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Löschung des Dampfschiffes Fürth

Schiffsregister: Löschung des Dampfschiffes „Fürth“

Die letzten Jahre der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft

 

Antwortlich Ihrer geflissentlichen Zuschrift …

Die Titelabbildung ist aus einem Schreiben der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) vom 13. August 1925 an die Schiffsregisterbehörde in Hamburg.

Das Schreiben der Hamburger Behörde selbst ist nicht im Archiv erhalten, aber aus dem Antwortschreiben geht hervor, dass sich die Behörde nach dem Verbleib des Dampfschiffes „Fürth“ erkundigt hatte, das offensichtlich noch im Schiffsregister eingetragen war.

Mit der Antwort bittet die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft die Behörde um die Löschung des Schiffes aus dem Register, was in der Fußzeile (s. vollständiges Dokument unten) auch vermerkt ist.

Zur Erklärung der Abkürzungen:
Betr.D. steht für betrifft Dampfer/Dampfschiff
gefl. war eine gebräuchliche Abkürzung für geflissentlich, was damals soviel wie freundlich bedeutete
10.ds. letztlich heißt vom zehnten des Monats, hier ist also der 10. August gemeint

Unterzeichnet haben das Schreiben hochachtungsvoll die Herren Marius Böger und Otto Läsch.

Böger trat Anfang Mai 1911 in den Vorstand der DADG ein und wurde von Otto Harms, dem damaligen Vorstand, in seine Aufgabe als sein Nachfolger umfassend eingearbeitet. Er übernahm diese Position nach dem Ersten Weltkrieg. Im Laufe seiner Karriere sollte er es bis zum Vorstandsvorsitzenden der Hamburg-Amerika Line (HAPAG) bringen, zu dem er 1933 ernannt wurde.

Läsch war langjähriger Mitarbeiter der DADG, der bei der Jubiläumsfeier zum 25-jährigen Bestehen am 18. September 1913 zum Prokuristen ernannt worden war. 1921 wurde er dann stellvertretender Direktor. Später wurde er Leiter des Frachtgeschäftes und Vorstandsmitglied bei der HAPAG.

Beide Herren hatten die gleiche Position seit 1921 bei der Deutschen Dampfschiffsgesellschaft Kosmos inne.

Briefkopf Deutsch-Austral und Kosmos-Linien

Schreiben der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft an die Schiffsregisterbehörde Hamburg (Briefkopf); © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Die Deutsche Dampfschifffahrtsgesellschaft Kosmos (DDG Kosmos)

Die Deutsche Dampfschiffahrtsgesellschaft Kosmos (DDG Kosmos) war 1872 in Hamburg auf Initiative des Maklers Knöhr & Burchard und der Segelschiffreederei Eggers gegründet worden.

Knöhr & Burchard war auch Makler der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft und mit einem großen Aktienpaket auch an dieser beteiligt. SIEHE: Waratah: Suche Teil 2

Fahrtgebiet der DDG Kosmos war die Westküste Südamerikas, die über den Atlantik und die Magellanstraße angefahren wurde.

Vor dem Ersten Weltkrieg hatte die DDG Kosmos 28 Schiffe mit einer Gesamttonnage von rund 160.000 BRT in Fahrt. Im Vergleich dazu hatte die DADG 55 Schiffe mit etwa 300.000 BRT.

Interessengemeinschaft

Im Mai 1921 haben sich die DADG und die DDG Kosmos zusammengeschlossen, agierten aber weiterhin als selbstständige Einheiten. In einem Bericht in HANSA, Deutsche Nautische Zeitschrift (Jahrgang 1921, S. 515) wird von einem „Interessengemeinschaftsvertrag“ gesprochen.

Die Bilanzen wurden entsprechend auch weiterhin getrennt geführt (siehe HANSA 1924, S. 759).

