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Abadan refinery

Die „Kerman“, exFürth im Persischen Golf

Bushire, Abadan und Basra

Titelbild: Teilansicht der Raffinerie der Anglo-Persian Oil Company in Abadan, ohne Jahresangabe; Foto mit freundlicher Genehmigung des Stanmore Tourist Board; http://www.stanmoretouristboard.org.uk/william_knox_darcy.html

Die dritte Reise der „Kerman“, exFürth dauerte vom 23. Dezember 1915 bis 17. Juli 1916.
Quelle: The National Archives, BT165/1562 (extracted logs)

Um die Südspitze Afrikas

Am 2. Januar 1916 erreichte die „Kerman“, exFürth den Ankerplatz Tail-of-the-Bank im Firth of Forth bei Glasgow. Mehr über Tail-of-the-Bank: SIEHE Aufbruch zur ersten Reise: Die „Kerman“, exFürth in Manchester

Der Abfahrtshafen wird von der Liverpool Daily Post vom 3. Januar 1916, S. 9, mit London angegeben. Bei einer Distanz von etwa 760 Seemeilen ergibt das eine Fahrtzeit von etwa vier Tagen. Die „Kerman“, exFürth dürfte London daher um den 30. Dezember 1915 verlassen haben.

Den nächsten Hinweis gibt uns wieder die Liverpool Daily Post, eine Tageszeitung die von 1855 bis in das Jahr 2013 erschienen ist, diesmal in der Ausgabe vom 7. März 1916, S. 2.

Die „Kerman“, exFürth erreichte demnach Port Natal (Durban) in Südafrika am 1. März 1916 mit Zielhafen Bushire (Buschehr) im Iran.

Durban war die wichtigste Kohlenstation im südlichen Afrika. Die „Fürth“ hatte hier im Jahr 1913 zweimal Station gemacht.

Für die „Kerman“ war es die erste Reise in den Indischen Ozean, die nicht durch den Suezkanal lief, sondern um den afrikanischen Kontinent herum. Siehe dazu die ersten beiden Fahrten: Die erste Reise der „Kerman“, exFürth: in Vigo und Karatschi und Die „Kerman“, exFürth in Calcutta

Kollision in Abadan

Falls Sie die Angaben von Zeitungsmeldungen anzweifeln sollten: die nächste Quelle ist über jeden Zweifel erhaben.

Am 14. April 1916 kollidierte HMS „Moth“ mit der „Kerman“, exFürth in Abadan.
Quelle: United Kingdom Hydrographic Office Archive (Taunton/Somerset), ref. HD 1916/1097 und HD 1918/1030.

Das United Kingdom Hydrographic Office ist das Hydrographische Institut Großbritanniens und untersteht der Admiralität und damit dem Verteidigungsministerium. Es liefert Seekarten, nautische und geografische Daten für die Royal Navy, andere Seestreitkräfte und zivile Kunden. Der bekannteste Chefhydrograph der Admiralität war sicherlich Sir Francis Beaufort (1829-1855). Die berühmte Beaufortskala zur Einteilung der Windstärken wurde posthum ihm zu Ehren benannt.

Aus beiden Dokumenten des United Kingdom Hydrographic Office, die mir in Kopie vorliegen, geht leider nur hervor, dass HMS „Moth“ die Verantwortung für die Kollision mit der „Kerman“ trägt und dass keine disziplinarischen Maßnahmen gegen den Unfallverursacher erfolgten. Über den Hergang der Kollision und über den dabei entstanden Schaden geben beide Aktenvermerke leider keine Informationen preis. Schade!

HMS „Moth“

HMS „Moth“ war ein Kanonenboot der sogenannten „Insekten-Klasse“ (Insect-class gunboat). Die zwölf Schiffe hatten ihre Namen von Gliederfüßern wie Aphis (Blattlaus), Bee (Biene), Cicala (Zikade), Cockchafer (Maikäfer), Cricket (Grille), Glowworm (Glühwürmchen), Gnat (Mücke), Ladybird (Marienkäfer), Mantis (Gottesanbeterin), Scarab (Pillendreher), Tarantula (Vogelspinne) und eben Moth (Motte).

Sie waren für den Einsatz in Flüssen und Binnengewässern konzipiert worden. Bei 72 m Länge hatten sie nur einen Tiefgang von nur 4 Fuß (1,2 m); sie erreichten eine Geschwindigkeit von 14 Knoten.

Die kleinen, aber gut bewaffnete Kanonenboote wurden zuerst an der Mesopotamien-Front eingesetzt.

HMS Moth

HMS „Moth“ im Zweiten Weltkrieg als japanisches Kriegsschiff „Suma“ https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Japanese_gunboat_Suma_1942.jpg

Nach Indien und Marseille

Nach den Häfen im Persischen Golf lief die „Kerman“, exFürth an die indische Westküste. Das dokumentieren zwei Artikel in der französischen Tageszeitung Le Sémaphore de Marseille nach der Ankunft des Schiffes am 12. Juni 1916 in Marseille.

Dort wird als Abfahrtshafen Bombay genannt. Außerdem werden Warenempfänger aufgefordert, ihre aus Cochin, Calicut und Tellicherry kommenden Waren in Empfang zu nehmen.

Entweder war die „Kerman“, exFürth also auch in diesen Häfen an der indischen Malabarküste oder die Waren kamen über Umladungen nach Bombay und wurden dort von der „Kerman“ geladen.

Die Häfen Cochin, Calicut und Tellicherry hatte ich ausführlich im Blog vorgestellt, denn sie waren auch bereits von der „Fürth“ als Schiff der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft angelaufen worden: Das Dampfschiff „Fürth“ an der indischen Malabarküste

Um den 16./17. Mai 1916 muss sich die „Kerman“, exFürth von Bombay auf den Rückweg nach Europa gemacht haben.

Am 26. Mai 1916 erreichte das Schiff Aden (Quelle: Liverpool Daily Post vom 29. Mai 1916, S. 2.), sicherlich zur Aufnahme von Bunkerkohlen. Zwei Tage später passierte es die Insel Perim am Eingang zum Roten Meer (Quelle: Liverpool Daily Post vom 30. Mai 1916, S. 2.) und erreichte Marseille schließlich am 12. Juni 1916 (Le Sémaphore de Marseille, 6. Juli 1916).

Marseille - Le Phare Sainte Marie

Hafeneinfahrt in Marseille mit dem Leuchtturm Sainte-Marie; Postkarte (gelaufen 1906), eigene Sammlung.

Hier lag die „Kerman“ an Mole D, Nord. Makler war C. Saunier, 5, rue Pythéas in Marseille. Als Kapitän der „Kerman“ ist Waterlow angegeben.

Dann dauerte es bis zum 10. Juli 1916, als das Schiff Gibraltar in westlicher Richtung passierte, diesmal dokumentiert von den Shields Daily News vom Dienstag, den 11. Juli 1916, S. 3.

Die „Kerman“, exFürth dürfte schließlich um den 18. bis 20. Juli 1916 zurück in England gewesen sein, der Zielhafen ist (nach meinem bisherigen Kenntnisstand) nicht dokumentiert.

Persia 1902

Ausschnitt einer Karte von 1902; Ref. txu-oclc-3257141-persia_afghanistan_beluchistan; mit freundlicher Genehmigung der University of Texas Libraries, The University of Texas, Austin.

Die Hafenstadt Bushire ist unten rechts, Basra (in der Karte Busrah) liegt in der Bildmitte links am Fluss Shatt-el-Arab. Der Hafen Abadan existierte 1902 noch nicht.

Die Dampfschifffahrt im Persischen Golf

Ein regelmäßiger Linienverkehr in Häfen des Persischen Golfs begann bereits 1862 mit der Eröffnung des Postverkehrs nach Bushire und Basra, allerdings nicht von Europa aus, sondern von Britisch Indien.

Die Reederei, die diese Linie betrieb, war die große British India Steam Ship Navigation Co. Ihre Geschichte ist mit der Dampfschifffahrt im Persischen Golf untrennbar verbunden.

Die Häfen in Britisch Indien waren an der Wende zum 20. Jahrhundert bereits sehr gut ausgebaut und hatten eine gute Infrastruktur, wie zum Beispiel der Hafen Karatschis. SIEHE: Die erste Reise der „Kerman“, exFürth: in Vigo und Karatschi

Das traf auf die Häfen im Persischen Golf nicht zu. Auch die beiden größten Häfen Bushire und Basra hatten nur sehr rudimentäre Einrichtungen.

Bushire

Die Stadt Bushire (Bushehr) liegt auf einer Halbinsel, sie hatte keinen richtigen Hafen, sondern nur Ankerplätze. Das Leichtern der Ladung erfolgte mit traditionellen Booten, nur die Briten verfügten über Dampfschlepper:

“The town of Bushire is situated at the northern point of a cigar-shaped peninsula, about twelve miles long and four broad, lying parallel to the mainland of Persia and joined to it in the middle by some nine miles of mud flat called Mashila.”

“There was, however, nothing resembling a harbour; ships used to lie at one of two anchorages according to the amount of cargo to be discharged or taken aboard, the outer six or seven miles and the inner about three miles from the shore, in a open and unprotected roadstead.”

“A special type of sailing-boat called māshuwa, smaller than a dhow, was used for communication and lightering. Only the British Residency and the British India agents, Messrs. Gray Paul and Co., maintained steam launches.”
Quelle: East and West of Zagros, Travel, War and Politics in Persia and Iraq, 1913-1921; C. J. Edmonds (2009), Leiden (Brill); https://brill.com/view/book/edcoll/9789047426905/Bej.9789004173446.i-380_005.xml

Basra

Die Stadt Basra (auch Basrah, Bassora) liegt etwa 100 Kilometer vom Persischen Golf entfernt am Fluss Shatt-el-Arab. Der Hafen war für große Seeschiffe zugänglich, allerdings gab es eine Schwierigkeit.

An der Mündung des Flusses Shatt-el-Arab lag eine Sandbarre, die es Schiffen mit einem Tiefgang von über 20 Fuß unmöglich machte, in den Shatt-el-Arab einzufahren.

