Titelbild: Carl Ferdinand Schmidt, Vorstandsmitglied der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft von 1889 – 1913, Ausschnitt aus einem Foto von Knackstedt und Näther, Hamburg, um 1902, Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung von Sibylle Kreisel, Immenstadt
Vorstand der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg
Heute bin ich der glücklichen Lage, der Reedereigeschichte der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg (DADG) einen weiteren, schönen Mosaikstein hinzufügen zu können.
Auf dem Titelbild sehen wir Carl Ferdinand Schmidt, der von 1889 bis 1913 vierundzwanzig Jahre lang im Vorstand der Reederei tätig war.
Mein Dank geht an Frau Sibylle Kreisel in Immenstadt, die das Foto im Zuge ihrer Ahnenforschung gefunden und mir freundlicherweise zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hat. Ich bedanke mich bei ihr ebenfalls für die wertvollen Informationen zu seinem Lebenslauf. Sibylle Kreisels Ehemann ist der Urenkel der Schwester Carl Ferdinand Schmidts, Aurora Thye.
Die frühen Jahre
Carl Ferdinand Schmidt wurde am 27. April 1855 als erster Sohn des Reeders Jep Henning Schmidt auf Römö (Rømø) in eine dänische Familie mit alter Seefahrertradition geboren.
Römö war zu diesem Zeitpunkt noch dänisch. 1867 wurde die Insel in Folge des Deutsch-Dänischen Krieges Teil der preußischen Provinz Schleswig Holsteins und 1871 eine Insel des Deutschen Reiches mit dem deutschen Namen Röm. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges fiel Römö im Zuge der Volksabstimmung 1920 mit Nordschleswig zurück an Dänemark.

Carl Ferdinand Schmidt absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Kaufmann. Er wurde Kontorist seines Vaters in dessen Reedereibüro in Kopenhagen, am Nyhavn, wo die Segelschiffe lagen. Hier erlernte er das Metier der Handelsschifffahrt, was den Grundstein für seine spätere Karriere legen sollte. Erhaltene Unterlagen legen den Schluss nahe, dass er unter anderem die Bücher für seinen Vater geführt hat.


Jep Henning Schmidt hatte sich mit Leib und Seele für den Orangenexport von Messina/Sizilien in die Ostsee bis nach Sankt Petersburg engagiert und zehn eigene Segelschiffe laufen, die heute noch „Messinaboote“ genannt werden.
Im Jahr 1887 heiratete Carl Ferdinand Schmidt in Hamburg Johanna Dorothea Christ. Aus der Heiratsurkunde geht hervor, dass die Trauung auf Grund einer lebensgefährlichen Erkrankung des Ehegatten in der Wohnung der Ehegattin im Kreuzweg 26 vollzogen wurde. Schmidts Adresse ist mit Steindamm 13, Hamburg angegeben.

Schmidts Tätigkeit bei der DADG
Ansonsten müssen wir die Zeit zwischen der Tätigkeit Carl Ferdinand Schmidts bei seinem Vater und dem Eintritt bei der DADG offenlassen, aber vermutlich hatte Schmidt sehr gute Referenzen, als er von dem Vorstandsvorsitzenden Otto Harms für den Vorstand der DADG in Hamburg ausgewählt wurde.
Schmidt trat im März 1889 in die Hamburger Reederei ein:
Am 1. März trat als zweites Vorstandsmitglied C. Ferd. Schmidt ein, ein sprachenkundiger, fleißiger und angenehmer Mitarbeiter. Gehalt 3600 M; …
Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Schröder und Jeve, Hamburg (1933).
Ein Jahresgehalt von 3600 Mark waren für die damalige Zeit ein komfortables Salär. Harms selbst bezog als Vorstandsvorsitzender mehr als Doppelte (7500 Mark).
(Angaben nach Harms 1933 für das Jahr 1889)
Die Verwaltung der Reederei „wurde sparsam gehalten“ (Harms 1933), was nichts anderes heißt, dass alle Büroarbeiten von den beiden Herren Harms und Schmidt zunächst selbst erledigt wurden. Lediglich für das, in den ersten fünf Geschäftsjahren betriebene Auswanderergeschäft, gab es eine zusätzliche Fachkraft (Jahresgehalt 2500 Mark). Außerdem wurde ein Kontorbote für einen Wochenlohn von 20 Mark beschäftigt.
Das wachsende Geschäft machte nach und nach die Einstellung weiterer Mitarbeiter erforderlich.
Am 1. Januar 1907 bestand die Belegschaft der Reederei aus den beiden Vorständen Harms und Schmidt, zwei Prokuristen (Oppermann und Chelius), 27 Handlungsgehilfen (Kommis) und fünf Boten, „zusammen 36 Personen, bei einer Flotte von 27 Dampfern“ (Harms 1933).
Harms und Schmidt leiteten die Geschicke der DADG bis ins Jahr 1911, erst dann wurde der Vorstand um weitere Mitglieder vergrößert.

