Schlagwort-Archive: Dampfschiff-Gesellschaft

German Australian Line map 1912

Die Weltkarte der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft

Titelbild: Weltkarte mit dem Linienverkehr der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft aus dem Jahr 1912; Digitalisierung: Peter Tamm Sen. Stiftung (Hamburg), Objektnr. 161789; Lizenz CC BY-NC 4.0 DEED, http://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/deed.de

Die Fahrtgebiete auf einen Blick

Auf der oben abgebildeten Karte aus dem Jahr 1912 hat die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) ihr Fahrtgebiet veranschaulicht. Keine leichte Aufgabe, wenn der Linienverkehr einer Reederei in fünf Kontinente führt (Europa, Afrika, Australien, Asien und (Nord-)Amerika).

Die Linien in der Karte zwischen den Kontinenten bezeichnen zum einen die wichtigsten Unterseekabel, die bis heute das Rückgrat der weltweiten Kommunikation bilden. Über ihre Geschichte und die Rolle der Firma Siemens & Halske hatte ich in dem Blogartikel über den Rohstoff Guttapercha berichtet: https://frachtdampferfuerth.com/2023/06/03/guttapercha-2/

Zum anderen stellen die Linien der Schiffsverbindungen der Reederei dar, ergänzt mit einigen Verbindungslinien („connecting lines“) anderer Reedereien, wie zum Beispiel die Linie des Norddeutschen Lloyd, die zwischen Sydney und Hongkong bis nach Japan verlaufend, die deutschen Kolonien an die Außenwelt angebunden hatte (Austral-Japan-Linie).

Vignette auf der Weltkarte, diesmal aus: Harm, O. (1933): Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg und den Untertitel Ihre Gründung und Entwicklung bis zum Kriege. Schröder & Jeve, Druckerei und Verlag, Hamburg 8

Der Linienverkehr der DADG

Die Kartenlegende weist sechs Linien aus, wobei noch eine zusätzliche Linie ohne Nummerierung angegeben ist (America – Australia and back). Dazu später mehr.

Linien 1 und 3

Die Linie 1 bediente ausgehend von Hamburg Rotterdam und Antwerpen, bevor die Fahrt nach Südafrika ging. Hier war Kapstadt der erste Anlaufhafen, dann Algoa Bay (Port Elizabeth). Die zwischen beiden Häfen liegende Bucht Mosselbay wurde in der Regel bei jeder zweiten Fahrt bedient.

Von Südafrika verlief die Linie 1 nach Melbourne, Sydney und Brisbane. Von dort ging es zurück über Sydney, Melbourne und Fremantle nach Colombo (Ceylon, heute Sri Lanka) und von dort nach Antwerpen und Hamburg.

Soweit der Fahrplan. Die Reederei handelte jedoch sehr flexibel und passte den Linienverkehr an die tatsächliche Ladungsmenge an. So konnte Brisbane entfallen und die Rückfahrt direkt ab Sydney erfolgen. Oder von Colombo aus noch Häfen an der indischen Malabarküste bedient werden, um dort noch zusätzliche Fracht aufzunehmen.

Wichtig war, dass das Schiff im Fahrplan blieb, um den lange im Voraus festgelegten Fahrplan einhalten zu können.

Die Abbildung zeigt den Fahrplan der Linie 1 ausgehend, das heißt von Europa nach Australien. Ein entsprechender Fahrplan existierte für die Rückfahrt („heimkehrend“).

Die Ankünfte in Südafrika als auch in Australien tragen den Zusatz „an etwa“, wohl wissend, dass eine taggenaue Angabe bei den zurückgelegten Fahrtstrecken unmöglich war. Immerhin legten die Schiffe zwischen Hamburg und Brisbane 13.695 Seemeilen zurück. In Kilometern klingt die Strecke noch eindrucksvoller: gut 25.300 Kilometer.

timetable German Australian Line 1912
Fahrplan der Linie 1 (ausgehend) der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft aus dem Jahr 1912; Digitalisierung: Peter Tamm Sen. Stiftung (Hamburg), Objektnr. 161789; Lizenz CC BY-NC 4.0 DEED, http://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/deed.de;

Die Linie 3 war in ihrem Verlauf weitgehend identisch, nur dass auf der Ausreise statt Rotterdam Lissabon angefahren wurde. Antwerpen wurde von beiden Linien bedient. Erster Anlaufhafen der Linie 3 in Australien war Adelaide, dann wie bei Linie 1 Melbourne, Sydney und Brisbane. Von dort startete auch die Linie 3 ihre Heimfahrt.

Die Linie 3 war im Lauf der Zeit deutlich verändert worden. Als das Dampfschiff „Fürth“ auf Linie zwischen 1907 und 1909 fuhr, verlief die Linie auf der Heimfahrt von Brisbane noch die australische Ostküste nach Norden und dann durch die Torres Straße über Makassar und Batavia (heute Djakarta) zurück nach Europa. Dies war jetzt der Linie 4 vorbehalten.

Linie 2

Auch die Linie 2 hatte die DADG umgestellt. Ursprünglich verlief sie von Hamburg über Rotterdam und Antwerpen nach Adelaide in Südaustralien und von dort über Java zurück nach Europa.

Eine direkte Rückfahrt von Adelaide hatte jedoch einen großen Nachteil: Bunkerkohle musste aufwändig aus dem Südosten Australien herangeschafft werden und auf sogenannten Kohlenhulks zwischengelagert werden. So weist der Fahrplan für 1912 eine Schleife auf, die von Adelaide über Sydney bis nach Newscastle NSW führt, dem wichtigsten Kohlehafen Australiens.