Frank C. Strick gründete daher 1905 ein besonderes Dienstleistungsunternehmen, die Dwina Ltd. Die (kleineren und älteren) Schiffe der Firma lagen an der Mündung des Shatt-el-Arab und bei Ankunft von Überseeschiffen übernahmen sie einen Teil der Ladung, bis die großen Schiffe einen Tiefgang hatten, der es ihnen erlaubte, in den Shatt-el-Arab einzufahren. Die Schiffe der Dwina Ltd. begleiteten ihre Kunden bis zum Zielhafen und entluden dort mit ihnen ihre Fracht.

Diese sehr spezielle Dienstleistung existierte bis in die zwanziger Jahre. Dann wurde ein Zufahrtskanal fertig, der ausgebaggert worden war und Seeschiffen uneingeschränkt die Zufahrt in den Shatt-el-Arab ermöglichte.

Eine zweite Besonderheit im Hafen Basra bestand darin, dass es vor Ort keine Hafenarbeiter gab. Schiffe nach Basra nahmen in Bushire nicht nur einen Piloten für den Shatt-el-Arab an Bord, sondern ebenfalls bis zu hundert Schauerleute, die an Bord lebten, Fracht löschten und luden und dann in Bushire wieder von Bord gingen. Laut Belt, Appleyard existierte diese Praxis bis in die 30er Jahre.

Quelle: J. E. B. Belt, H. S. Appleyard (1996), A history of Frank C. Strick and his many shipping enterprises, World Ship Society, Kendal (UK)

In Basra gab es ähnlich wie in Bushire zu dieser Zeit keine sonst übliche Infrastruktur:

Basra „was unlike most ports in that it completely lacked most of the facilities associated with such places. There were no docks or wharves, no warehouses or cranes, no tugs or dredgers, no buoys, lights or other aids to navigation, and neither harbour master nor port charges”.
Two Centuries of Overseas Trading, Stephanie Jones, Springer Verlag (abgerufen auf books.google.fr)

Basra 1918

Basra 1918, Luftbild; Shatt-el-Arab mit Seeschiffen im Vordergrund; Quelle: Australian War Memorial, No. P00562.014

Mesopotamienfront

Basra gehörte eigentlich zum Osmanischen Reich, war aber im November 1914 von den Briten eingenommen worden.

Der Grund für das Engagement der Briten in Mesopotamien lag im Schutz der Ölvorkommen in Persien und der kurz vor dem Ersten Weltkrieg fertiggestellten Raffinerie in Abadan. SIEHE: Die Ursprünge der bp Gruppe (British Petroleum)

Die Militäroperation begann am 6. November 1914 mit der Ladung bei Fao. Dort befand sich die gleichnamige Festung. Die Türken leisteten nur wenig Widerstand und zogen sich dann flussaufwärts zurück.

Anglo-Indian Invasion 1914 in Mesopotamia

Britische Invasion in Mesopotamien im Jahr 1914; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Meso-WW1-1.jpg

In der Folge drangen die Briten in den Shatt-el-Arab vor und besetzten Basra am 22. November 1914.

Der weitere Verlauf der Kriegshandlungen soll hier kein Thema sein. Stattdessen ein kleiner Rückblick:

Die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft in Basra

Wenig bekannt ist, dass vor dem Ersten Weltkrieg auch einige Schiffe der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, (DADG) nach Basra fuhren.

Die Hamburger Reederei unterhielt zwar keinen Liniendienst nach Basra, war aber saisonal dort, um Datteln nach Australien zu transportieren. Auf der sogenannten Fruchtfahrt wurden Korinthen und andere Trockenfrüchte aus Griechenland und der Türkei oder eben Datteln aus Basra vor der Weihnachtssaison nach Australien verschifft.

Im weiteren Ausbau der Fruchtfahrt wurde in 1910 ein Versuch mit Persien gemacht, Datteln von Basra und Bushehr; ebenso in 1911. Die Abfertigung in den Häfen war nicht befriedigend. Diese Reisen blieben unabhängig von der Mittelmmeer-Fruchtfahrt, für welche in 1911, 12 und 13 nur je ein Schiff gestellt wurde. 1914 kam der Krieg und beendete vorerst diesen Verkehr.
Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Otto Harms (1933), Schröder & Jeve, Hamburg.

Der Reeder Frank C. Strick, der die „Kerman“, exFürth in den Jahren 1915 – 1916 bereederte, war übrigens auch im „Dattel-Business“ tätig. Eigens dafür war die Iraq Procduce Co. gegründet worden, eine 100%ige Tochterfirma des Unternehmens Strick, Scott & Co., das Büros in Basra, Mohammerah, Ahwaz und Bagdad unterhielt.

Über das Engagement des Reeders Frank C. Strick im Persischen Golf: SIEHE Die „Kerman“, exFürth bei Frank C. Strick und Co.

Date palms Basra 19144

Reich tragende Dattelpalmen in Basra, 1944; Fotograf: Frank Hurley, National Library of Australia, Libraries Australia ID 23564728

Abadan

Durch die Kollision mit HMS „Moth“ wissen wir, dass die „Kerman“, exFürth am 14. April 1916 in diesem Hafen war. Der Hafen Abadan war erst kurz zuvor entstanden und liegt wie Basra am Shatt-el-Arab. Die Entfernung zum Meer beträgt etwa 50 Kilometer. Hier endete die Pipeline von den Ölfeldern bei Masjed Suleiman, die im April 1911 fertiggestellt worden war und hier befand sich auch die Raffinerie.

Es ist naheliegend, dass die „Kerman“ Ausrüstungen für die Raffinerie oder die Bohrstellen bei Masjed Suleiman an Bord hatte. Für die Weiterfahrt nach Britisch Indien könnten Erdölprodukte an Bord genommen worden sein. Die erste Rohölverschiffung in Abadan erfolgte im April 1912.

Im April 1916 waren die neuen Tankschiffe der Anglo-Persian Oil Company noch in Bau, das erste davon, die „British Emperor“, sollte im September 1916 seine Jungfernfahrt antreten. SIEHE: Die „Kerman“, exFürth in der Flotte der British Tanker Company…

Der Einsatz der neuen Tanker führte sicher auch dazu, dass die „Kerman“, exFürth im Nahen Osten vorerst keine Verwendung mehr fand und die Bereederung durch F. C. Strick & Co. eingestellt wurde. Das sagen zumindest die Autoren J. E. B. Belt, H. S. Appleyard (1996) in A history of Frank C. Strick and his many shipping enterprises, World Ship Society, Kendal (UK).

Allerdings wird die „Kerman“, exFürth auch 1917 wieder im Persischen Golf unterwegs sein, weshalb ich mir nicht sicher bin, dass die Bereederung durch Frank C. Strick wirklich 1916 endete.

Abadan refinery 1913

Raffinerie in Abadan, Arbeiter gehen in die Mittagspause, Aufnahme von 1913, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Workmans_of_Abadan_Refinery.jpg

Demnächst im Blog

Das nächste Reiseziel der „Kerman“, exFürth wird ein ganz neues sein: New Orleans.

Dort wird eine große Ladung Zucker mit Zielhafen Bordeaux geladen.

Mehr über diese beiden Häfen, schöne historische Aufnahmen und vieles mehr demnächst hier im Blog!

Kerman, exFürth, zwischen 1915-1920

Die „Kerman“, exFürth in der Flotte der British Tanker Company…

… und der deutsche Ursprung der Marke „British Petroleum“

Titelbild:
Die „Kerman“, exFürth in kriegsgrauem Anstrich mit der Schornsteinmarke der British Tanker Company, Foto ohne Ortsangabe und undatiert (1915-1920);
© alle Rechte bei: J. E. B. Belt, H. S. Appleyard (1996), A history of Frank C. Strick and his many shipping enterprises, World Ship Society, Kendal (UK).

Im Jahr 1915

Im Januar 1915 war die „Fürth“ an die Anglo-Persian Oil Company (APOC) verkauft worden. Gemanagt wurde das Dampfschiff von F. C. Strick und Co., eine Reederei, die Kapitän und Mannschaft stellte.

SIEHE Paukenschlag: Das Dampfschiff „Fürth“ wird verkauft und Die „Kerman“, exFürth bei Frank C. Strick und Co.

Letztlich aber hatte die Britische Regierung im Ersten Weltkrieg fast alle Handelsschiffe beschlagnahmt und bestimmte Frachten und Fahrtziele.

Auf ihrer ersten Fahrt von Anfang Februar 1915 bis Ende Juni war die „Kerman“, exFürth auf einer Fahrt in den Indischen Ozean. Von dieser Fahrt ist dokumentiert, dass Kriegsmaterial (Boote) nach Ägypten transportiert und auf der Rückfahrt Weizen von Karatschi nach Großbritannien geliefert wurde. Zu dieser Fahrt siehe: Aufbruch zur ersten Reise: Die „Kerman“, exFürth in Manchester und Die erste Reise der „Kerman“, exFürth: in Vigo und Karatschi

Gründung der British Tanker Company

Während die „Kerman“, exFürth auf dieser Reise unterwegs war, gab es bei der Anglo-Persian Oil Company eine Umstrukturierung.

Am 30. April 1915 wurde eine 100 %ige Tochtergesellschaft gegründet, die British Tanker Company. In diese Gesellschaft wurde die ganze Flotte der Anglo-Persian Oil Company überführt. Das Gründungskapital betrug 100.000 £.

British Tanker Company, house flag and funnel mark

Hausflagge der British Tanker Company, 1915; abgerufen über commons.wikimedia.org

Die Flotte der British Tanker Company, die zumindest zeitweise einmal die größte Tankerflotte der Welt werden sollte, bestand im April 1915 allerdings gerade einmal aus zwei Schiffen, die noch dazu keine Tankschiffe waren.

Diese zwei Schiffe waren die „Ferrara“ und die „Kerman“, exFürth. Beides waren Frachtschiffe, die Erdölprodukte in Kanistern (cased oil) transportierten.

Der Grund für die Neugründung der British Tanker Company lag jedoch nicht im Betrieb dieser beiden Schiffe „aus zweiter Hand“.

Vielmehr hatte die Anglo-Persian Oil Company im März 1915 sieben neue Tankschiffe bestellt und die British Tanker Company war im Vorgriff auf die bald sehr stark wachsende Tankerflotte gegründet worden.

