Die letzten Jahre der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft
Antwortlich Ihrer geflissentlichen Zuschrift …
Die Titelabbildung ist aus einem Schreiben der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) vom 13. August 1925 an die Schiffsregisterbehörde in Hamburg.
Das Schreiben der Hamburger Behörde selbst ist nicht im Archiv erhalten, aber aus dem Antwortschreiben geht hervor, dass sich die Behörde nach dem Verbleib des Dampfschiffes „Fürth“ erkundigt hatte, das offensichtlich noch im Schiffsregister eingetragen war.
Mit der Antwort bittet die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft die Behörde um die Löschung des Schiffes aus dem Register, was in der Fußzeile (s. vollständiges Dokument unten) auch vermerkt ist.
Zur Erklärung der Abkürzungen:
Betr.D. steht für betrifft Dampfer/Dampfschiff
gefl. war eine gebräuchliche Abkürzung für geflissentlich, was damals soviel wie freundlich bedeutete
10.ds. letztlich heißt vom zehnten des Monats, hier ist also der 10. August gemeint
Unterzeichnet haben das Schreiben hochachtungsvoll die Herren Marius Böger und Otto Läsch.
Böger trat Anfang Mai 1911 in den Vorstand der DADG ein und wurde von Otto Harms, dem damaligen Vorstand, in seine Aufgabe als sein Nachfolger umfassend eingearbeitet. Er übernahm diese Position nach dem Ersten Weltkrieg. Im Laufe seiner Karriere sollte er es bis zum Vorstandsvorsitzenden der Hamburg-Amerika Line (HAPAG) bringen, zu dem er 1933 ernannt wurde.
Läsch war langjähriger Mitarbeiter der DADG, der bei der Jubiläumsfeier zum 25-jährigen Bestehen am 18. September 1913 zum Prokuristen ernannt worden war. 1921 wurde er dann stellvertretender Direktor. Später wurde er Leiter des Frachtgeschäftes und Vorstandsmitglied bei der HAPAG.
Beide Herren hatten die gleiche Position seit 1921 bei der Deutschen Dampfschiffsgesellschaft Kosmos inne.

