Genua – Hamburg
Über die abenteuerliche Rückreise von Kapitän Richter aus Colombo und seine Erlebnisse als Gefangener in Marseille konnte ich ausführlich berichten, da er nach seiner Rückkehr den Hamburger Nachrichten ein ausführliches Interview gegeben hatte. Dieses wurde am 16. Dezember 1914 in aller Ausführlichkeit veröffentlicht.
SIEHE: Die abenteuerliche Reise des Kapitäns der „Fürth“, W. Richter, auf der „Koningin Emma“, Der Kapitän der „Fürth“ in Gefangenschaft in Marseille und Der Kapitän der „Fürth“, W. Richter, als Gefangener in Marseille – Teil 2
Der vorletzte Satz seines Interviews „Wir drei Kapitäne und mein dritter Offizier aber dampften schleunigst in die teure Heimat hinein.“ lässt offen, wie die vier nach Deutschland kamen: Mit dem Schiff oder mit dem Zug?
Nach den Erlebnissen auf See liegt es nahe, dass die vier Seeleute von Genua den Zug nach Deutschland genommen haben und sich nicht noch einmal der Gefahr einer Festnahme aussetzen wollten. Außerdem habe ich bislang noch nicht gelesen, dass ein Kapitän mit einem Schiff irgendwo hin „gedampft“ wäre.
Bildnachweis zum Titelbild: Genua, Blick zum Leuchtturm, Photochromdruck, Quelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:View_towards_the_lighthouse_Genoa_Italy.jpg
Hendschel’s Telegraph
Hendschel’s Telegraph, Ausgabe 1914 (zu Hendschel’s Telegraph siehe Blogartikel: Rückkehr nach Deutschland mit dem Dampfschiff „Tabanan“), gibt uns über die Verbindung Genua-Hamburg Auskunft. Darin heißt es:
Genua P.P. Abgang 8.15 Uhr über Mailand, Basel, Karlsruhe
Ankunft Hamburg [am Folgetag] 11.43 Uhr; Reisedauer 27,5 Stunden
Fahrpreis 155,75 Mark 1. Kl, 100.70 Mark 2. Kl.
Quelle : http://www.deutsches-kursbuch.de/1914/906_hoch.htm
Anmerkung: Genua P. P. steht für den Bahnhof Piazza Principe.

Genua, Stazione Piazza Principe, Kartenausschnitte aus Baedeker, Italy Handbook for Travellers, Vol I, 13ed, 1906; Quelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:Stazione_Principe_1906.png
Ende November/Anfang Dezember 1914 war Kapitän W. Richter also wieder zurück in Hamburg.
Die Freilassung in Marseille erfolgte am 25. November 1914, so dass er frühestens am 27. November 1914 zurück in Hamburg sein konnte.
Verein Deutscher Seeschiffer
Nach der Rückkehr nach Hamburg gibt es von Kapitän W. Richter nur noch zwei Spuren (die ich ausfindig machen konnte).
Die erste ist eine Versammlung des Vereins Deutscher Seeschiffer zu Hamburg aus dem Jahr 1915. In einem Bericht darüber heißt es:
Schiffahrt.
P. Der Verein Deutscher Seeschiffer zu Hamburg hielt gestern abend unter Leitung seines 2. Vorsitzenden, Kapitäns B e n d i x, eine zahlreich besuchte Versammlung ab. Zunächst wurden die Kapitäne Th. Rühne (Rhederei-Akt.-Ges. von 1696) und Walter Richter, D. „Fürth“, als neue Mitglieder aufgenommen. …
Börsen-Halle / ab 1905: Hamburgischer Correspondent und neue hamburgische Börsen-Halle, 16. April 1915, S. 22
Das ist die erste, mir vorliegende Quelle, die den Vornamen von Kapitän Richter preisgibt. Das „W“ steht also für Walter (eventuell auch Walther, wie wir noch sehen werden).

Anzeige des Vereins Deutscher Seeschiffer in der Zeitschrift Hansa, 1915, Quelle: digishelf.de
Im Dienste des Vaterlandes
Die zweite und letzte Spur von Kapitän Walt(h)er Richter stammt aus dem Jahr 1917.
Zwei Anzeigen in Hamburger Zeitungen belegen den Tod des Kapitäns im Februar 1917:
Familien-Nachrichten.
…
Gestorben:
… – Kapitän Walter Richter. – …
Neue Hamburger Zeitung, 22. Feb 1917, S. 4
und
Familien-Nachrichten.
… Gestorben: … Kapt. Fr. Walter Richter, 47 J.
…
Börsen-Halle / ab 1905: Hamburgischer Correspondent und neue hamburgische Börsen-Halle,
22. Feb 1917, S. 10
Kapitän Walt(h)er Richter wurde also nur 47 Jahre alt.
Letzte Ehre
Der Verein Deutscher Seeschiffer ehrt sein Mitglied in der Versammlung vom 28. Februar 1917:
Schiffahrt.
P. Der Verein Deutscher Seeschiffer zu Hamburg hielt am 28. Februar im Adolf Woermann-Haus eine Sitzung unter der Leitung seines ersten Vorsitzenden, Kapitän C. Schroedter ab. Dieser gab zunächst Kenntnis von dem Ableben des langjährigen Mitgliedes, Kapitän Fr. Walter Richter, dessen Andenken in üblicher Weise von der Versammlung geehrt wurde.
…
Börsen-Halle / ab 1905: Hamburgischer Correspondent und neue hamburgische Börsen-Halle, 01. März 1917, S. 24
In der Zeitschrift HANSA wird etwas mehr bekanntgegeben, nämlich dass Kapitän Richter „im Dienste des Vaterlandes“ gestorben ist. Einzelheiten werden nicht genannt.
Vereinsnachrichten
Verein Deutscher Seeschiffer zu Hamburg.
Sitzung vom 28. Februar. Das Ableben des im Dienste des Vaterlandes gestorbenen Kapt. Walter Richter wird in üblicher Weise geehrt. …
HANSA, März 1917
Sterberegister
Die Quelle, in der der Vorname des Kapitäns mit Walther (mit h) angegeben ist, ist das Generalregister Sterbefälle der Stadt Hamburg aus dem Jahr 1917. Als anderer Vorname ist Friedr., also Friedrich eingetragen. In zwei Anzeigen (siehe oben) steht die Abkürzung „Fr.“ vor dem Vornamen Walter.
Als Todestag ist der 19. Februar 1917 angegeben, ein Montag. (https://www.hamburg.de/contentblob/4282230/bf2e3c50f499afca70b419c3931a20fe/data/332-5-49038-01.pdf; S. 144/185)
Nachruf
Kapitän Friedrich Walt(h)er Richter, der die „Fürth“ zur zwölften Australienfahrt im September 1912 übernommen hatte und das Dampfschiff bis zum August 1914 als verantwortlicher Schiffsführer leitete, war Ende November/Anfang Dezember 1914 aus Ceylon nach Hamburg zurückgekommen.
26 Monate später verstarb er im Alter von nur 47 Jahren.
Wir werden ihn als zweiten Kapitän der „Fürth“ in Erinnerung behalten.
Zur Erinnerung: Erster verantwortlicher Schiffsführer des Dampfschiffes „Fürth“ war von 1907 bis August 1912 Kapitän C. B. Saegert: Kapitän C. B. Saegert – eine Würdigung

Bild: Pixabay, Wiedergabe in Sepia