Über den Neubau der sieben Schiffe berichtete beispielweise der Sheffield Independant:

In the shipbuilding trade, apart from Government work, which is still the feature, orders have been placed the Anglo-Persian Oil Company for seven steamers of from 5,000 to 10,000 tons, five of which are to be built by the Armstrong-Whitworth Company and two by Messrs. Swan, Hunter and Wigham Richardson, Ltd. Marine engineers are very busy. Ship repairing quiet. Coal freights continue to fall rapidly on full supply of tonnage, and are now several shillings ton below the figures ruling a fortnight ago.
Sheffield Independent, Mi 24. Mar 1915, S. 8

Armstrong-Whitworth bei Newcastle-upon-Tyne war nicht nur eine Werft für Kriegs- und Handelsschiffe, sondern das Unternehmen produzierte auch Waffen, Lokomotiven und Fahrzeuge, ab 1913 auch Flugzeuge.

Swan Hunter, ebenfalls bei Newcastle-upon-Tyne, war ein bekanntes Schiffbauunternehmen für Kriegs- und zivile Schiffe. Von 1903 -1906 wurde hier die „Mauretania“, damals das größte Schiff der Welt, erbaut. Das Unternehmen bestand bis 2006 fort.

Die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG), Hamburg, hatte bei beiden Werften ab 1888 einige ihrer Schiffe in Auftrag gegeben. Die Jahreszahl in Klammern ist das Jahr der Lieferung an die DADG: „Elberfeld“ (1889), „Barmen“ (1889), „Offenbach“ (1900), Ottensen (1904), „Oberhausen“ (1905), „Goslar“ (1906), „Worms“ (1907), „Annaberg“ (1909) und „Brisbane“ (1911).

Armstrong-Whitworth, vorher Armstrong-Mitchell

Anzeige von Armstrong-Whitworth in Brassey’s Naval Annual 1923; abgebildet ist HMAS Malaya; https://archive.org/details/brasseysnavala1923brasuoft/page/n9/mode/2up

Die Anfangsjahre der British Tanker Company

Das erste Schiff der Tanker-Neubauten wurde 1916 in Dienst gestellt, es erhielt den Namen „British Emperor“.

Ende des Jahres 1917 sollte die Flotte der British Tanker Company dann bereits aus 19 Schiffen bestehen und auch in den Folgejahren weiter stark anwachsen. Im November 1917 wurde das Kapital entsprechend auf 3 Mio.  erhöht.

Das größte Kuriosum der Flotte war weder der Frachter „Ferrara“ noch die „Kerman“, exFürth. Im Jahr 1917 kam das Segelschiff „Scandinavia“, ein Schoner, zur British Tanker Company.

Es sollte das einzige Segelschiff der sonst fast ausschließlich aus Tankschiffen bestehenden Flotte bleiben.

Die ersten Schiffe der British Tanker Company

Im Folgenden stelle ich drei der ersten Schiffe der British Tanker Company vor: die „Ferrara“, die „British Emperor“ und die „Scandinavia“.

SS Ferrara Anglo-Persian Oil Company, 1912-1915

SS „Ferrara“ im Trockendock; Quelle: BP 100 The First One Hundred Years in Pictures, J. Bamberg, V. Johnson, S. Shaw; Herausgeber: bp Gruppe (2009)

SS „Ferrara“

Das Dampfschiff „Ferrara“ (SS steht für steam ship) war das erste Schiff der Anglo-Persian Oil Company. Der bereits 1880 von Robert Steele & Co. in Greenock bei Glasgow gebaute Frachter wurde 1912 für £ 6.390 von Leith, Hull & Hamburg erworben.

Die Leith, Hull und Hamburg Steam Packet Co. betrieb einen Fracht- und Passagierservice zwischen England und Hamburg, aber auch nach Kopenhagen, Stettin, ins Baltikum und nach Russland.

Die „Ferrara“ war 280 Fuß (85 Meter) lang und hatte eine Tragfähigkeit von 1650 Tonnen.

Für die APOC transportierte die „Ferrara“ Benzol und Petroleum in Kanistern von Abadan in Häfen des Persischen Golfs, nach Britisch Indien und Ceylon.

Die „Ferrara“ wurde 1922 verkauft. Bereits ein Jahr später fing das Schiff in der Straße von Malakka Feuer und sank.

APOC funnel mark

Schornsteinmarke der SS „Ferrara“; Quelle: BP 100 The First One Hundred Years in Pictures, J. Bamberg, V. Johnson, S. Shaw; Herausgeber: bp Gruppe (2009)

Schornsteinmarke

Ein interessantes Detail auf dem Foto ist die Schornsteinmarke der „Ferrara“. Sie zeigt bereits die gleiche Grafik, wie die spätere Marke der British Tanker Company (siehe Hausflagge weiter oben im Text), ein rot-weiß-rotes Band, wobei sich auf den beiden Seiten des Schornsteins das weiße Band zu einem Kreis erweitert.

Anstelle der Buchstaben BTC ist das Logo ein Geologenhammer mit schwarzem Hammerkopf und schwarzem Stielende, der Stiel selbst ist hell. Links vom Stiel sind die ineinander geschlungenen Buchstaben O und C zu sehen (für Oil Company). Auf der linken, verdeckten Seite, müssten die Buchstaben A und P stehen (für Anglo Persian).

Bislang ist dieses Foto das einzige, auf dem ich die Schornsteinmarke der APOC vor Gründung der British Tanker Company finden konnte, die Marke muss zwischen 1912 und April 1915 auf der „Ferrara“ und zwischen Januar -April 1915 auch auf der „Kerman“, exFürth vorhanden gewesen sein.

British Emperor 1916 BTC

Der Tanker „British Emperor“, der erste Neubau der British Tanker Company, 1916, Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/File:British_Emperor_1916.jpg

British Emperor

Die „British Emperor“ war der erste Neubau der APOC beziehungsweise der British Tanker Company. Das 356 Fuß (108 Meter) lange Schiff hatte 5.000 Tonnen Tragfähigkeit, war bei Armstrong-Whitworth gebaut worden und machte im September 1916 seine Jungfernfahrt.

Der Namensvorsatz „British“ sollte für die Flotte typisch werden und hat bis auf den heutigen Tag Bestand. Das war natürlich ein Hinweis auf den Mehrheitseigner, den britischen Staat.

Die Dreifach-Expansionsdampfmaschine des Tankers konnte mit Öl oder Kohle betrieben werden. Die „British Emperor“ hatte sieben Backbord- und Steuerbord-Tanks, die durch eine lange, längsverlaufende Trennwand zweigeteilt wurden.

Das Design des Tankers und der Tanks ging auf den Ingenieur Joseph Isherwood zurück. Es heißt seitdem Isherwood-System. Es basiert auf einem Längsspantensystem, das dem Schiff mehr Stabilität verleiht, als konventionelle Querspanten. Das erste Handelsschiff dieser Bauform war der 1908 fertiggestellte Tanker „Paul Paix“.

Scandinavia (schooner) in Bristol

Die „Scandinavia“ in Bristol; im Hintergrund die Clifton Suspension Bridge, Fotograf und Aufnahmedatum unbekannt; © alle Rechte bei Stichting, Maritiem-Historische Databank, https://www.marhisdata.nl/schip?id=5742

„Scandinavia“

Das ungewöhnlichste Schiff der Tankerflotter der British Tanker Company war sicherlich der Schoner „Scandinavia“.

Die Geschichte, wie es dazu gekommen ist, ist außergewöhnlich und überraschend:

Das Segelschiff „Scandinavia“ war 1905 von Rijkee & Co. in Rotterdam für die Firma W. H. Müller & Co in Rotterdam, gebaut worden. Das Schiff hatte einen 50 Meter langen Rumpf aus Stahl, drei Masten und eine Tragfähigkeit von 540 Tonnen.

Wilhelm Heinrich Müller war Händler für Bergwerks- und Hüttenprodukte. Der gebürtige Osnabrücker gründete 1878 Fracht- und Speditionsunternehmen in Amsterdam und Rotterdam. In Amsterdam wurde die Firma später auch Agent der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft.

Ab 1895 führte die Fa. W.H. Müller unter dem Namen Batavier-Line auch einen täglichen Schiffsverkehr zwischen Rotterdam und London durch.

Mehr über W. H. Müller und das Unternehmen auf der Seite Deutsche Biographie: https://www.deutsche-biographie.de/sfz66838.html

Batavier Line, WM Müller

Batavier Line der W. H. Müller & Co. zwischen Rotterdam und London; Poster von Bart van der Leck; alle Rechte bei © Kröller Müller Museum, Otterlo, The Netherlands.

Im Jahr 1911 verkaufte W. H. Müller & Co. die „Scandinavia“ an The British Petroleum Company in London.

Die deutschen Wurzeln von British Petroleum

The British Petroleum Company in London war im Jahr 1911 die Tochtergesellschaft eines deutschen Unternehmens: es war die Vertriebsgesellschaft der Bremer Europäische Petroleum-Union GmbH, die 1906 aus der Deutsche Petroleum-Aktiengesellschaft (DPAG) hervorgegangen war.

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges war The British Petroleum Company als deutsches Unternehmen jedoch beschlagnahmt worden.

Noch während des Krieges, im Jahr 1917, wurde das Eigentum der deutschen British Petroleum Company an die britische Anglo-Persian Oil Company überschrieben.

So kam die British Tanker Company 1917 zu einem Segelschiff und weiteren Tankschiffen.

Der Mutterkonzern, die Anglo-Persian Oil Company, ihrerseits kam unter anderem zu einem wertvollen Markennamen, unter dem fortan die eigenen Produkte vermarktet wurden. 1954 sollte British Petroleum sogar zum Firmennamen werden.

Die „Scandinavia“ war etwa fünf Jahre Teil der Flotte der British Tanker Company. Das Segelschiff lief am 20. Dezember 1922 bei einer Fahrt von London nach Manchester bei Portland auf Grund. Das Wrack wurde zum Abbruch verkauft.

The British Petroleum Co. Ltd.

Anzeige von The British Petroleum Co. Ltd. aus dem Jahr 1909; Quelle: Grace’s Guide; https://www.gracesguide.co.uk/File:Im190903EC-BritP.jpg

Der erste Tanker: die „Glückauf“

Der britische Ingenieur Joseph Isherwood revolutionierte zwar das Design von Tankschiffen (siehe oben), jedoch hatten sich zuvor bereits andere Gedanken gemacht, wie Erdölprodukte in Tanks und nicht in Fässern oder Kanistern transportiert werden konnten.

