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logbook Furth, page 1, April 21st, 1914

Tagebuch (2) : Die „Fürth“ im Trockendock

Bildnachweis Titelbild: Logbuch der „Fürth“, Nummerierte Seite 1, Ausschnitt; mit freundlicher Genehmigung des National Museums Liverpool (Merseyside Maritime Museum), Ref. B/HAR/11/4/1

Im Hamburger Hafen

Vorgeschichte

Die „Fürth“ war am 7. April 1914 aus Australien nach Hamburg zurückgekommen.

Am 17. April 1914 wurde die „Fürth“ im Hamburger Hafen bei einem misslungenen Verholmanöver des Schiffes „Blücher“ beschädigt:

Schiffs-Unfälle
Blücher, dtsch. D., X Hamburg, 17. April, rannte beim Verholen gegen den an der Werft von Blohm & Voss liegenden Dampfer Fürth, wobei dieser Schaden am Heck erlitt. Blücher wurde die Steuerbord-Reling eingedrückt.
Hamburgischer Correspondent und neue hamburgische Börsen-Halle, 17. Apr 1914, S. 43

Siehe dazu auch das Ende der Seite: Endlich nach Hause! (letzter Teil der vorletzten Australienreise)

Daraufhin musste die „Fürth“ repariert werden und genau mit dieser Reparatur und dem Streichen des Schiffes beginnt das Schiffstagebuch der „Fürth“ auf der Seite mit der Nummer 1 am Dienstag, den 21. April 1914:

Die Tagebucheinträge

Der Seite 1 des Tagebuchs entnehmen wir folgendes:

Tagebuch des deutschen Schiffes Fürth im Hafen von Hamburg

Dienstag, d. 21. April 1914. Schönes Wetter.
7.30 am         holten ins Dock 3 von Blohm & Voss. Lotse Becker, Schlepper Johann Peters u. Johanna
8.20 am         im Dock
8.50                Schiff trocken
9.0 am           begannen mit Reinigen.
10.00 am       1 Anstrich, gebrauchten hierfür 120 Pfd. Rathjens Composition No. 1
11.30 am       2ter Anstrich mit No. 1

1 h pm           3ter Anstrich mit No. 3. Beim Überholen des Schiffsbodens fanden an B.B. Seite Hinterkante Luke 1 die Platten C u. D auf 20 Mtr die Farbe abgescheuert und auf 5 Mtr. die Platten bei den Spanten etwas eingedrückt
Der Kimmkiel von vorn bis 2 Mtr hinteraus leicht verbogen, desgleichen 2 Mtr. bei Maschinenausguß (?).
Das Schiff lag insgesamt 22 Std im Dock trocken.
Nach dem Malen (fertig 6.30 pm) 12 1/4 Std. trocken. Schmiede von Blohm u. Voss bei Reparatur des Hecks; an B.B Seite vorn wurde 1 Stelle ausgebeult. Mannschaft verrichtete Decksarbeit u. machte Schwergutbaum klar. Eigene Schmiede bei verschiedenen Decksreparaturen.
Die Laderäume sind aufgeklart und die Bilgen u. Speigaten nachgesehen u. gereinigt.

Wache 2. Offz. Nagel

Anmerkungen und Erklärungen

B.B Seite = Backbordseite; die linke Seite des Schiffes von hinten aus gesehen.

Bilge: Unterster Raum des Schiffes, in dem sich das eingedrungene Wasser oder Kondenswasser sammelt.

Speigat oder Speigatt: Loch in der Bordwand in der Höhe des Oberdecks, durch das das Schiff das Wasser, das durch Sturzwellen übergekommen ist, das Regenwasser, das Deckwaschwasser gleichsam ausspeit.
Quelle: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Seemannssprache, Gustav Goedel, Verlag von Lipsius & Tischer, Kiel und Leipzig, 1902.

Schwergutbaum: bordeigenes Ladegeschirr zum Laden und Löschen schwerer Lasten (bei der „Fürth“ bis 15 Tonnen)

(?) unleserliche oder unklare Stelle im Text

Blohm & Voss, Hamburger Hafen, 1911

Die Werft und Schwimmdocks von Blohm & Voss befinden sich in der linken Bildmitte am südlichen Elbufer gegenüber dem Fischmarkt von St. Pauli; Ausschnitt aus Richters Großer Plan von Hamburg, Altona-Ottensen und Wandsbek. Herausgegeben von der Verlagsanstalt und Druckerei GmbH, Hamburg, 1911. Quelle: http://www.christian-terstegge.de; dort finden Sie noch viele weitere schöne Pläne und Fotos aus der Geschichte Hamburgs

Blohm & Voss

Die Schiffswerft Blohm & Voss wurde 1877 von Hermann Blohm und Ernst Voss gegründet. Nach schwierigen Anfangsjahren besaß das Unternehmen im Jahr 1905 das größte geschlossene Werftgelände der Welt und beschäftigte im Jahr 1912 7.885 Mitarbeiter. Das Aktienkapital hatte zu diesem Zeitpunkt eine Höhe von 18 Millionen Mark erreicht.