Schmidts maßgeblicher Anteil am Erfolg der DADG
Carl Ferdinand Schmidt war 24 Jahre als Vorstand für die DADG tätig. Im Nachhinein war Harms voll des Lobes für ihn:
„Er war sehr wertvoll im inneren Betrieb, unbedingt zuverlässig und vertrauenswürdig und hat wiederholt während längerer Abwesenheit von Harms die Geschäfte zu voller Zufriedenheit geführt.“
Otto Harms (1933)
Nach außen trat Schmidt wenig in Erscheinung, die Außendarstellung übernahm Otto Harms vornehmlich selbst.
Als Beispiel dafür sei die Probefahrt des Dampfers „Hamm“ genannt, bei der Direktor Harms die erlesene Hamburger Gästeschaft persönlich begleitete. Carl Ferdinand Schmidt hingegen suchen wir auf der Gästeliste vergebens.
Siehe: Teilnehmer einer Probefahrt
Lediglich bei langen Abwesenheiten übernahm Schmidt die Rolle des Chefs. Das muss beispielsweise bei Harms‘ Australienreise im Jahr 1892 der Fall gewesen sein, die etwa ein halbes Jahr gedauert haben dürfte. Eine weitere Australienreise unternahm Harms um das Jahr 1902.
Wohnhaft war Carl Ferdinand Schmidt in der Bülaustraße 8 im zentralen Hamburger Stadtteil Sankt Georg, zumindest gilt das für das Jahr 1905:

Spätere Jahre
Carl Ferdinand Schmidt verließ den Vorstand der DADG im März 1913.
„Der langjährige treue Mitarbeiter im Vorstand, C. Ferd. Schmidt, zog sich seiner Gesundheit wegen im März 1913 zurück. Das war zu beklagen, umsomehr als er in 1914 25 Jahre im Vorstand gewesen wäre.“
Harms (1933)
Über sein weiteres Leben wissen wir wenig: Im Jahr 1923 starb seine Ehefrau Johanna Dorothea im Alter von 69 Jahren. Die Adresse des Paares befand sich zu diesem Zeitpunkt in Hamburg, Hofweg 74. Die Ehe war kinderlos geblieben.
Carl Ferdinand Schmidt verstarb am 26. Mai 1928 im Alter von 73 Jahren in seiner Wohnung in der Hoheluftchaussee 12 in Hamburg.
Mit ihm endete das traditionelle familiäre Engagement in der Seeschifffahrt. Sein Bruder war königlicher Branddirektor in Kopenhagen. Dessen zwei Söhne wanderten zu Beginn des Ersten Weltkrieges in die USA aus, um dem Tod auf dem Schlachtfeld zu entgehen, und haben dort Posten in der Ölindustrie betrieben.
Deren Nachkommen und die Nachkommen der Schwester Aurora leben heute in den USA, in Dänemark und in Deutschland.