Das erste Seeschiff, bei dem Öl direkt in das Schiff gepumpt werden konnte, war der deutsche Tanker „Glückauf“.

Auftraggeber des Schiffes war der Spediteur und Reeder Wilhelm Anton Riedemann, ein Pionier der deutschen Ölindustrie. 1885 installierte er den ersten Öltank in Deutschland, ein Jahr später lief die „Glückauf“ bei Armstrong & Mitchell, der späteren Werft Armstrong-Whitworth (s. o.) vom Stapel.

Die „Glückauf“ wurde in England gebaut, da Riedemann in Deutschland keine Werft gefunden hatte, die einen kohlenbefeuerten Dampfer für den Transport brennbarer Flüssigkeiten bauen wollte. Das Risiko erschien ihnen zu groß.

Glückauf Tanker 1886

Der Tanker „Glückauf“, Baujahr 1886; https://commons.wikimedia.org, File:Tanker Glückauf.jpg

Die „Glückauf“ hatte eine Länge von 97 Metern und 3000 Tonnen Tragfähigkeit. Die Antriebsmaschinen lagen achtern, die Tanks lagen im Vor- und Mittelschiff.

Das Schiff war sieben Jahre zwischen Europa und Amerika in Verkehr, bevor es am 24. März 1893 in dichtem Nebel am Blue Point Beach auf Fire Island strandete. Fire Island ist eine langgestreckte, der Insel Long Island vorgelagerte Insel im Bundesstaat New York.

Auch wenn die „Glückauf“ nur eine kurze Karriere hatte, hat es bis heute als erstes Tankschiff in der Schiffshistorie seinen festen Platz.

Der Eigner Wiedemann gründete 1890 mit den Brüdern Franz Ernst und Carl Schütte sowie der amerikanischen Standard Oil Company die Deutsch-Amerikanische Petroleum Gesellschaft (DAPG) zur Vermarktung von amerikanischen Erdölprodukten. 1950 wurde aus dem Unternehmen die ESSO AG (ess-o = Standard Oil).

Über die Standard Oil hatte ich hier im Blog berichtet, da die Ölgesellschaft mit der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft einen Vertrag über die Lieferung von Petroleum aus den USA nach Niederländisch-Indien und Australien abgeschlossen hatte. Siehe dazu den Beitrag Im Auftrag Rockefellers

Anmerkung: Bei Armstrong-Mitchell war etwas früher als die „Glückauf“ der Bau des Tankers „Petrolea“ für den Schweden Ludvig Nobel begonnen worden. Die „Petrolea“ wurde jedoch später fertiggestellt als die „Glückauf“.

Glückauf 1886

Der Tanker „Glückauf“ nach der Strandung am 23. März 1893; https://commons.wikimedia.org, File:Glückauf.jpg

Kerman, exFürth 1915 - 1920

Die „Kerman“, exFürth bei Frank C. Strick und Co.

Das Reederei-Imperium des Frank Clarke Strick

Titelbild:
Die „Kerman“, exFürth in kriegsgrauem Anstrich, Foto ohne Ortsangabe und undatiert (1915-1920); © alle Rechte bei: J. E. B. Belt, H. S. Appleyard (1996), A history of Frank C. Strick and his many shipping enterprises, World Ship Society, Kendal (UK).

Seit Januar 1915 war die Anglo-Persian Oil Company (APOC) neuer Eigentümer des Dampfschiffes „Fürth“. Das Schiff hatte den neuen Namen „Kerman“ erhalten: Paukenschlag: Das Dampfschiff „Fürth“ wird verkauft

Allerdings hat sich die APOC nicht selbst um die Bereederung des Dampfschiffes gekümmert, sondern damit ein anderes Unternehmen beauftragt, die F. C. Strick & Co. Ltd.

Dieser Blogartikel stellt den Reeder Frank Clarke Strick vor, schildert seine Aktivitäten im Nahen Osten und seine enge Beziehung zur APOC.

Strick gilt als ein Pionier für Schiffsverbindungen zwischen Europa und der Golfregion.

Ich stütze mich in diesem Artikel auf eine Biografie seines aus über 30 Schifffahrtsunternehmen bestehenden Reederei-Imperiums, die 1996 in England erschienen ist:

Strick Line
A history of Frank C. Strick and his many shipping enterprises, J. E. B. Belt, H. S. Appleyard (1996), World Ship Society, Kendal (UK)

Der Schwerpunkt des Blogbeitrags liegt auf dem Verkehr in den Persischen Golf, der in der Folge für die „Kerman“, exFürth von Bedeutung ist. Ein weiteres geografisches Tätigkeitsgebiet Stricks war der Mittelmeerraum, auf den ich hier nicht explizit eingehe.

Frank Clarke Strick

Frank Clarke Stick wurde im Oktober 1849 in Swansea (Wales) geboren.

Erste berufliche Erfahrungen sammelte er in einer Bank und bei seinem Vater, dem Schiffsmakler und Lloyds Vertreter James Strick. Als Juniorpartner stieg er dann bei Poingdestre, Mesnier und Co. ein, einem Kohlenexporteur und Schiffscharterer. Strick und sein französischer Seniorpartner Jules Mesnier sollten lebenslang Geschäftspartner bleiben und enge Freunde werden.

Anmerkung: Der andere Teilhaber, Philip Francis Poingdestre, war 1875 aus dem Unternehmen ausgeschieden. Quelle: https://www.thegazette.co.uk/London/issue/24224/page/3430/data.pdf

Nach der Tätigkeit bei Poingdestre, Mesnier und Co. gründete Strick am 20. Oktober 1885 sein eigenes Unternehmen: Frank C. Strick & Co. Ltd., Kohlenexport und Schiffsbroker, Adresse: Woolpack Buildings, Gracechurch Street, London.

Viele bedeutende Schifffahrtsunternehmen hatten hier und in den angrenzenden Straßen im Zentrum Londons Ihren Sitz. Auch Lloyd’s Register war und ist immer noch hier angesiedelt: Die „Fürth“ in Lloyd’s Register

1887 kaufte Strick sein erstes Schiff, die „Normand“, die er ein Jahr darauf gleich wieder verkaufte, um ein größeres Schiff, die „Alphonse Parran“ zu finanzieren.

Strick exportierte Kohlen nach Frankreich, später in den Mittelmeerraum. Für die Rückfahrten wurden Eisenerze in Algerien geladen.

Strick Line Ltd.
Flagge der Strick Line Ltd., Quelle: P&O Heritage; https://www.poheritage.com/our-history/company-guides/strick-line

Die Anglo-Arabian and Persian Steamship Co. Ltd.

Auf Anregung seines Freundes Mesnier unternahm Strick mit der „Alphonse Parran“ 1892 eine erste Fahrt in den Persischen Golf. Der gute Erfolg dieser Fahrt führte noch im gleichen Jahr zur Gründung der Anglo-Arabian and Persian Steamship Co. Ltd. Nach einigen Umfirmierungen und Mergern mit anderen Strick-Reedereien wurde die Reederei 1913 in die Strick Line Ltd. überführt.

Das erste neue Schiff der Gesellschaft war die 1893 in Dienst gestellte „Arabistan“.

Die Endung „-stan“ sollte für Schiffe der Strick-Unternehmen eine charakteristische Bezeichnung werden, die viele Schiffe der Reedereien trugen.

-STAN bedeutet auf Farsi „Ort von“ oder „Land von“.

Strick Line, funnel mark
Schornsteinmarke der Strick Line Ltd., aus: A history of Frank C. Strick and his many shipping enterprises, J. E. B. Belt, H. S. Appleyard (1996), World Ship Society, Kendal (UK).

Häfen

Die Ladehäfen in Europa waren verschiedene Häfen in Südwales, dazu noch London, Manchester, Glasgow, Antwerpen und Marseille.

Die Entladehäfen der Gesellschaft waren Port Sudan, Djibouti, Aden, Muscat, Bushire und Basrah. Zusätzliche Entladehäfen in Arabien und dem Iran wurden nach Bedarf angelaufen.

Zur politischen Einordnung: Port Sudan lag im sogenannten Anglo-Ägyptischen Sudan, Djibouti an der Französischen Somaliküste (Côte française des Somalis) und Aden stand unter der politischen Verwaltung Britisch Indiens.

Muscat liegt im Oman, und Bushire im Iran (Persien). Basra gehörte zu Mesopotamien, Teil des Osmanischen Reichs, heute Irak. Die Stadt war ab November 1914 von den Briten besetzt.

Basra 1918
Basra 1918, Luftbild; Shatt-el-Arab mit Seeschiffen im Vordergrund; Quelle: Australian War Memorial, No. P00562.014

Fracht

Die wichtigste Fracht von Großbritannien in den Persischen Golf war walisische Bunkerkohle für die Häfen Bushire und Basra. Von diesen Häfen gab es einen regelmäßigen Verkehr von und nach Indien und dadurch einen Bedarf an Kohle.

Die Linienverbindung zwischen dem Persischen Golf und Britisch Indien bestand bereits seit 1862 und wurde von der British India Steam Navigation Co. durchgeführt.

In den Jahren 1901 – 1908 war es Strick, der große Mengen Ausrüstung, Vorräte und Personal für die Teams von William Knox D’Arcy und der Burmah Oil an den Persischen Golf transportierte. Siehe dazu auch den Blogbeitrag: Die Ursprünge der bp Gruppe (British Petroleum)

Zusammen mit seinen Vertretungsbüros im Nahen Osten war Strick wichtiger Logistikpartner bei der Suche nach Erdöl im Iran.

Wichtige Frachten vom Persischen Golf nach Europa waren Eisenoxide von der Insel Hormuz und Datteln aus Basra.

Hinzu kamen Gerste, Teppiche, Schafhäute, Perlmutt, Gummi Arabicum, Mandeln, Fassdauben, Baumwolle und Baumwollsamen.

Date palms Basra 19144
Reich tragende Dattelpalmen in Basra, 1944; Fotograf: Frank Hurley, National Library of Australia, Libraries Australia ID 23564728

Liniendienst

Bis 1909 führte Strick die Fahrten von Großbritannien in den Persischen Golf nach Bedarf durch.

Ab 1909 wurde auf Wunsch des britischen Board of Trade ein regelmäßiger Liniendienst eingerichtet mit zweiwöchigen Abfahrten aus UK und einer planmäßigen monatlichen Rückfahrt. Die Schiffe konnten bis zu 20 Passagiere aufnehmen und saisonal wurden auf dem Zwischendeck Mekkapilger in die Hafenstadt Jeddah transportiert.