Einen Abriss der Geschichte Blohm & Voss‘ finden Sie zum Beispiel auf der privaten Webseite mit der Adresse: http://www.kurt-bonsels.de/beitraege/zeittafel.html

Neben den Schiffsneubauten war auch die Reparatur von Schiffen ein einträgliches Geschäft geworden, wie wir es am Beispiel der „Fürth“ sehen.

„… und mit dem schnell wachsenden Verkehr im Hamburger Hafen wurde auch das Dockgeschäft immer umfangreicher. Zum Dock I war Dock II gekommen, nun entstand Dock III; auch damit machte man einen großen Sprung nach aufwärts, es trug 17500 Tonnen und war 1897 bei weitem das größte der Welt. In den „Lebenserinnerungen“ heißt es darüber: „Man soll damals in den betreffenden Kreisen Hamburgs sich über diesen in der Größe ‚so übertriebenen‘ Dockbau sehr gewundert haben. – Wir hatten aber damit doch das Richtige getroffen. Es trat eine so schnelle Entwickelung der Dampfschiffe, namentlich der Größe nach, ein, daß dieses Dock sich schon einige Jahre später, bald nach 1900, als zu klein erwies, so daß wir uns entschlossen, das Dock IV zu bauen“

Quelle: Erinnerungen aus meinem Leben, Ernst Voß (1924) S. 42; abgerufen über books.google.fr

Blohm & Voss, Hafen Hamburg, 1924

Ansicht des Hamburger Hafens von 1924, die Werft von Blohm & Voss ist links oben im Bild, Quelle: Bundesarchiv Bild 102-00737, Hamburg, Hafen.jpg

 

Die geniale Erfindung des Kapitän Rathjen

Kapitän Rathjen entwickelte bereits im Jahr 1850 einen Anstrich, der Schiffe aus Eisen oder Stahl vor Korrosion schützte und zugleich dafür sorgte, dass sich möglichst wenig Bewuchs an der Außenhaut der Schiffe bilden konnte. Herr Rathjen bezeichnete diese Produkte als „Compositionen“, der moderne Mensch kauft das heute als Antifouling. Aber die Erfindung hatte noch einen weiteren Vorteil: die Anstriche waren schnelltrocknend. Lange Liegezeiten im Dock wurden drastisch verkürzt und die „Fürth“ konnte das Dock 3 bei Blohm & Voss schon nach 22 Stunden wieder verlassen.

Im Jahr 1856 gründete Rathjen ein Unternehmen in Hamburg, der Markenname „Rote Hand“ entstand und bald verbreitete sich das Produkt in der ganzen Welt. In jüngerer Zeit ist aus der Roten Hand der Rote Propeller geworden, den Sie auch heute noch auf den Antifouling-Dosen der Marke International finden können.

Der Markenname International geht auf ein Produkt der Gebrüder Holzapfel aus dem Jahr 1881 zurück. Heute gehören die ehemaligen Konkurrenten längst zusammen und International-Antifoulings mit dem Roten Propeller sind inzwischen eine Marke des Großunternehmens AkzoNobel.

Rathjens Antifouling

Werbung für die englische Niederlassung von Rathjens, Quelle: http://www.gracesguide.co.uk/images/4/47/Im201301NewMus-Suter.jpg

Ausführlicher finden Sie die Geschichte von Rathjens und Holzapfel beim Verband der Monas-Segelboote: http://www.monas-klassenvereinigung.de/mobile/smartphone/downloads/160-jahre-international.pdf

Vorschau

Nächste Woche an dieser Stelle: Bunkern und Laden in Hamburg.

Außerdem erfahren Sie mehr über eine Gang (vom englischen Wort „gang“), den Stauervize und die Besonderheit einer schwarzen Gang.

Zum Schluss dann die Antwort auf die Frage „Was ist ein Zeitball?“

 

Copyright-Hinweis

Auf dem Logbuch ist ein © Copyright, das nach dem Zeitpunkt des Todes des Verfassers für 70 Jahre fortbesteht. Der erste Teil des Logbuches ist von Kapitän Richter, aber in großen Teilen auch von seinem ersten Offizier.

Kapitän Richter starb am 19. Februar 1917, somit sind die 70 Jahre lange abgelaufen. Jedoch ist mir für den ersten Offizier R. Hoffmann das Todesdatum nicht bekannt. Ich weise deshalb darauf pflichtgemäß darauf hin, dass deshalb noch ein © Copyright auf dem Logbuch bestehen könnte.

Über alle Hinweise zu dem 1. Offizier R. Hoffmann bedanke ich mich herzlichst im Voraus. Bislang kann ich nur als Hinweis geben, dass er für diese Fahrt neu auf die „Fürth“ gekommen und im Sommer 1914 32 Jahre alt war: siehe Drei Mannschaftslisten der „Fürth“ aus dem Jahr 1914