Viele neue Namen und ein paar alte Bekannte
Mannschaftslisten der „Fürth“ aus dem Jahr 1914 habe ich aktuell von der Hafenpolizei Sydney vorliegen. Dieser Hafen wurde von der „Fürth“ in diesem Jahr dreimal angelaufen: Zunächst am 19. Januar 1914 auf der dreizehnten Fahrt und dann zweimal auf der vierzehnten Fahrt: auf dem Weg nach Brisbane am 29. Juni 1914 und kurz später auf der Heimreise von Brisbane, nämlich am 13. Juli 1914. Die Quelle dieser Aufstellungen ist erneut die äußerst bemerkenswerte Webseite Mariners and Ships in Australian Waters (http://marinersandships.com.au/).
Zusätzlich liegt mir ein Dokument aus dem Hafen von Brisbane vom 10. Juli 1914 vor, dass das Desertieren von vier Besatzungsmitgliedern belegt beziehungsweise belegen soll (siehe unten).
Die Dokumente sind die ersten mir vorliegenden Crewlisten unter dem neuen Kapitän W. Richter. Leider fehlt beim „Master“ des Schiffes wie so oft die Altersangabe.
Dazu müssen wir ältere Mannschaftslisten bemühen, zu Zeiten als Richter noch Offizier war. So war er am 4. Juni 1906, ebenfalls beim Einlaufen in Sydney, 2. Offizier der „Ottensen“. Sein Alter wurde dort mit 37 angegeben, so dass er im Jahr 1914 45 Alter alt gewesen sein muss.
Sydney, 19. Januar 1914
Erster Offizier an Bord ist Alfred Steinorth, der auch schon am 29. Dezember 1910 als erster Steuermann an Bord der „Fürth“ diente (Die Mannschaft der Fuerth). Es sollte seine letzte Fahrt auf der „Fürth“ sein, er wird im Jahr 1914 auf die „Ulm“ zu seinem „alten“ Kapitän C. B. Saegert als erster Steuermann zurückkehren (Kapitän C. B. Saegert – eine Würdigung).
Die anderen Decksoffiziere sind F. Nagel, F. Korfage und Th. Christiansen.
Der Chefingenieur ist J. Hess, der schon 1910 in Fremantle erster Ingenieur war (Die Mannschaft der Fuerth).
Anm.: In der Liste aus Fremantle hatte ich J. Hess zunächst als P.I. Hefs angesprochen, das später aber korrigiert.
P. Meltke, H. Petersen und J. Schmidt sind die anderen Maschinisten.
An Bord waren diesmal insgesamt nur 35 Personen (inkl. Kapitän), darunter 27 Deutsche, 2 Schweden, 2 Holländer, 1 Neuseeländer, 1 Franzose, 1 Norweger und 1 Finne.
Das lässt vermuten, dass auf dieser außergewöhnlich langen Reise ab 15. Februar 1913 einige Seeleute abgesprungen bzw. desertiert sind und nicht vollständig ersetzt werden konnten. Bei vorangegangenen Fahrten war die Mannschaftsstärke jeweils 41 Personen. Auch die hohe Zahl an nichtdeutschen Mannschaftsmitgliedern deutet darauf hin.
Nachweislich sind P.T Hollman und J. Salminen kurz zuvor in Newcastle desertiert (Endlich nach Hause!).

Mannschaftsliste der „Fürth“, Sydney, 19. Januar 1914; © State Records Authority of New South Wales

Transkription der Mannschaftsliste der „Fürth“ vom 19. Januar 1914; Quelle: Mariners and Ships in Australian Waters, marinersandships.com.au
Sydney, 29. Juni 1914
Die zweite Mannschaftsliste aus Sydney ist vom 29. Juni 1914.
Neuer erster Offizier ist bei dieser Fahrt R. Hoffmann. Der zweite und der vierte Offizier sind unverändert F. Nagel und Th. Christiansen. Als dritter Offizier mit an Bord ist jetzt H. Wodarz.
Bei den Maschinisten ist J. Hess nicht mehr Teil der Mannschaft, Erster Maschinist ist jetzt W. Collier. Die anderen Maschinisten sind ebenfalls neu an Bord: J. Wilkins, A. Herrde, G. Konrad.
Auch alle anderen Mannschaftsmitglieder haben neu angeheuert, der einzige verbliebene Seemann ist der junge erste Stewart Fr. Schwenk.
Insgesamt sind 40 Mann an Bord, alle sind Deutsche.

