Der heutige Kurzbeitrag ist ein Nachtrag zu dem Artikel über die Internierung deutscher Kriegs- und Zivilgefangener zwischen 1914 und 1919 auf Malta:Internierung auf Malta
Bei den Bildrecherchen habe ich zwei Osterbilder gefunden, deren Veröffentlichung vergangene Woche thematisch noch nicht gepasst hätte.
Über den Fotografen, Maler und Zeichner Daniel Hiesinger, den Autor des Titelbildes konnte ich bislang leider noch nicht viel herausfinden. Er stammte aus Greding im Landkreis Roth, also aus Mittelfranken.
Vor dem Ersten Weltkrieg war er als Fotograf in Kairo tätig. Fotos von ihm, die anlässlich von Besuchen hochgestellter Persönlichkeiten entstanden sind, zeigen, dass er zu dieser Zeit recht erfolgreich gewesen sein muss.
Das ist nicht gerade viel, aber vielleicht weiß ja ein Leser mehr! Betrachten Sie es als Osterrätsel. Eine Auflösung kann ich Ihnen jedoch nicht bieten.
Friedliche Ostern!
Ein zweites Osterbild aus Malta ist ebenfalls aus dem Jahr 1917. Es wünscht friedliche Ostern – dem kann ich mich nur anschließen!
Vor wenigen Wochen hatte ich über das Dampfschiff „Albany“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) berichtet, dem es nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges als letztem Frachter der Reederei gelungen war, den Suezkanal zu passieren und anschließend Messina auf Sizilien als Schutzhafen anzulaufen. SIEHE: Fluchtpunkt Messina
Weniger Glück war den Seeleuten der Schiffe „Rostock“ „Goslar“ und „Annaberg“ beschieden:
„Die beiden in Suez liegenden D. [Dampfer] „Annaberg“ und „Goslar“ wurden nach See hinausgetrieben, dort gekapert und als Beute durch den Kanal geführt“ (Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg, Otto Harms, 1933, Schröder und Jeve).
Harms beschreibt hier das Vorgehen der Briten, die die deutschen Kapitäne gezwungen hatten, aus der neutralen Kanalzone in offene Gewässer zu fahren, um ihre Schiffe anschließend dort zu beschlagnahmen. Damit war der Plan der DADG, die beiden Schiffe im Bittersee ankern zu lassen, gescheitert. Zum Suezkanal siehe den Artikel: Dampfschiff „Fürth“: durch den Suezkanal
„Von Port Said sind sie im Verein mit „Rostock“ und anderen deutschen Schiffen zwangsmäßig nach See vertrieben und dann durch englische Kreuzer nach Alexandrien verbracht.“ (gleiche Quelle)
Die Seeleute der drei DADG-Schiffe wurden in Malta interniert:
„Hinzugefügt sei noch, dass die Besatzungen der D. „Rostock“, „Goslar“ und „Annaberg“ (aus dem Suezkanal) soweit wehrdienstpflichtige Leute nicht vorher die Heimreise versucht hatten, zu Kriegsgefangenen gemacht, und nach Malta gebracht worden sind.“ (gleiche Quelle)
Die Festung Malta
Auf der an Verteidigungsanlagen reichen Insel Malta existierten während des Ersten Weltkrieges mehrere Gefängnisse für Kriegsgefangene und internierte Zivilisten:
Fort Verdala (Verdala Barracks) für die Offiziere
St. Clement Camp (auch St. Clement Retrenchment) und angeschlossene Lager in Zejtun sowie
Fort Salvatore für Unteroffiziere, Soldaten, Seeleute, männliche Zivilgefangene
Schließlich die Polverista Barracks, in denen Frauen und Kinder untergebracht werden sollten.
Die Seeleute der drei DADG-Dampfer erreichten Malta im November oder Dezember 1914. Am 4. November 1914 waren 597 deutsche und österreichische Zivilgefangenen aus Ägypten auf Malta angekommen und weitere 564 am 1. Dezember 1914.
Insgesamt sollen bis 17. Dezember 1914 1651 Kriegsgefangene aus Ägypten nach Malta transportiert worden sein.
Bis Ende des Krieges im November 1918 waren auf Malta etwa 2650 Personen interniert.
Neben Deutschen und Österreichern befanden sich auch Ungarn, Bulgaren, Türken, Griechen und Italiener unter den Gefangenen.
In den maltesischen Gefängnissen herrschten beengte Verhältnisse. So war Fort Verdala in Friedenszeiten eigentlich für 350 Offiziere ausgelegt, inhaftiert waren dort jedoch rund 650 Gefangene.
Auch das St. Clement Camp war mit 850 Internierten überbevölkert. Die Gefangenen waren in kleinen Zelten mit vier Metern Durchmesser untergebracht, die weder dicht waren noch starken Winden standhielten. Die sanitären Einrichtungen waren ungenügend, ebenso die medizinische Versorgung. Wasser war auf der kargen Mittelmeerinsel ein knappes Gut.
Auch die Verpflegung ließ zu Wünschen übrig und in der eingerichteten Lagerkantine waren die Preise so hoch, dass sich nur wenige diesen Luxus leisten konnten.
Gab es zu Beginn des Krieges für die Gefangenen noch einige Freiheiten, wurden die Haftbedingungen nach der erfolgreichen Flucht zweier Inhaftierter am 10. April 1916 deutlich verschärft.
Während der Internierung kam es von 1914 bis 1919 zu 32 Todesfällen im Lager. Einige Gefangene versuchten durch Suizid der Gefangenschaft zu entkommen. Lagerinterne Spannungen gipfelten in einem Mord.
