.

Aus: Truth, Perth, 5. September 1914

Das Boulevardblatt Truth war der westaustralische Ableger einer auch in Sydney, Melbourne und Adelaide veröffentlichten Zeitung und erschien 1903 bis 1931.

Normalisierung der Beziehungen

Nach dem Ersten Weltkrieg sollte es lange dauern, bis die Vorbehalte gegen Deutsche und Deutschland wieder abgebaut wurden. Erst Mitte der 1920er Jahre hatte sich das Verhältnis zwischen Deutschen und Australiern normalisiert.

Die Rückbenennung ursprünglich deutscher Ortsnamen nahm mehr Zeit in Anspruch. Hahndorf hatte seinen Namen 1935 zurückerhalten. Bei einigen anderen allerdings dauerte die Wiederbenennung bis in die 1970er oder gar 1980er Jahre.

3 Gedanken zu „Kaiser Bill

  1. Pingback: Kaiser Bill - deutsche-schutzgebiete.de

Hinterlasse einen Kommentar