Mannschaftsliste der „Fürth“, Sydney 29. Juni 1914, © State Records Authority of New South Wales; 40 Crewmitglieder, keine Passagiere

Transkription der Mannschaftsliste der „Fürth“ vom 29. Juni 1914; Quelle: Mariners and Ships in Australian Waters, marinersandships.com.au
Sydney, 13. Juli 1914
Die dritte Crewliste ist vom 13. Juli 1914. Diese nur gut zwei Wochen später erstellte Liste kommt dadurch zustande, dass die „Fürth“ auf dieser Australienfahrt die Linie 1 der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft bediente. Bei dieser Linie wurden Melbourne, Sydney und Brisbane angefahren und von Brisbane ging es dann über Sydney und Melbourne auch wieder zurück nach Europa.
Nun läge die Vermutung nahe, dass beide Listen identisch sein müssten. Dem ist aber nicht so.
Es fehlen fünf Mannschaftsmitglieder:
K. Kiewitt (1. Bootsmann), M. Potschka (Seemann), M. Röder (Heizer), R. Hunger (Heizer), A. Raber (Heizer)
Dafür sind neu an Bord:
W. Kreinacker (Seemann), J. Montegue (Heizer), E. Lemburg (Trimmer)
Insgesamt sind jetzt noch 38 Personen an Bord, 35 Deutsche, 1 US-Amerikaner und 2 Schweden (Der Trimmer Podsionek war im Juni als Deutscher ausgewiesen, in der Liste vom Juli als Schwede).

Einreisedokument der „Fürth“, Hafenpolizei Sydney, 13. Juli 1914, © State Records Authority of New South Wales, via Mariners and Ships in Australian Waters (marinersandships.com.au)

Transkription der Mannschaftsliste der „Fürth“ vom 13. Juli 1914; Quelle: Mariners and Ships in Australian Waters, marinersandships.com.au
Anm.: Achtung, die Transkriptionslisten sind nicht immer korrekt, Umlaute in den Namen werden regelmäßig unterschlagen. Der zweite Offizier war H. Nagel (in der dritten Liste als H. Norgel ausgewiesen). Zur Namenssuche daher immer auf die Originallisten zurückgreifen!
Brisbane, 10. Juli 1914
Im Australischen Nationalarchiv habe ich ein weiteres Mannschaftsdokument gefunden, es ist eine Ausreiseliste der „Fürth“ aus dem Hafen von Brisbane vom 10. Juli 1914. Das Dokument ist leider nicht sehr aussagekräftig, da es nur den Hinweis „as per inward list“ enthält, also auf die Einreiseliste verweist, die mir nicht vorliegt, aber keine Namen auflistet.
Verwirrend wird die Angelegenheit dadurch, dass das Dokument folgenden Zusatz enthält: „with the exception of“: Max. Lehman, U. Brundt, Ch. Kuppe, A. Leiffert (deserted)

Ausreisedokument der Hafenpolizei Brisbane vom 10. Juli 1914 (Ausschnitt); © National Archives of Australia, Barcode 20359771
Diese vier Mannschaftsmitglieder wurden also als Deserteure eingetragen. Alle vier Namen waren jedoch nicht in der Mannschaftsliste vom 29. Juni 1914 in Sydney verzeichnet.
Noch stutziger macht mich die Tatsache, dass die Kurzsignatur des Kapitäns unten rechts im Dokument nicht mit der Handschrift Kapitän Richters übereinstimmt. Deshalb gehe ich davon aus, dass es sich bei diesem Dokument um ein anderes Schiff handelte und nicht um die „Fürth“ auch wenn das Dokument den Namen des Dampfschiffes im Titel trägt.

Ausreisedokument der Hafenpolizei Brisbane vom 10. Juli 1914, Unterschriften, © National Archives of Australia, Barcode 20359771
Wurden hier die Listen zweier (deutscher) Schiffe verwechselt? Das liegt zumindest nahe.
Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich auf einige Namen der Besatzung zurückkommen.
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