Anmerkung: Theodor Kofler, geboren in Innsbruck, hatte vor dem Ersten Weltkrieg ein Fotostudio in Kairo. Von ihm stammen die ersten Luftaufnahmen der Pyramiden und anderer archäologischer Stätten in Ägypten.
Prominente Gefangene
Unter den Gefangenen auf Malta waren einige bekannte Namen:
Karl von Müller und Prinz von Hohenzollern-Sigmaringen
Anschließend wurden die unverletzten überlebenden Seeleute über Colombo und Suez nach Malta gebracht, wo sie am 6. Dezember 1914 eintrafen.
Unter ihnen befand sich auch der Kapitän von SMS „Emden“, Karl von Müller und der Leutnant zur See Franz Josef Prinz von Hohenzollern-Sigmaringen. Der junge Prinz war Sohn des Fürsten Wilhelm von Hohenzollern und Fürstin Maria Theresia Magdalena von Bourbon-Sizilien.
Anmerkung: Die unverletzten Kriegsgefangenen von SMS „Emden“ kamen nach Malta. Die Verletzten wurden auf Ceylon behandelt und anschließend in das Lager Trial Bay nach Australien überstellt.
Karl Dönitz
Ein anderer bekannter Kriegsgefangener auf Malta war der spätere Großadmiral Karl Dönitz.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges war er als Leutnant zu See auf SMS „Breslau“. Zusammen mit SMS „Goeben“ gelang es dem Kleinen Kreuzer am 6. August 1914 Messina zu verlassen, den Briten zu entkommen und Konstantinopel zu erreichen. SIEHE: Fluchtpunkt Messina
Im späteren Kriegsverlauf kam er als Kommandant von UB 68 am 4. Oktober 1918 in Kriegsgefangenschaft, nachdem er sein U-Boot nach schweren Artillerietreffern selbst versenken ließ. Es folgte die Internierung auf Malta.
Karl von Müller war zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr auf der Mittelmeerinsel. Er war aus gesundheitlichen Gründen im Oktober 1916 nach England gebracht und dann im Januar 1918 auf Betreiben des Roten Kreuzes in den neutralen Niederlanden interniert worden.
Andere bekannte Gefangene waren der preußische General Liman von Sanders, der italienische Dirigent Aurelio Doncich und der türkische General Esref Kuscubasi.
Kaum bekannt: Der Nürnberger Geo Fürst
An dieser Stelle möchte ich, da es sich um den Blog des Dampfschiffes „Fürth“ handelt, noch einen anderen Gefangenen erwähnen: Geo Fürst aus der Nachbarstadt Fürths, aus Nürnberg.
Fürst, mit Vornamen eigentlich Johann, kam vor dem Ersten Weltkrieg nach Malta, wo er als Botschaftssekretär tätig war. Deutscher Botschafter zu dieser Zeit war Baron Maximilan Tucher von Simmelsdorf. Also gut möglich, dass Baron Tucher und Fürst beziehungsweise ihre Familien sich bereits aus der bayerischen bzw. fränkischen Heimat kannten.
1912 hatte Fürst die Malteserin Helen „Lily“ Debono geheiratet. 1914 wurde er nach Kriegsausbruch auf Anweisung Londons direkt interniert, was vermuten lässt, dass er nicht nur als Sekretär arbeitete, sondern auch als Spion tätig war.
Es war wahrscheinlich während seiner Gefangenschaft von 1914-1919, als Fürst die Malerei für sich entdeckte.
Nach dem Krieg musste er zurück nach Deutschland, kehrte aber bald wieder zurück nach Malta, wo er sich als Landschafts- und Marinemaler und später als Fotograf einen Namen machte. Er hinterließ rund 1000 Fotografien, meist aus den 1930er Jahren. Der maltesische Richter und Historiker Giovanni Bonello hat zahlreiche davon in einem Buch öffentlich zugänglich gemacht: Nostalgias of Malta, Images by Geo Fürst from the 1930s, Giovanni Bonello, 2006, FPM, Valetta, Malta.
Die Aktivitäten der Internierten auf Malta waren denen anderer Gefangenenlager ähnlich.
Ein wichtiger Ausgleich war Sport. Dokumentiert sind Fußball (mit dem Fußballclub „Gemütlichkeit“), Tennis, Billard, Schach und Kegeln auf einer eigens gebauten Bahn. Ab Sommer 1917 war den Gefangenen das Schwimmen in der Maraskala Bay erlaubt, allerdings nur im Sommer und nur eine halbe Stunde täglich.
Bei Wettkämpfen war auch das Wetten auf Mannschaften oder Sportler ein beliebter Zeitvertreib.
Ein großer Chor, ein Blas- sowie ein Streichorchester und eine Theatergruppe standen kulturell Interessierten offen.
Andere betätigten sich handwerklich, in jährlichen Ausstellungen präsentierten sie ihre Werke.
Wie in anderen Lagern bedeutete auch auf Malta das Kriegsende nicht das Ende der Gefangenschaft.
Erste Gefangene konnten erst ab November 1919 das Lager verlassen und auf eigene Kosten heimkehren.
Danach schien es schnell gegangen zu sein, denn es wird berichtet, dass an Weihnachten 1919 alle Internierten wieder in ihren Heimatländern angekommen waren.
Was jedoch fehlt, sind Spuren der Seeleute der eingangs erwähnten DADG-Schiffe „Rostock“ „Goslar“ und „Annaberg“. Für jeden Hinweis zu deren Schicksalen im Voraus herzlichen Dank.