Schwerer Start nach dem Ersten Weltkrieg

Die DADG hatte nach dem Ersten Weltkrieg zunächst mit einer Wiederaufnahme des Verkehrs nach Niederländisch-Indien begonnen. Australien konnte 1921 noch nicht wieder angelaufen werden, da noch keine deutschen Waren importiert werden durften.

Nach der Hyperinflation in den Jahren 1922 und vor allem 1923 erstellten beide Reedereien eine Goldmark-Eröffnungsbilanz für den 1. Januar 1924. In den Berichten der Vorstände wird die Flottengröße beider Reedereien wie folgt angegeben:

1924 besaß die DADG wieder 17 Schiffe mit 86.646 BRT, „die zum größeren Teil in den Jahren 1920-1923 erbaut sind, zum kleineren Teil aus früher der Reederei gehörenden von dem Feindbund zurückerworbenen Schiffen älteren Datums bestehen.“ (HANSA, Jahrgang 1924, S. 1443).

Für die DDG Kosmos standen 16 Schiffe mit 81.725 BRT zu Buche.

Hugo Stinnes

Inzwischen hatte sich der Großindustrielle Hugo Stinnes in beide Gesellschaften eingekauft, betrieb aber unabhängig davon auch eine eigene Reederei. Nach seinem Tod im April 1924 zerfiel jedoch sein Industrie-Imperium.

Im Januar 1926 entschieden sich die Deutsch-Austral- und Kosmos Linien die Stinnes-Linie zu erwerben. Damit hatte die Reederei nun plötzlich 61 Schiffe mit 354.723 BRT und war nach der HAPAG und dem Norddeutschen Lloyd Bremen die drittgrößte deutsche Reederei.

Fusion mit der HAPAG

Mit diesem Kauf hatten sich die Deutsch-Austral- und Kosmos Linien nach den überaus schlecht verlaufenden Geschäftsjahren 1925 und 1926 allerdings verhoben. Großaktionäre und Banken drängten daher auf eine Fusion mit der Hamburg-Amerika Linie (HAPAG).

Diese Fusion wurde auf der Generalversammlung der Deutsch-Austral- und Kosmos Linien am 23. November 1926 genehmigt und einen Tag später vollzogen.

Die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft war damit Geschichte.

Als Reminiszenz beibehalten wurde von der HAPAG die Benennung von Schiffen nach deutschen Industriestädten.

Als visuelles Merkmal überlebte die für die DADG typische schwarz-weiß-rote Kappe auf den Schornsteinen der HAPAG-Schiffe, sogar über die Fusion mit dem Norddeutschen Lloyd im Jahr 1970 zur Hapag-Lloyd hinaus.

Die "Reichenbach" am Australiakai

Die „Reichenbach“ am Australiakai in Hamburg, das Bild ist ein Ausschnitt aus dem bereits gezeigten Bild „Australia-Dampfer am Kai“, eine Aufnahme vom 25. Juli 1913, Schornstein nachträglich koloriert; © Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Otto Harms, 1933 (Verlag Schröder & Jeve)

Hapag-Lloyd

Das Schiff „Sydney Express“ der Hapag-Lloyd, ebenfalls mit den schwarz-weiß-roten Bändern am oberen Schornstein, Aufnahme 1976; Quelle: commons.wikimedia.org, Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Quellen des Artikels:

Sehr viel ausführlicher ist die Geschichte der DADG nach dem Ersten Weltkrieg bei dem 2020 verstorbenen Schifffahrtshistoriker Reinhart Schmelzkopf beschrieben:

Reinhart Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888 – 1926, Eigenverlag (Strandgut), Cuxhaven 1984.

Weitere Details sind dem Buch von Otto Harms und verschiedenen Artikeln der Zeitschrift HANSA entnommen:

Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg, Schröder & Jeve, Hamburg, 1933.