Schreiben der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft an die Schiffsregisterbehörde Hamburg (Briefkopf); © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005
Die Deutsche Dampfschifffahrtsgesellschaft Kosmos (DDG Kosmos)
Die Deutsche Dampfschiffahrtsgesellschaft Kosmos (DDG Kosmos) war 1872 in Hamburg auf Initiative des Maklers Knöhr & Burchard und der Segelschiffreederei Eggers gegründet worden.
Knöhr & Burchard war auch Makler der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft und mit einem großen Aktienpaket auch an dieser beteiligt. SIEHE: Waratah: Suche Teil 2
Fahrtgebiet der DDG Kosmos war die Westküste Südamerikas, die über den Atlantik und die Magellanstraße angefahren wurde.
Vor dem Ersten Weltkrieg hatte die DDG Kosmos 28 Schiffe mit einer Gesamttonnage von rund 160.000 BRT in Fahrt. Im Vergleich dazu hatte die DADG 55 Schiffe mit etwa 300.000 BRT.
Interessengemeinschaft
Im Mai 1921 haben sich die DADG und die DDG Kosmos zusammengeschlossen, agierten aber weiterhin als selbstständige Einheiten. In einem Bericht in HANSA, Deutsche Nautische Zeitschrift (Jahrgang 1921, S. 515) wird von einem „Interessengemeinschaftsvertrag“ gesprochen.
Die Bilanzen wurden entsprechend auch weiterhin getrennt geführt (siehe HANSA 1924, S. 759).
Schwerer Start nach dem Ersten Weltkrieg
Die DADG hatte nach dem Ersten Weltkrieg zunächst mit einer Wiederaufnahme des Verkehrs nach Niederländisch-Indien begonnen. Australien konnte 1921 noch nicht wieder angelaufen werden, da noch keine deutschen Waren importiert werden durften.
Nach der Hyperinflation in den Jahren 1922 und vor allem 1923 erstellten beide Reedereien eine Goldmark-Eröffnungsbilanz für den 1. Januar 1924. In den Berichten der Vorstände wird die Flottengröße beider Reedereien wie folgt angegeben:
1924 besaß die DADG wieder 17 Schiffe mit 86.646 BRT, „die zum größeren Teil in den Jahren 1920-1923 erbaut sind, zum kleineren Teil aus früher der Reederei gehörenden von dem Feindbund zurückerworbenen Schiffen älteren Datums bestehen.“ (HANSA, Jahrgang 1924, S. 1443).
Für die DDG Kosmos standen 16 Schiffe mit 81.725 BRT zu Buche.
Hugo Stinnes
Inzwischen hatte sich der Großindustrielle Hugo Stinnes in beide Gesellschaften eingekauft, betrieb aber unabhängig davon auch eine eigene Reederei. Nach seinem Tod im April 1924 zerfiel jedoch sein Industrie-Imperium.
Im Januar 1926 entschieden sich die Deutsch-Austral- und Kosmos Linien die Stinnes-Linie zu erwerben. Damit hatte die Reederei nun plötzlich 61 Schiffe mit 354.723 BRT und war nach der HAPAG und dem Norddeutschen Lloyd Bremen die drittgrößte deutsche Reederei.
Fusion mit der HAPAG
Mit diesem Kauf hatten sich die Deutsch-Austral- und Kosmos Linien nach den überaus schlecht verlaufenden Geschäftsjahren 1925 und 1926 allerdings verhoben. Großaktionäre und Banken drängten daher auf eine Fusion mit der Hamburg-Amerika Linie (HAPAG).
Diese Fusion wurde auf der Generalversammlung der Deutsch-Austral- und Kosmos Linien am 23. November 1926 genehmigt und einen Tag später vollzogen.
Die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft war damit Geschichte.
Als Reminiszenz beibehalten wurde von der HAPAG die Benennung von Schiffen nach deutschen Industriestädten.
Als visuelles Merkmal überlebte die für die DADG typische schwarz-weiß-rote Kappe auf den Schornsteinen der HAPAG-Schiffe, sogar über die Fusion mit dem Norddeutschen Lloyd im Jahr 1970 zur Hapag-Lloyd hinaus.

Die „Reichenbach“ am Australiakai in Hamburg, das Bild ist ein Ausschnitt aus dem bereits gezeigten Bild „Australia-Dampfer am Kai“, eine Aufnahme vom 25. Juli 1913, Schornstein nachträglich koloriert; © Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Otto Harms, 1933 (Verlag Schröder & Jeve)

Das Schiff „Sydney Express“ der Hapag-Lloyd, ebenfalls mit den schwarz-weiß-roten Bändern am oberen Schornstein, Aufnahme 1976; Quelle: commons.wikimedia.org, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported
Quellen des Artikels:
Sehr viel ausführlicher ist die Geschichte der DADG nach dem Ersten Weltkrieg bei dem 2020 verstorbenen Schifffahrtshistoriker Reinhart Schmelzkopf beschrieben:
Reinhart Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888 – 1926, Eigenverlag (Strandgut), Cuxhaven 1984.
Weitere Details sind dem Buch von Otto Harms und verschiedenen Artikeln der Zeitschrift HANSA entnommen:
Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg, Schröder & Jeve, Hamburg, 1933.
HANSA, Deutsche Nautische Zeitschrift, verschiedene Jahrgänge (digishelf.de)
Anhang: das vollständige Dokument

Schreiben der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft an die Schiffsregisterbehörde Hamburg; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005
Die Adresse der Schiffsregisterbehörde ist schlicht mit „hier“ angegeben. Ich gehe davon aus, dass der regelmäßige Schriftverkehr mit der Behörde über einen Boten erfolgte.
Die links oben handschriftlich notierte Nummer 3656 war die Registernummer des Dampfschiffes Fürth. Siehe dazu den Artikel: Der Bielbrief der „Fürth“ und die Eintragung ins Schiffsregister