Frank C. Strick 1914
Unternehmenseintrag der Frank C. Strick & Co. Ltd. aus Who’s Who in Business 1914, Quelle: https://www.gracesguide.co.uk/

Strick, Scott & Co.

Im Januar 1911 ging Strick eine Partnerschaft mit dem Unternehmen Lloyd, Scott & Co. ein, einem Repräsentanten britischer Unternehmen in der Golfregion.

Die Firma Strick, Scott & Co. wurde gegründet. Dieses Unternehmen betrieb Büros in Basra, Mohammerah, Ahwaz und Bagdad.

Noch im gleichen Jahr ernannte die Anglo-Persian Oil Company (APOC) Strick, Scott & Co. als ihren Alleinvertreter („managing agent“) im Nahen Osten und der Geschäftsführer der APOC, Charles Greenway, wurde Vorstandsmitglied bei Strick, Scott & Co.

Strick, Scott & Co. blieb Vertreter der APOC in der Golfregion bis in die frühen 20er Jahre. Zu diesem Zeitpunkt war das Geschäft der APOC so stark angewachsen, dass die APOC in Abadan ihr eigenes Büro eröffnete und die Zusammenarbeit mit den Vertretungsbüros in der Region aufkündigte.

Ein Großteil der Mitarbeiter von Strick, Scott & Co., die im Ölgeschäft tätig gewesen waren, wurden von der APOC in Abadan übernommen.

Strick Scott Co. 1914
Unternehmenseintrag der Strick, Scott & Co. Ltd. aus Who’s Who in Business 1914, Quelle: https://www.gracesguide.co.uk/

Das Dampfschiff „Kerman“, exFürth bei Frank C. Strick & Co.

Die „Kerman“, exFürth unternahm unter Frank C. Strick & Co. im Zeitraum Februar 1915 – Juli 1916 drei Fahrten in den Indischen Ozean. Das Unternehmen war in dieser Zeit mit dem operationellen Einsatz des Schiffs betraut (Bereederung).

Der überwiegende Teil der Handelsschiffe und sicherlich auch die „Kerman“ waren während des Ersten Weltkrieges jedoch von der Britischen Admiralität requisitioniert.

Das heißt, Zielhäfen und Frachten wurden in dieser Zeit von der britischen Regierung koordiniert und vorgegeben.

Die drei Fahrten stelle ich hier im Blog in den nächsten Wochen vor.

Anmerkung: Die Angabe der Bereederung der „Kerman“, exFürth durch Frank C. Strick bis in das Jahr 1916 beruht auf Belt, Appleyard (1996). Die „Kerman“ führte jedoch (mit Unterbrechung) bis 1917 Fahrten in den Nahen Osten durch. Das Management des Schiffes durch Strick könnte meiner Meinung nach durchaus länger gedauert haben. Belege dafür habe ich bislang nicht gefunden.

Basra 1919
Blick auf Basra vom Fluss Shatt-el-Arab, 1919; National Archives of Australia, A1861, Item Barcode 4746334; Lizenzhinweis: Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International

Frank C. Strick & Co. in späteren Jahren

Im Jahr 1919 hat Strick, der in diesem Jahr 70 Jahre alt wurde, seine Flotte an die Peninsular & Oriental Steam Navigation, kurz P&O, verkauft. Der Verkauf betraf nur die Schiffe, nicht seine Tätigkeit als Schiffsmakler in der Frank C. Strick & Co. Ltd.

Strick setzte sich jedoch nicht zur Ruhe. Noch in den 1920ern gründete er einige neue Reedereien und blieb sehr aktiv. 1928 wurde er über eine Minderheitsbeteiligung an der Strick Line Ltd. (1923) auch wieder Eigentümer an zahlreichen Schiffen.

Selbst mit 90 Jahren, im Jahr 1939, heißt es, dass er einmal wöchentlich von seinem Haus in Strathly-on-Thames bei Reading, nach London gefahren sei, um Geschäftsfreunde zu treffen und um „am Ball“ zu bleiben.

Obwohl Strick fast sein gesamtes Leben gute Geschäfte im Nahen Osten gemacht hatte, war er selbst nie dort.  

Strick wurde 93 Jahre alt, er starb im Januar 1943.

Die Frank C. Strick & Co. Ltd. existierte bis in das Jahr 1972. Das Unternehmen ging dann in der 1971 gegründeten General Cargo Division der Peninsular and Oriental Steam Navigation Company (P&O) auf.

Frank Strick 1943
Nachruf auf Frank C. Strick in Daily Commercial News and Shipping List, Sydney, 10. Mai 1943; Quelle: trove.nla.gov.au

Anmerkung: Baltic Exchange ist ein globaler Marktplatz der Schifffahrtsbranche, er existiert seit 1744.

Nächste Woche im Blog

Aufbruch zur ersten Fahrt: Die Mannschaft der „Kerman“, ex-Fürth wird in London angeheuert und anschließend läuft das Dampfschiff Glasgow und Manchester zum Laden an.

Manchester war über den Manchester Ship Canal mit dem Meer verbunden und wurde zu Englands drittwichtigster Hafenstadt, obwohl die Stadt 60 Kilometer vom Meer entfernt ist.

Über 16.000 Arbeiter waren in den Jahren 1887 bis 1894 auf der größten Baustelle des viktorianischen Großbritanniens beschäftigt.

Mehr über dieses Meisterwerk britischer Ingenieurskunst nächste Woche hier im Blog.

The House of Commons 1901

Als im Britischen Unterhaus über das Dampfschiff „Fürth“ debattiert wurde

Der Verkauf der „Fürth“ lässt Fragen offen

Heute geht um die Frage, ob beim Verkauf der „Fürth“ an die Anglo-Persian Oil Company alles mit rechten Dingen zuging.

Das wurde zumindest von der Opposition im Britischen Unterhaus bezweifelt. Waren diese Zweifel begründet?

Titelbild: The House of Commons, London, Stereoskopkarte, 1901, Library of Congress, Washington DC, https://www.loc.gov/item/2019639022/

Der 18. Februar 1915

Der Tag, an dem im Britischen Unterhaus, im House of Commons, über das Dampfschiff „Fürth“ diskutiert wurde, war der 18. Februar 1915.

Bevor wir zu der Debatte selbst kommen, zunächst ein paar Worte zur Quelle selbst. Dann stelle ich kurz die Beteiligten vor und im Anschluss an den Wortlaut der Debatte gebe ich eine persönliche Einschätzung.

Hansard

Thomas Curson Hansard war von Beruf Drucker und lebte von 1776 bis 1833 in England. 1809 begann er für William Cobbett den Wortlaut von Parlamentsdebatten zu drucken. 1812 kaufte Hansard die Druckschrift seines Kunden und veröffentlichte sie weiter. Ab 1829 nannte er sie dann Hansard’s Parliamentary Debates.

Der Name Hansard hat sich bis heute für die offiziellen Aufzeichnungen der Sitzungen des britischen Parlaments erhalten. Sie finden sie unter https://hansard.parliament.uk/.

Unter dem Stichwort „Furth“ findet sich ein Eintrag vom 18. Februar 1915.

Hansard 1831

Hansards Parlamentsdebatten Oktober 1831; https://en.wikipedia.org/wiki/File:Hansard-1832.jpg

Beteiligte Personen

Seit 1905 hatte Großbritannien eine liberale Regierung. Diese wurde zunächst von Henry Campbell-Bannerman geleitet, ab dem Jahr 1908 von Herbert Henry (H. H.) Asquith.

In der Regierung Asquith begleitete Winston Churchill das Amt des First Lord of the Admiralty. Er trug die politische Verantwortung für die Royal Navy, er war sozusagen Marineminister.

Stellvertreter von Winston Churchill im Parlament war Thomas James Macnamara. Sein Titel war Parliamentary and Financial Secretary to the Board of Admiralty. Damit haben wir den ersten beteiligten an der Diskussion über das Dampfschiff „Fürth“.

Die zweite Person, die an der Debatte beteiligt war, war der Oppositionspolitiker der Conservative Party, Sir James Fortescue Flannery, der für die Stadt Maldon/Essex im Parlament saß. Flannery war von Beruf Schiffbauingenieur und seit 1914 Präsident des Institute of Marine Engineering.

Als Oppositionspolitiker war er es, der die Frage im Parlament einbrachte.

Ich habe die Texte aus dem Hansard ins Deutsche übersetzt, die Originaltexte sind als Anhang unten angefügt.

„Sir Flannery fragte den First Lord of the Admiralty, ob das Dampfschiff „Fürth“ aus Hamburg, das als Prise beschlagnahmt und freihändig an die Anglo-Persian Oil Company verkauft wurde, ob der Verkauf öffentlich ausgeschrieben wurde oder ob das Schiff in einer öffentlichen Auktion angeboten wurde, wie das bei anderen deutschen Schiffen der Fall war, die als Prisen verlustig gingen und warum es keine öffentliche Ausschreibung für den Verkauf dieses Schiffes gab.“

Sir Fortescue Flannery

Sir Fortescue Flannery, Quelle: Wikipedia; https://en.wikipedia.org/wiki/File:James_Fortescue_Flannery.jpg

Dr. Macnamara antwortete:

„Eine gewisse Anzahl an Firmen, die als wahrscheinliche Käufer der „Fürth“ angesehen wurden, wurden vom Verkaufskomitee für Überseeprisen (Overseas Prize Disposal Comittee) aufgefordert, ein Angebot abzugeben, aber ihre Angebote lagen so weit unter dem angenommenen Wert des Schiffes, dass sie alle abgelehnt wurden. Die Anglo-Persian Company bewarb sich dann für den Gebrauch des Schiffes, aber wegen Problemen bei der Festlegung der Mietbedingungen, haben sie vorgeschlagen es auf Basis einer Wertermittlung zu kaufen, und dieses Angebot wurde angenommen.“

Thomas James Macnamara

Thomas James Macnamara im Jahr 1901; Aufnahme von John Benjamin Stone; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Thomas_James_Macnamara.jpg

Bis hierher geht die Faktenlage.