HANSA, Deutsche Nautische Zeitschrift, verschiedene Jahrgänge (digishelf.de)

Anhang: das vollständige Dokument

Deutsch-Austral und Kosmos Linien

Schreiben der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft an die Schiffsregisterbehörde Hamburg; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Die Adresse der Schiffsregisterbehörde ist schlicht mit „hier“ angegeben. Ich gehe davon aus, dass der regelmäßige Schriftverkehr mit der Behörde über einen Boten erfolgte.

Die links oben handschriftlich notierte Nummer 3656 war die Registernummer des Dampfschiffes Fürth. Siehe dazu den Artikel: Der Bielbrief der „Fürth“ und die Eintragung ins Schiffsregister

Steamer Fürth, German-Australian Liner, Schiffsmessbrief

Die Vermessung der „Fürth“

Der Messbrief der „Fürth“

Am 13. August 1907 beantragte die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft die Eintragung der „Fürth“ in das Schiffsregister. Dem Antragsschreiben waren die sogenannte Anzeige (ein Formular mit Angaben zum Schiff) sowie der Eigentumsnachweis an der „Fürth“ in Form des Bielbriefs beigefügt. (Siehe dazu den Beitrag: Der Bielbrief der „Fürth“ und die Eintragung ins Schiffsregister.)

Einen Tag später, am 14. August 1907, adressierte das Kaiserliche Vermessungsamt in Berlin den Schiffsmessbrief „nebst Abschrift“ an die Schiffsregisterbehörde in Hamburg. Dieser enthält neben einer Schiffsbeschreibung, die genauen Schiffsmaße und die Vermessungsergebnisse des Schiffes zur Angabe des Brutto- und Netto-Raumgehaltes.

Mit dem Eintreffen des Messbriefes waren bei Registerbehörde nun alle Unterlagen vorhanden, so dass die „Fürth“ in das offizielle Schiffsregister eingetragen und der Reederei ein Schiffszertifikat ausgestellt werden konnte.

steamer Furth, registration

Schreiben des Kaiserlichen Vermessungsamtes an die Schiffsregisterbehörde, 14. August 1907; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Schiffsvermessung

Jeder, der sich schon einmal mit dem Thema der Schiffsvermessung befasst hat, weiß, dass dies eine komplexe, komplizierte und auch interpretationsfähige Angelegenheit ist. So werden zum Beispiel die Maßstäbe, die an die Schiffsvermessung angelegt werden, von Land zu Land unterschiedlich interpretiert.

Auch am Beispiel der „Fürth“ ist im Folgenden dokumentiert, dass die Schiffsvermessung keine einfache Sache ist.

Das Kaiserliche Schiffsvermessungsamt

Zuständige Behörde für die Ausstellung der Schiffsmessbriefe im Deutschen Reich war das Kaiserliche Schiffsvermessungsamt in Berlin. Die Vermessung selbst hat die Vermessungsbehörde in Flensburg am Samstag, den 10. August 1907 ausgeführt, also genau eine Woche vor der Probefahrt der „Fürth“ (Probefahrt der „Fürth“). Der Messbrief selbst ist mit 14. August 1907 datiert.

Der Messbrief der „Fürth“ besteht aus drei Teilen: einer kurzen Beschreibung, den bis auf den Zentimeter genauen Außenmaßen und den detaillierten Messergebnissen.

steamer Furth, description

Schiffsmessbrief der „Fürth“, Schiffsbeschreibung, © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Zur Beschreibung: Etwas kleingeschrieben ist die Bauart, dort heißt es: Gewöhnliches Spantensystem, durchweg Doppelboden. Die Spanten bilden das stählerne Skelett des Schiffes, der Doppelboden konnte Wasser als Ballast aufnehmen. Ebenfalls etwas klein geraten heißt es bei Wegerung: Boden voll gewegert, an den Seiten mit Holz ausgelattet. Die Wegerung bezeichnet die innere Auskleidung des Schiffs, der Boden war in der Regel mit dichten Holzplanken ausgelegt oder gewegert, die Seiten dagegen nur mit Latten. Die Wegerung schützt die Schiffswand und verhindert gleichzeitig, dass an der Außenwand entstehendes Schwitzwasser an die Ladung gerät.

