Das Reederei-Imperium des Frank Clarke Strick
Titelbild:
Die „Kerman“, exFürth in kriegsgrauem Anstrich, Foto ohne Ortsangabe und undatiert (1915-1920); © alle Rechte bei: J. E. B. Belt, H. S. Appleyard (1996), A history of Frank C. Strick and his many shipping enterprises, World Ship Society, Kendal (UK).
Seit Januar 1915 war die Anglo-Persian Oil Company (APOC) neuer Eigentümer des Dampfschiffes „Fürth“. Das Schiff hatte den neuen Namen „Kerman“ erhalten: Paukenschlag: Das Dampfschiff „Fürth“ wird verkauft
Allerdings hat sich die APOC nicht selbst um die Bereederung des Dampfschiffes gekümmert, sondern damit ein anderes Unternehmen beauftragt, die F. C. Strick & Co. Ltd.
Dieser Blogartikel stellt den Reeder Frank Clarke Strick vor, schildert seine Aktivitäten im Nahen Osten und seine enge Beziehung zur APOC.
Strick gilt als ein Pionier für Schiffsverbindungen zwischen Europa und der Golfregion.
Ich stütze mich in diesem Artikel auf eine Biografie seines aus über 30 Schifffahrtsunternehmen bestehenden Reederei-Imperiums, die 1996 in England erschienen ist:

Der Schwerpunkt des Blogbeitrags liegt auf dem Verkehr in den Persischen Golf, der in der Folge für die „Kerman“, exFürth von Bedeutung ist. Ein weiteres geografisches Tätigkeitsgebiet Stricks war der Mittelmeerraum, auf den ich hier nicht explizit eingehe.
Frank Clarke Strick
Frank Clarke Stick wurde im Oktober 1849 in Swansea (Wales) geboren.
Erste berufliche Erfahrungen sammelte er in einer Bank und bei seinem Vater, dem Schiffsmakler und Lloyds Vertreter James Strick. Als Juniorpartner stieg er dann bei Poingdestre, Mesnier und Co. ein, einem Kohlenexporteur und Schiffscharterer. Strick und sein französischer Seniorpartner Jules Mesnier sollten lebenslang Geschäftspartner bleiben und enge Freunde werden.
Anmerkung: Der andere Teilhaber, Philip Francis Poingdestre, war 1875 aus dem Unternehmen ausgeschieden. Quelle: https://www.thegazette.co.uk/London/issue/24224/page/3430/data.pdf
Nach der Tätigkeit bei Poingdestre, Mesnier und Co. gründete Strick am 20. Oktober 1885 sein eigenes Unternehmen: Frank C. Strick & Co. Ltd., Kohlenexport und Schiffsbroker, Adresse: Woolpack Buildings, Gracechurch Street, London.
Viele bedeutende Schifffahrtsunternehmen hatten hier und in den angrenzenden Straßen im Zentrum Londons Ihren Sitz. Auch Lloyd’s Register war und ist immer noch hier angesiedelt: Die „Fürth“ in Lloyd’s Register
1887 kaufte Strick sein erstes Schiff, die „Normand“, die er ein Jahr darauf gleich wieder verkaufte, um ein größeres Schiff, die „Alphonse Parran“ zu finanzieren.
Strick exportierte Kohlen nach Frankreich, später in den Mittelmeerraum. Für die Rückfahrten wurden Eisenerze in Algerien geladen.

Die Anglo-Arabian and Persian Steamship Co. Ltd.
Auf Anregung seines Freundes Mesnier unternahm Strick mit der „Alphonse Parran“ 1892 eine erste Fahrt in den Persischen Golf. Der gute Erfolg dieser Fahrt führte noch im gleichen Jahr zur Gründung der Anglo-Arabian and Persian Steamship Co. Ltd. Nach einigen Umfirmierungen und Mergern mit anderen Strick-Reedereien wurde die Reederei 1913 in die Strick Line Ltd. überführt.
Das erste neue Schiff der Gesellschaft war die 1893 in Dienst gestellte „Arabistan“.
Die Endung „-stan“ sollte für Schiffe der Strick-Unternehmen eine charakteristische Bezeichnung werden, die viele Schiffe der Reedereien trugen.
-STAN bedeutet auf Farsi „Ort von“ oder „Land von“.