Offene Fragen

Die Britische Regierung hatte die „Fürth“ an ein Unternehmen verkauft, an dem sie seit Sommer 1914 eine Aktienmehrheit hatte. Die Rolle Winston Churchills bei der Übernahme der Anglo-Persian Oil Company

Das dürfte auch der Grund für die Frage Sir Flannerys im Parlament gewesen sein.

Aus der Antwort Macnamaras entnehme ich, dass es keine öffentliche Ausschreibung gab, sondern dass das Schiff vorher „einer gewissen Anzahl von Firmen“ zum Kauf angeboten wurde.

Das wirft Fragen auf.

Ein Journalist, der sich bereits 1915 für den Verkauf der „Fürth“ interessiert hatte, berichtete über die hier präsentierte Parlamentsdebatte am Dienstag, den 13. April 1915 in der australischen Tageszeitung Daily Commercial News and Shipping List, Sydney. Die Zeitung habe ich hier im Blog bereits oft zitiert. Es war Australiens führende Tageszeitung für Schifffahrt und Handel.

Daily Commercial News 1915

Titel der Daily Commercial News and Shipping List, Sydney von Dienstag, dem 13. April 1915; Quelle: National Library of Australia; https://trove.nla.gov.au/newspaper/page/16570004

Er schrieb:

… While not disputing the accuracy of the statement made by Dr. Macnamara, I think it would be interesting if he gave the names of the firms who were asked to tender for the vessel. l have been unable to discover any firms who have been specially asked to tender for the Furth. …

Der Journalist hatte offenbar recherchiert, aber keine Reederei gefunden, die für die „Fürth“ ein Angebot angegeben hatte.

Der Artikel in der Zeitung aus Sydney lautet weiter:

In fact, a circular letter, was sent to one or two shipbroking firms by the Overseas Committee with particulars of a few of the vessels they had for sale or charter by tender, but when these firms offered the boats to owners, the secretary of the committee stated that they had acted without authority.

Ein Rundbrief an einen oder zwei Schiffsmakler wäre von der Behörde mit Angaben zu einigen der Schiffe, die sie zum Verkauf oder zum Verchartern hatten, gesendet worden. Und des Weiteren hätte, nachdem die Makler Reedern die Boote angeboten hatten, der Sekretär der Behörde erklärt, dass sie ohne Befugnis gehandelt hätten.

Offensichtlich kam dem Journalisten des Daily Commercial die Angelegenheit damals auch schon nicht ganz geheuer vor.

Es schloss den Artikel mit dem Satz:

The Government is a very large shareholder in the Anglo-Persian Company.

Der Leser konnte sich seine eigene Meinung zu der Angelegenheit machen.

Gerne würde ich mich heute einmal mit dem Journalisten unterhalten.

Anmerkung: Der Journalist des Daily Commercial hatte die Parlamentsdebatte über die „Fürth“ in der Zeitschrift Fairplay gefunden, eine ab 1883 erschienene Fachzeitschrift über Schifffahrt, die 2018 eingestellt wurde. Der Artikel aus Fairplay liegt mir im Original nicht vor.

Ungelöst

Der Abgeordnete und Schifffahrtsexperte Flannery als auch der Journalist des Daily Commercial in Sydney hatten offenbar vor über 100 Jahren die gleiche Skepsis am ordnungsgemäßen Verkauf des Dampfschiffes „Fürth“ wie ich heute.

Ob die „Fürth“ im Januar 1915 beim Verkauf eine angemessene Summe erzielt hat oder ob die Britische Regierung dem Unternehmen, an dem sie selbst eine Mehrheit hatte, einen „Freundschaftspreis“ gemacht hatte, lässt sich heute wahrscheinlich nicht mehr nachvollziehen.

Ein entscheidender Mosaikstein fehlt: Der Preis, für den die „Fürth“ den Eigentümer wechselte.

Ein Archiv, in dem genaue Angaben zum Verkaufspreis zu finden sein könnten, ist das Firmenarchiv der bp Group, das von der Universität Warwick verwaltet wird. Dort könnten noch Unterlagen aus der Zeit von Dezember 1914 – Januar 1915 erhalten sein, die eine Antwort geben.

Das Archiv umfasst 2700 laufende Meter: https://blogs.warwick.ac.uk/bparchive/about/. Schriftliche Anfragen blieben bislang leider unbeantwortet und persönlich war ich (Stand Januar 2021) noch nicht dort.

Nachtrag – Verkaufspreise von Prisen

An dieser Stelle noch ein Nachtrag zu Preisen, die andere deutsche Schiffe beim Verkauf in Großbritannien erzielt haben.

Einen Anhaltspunkt haben wir von einem Schwesterschiff der „Fürth“, der „Hanau“. Dieses baugleiche Schiff wurde 1921 für 35.500 £ vom britischen Shipping Controller an die Reederei Bolton verkauft.

… As the Hanau, this vessel was well known in the Australian trade before the war and during the sale of ex-enemy vessels after the Armistice she realised about £35.500. …
The West Australian, Perth, Mi 18. Mai 1932, S. 11, SHIPPING.

Siehe dazu auch den Blogbeitrag über die „Hanau“: Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Hanau“

Das Schiff war zu diesem Zeitpunkt (1921) allerdings bereits sechs Jahre älter die „Fürth“ im Jahr 1915.

Eine andere Quelle, die Auskunft gibt, ist HANSA, Deutsche nautische Zeitschrift aus dem Jahr 1915. In drei Artikeln hatte die HANSA über erzielte Verkaufspreise deutscher Prisen in Großbritannien berichtet. Zuerst im Januar:

Prisenpreise 1915

HANSA, Deutsche nautische Zeitschrift, Januar 1915; D. vor dem Schiffsnamen steht für Dampfer, S. für Segelschiff; Quelle: digishelf.de

Der Abbildung können wir entnehmen, dass alle Schiffe Verkaufspreise erzielt haben, die deutlich über dem ersten Angebot lagen.

Auf dieser Tatsache beruht meine Skepsis an der Aussage, dass alle Angebote für die „Fürth“ sehr weit unter dem Wert des Schiffes gelegen haben sollen.

Ein Schiff, dass mit der „Fürth“ am ehesten vergleichbar ist, war die „Schlesien“ vom Norddeutschen Lloyd in Bremen. Sie war zwar größer (5536 BRT im Vergleich zur „Fürth“ mit 4229 BRT) und rund 10 Meter länger, aber ebenfalls ein Frachtschiff der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft und Baujahr 1907.

Das erste Angebot der „Schlesien“ lag bei 45.000 £, der Verkaufspreis lag schließlich bei 65.200 £ (siehe Abbildung).

Zwei weitere Verkaufslisten in der Hansa von 1915 umfassen nur Segel-, keine Dampfschiffe. Aber auch für die Segler lagen die erzielten Verkaufspreise immer über den ersten Angeboten.

Eine persönliche Einschätzung

Für die „Fürth“ veranschlage ich im Vergleich zu der sechs Jahre später verkauften Hanau (35.500 £) und der „Schlesien“, deren erstes Angebot bei 45.000 £ lag, einen Wert von etwa 40.000 £. In einer Auktion hätte sie vielleicht rund 50.000 £ erzielen können.

40.000 £ entsprachen etwa 800.000 Mark, 50.000 £ demensprechend rund 1 Mio. Mark; der Baupreis der „Fürth“ im Jahr 1907 hatte bei knapp 1,3 Mio Mark gelegen (1.272.000 Mark).

Ist ein Preis in Höhe von 40.000 – 50.000 £ beim Verkauf der „Fürth“ erzielt worden?

Diese Frage muss (für den Moment) unbeantwortet bleiben.

hawser - Trosse

Trosse (Bild Pixabay)

 

Demnächst im Blog

Der Reeder Frank C. Strick

Frank C. Strick war eine der großen Reeder-Persönlichkeiten des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts in Großbritannien.

Der Unternehmer, Finanzexperte und Tausendsassa Strick gründete in seinem Leben nicht weniger als dreißig verschiedene Reedereien und Schifffahrtsunternehmen.

Strick war Spezialist für Fahrten von Großbritannien in den Persischen Golf.

Ihm vertraute die Anglo-Persian Oil Company die Bereederung der „Kerman“, exFürth an, zumindest bis in den Juli des Jahres 1916.

boiler telegraph

Kesseltelegraf (Bild symbolisch)

Anhang: Originaltexte der Parlamentsdebatte vom 18. Februar 1915

(nach Hansard; deutsche Übersetzungen oben im Text)

Sir F. Flannery asked the First Lord of the Admiralty whether the steamer „Fürth“ of Hamburg, was condemned as a prize and sold by private treaty to the Anglo-Persian Oil Company; whether public tenders were invited for the purchase of this vessel or whether she was offered by public auction as in the case of other German ships forfeited in prize; and why there was no public competition invited for the sale of this vessel?

Dr. Macnamara: A certain number of firms who were considered likely to buy the „Fürth“ were asked by the Overseas Prize Disposal Committee to tender, but their offers were so much below the assumed value of the ship that they were all declined. The Anglo-Persian Company then applied for the use of the ship, but owing to a difficulty in settling terms for hire, they offered to purchase on a valuation, which offer was accepted.

fireman or stoker
Heizer im Maschinenraum eines Dampfschiffs (Bild symbolisch)
Winston Churchill 1917

Die Rolle Winston Churchills bei der Übernahme der Anglo-Persian Oil Company

Die ersten Jahre der Anglo-Persian Oil Company (bp group) bis zum Juni 1914

Titelbild:
Winston Churchill, 1917; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz; über commons.wikimedia.org; Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported; Wiedergabe in Sepia

Das Dampfschiff „Fürth“ war im Januar 1915 an die Anglo-Persian Oil Company (heute bp Gruppe) verkauft worden. Über die Geschichte, die zur Gründung des Unternehmens führte, habe ich ausführlich hier berichtet: Die Ursprünge der bp Gruppe (British Petroleum)

In dem heutigen Artikel geht es um die ersten Jahre des Unternehmens bis zur Übernahme der Aktienmehrheit durch die Britische Regierung im Juni 1914. Das wird auch in der Folge für den Verkauf der „Fürth“ von Bedeutung sein.

Eine zentrale Rolle bei der Übernahme des Unternehmens durch die Regierung spielte der damalige First Lord of The Admiralty, zu dieser Zeit der junge Winston Churchill. Auf seinen Part werde ich besonders eingehen.