steamer Furth, mesures

Schiffsmessbrief der „Fürth“, Maße, © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Zu den Vermessungsergebnissen:

In der linken Spalte sind alle Räume des Schiffes zu dem Brutto-Raumgehalt addiert und in der linken Spalte werden alle die Räume aufgeführt, die davon abzugsfähig sind. Das ist im Wesentlichen die Maschine, die bei Dampfschiffen pauschal mit 32 % abgezogen wurde, was berücksichtigt, dass die zum Betrieb notwendigen Bunkerkohlen einen hohen Platzbedarf haben. Außerdem werden noch Mannschafts- und Navigationsräume abgezogen.

Die beiden wichtigsten Zahlen sind unten rechts zu finden: Das ist der Brutto- und der Netto-Raumgehalt, ausgedrückt in Registertonnen. Für die „Fürth“ ergab diese Vermessung gerundet 4238 Registertonnen (brutto) und 2646 Registertonnen (netto).

steamer Furth, results of mesurements

Schiffsmessbrief der „Fürth“, Vermessungsergebnisse, © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Anm.: Die Registertonne ist übrigens ein Raummaß. Es entspricht 100 Kubikfuß oder ungefähr 2,83 Kubikmeter. Sie wurde in der Schifffahrt bis 1994 benutzt.

Unter dem eigentlichen Messbrief finden sich noch Berechnungen, die Schiffsteile ausschließen, die als sogenannte „offene Räume“ angesehen werden und daher nicht in die Vermessung einfließen. Dies ist im Wesentlichen die offene Poop. Den teilweisen Ausschluss des sogenannten Poopdecks hatte sich die Reederei bei den englischen Schiffsvermessern abgeschaut und dann das Schiffsvermessungsamt in Berlin überzeugt, ebenso zu verfahren (Quelle: Otto Harms, 1933).

steamer Furth, measurements

Schiffsmessbrief der „Fürth“, Bemerkungen, © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Der zweite Messbrief der „Fürth“

Irgendjemand muss sich den Messbrief der „Fürth“ genau angesehen und darin einen Fehler entdeckt haben, sehr wahrscheinlich bei der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft. Vielleicht der Geschäftsführer, Otto Harms, höchstpersönlich? Wie das genau vor sich gegangen ist, ist leider nicht dokumentiert.

Fest steht, dass ein zweiter, geänderter Messbrief der „Fürth“ bereits am 28. September 1907 vom Kaiserlichen Schiffsvermessungsamt ausgestellt wurde, der sich ebenfalls auf die durchgeführte Vermessung vom 10. August in Flensburg beruft. Dieser liegt einem anderen Schreiben der DADG an die Schiffsregisterbehörde Hamburg aus dem Jahr 1908 bei.

Dieser vierzehn Tage später ausgestellte, neue Schiffsmessbrief unterscheidet sich nur in einem Punkt von der ersten Version: Punkt 9 der Berechnung des Brutto-Raumgehalts: „Der in Anrechnung zu bringende Inhalt der Ladeluken“ wird jetzt nicht mehr mit 42,523 Kubikmetern, sondern nur noch mit 15,919 Kubikmetern angegeben. Offensichtlich wurde bei der Ausstellung des ersten Briefes ein falscher Koeffizient benutzt.

steamer Furth

Erster Schiffsmessbrief der „Fürth“, Ladeluken, © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

steamer Fuerth, measurements

Zweiter Schiffsmessbrief der „Fürth“, Ladeluken, © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Für die beiden Schlussergebnisse bedeutet das, dass sich der Bruttoraumgehalt um 9 Registertonnen auf jetzt 4229 Registertonnen (brutto) und der Nettoraumgehalt um circa 6 Registertonnen auf jetzt 2640 Registertonnen (netto) reduziert.