Häfen
Die Ladehäfen in Europa waren verschiedene Häfen in Südwales, dazu noch London, Manchester, Glasgow, Antwerpen und Marseille.
Die Entladehäfen der Gesellschaft waren Port Sudan, Djibouti, Aden, Muscat, Bushire und Basrah. Zusätzliche Entladehäfen in Arabien und dem Iran wurden nach Bedarf angelaufen.
Zur politischen Einordnung: Port Sudan lag im sogenannten Anglo-Ägyptischen Sudan, Djibouti an der Französischen Somaliküste (Côte française des Somalis) und Aden stand unter der politischen Verwaltung Britisch Indiens.
Muscat liegt im Oman, und Bushire im Iran (Persien). Basra gehörte zu Mesopotamien, Teil des Osmanischen Reichs, heute Irak. Die Stadt war ab November 1914 von den Briten besetzt.

Fracht
Die wichtigste Fracht von Großbritannien in den Persischen Golf war walisische Bunkerkohle für die Häfen Bushire und Basra. Von diesen Häfen gab es einen regelmäßigen Verkehr von und nach Indien und dadurch einen Bedarf an Kohle.
Die Linienverbindung zwischen dem Persischen Golf und Britisch Indien bestand bereits seit 1862 und wurde von der British India Steam Navigation Co. durchgeführt.
In den Jahren 1901 – 1908 war es Strick, der große Mengen Ausrüstung, Vorräte und Personal für die Teams von William Knox D’Arcy und der Burmah Oil an den Persischen Golf transportierte. Siehe dazu auch den Blogbeitrag: Die Ursprünge der bp Gruppe (British Petroleum)
Zusammen mit seinen Vertretungsbüros im Nahen Osten war Strick wichtiger Logistikpartner bei der Suche nach Erdöl im Iran.
Wichtige Frachten vom Persischen Golf nach Europa waren Eisenoxide von der Insel Hormuz und Datteln aus Basra.
Hinzu kamen Gerste, Teppiche, Schafhäute, Perlmutt, Gummi Arabicum, Mandeln, Fassdauben, Baumwolle und Baumwollsamen.

Liniendienst
Bis 1909 führte Strick die Fahrten von Großbritannien in den Persischen Golf nach Bedarf durch.
Ab 1909 wurde auf Wunsch des britischen Board of Trade ein regelmäßiger Liniendienst eingerichtet mit zweiwöchigen Abfahrten aus UK und einer planmäßigen monatlichen Rückfahrt. Die Schiffe konnten bis zu 20 Passagiere aufnehmen und saisonal wurden auf dem Zwischendeck Mekkapilger in die Hafenstadt Jeddah transportiert.

Strick, Scott & Co.
Im Januar 1911 ging Strick eine Partnerschaft mit dem Unternehmen Lloyd, Scott & Co. ein, einem Repräsentanten britischer Unternehmen in der Golfregion.
Die Firma Strick, Scott & Co. wurde gegründet. Dieses Unternehmen betrieb Büros in Basra, Mohammerah, Ahwaz und Bagdad.
Noch im gleichen Jahr ernannte die Anglo-Persian Oil Company (APOC) Strick, Scott & Co. als ihren Alleinvertreter („managing agent“) im Nahen Osten und der Geschäftsführer der APOC, Charles Greenway, wurde Vorstandsmitglied bei Strick, Scott & Co.
Strick, Scott & Co. blieb Vertreter der APOC in der Golfregion bis in die frühen 20er Jahre. Zu diesem Zeitpunkt war das Geschäft der APOC so stark angewachsen, dass die APOC in Abadan ihr eigenes Büro eröffnete und die Zusammenarbeit mit den Vertretungsbüros in der Region aufkündigte.
Ein Großteil der Mitarbeiter von Strick, Scott & Co., die im Ölgeschäft tätig gewesen waren, wurden von der APOC in Abadan übernommen.