Well no1 Masjed Soleiman, about 1910

Bohrung Nr. 1 in Masjed Soleiman, die erste Ölquelle im Iran, abgeteuft am 23. Januar 1908; auf Öl gestoßen am 26. Mai 1908; Aufnahme aus den 10er Jahren; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:The_Well_number_one_of_Iran_5.JPG

Die Anfänge der Anglo-Persian Oil Company (heute bp group)

Nach den Erdölfunden in Masjed Soleiman gründete die Burmah Oil Company am 14. April 1909 das Tochterunternehmen Anglo-Persian Oil Company (APOC). William Knox D’Arcy, die zentrale Unternehmer-Persönlichkeit vor der Gründung, erhielt eine Position im Vorstand, die er bis zu seinem Tod im Jahr 1917 begleitete.

Interessantes Detail: In all den Jahren seines Engagements für die Erdölsuche im Iran war William Knox D’Arcy selbst nie im Nahen Osten.

Zunächst werfen wir einen Blick auf die Rahmenbedingungen, unter denen die Firma entwickelt werden musste.

Der Iran zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Im Iran lebten zu dieser Zeit etwa 9 Millionen Menschen auf 1,6 Millionen Km2 (zum Vergleich dazu: das Deutsche Kaiserreich hatte zu dieser Zeit rund 57 Mio. Einwohner auf 540.000 Km2). Große Teile der Landesfläche waren unfruchtbare Wüsten und Bergland. 90 Prozent der Bevölkerung waren im Ackerbau und damit verbundenen Arbeiten tätig. Das Bruttosozialprodukt lag gerade einmal bei geschätzten 70 Mio. £. Über 95 % der Bevölkerung waren Analphabeten, etwa ein Viertel lebt in Stämmen.

Kleine Dörfer und Städten dominierten, nur Teheran, Täbriz und Isfahan hatten mehr als 100.000 Einwohner. Infrastruktur war nur in Ansätzen vorhanden: 8 Meilen Eisenbahn und 800 Meilen Straßen. Meist gab es nur Saumpfade, Verkehr mit Fahrzeugen war fast nicht existent.

Das Staatseinkommen wird für 1900/1901 mit gerade einmal 1,3 Mio. Pfund angegeben, die Importe (1895/96) mit 4,9 Mio. £ und die Exporte mit 2,8 Mio. £.

Alles in allem war der Iran um 1900 ein isoliertes und sehr rückständiges Land.

Informationen nach: The History of the British Petroleum Company, Vol. 1, The Developing Years, 1901 – 1932, R. W. Ferrier, Cambridge University Press 1982; abgerufen über books.google.fr

George B Reynolds, Persia, about 1909

George Bernard Reynolds (links im Bild), Aufnahme undatiert, ev. 1909, Quelle: bp Archiv, abgerufen über abadan.wiki

Harte Arbeitsbedingungen

Der oben dargestellte Abriss mag verdeutlichen, unter welchen Bedingung der Geologe George B. Reynolds bei der Ölsuche und später andere beim Aufbau der Ölindustrie im Iran arbeiten mussten. Der mit der Exploration verbundene Transport des Bohrgestänges und der dazugehörigen Ausrüstung war eine große logistische Herausforderung. Straßen waren nicht immer vorhanden und mussten erst zu den Bohrplätzen gebaut werden, Sprengungen in unwegsamem Gelände eingeschlossen.

Ein Sturzregen konnte die Arbeiten von Wochen zunichtemachen und neu angelegte Straßen für die Pferdefuhrwerke unpassierbar machen, mit denen die Ausrüstung in kleinen Teilen transportiert werden musste, bevor sie vor Ort zusammengebaut und/oder zusammengeschweißt werden konnte.

petroleum transport, Persia 1910

Vor der Fertigstellung der Pipeline erfolgte der Transport von Ölprodukten mit Maultieren/Eseln, Abadan 1910, Quelle: bp Archiv, abgerufen über abadan.wiki

Zu der kompletten Abwesenheit von Infrastruktur, kamen extreme klimatische Bedingungen mit heißen Tagen und bitterkalten Nächten. Lokale Stämme waren den Fremden gegenüber nicht unbedingt wohlgesonnen und ihre Gewogenheit musste erkauft werden, weil die vertraglich vereinbarte Konzession mit dem Schah vor Ort das Papier nicht wert war.

Als 1908 Erdöl in der Nähe von Masjed Soleiman gefunden wurde, gab es dort eine Ansiedlung, aber noch keine Stadt. Diese entstand erst nach der Erschließung der Ölquellen. Masjed Soleiman sollte die erste Industriestadt im Iran werden.

Das gleiche galt auch für Abadan am Persischen Golf, wo der Bau einer Raffinerie geplant war. Der Standort der künftigen Stadt Abadan war auf einer spärlich bewohnten Insel am Fluss Shatt-el-Arab.

Persia 1902

Ausschnitt einer Karte von 1902; Ref. txu-oclc-3257141-persia_afghanistan_beluchistan; mit freundlicher Genehmigung der University of Texas Libraries, The University of Texas, Austin.

Zur Karte: Die 1902 noch nicht existierende Stadt Abadan wurde am nördlichen Ende der mit „Kab-I.“ bezeichneten langgestreckten Insel nördlich des Flusses Shatt-el-Arab, südlich von Mohammerah, errichtet

Die Insel hat eine Länge von 64 Kilometern bei einer Breite von maximal 20, minimal 3 Kilometern. Weiter flussaufwärts ist die Stadt Busrah (Basra/Bussorah) zu erkennen.

1911 hatte die Basra geschätzt ca. 50.000 Einwohner, Mohammerah etwa 5.000 (Encyclopedia Britannica 1911).

Der Name der Stadt Mohammerah änderte sich nach 1924 in Chorramschahr. Die Stadt erlangte durch Kämpfe während des Golfkrieges (1980-1982) traurige Bekanntheit.

Oben rechts die Lage der Ölquellen bei Masjed Suleiman; unten rechts die wichtige Hafenstadt Bushire. Unten links die kleine Stadt Koweit (Kuwait).

Die Nord-Süd verlaufende gelbe Linie ist die Grenze zwischen Mesopotamien (Osmanisches Reich) und dem Iran. Am Unterlauf bildet der Fluss Shatt-el-Arab die Grenze.

Abadan

Bau einer Pipeline

Die Entfernung der gefundenen Ölquellen bei Masjed Suleiman zum Persischen Golf beträgt über 200 Kilometer, das Gelände ist bergig. Die Rohre für die Pipeline kamen mit Dampfschiffen aus den USA und wurden dann mit Lastkähnen so weit wie möglich flussaufwärts transportiert. Anschließend erfolgte der Transport mit Maultieren und wenn das Gelände zu steil wurde auch mit Menschenkraft. Die mühevolle Arbeit zur Errichtung der Pipeline nahm zwei Jahre in Anspruch, sie wurde im April 1911 fertiggestellt.

Raffinerie

Zu diesem Zeitpunkt war die Raffinerie in Abadan noch in Bau. Nach ihrer Fertigstellung sollte sie für lange Jahre die größte Raffinerie der Welt sein. Die erste Rohölverschiffung von Abadan erfolgte im April 1912.

Nach diesen enormen Anstrengungen und Investitionen, die zur Produktionsaufnahme erforderlich waren, hatten die Probleme jedoch kein Ende. Die Anglo-Persian Oil Company konnte jetzt Öl liefern, allerdings fehlten die Kunden. Das Automobil war erst in den Anfangsjahren und noch lange kein Massenmarkt. Für die Petroleumherstellung, zur damaligen Zeit der Hauptumsatzträger der Ölproduktion, war das recht schwefelhaltige iranische Öl nicht geeignet. Außerdem hatten die Konkurrenten, Standard Oil und Royal Dutch Shell sehr starke Marktpositionen.

Kurzum: Die junge Anglo-Persian Oil Company stand vor dem Konkurs.

Abadan refinery 1913

Raffinerie in Abadan, Arbeiter gehen in die Mittagspause, Aufnahme von 1913, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Workmans_of_Abadan_Refinery.jpg

Konkurs abgewendet

Es bestand die Gefahr, dass die Anglo-Persian Oil Company von einem der beiden etablierten Konkurrenten übernommen wurde. Das war weder im Interesse der Geschäftsführung der APOC, noch der Regierung.

„Die Oeltrusts hatten schon lange ein Auge auf Persien geworfen, und wenn die Politik der Regierung in dieser Frage nicht die Zustimmung des Parlaments fände, so würde zweifellos eine Verschmelzung irgendwelcher Art der Anglo-Persian Oil Company mit einer anderen Gesellschaft eintreten.“

aus einer Rede Winston Churchills, Quelle: Berliner Börsenzeitung, 18. Juni 1914, S. 11-12; http://www.europeana.eu (siehe auch weiter unten im Text)

Die Britische Regierung sah es also mit großer Sorge, dass die Konzession ins Ausland gehen könnte und erwarb im Juni 1914 für über 2 Millionen Pfund die Aktienmehrheit.

Öl für die British Navy

Das Einschreiten der Britischen Regierung war auf die Bedürfnisse der Britischen Marine zurückzuführen.

Oberster Befehlshaber der British Navy, der First Lord of The Admiralty, war zu diesem Zeitpunkt, von 1911 bis 1915, Winston Churchill.

HMS Royal Oak, about 1915

Britisches Kriegsschiff (HMS „Royal Oak“) im Ersten Weltkrieg mit einem Zerstörer im Schlepp; Bain News Service photograph collection; Library of Congress, Washington DC, https://www.loc.gov/item/2014705116/

Winston Churchill

Im Oktober 1911 hatte Premierminister Herbert Henry Asquith den 36jährigen Winston Churchill zum First Lord of The Admiralty (Marineminister) ernannt.

Churchill war großer Verfechter der Ölfeuerung:

„The ordeal of coaling ship exhausted the whole ship’s company, … With oil a few pipes were connected with the shore or with a tanker and the ship sucked in its fuel with hardly a man having to lift a finger. … Oil could be stowed in spare places in a ship from which it could be impossible to bring coal.”