Das klingt erst einmal nicht viel, aber:

„Bei den vielen Häfen mit zum Teil hohen Abgabensätzen war diese Frage nicht ohne Bedeutung, wenn man sparsam arbeiten wollte und mußte“ (Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, 1933).

„Auch in anderer Beziehung ist das kleine Register-Maß nützlich, z. B. bei dem Bestreben, die Casco-Taxen für die Versicherung niedrig zu halten.“ (gleiche Quelle).

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Zweiter Schiffsmessbrief der „Fürth“, Schlussergebnis, © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Suez-Messbrief

Ein Fahrtgebiet der „Fürth“ verlangte seinen eigenen Messbrief: Der Suez-Kanal. Für diesen gab es ein abweichendes Regelwerk, nach dem die Schiffe für die Passage durch den Suezkanal zu vermessen waren und nach dem die Kanalgebühren berechnet wurden.

Auf den „Messbrief für die Kanalfahrt“ der „Fürth“ komme ich noch zurück ebenso wie auf das im Messbrief angegebene Unterscheidungs-Signal (siehe Titelbild des Beitrags).

 

 

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Der Bielbrief der „Fürth“ und die Eintragung ins Schiffsregister

Originaldokumente aus dem Jahr 1907

Staatsarchiv Hamburg

Im Staatsarchiv Hamburg konnte ich bei den Seeschiffsregisterakten die Akte des „Schraubendampfers Fürth“ ausfindig machen. Die Akte enthält zahlreiche Originaldokumente aus der Registrierungsphase der „Fürth“ sowie den dazugehörigen Schriftverkehr zwischen der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, dem Kaiserlichen Vermessungsamt und der Schiffsregisterbehörde in Hamburg.

Erleichtert wurde die Einsichtnahme der Akte durch einen Kopierservice, den das Staatsarchiv Hamburg in Kooperation mit den Elbe-Werkstätten, einer gemeinnützigen, anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen, anbietet. Das ist eine gute Alternative zu einer persönlichen Fahrt in den Lesesaal, der von mir aus stolze 1300 Kilometer entfernt ist.

Die Dokumente werde ich hier nach und nach vorstellen.

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Antrag der DADG zum Eintrag der „Fürth“ in das Schiffsregister; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Das Antragsschreiben

Das hier abgebildete Antragsschreiben der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft ist adressiert an die „Deputation für Handel und Schifffahrt“ in der Schiffsregister-Behörde Hamburg.

Das vom 13. August 1907 datierte Scheiben lautet:

D. “Fürth“
Wir beantragen ergebenst die Eintragung dieses für uns bei der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft in Flensburg gebauten Dampfers und fügen zu diesem Zweck die vorgeschriebene Anzeige und Bielbrief hier bei.
Gleichzeitig ersuchen wir um Ausfertigung eines Schiffs-Zertifikats sowie Auszuges aus demselben und baldmöglichste Überlassung des deutschen Messbriefes.
Hochachtungsvoll

Unterzeichner sind Direktor Harms und ein Prokurist: ppa. Oppermann.

Unter den Unterschriften findet sich ein Zusatz des Adressaten: Unterschriften und Vertretungsbefugnis sind amtlich bekannt.

In der Schiffsregisterakte im Staatsarchiv befinden sich ebenfalls die im Brief erwähnten Anlagen: Die sogenannte Anzeige und der Bielbrief.

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Titelseite der Anzeige für die Eintragung der „Fürth“ ins Schiffsregister; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Die Anzeige

Bei der sogenannten Anzeige handelt es sich um ein vierseitiges Formular, das bei der Beantragung der Eintragung in das Register für Seeschiffe ausgefüllt werden musste. Es enthält Angaben über die Schiffsgattung („Schraubendampfer“), die Maschinenleistung (2200 indizierte Pferdestärken), das Baumaterial (Stahl), den Namen des Erbauers (Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft), den Erbauungsort (Flensburg), das Erbauungsjahr (1907) und den Heimathafen (Hamburg).