Das Dampfschiff „Kerman“, exFürth bei Frank C. Strick & Co.
Die „Kerman“, exFürth unternahm unter Frank C. Strick & Co. im Zeitraum Februar 1915 – Juli 1916 drei Fahrten in den Indischen Ozean. Das Unternehmen war in dieser Zeit mit dem operationellen Einsatz des Schiffs betraut (Bereederung).
Der überwiegende Teil der Handelsschiffe und sicherlich auch die „Kerman“ waren während des Ersten Weltkrieges jedoch von der Britischen Admiralität requisitioniert.
Das heißt, Zielhäfen und Frachten wurden in dieser Zeit von der britischen Regierung koordiniert und vorgegeben.
Die drei Fahrten stelle ich hier im Blog in den nächsten Wochen vor.
Anmerkung: Die Angabe der Bereederung der „Kerman“, exFürth durch Frank C. Strick bis in das Jahr 1916 beruht auf Belt, Appleyard (1996). Die „Kerman“ führte jedoch (mit Unterbrechung) bis 1917 Fahrten in den Nahen Osten durch. Das Management des Schiffes durch Strick könnte meiner Meinung nach durchaus länger gedauert haben. Belege dafür habe ich bislang nicht gefunden.

Frank C. Strick & Co. in späteren Jahren
Im Jahr 1919 hat Strick, der in diesem Jahr 70 Jahre alt wurde, seine Flotte an die Peninsular & Oriental Steam Navigation, kurz P&O, verkauft. Der Verkauf betraf nur die Schiffe, nicht seine Tätigkeit als Schiffsmakler in der Frank C. Strick & Co. Ltd.
Strick setzte sich jedoch nicht zur Ruhe. Noch in den 1920ern gründete er einige neue Reedereien und blieb sehr aktiv. 1928 wurde er über eine Minderheitsbeteiligung an der Strick Line Ltd. (1923) auch wieder Eigentümer an zahlreichen Schiffen.
Selbst mit 90 Jahren, im Jahr 1939, heißt es, dass er einmal wöchentlich von seinem Haus in Strathly-on-Thames bei Reading, nach London gefahren sei, um Geschäftsfreunde zu treffen und um „am Ball“ zu bleiben.
Obwohl Strick fast sein gesamtes Leben gute Geschäfte im Nahen Osten gemacht hatte, war er selbst nie dort.
Strick wurde 93 Jahre alt, er starb im Januar 1943.
Die Frank C. Strick & Co. Ltd. existierte bis in das Jahr 1972. Das Unternehmen ging dann in der 1971 gegründeten General Cargo Division der Peninsular and Oriental Steam Navigation Company (P&O) auf.

Anmerkung: Baltic Exchange ist ein globaler Marktplatz der Schifffahrtsbranche, er existiert seit 1744.
Nächste Woche im Blog
Aufbruch zur ersten Fahrt: Die Mannschaft der „Kerman“, ex-Fürth wird in London angeheuert und anschließend läuft das Dampfschiff Glasgow und Manchester zum Laden an.
Manchester war über den Manchester Ship Canal mit dem Meer verbunden und wurde zu Englands drittwichtigster Hafenstadt, obwohl die Stadt 60 Kilometer vom Meer entfernt ist.
Über 16.000 Arbeiter waren in den Jahren 1887 bis 1894 auf der größten Baustelle des viktorianischen Großbritanniens beschäftigt.
Mehr über dieses Meisterwerk britischer Ingenieurskunst nächste Woche hier im Blog.