Für die Heimfahrt wurde Batavia (heute Djakarta) angelaufen und von dort aus andere Häfen auf Java bedient, wie Soerabaya oder Tjilatjap, bevor es über Singapur, Penang (ein britisches Straits Settlement, heute Teil Malaysias) und Cochin (indische Malabarküste) zurück nach Europa ging. Hier war der erste Anlaufhafen Marseille in Südfrankreich, dann Amsterdam und schließlich der Heimathafen Hamburg.

German Australian Line timetable 1912
Fahrplan der Linie 2 (heimkehrend) der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft aus dem Jahr 1912; Digitalisierung: Peter Tamm Sen. Stiftung (Hamburg), Objektnr. 161789; Lizenz CC BY-NC 4.0 DEED, http://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/deed.de;

Linie 4

Wie bereits oben angedeutet, war aus der alten Linie 3 die Linie 4 geworden. Nach Brisbane wurde noch Townsville an der australischen Ostküste angelaufen, weniger häufig auch Rockhampton und Cairns. Von dort gingen die Schiffe nach Makassar, dass die DADG zu einem wichtigen Standort in Niederländisch-Indien ausbauen konnte.

Für die niederländischen Reedereien lag von Batavia kommend Makassar bereits „ab vom Schuss“, so dass diese der DADG ein relativ hohes Frachtvolumen zugestanden, was die Reederei gerne annahm.

Anmerkung: Die Entfernung von Batavia nach Makassar beträgt rund 1000 Seemeilen.

Linie 5

Die Linie 5 hatte die Besonderheit, dass sie nicht über Südafrika, sondern durch den Suezkanal verlief. Sie bediente Java und Padang (West-Sumatra) in Niederländisch-Indien. Die Linie wurde in Zusammenarbeit mit den Reedereien Stoomvaart Maatschappij Nederland und dem Rotterdamsche Lloyd durchgeführt. Die DADG stellte ein Drittel der Schiffe auf der Linie, was 1912 den monatlichen Einsatz eines Schiffes erforderte.

Linie 6

Auch die Linie 6 war ungewöhnlich. Sie verlief im vierwöchentlichen Rhythmus von Skandinavien (Gothenburg in Schweden und Frederikstad in Norwegen) direkt nach Australien. Der Transport von Holzprodukten verschaffte der Reederei ein gewisses Zusatzgeschäft. Wichtiger war es jedoch, mehr Ladevolumen für die lukrative Rückfahrt von Australien nach Europa zu bekommen.

Linie 7

Noch nicht in der Übersichtskarte der Reederei für das Jahr 1912 eingezeichnet war die neue Linie 7, die zu dem wichtigen Erzhafen Port Pirie in Südaustralien führte. Von dort wurden vor allem Blei- und Zinkerze nach Europa verschifft. SIEHE dazu: https://frachtdampferfuerth.com/2019/11/30/erze-fuerth/

Der in der untenstehenden Anzeige vorgesehene Frachtdampfer „Fürth“ konnte die Reise jedoch nicht durchführen. Nach seiner Rückkehr nach Hamburg Ende August mussten zunächst Reparaturarbeiten in der Werft von H. Brandenburg durchgeführt werden, die durch Seeschäden notwendig geworden waren. Die Reparatur dauerte von 3. bis 14. September 1912.

German Australian Line timetable 1912
Umfangreicher Fahrplan mit den sieben Linien aus HANSA, Deutsche nautische Zeitschrift, 1912; Quelle: digishelf.de

Nordamerika

Überraschenderweise führte der Linienverkehr der DADG auch nach Nordamerika. Seit 1907 bestand eine Linienverbindung von New York mit Australien in Zusammenarbeit mit Hansa in Bremen und Tyser in London:

United Tyser Line
Artikel über die Linie New York – Australien in der Zeitschrift Hansa, März 1907

Eine Rückfahrt von Australien nach Nordamerika (New York und Boston) erfolgte jedoch nur in der australischen Wollsaison.

Eine weitere Verbindung von New York ist in der Übersichtskarte nicht erwähnt. Sie bestand zwischen New York und Java. Diese Linie wurde ausschließlich in dieser Fahrtrichtung durchgeführt. SIEHE: Im Auftrag Rockefellers

Das Dampfschiff „Fürth“ im Linienverkehr

Die sechs eigenen Linien der Reederei, die Zusatzlinien in Zusammenarbeit mit anderen Reedereien, Sonderfahrten, vor allem zur australischen Wolle- und Weizensaison und die langen Fahrtstrecken verlangten ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Disposition der Schiffe.

Diese waren daher nicht „linientreu“, sondern bedienten im Wechsel die verschiedenen Linien. Für das namensgebende Schiff dieses Blogs, der Frachtdampfer „Fürth“, ergeben sich bei fünfzehn durchgeführten Fahrten von 1907 bis 1914 die folgenden Einsätze.

Eine Fahrt auf der Linie 1, deren sechs auf der Linie 2 und fünf auf der Linie 3. Die Skandinavien-Linie (Linie 6) und die Linie New York – Java bediente die „Fürth“ jeweils einmal. Komplettiert wurden die fünfzehn Reisen durch zwei außerplanmäßige Sonderfahrten.

Extra boot naar Sydney, ss Fürth, 19 Februari 1913, direct van Rotterdam
Ausschnnitt einer Anzeige von Wambersie und Sohn, Makler der DADG in Rotterdam, in der Zeitung Nieuwe Rotterdamsch Courant vom 2. Februar 1913