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Seite 2 der Anzeige für die Eintragung der „Fürth“ ins Schiffsregister; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Als Reederei ist die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft eingetragen mit dem Verweis auf die letzte Registereintragung, den Dampfer „Neumünster“.

Anmerkung: Das Schiff „Neumünster“, ein Schwesterschiff der „Fürth“, wurde drei Monate zuvor, im Mai 1907, an die Reederei abgeliefert.
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Seite 3 der Anzeige für die Eintragung der „Fürth“ ins Schiffsregister; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Auf der vierten Seite ist ausgewiesen, dass es sich um einen Neubau handelt und es wird auf den Bielbrief vom 3. August 1907 verwiesen (siehe unten).

Im Hinblick auf den Lebenslauf von Kapitän C. B. Saegert, dem ersten Schiffsführer der „Fürth“, ist interessant zu erfahren, dass sein Wohnort mit Rostock angegeben ist. Ein Hinweis, der uns mehr über die Identität des Kapitäns verraten kann (Kapitän C. B. Saegert – eine Würdigung). Außerdem ist die Besatzung der „Fürth“ mit vierzig Personen angegeben und wir erfahren, dass die „Fürth“ zwei Chronometer an Bord hatte.

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Seite 4 der Anzeige für die Eintragung der „Fürth“ ins Schiffsregister; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Der Bielbrief

Laut Brockhaus‘ Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1, Leipzig 1911, S. 203 ist ein Bielbrief oder Beilbrief bzw. Bylbrief ein „obrigkeitliches Zeugnis über Ursprung (gesetzmäßig ausgeführten Bau), Gattung, Größe und Tragfähigkeit eines Schiffs“ (Quelle: http://www.zeno.org/nid/20000957712)

Im Bielbrief der „Fürth“ bescheinigt die Werft, die Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft, den Neubau des Dampfers und dessen Eigentumsübergang an die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft.

Dabei wird das Baumaterial angegeben (Stahl), die Dimensionen des Schiffs und die Bauzeit. Die Tragfähigkeit der „Fürth“ wird in einem anderen Dokument angegeben, dem Messbrief, auf den wir noch zurückkommen.

Unterzeichnet wurde der Bielbrief vom Direktor der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft, Thomas Bredsdorff und dem Prokuristen Adolf Jacobsen in Anwesenheit des Notars Christian Petersen, einem Notar aus Flensburg im Bezirk des Königlich Preußischen Oberlandesgerichts zu Kiel. Das Unterzeichungsdatum ist der 3. August 1907. Er ist damit derzeit das älteste von der „Fürth“ vorliegende Original-Dokument.

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Bielbrief der „Fürth“; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Die Notargebühren für die Beurkundung des Bielbriefes der „Fürth“ gehen aus einem Rechnungsstempel in der linken unteren Ecke der Urkunde hervor: 57,40 Mark laut geltender Gebührenordnung, 1,50 Mark als Stempelgebühren und 10 Pfennig Schreibgebühren, was sich zu Notargebühren in Höhe von 59,00 Mark addierte.

Zum Vergleich: Ein Bauarbeiter in Kiel hatte 1907 einen Wochenlohn von 27,00 Mark bei einer Arbeitswoche von wohlgemerkt 54 Stunden (Quelle: Arbeitslohn und Arbeitszeit in Europa und Amerika 1870–1909, Rene Kuczynski, S. 693, abgerufen über books.google.fr).

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Bielbrief der „Fürth“, Notarstempel; © Staatsarchiv Hamburg, Schiffsregisterakte Schraubendampfer Fürth, Registernr. 3656, Ref. 231-4_3005

Bevor die „Fürth in das Register für Seeschiffe eingetragen werden konnte, musste allerdings noch ein weiteres Dokument vorliegen: Der Messbrief.

Mehr zu den Messbriefen und dem Unterscheidungs-Signal der „Fürth“ demnächst hier im Blog!