Auch der Einsatz von Soldaten als Trimmer (Kohlenzieher) und Heizer war ihn für ein großes Ärgernis:

„As a coal ship used up her coal, increasingly large numbers of men had to be taken, if necessary, from the guns, to shovel the coal from remote and inconvenient bunkers to bunkers nearer to the furnaces or to the furnaces themselves, thus weakening the fighting efficiency of the ship. … For instance, nearly a hundred men were continually occupied in the Lion shoveling coal from one steel chamber to another without ever seeing the light of day or of the furnace fires.”
Winston Churchill, The World Crisis 1911-1918; zitiert nach: Dreadnought, Britain, Germany and the Coming of The Great War, Robert K. Massie, Vintage Books, London 2007.

Anmerkung: HMS Lion war ein 1912 in Dienst gestellter Kreuzer der sog. Lion Klasse.

Vor Churchill hatte bereits John Fisher, der First Sea Lord der Royal Navy von 1904-1910, die Umstellung der Antriebsmaschinen britischer Kriegsschiffe von Kohle auf Öl vorangetrieben.

Das war kein leichtes Unterfangen, denn von den Kohlebefürwortern gab es heftigen Widerstand.

Trumpf der Kohlefraktion waren die reichen Kohlevorkommen Großbritanniens. Die Kohleförderung erreichte dort im Jahr 1913 mit 287 Mio. Tonnen ein Allzeithoch.

Erdöl gab es hingegen auf der Insel nicht und Großbritannien war von Importen aus den USA (Standard Oil) oder den Niederlanden (Royal Dutch Shell) abhängig.

Letztlich konnte Churchill im Juni 1914 das Unterhaus von den Vorteilen des Ölantriebes überzeugen, an der Anglo-Persian Oil Company wurde die Aktienmehrheit übernommen und die Britische Admiralität schloss mit dem Unternehmen einen langjährigen Liefervertrag ab.

Anmerkung: In Britisch Indien wurde zwar Öl gefördert, die Mengen zur breiten Versorgung britischer Schiffe zu gering und der Transportweg zu lang. Die großen Ölvorkommen vor der britischen Küste wurden erst Mitte des 20. Jahrhunderts entdeckt.

Winston Churchill 1900

Sir Winston Leonard Spencer Churchill, 1874-1965, Aufnahme aus dem Jahr 1900; Quelle: Library of Congress, https://www.loc.gov/resource/cph.3b22722/

Churchill im Britischen Unterhaus

Zur Übernahme der Anglo-Persian Oil Company hatte sich Churchill in einer Sitzung des Britischen Unterhauses vom 15. Juni 1914 geäußert. Hier nach einer Meldung der Berliner Börsenzeitung vom 16. Juni 1914 (Quelle: http://www.europeana.eu):

London, 15. Juni (C. T .C.)
Im Unterhause wurden an Churchill verschiedene Anfragen betreffend die Beteiligung der englischen Regierung an der englisch-persischen Oel-Gesellschaft gerichtet. Churchill erklärte, die Prüfung der Gesellschaft habe die Regierung zufriedengestellt, ihr erprobtes Gebiet und ihre Leistungsfähigkeit rechtfertigten vollkommen die zu ihrer Entwicklung im Interesse der Marine gemachten Ausgaben. Die Regierung habe für zwei Millionen Pfund Aktien übernommen, und diese Aufwendung sei notwendig zur Beschaffung, zur Lagerung und zum Transport der von der Flotte gebrauchten Oelmengen.

Zwei Tage später hielt er dann eine lange Rede zur Verteidigung der Übernahme, wieder nach einem Artikel der Berliner Börsenzeitung, diesmal vom 18. Juni 1906:

„In fünfviertelstündiger Rede verteidigte Churchill in erschöpfender Darstellung die Politik der Admiralität in dem Abschluß des Abkommens mit der Anglo-Persian Oil Company von allen Gesichtspunkten, hauptsächlich vom militärischen aus.“

„Er sagte, daß er allein die beste Art und Weise, den nötigen Heizölvorrat für die Flotte zu einem annehmbaren Preise zu sichern, in Betracht zöge, und nicht die Politik, etwa weitere mit Oel geheizte Schiffe zu bauen.“

„Die Admiralität habe schon lange ihr Augenmerk auf Persien gerichtet, das eine Bezugsquelle für den Oelvorrat zu werden versprochen hätte, und sie müßte ein Oelgebiet in Händen haben, das annehmbar wäre, ein im Betriebe befindliches Gebiet mit ganz bestimmten Aussichten und großer Entwicklungsmöglichkeit. Dieses hätte sie allein in Persien gefunden. Er rechtfertigte die Erwerbung der Shares der genannten Gesellschaft und erklärte, daß die jetzt produzierenden Schächte die Bedürfnisse der Admiralität decken würden.“

In voller Länge finden Sie den Artikel aus der Berliner Börsenzeitung vom Donnerstag, den 18. Juni 1914 auf europeana.eu: https://www.europeana.eu/de/item/9200355/BibliographicResource_3000117731045

Der Artikel beginnt auf Seite 11, 2. Spalte unten und geht bis auf Seite 12.

Die Britische Regierung blieb in das Unternehmen British Petroleum bis 1987 investiert. Erst dann wurden die meisten Anteile verkauft.

Winston Churchill 1924

Winston Churchill, Aufnahme aus dem Jahr 1924 nach seiner Ernennung zum Schatzkanzler; Quelle: Library of Congress, Washington DC; https://www.loc.gov/item/2002697673/

Nächste Woche

Der Titel des Blogbeitrags nächste Woche:

Als im Britischen Unterhaus über das Dampfschiff „Fürth“ debattiert wurde

Nicht nur über die Übernahme der Anglo-Persian Oil Company wurde im Britischen Unterhaus debattiert, sondern überraschenderweise auch über das Dampfschiff „Fürth“!

Warum wurde im Februar 1915 im House of Commons über die „Fürth“ diskutiert?

Ging beim Verkauf der „Fürth“ an die Anglo-Persian Oil Company alles mit rechten Dingen zu?

Antworten auf diese Fragen nächste Woche hier im Blog.

William Knox D'Arcy, 1907, Stanmore

Die Ursprünge der bp Gruppe (British Petroleum)

Über William Knox d’Arcy, Jacques de Morgan, Antoine Kitabgi-Khan und George B. Reynolds

Zum Titelbild: William Knox D’Arcy (1849 – 1917), ca. 1907, State Library of Queensland; https://hdl.handle.net/10462/deriv/94660

Der neue Eigentümer des Dampfschiffes „Fürth“ wurde im Januar 1915 die Anglo-Persian Oil Company, die heutige bp Gruppe. Die Firma hatte das Schiff von der Britischen Regierung gekauft und in „Kerman“ umbenannt: Paukenschlag: Das Dampfschiff „Fürth“ wird verkauft

Grund genug, uns den neuen Eigentümer der exFürth einmal genauer anzuschauen.

In diesem Blogbeitrag geht es zunächst um die Vorgeschichte, die am 14. April 1909 zur Gründung der Anglo-Persian Oil Company führte. Allerdings war der Weg dorthin alles andere als einfach und nicht nur einmal drohte die Gründung schon im Vorfeld zu scheitern.

Aber lesen Sie selbst…

William Knox D‘Arcy

Die zentrale Persönlichkeit, deren Unternehmergeist später zur Gründung der Anglo-Persian Oil Company führen sollte, war der Rechtsanwalt, Unternehmer, Investor und Spekulant William Knox D’Arcy.

Drei weitere Akteure, die ebenfalls entscheidenden Anteil an der Gründung hatten, sollen in diesem Blogartikel nicht unerwähnt bleiben: der französische Bergbauingenieur Jacques de Morgan, der iranische Diplomat Antoine Kitabgi-Khan und der britische Ingenieur und Geologe George B. Reynolds.

Anmerkung: Der Kreis der Personen, die einen wichtigen Beitrag zum entstehen der bp Gruppe leisteten, ist noch viel größer. So könnte man zum Beispiel auch über den führenden Petrochemiker seiner Zeit, Sir Thomas Boverton Redwood, vieles berichten. Das würde allerdings den Rahmen eines Blogartikels sprengen und zu weit von eigentlichem Thema wegführen.

William Knox D'Arcy, Rockhampton

Der junge William Knox D’Arcy (1849 – 1917), ohne Jahresangabe (ev. 1875-1880); State Library of Queensland; https://hdl.handle.net/10462/deriv/58686

In Australien

Die Familie D’Arcy war 1866 von England nach Australien ausgewandert und ließ sich in Rockhampton nieder.

Rockhampton liegt in Queensland etwa 650 Kilometer nördlich von Brisbane.

Der junge William Knox D’Arcy studierte Jura und ließ sich als Rechtsanwalt nieder. 1882 beteiligte er sich an einem Goldminensyndikat (Mount Morgan Goldmining Corporation), das vier Jahr später in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. D’Arcy erhielt bei der Gründung ein Aktienpaket, das sich in kurzer Zeit im Wert vervielfachte und ihn sehr, sehr reich werden ließ.

Was ihm in Australien jedoch fehlte, war das gesellschaftliche Parkett.

William Knox D'Arcy, Rockhampton 1885

William Knox d’Arcy mit seiner ersten Frau Elena, mit der er fünf Kinder hatte, vor ihrem Haus in Wandal, einem Vorort Rockhamptons um 1885; State Library of Queensland; https://hdl.handle.net/10462/deriv/113458

Rückkehr nach England

1889 kehrte er daher nach England zurück. Er erwarb dort das Schloss Stanmore Hall und ein Stadthaus in London am prestigeträchtigen Grosvenor Square. Darüber hinaus kaufte er ein Jagdhaus in Norfolk, einen riesigen Jagdgrund inbegriffen.

Auf der Pferderennbahn Epsom Downs hatte er eine eigene Loge, es soll zu dieser Zeit die einzige neben der Loge von König Edward VII. gewesen sein.

Sein Lebensstil war extravagant und aufwändig. Er war daher auf der Suche nach neuen Einnahmequellen.

Stanmore Hall, William Knox D'Arcy

Das Schloss Stanmore Hall; Foto mit freundlicher Genehmigung des Stanmore Tourist Board; http://www.stanmoretouristboard.org.uk/william_knox_darcy.html

Jacques de Morgan

Jacques Jean Marie de Morgan war ein französischer Bergbauingenieur, der an der École Nationale Supérieure des Mines de Paris studiert hatte. De Morgan war 1891 im Iran gewesen und hatte anschließend in einem Artikel über natürliche Erdölaustritte im Westen des Iran berichtet.

Der Artikel erschien 1892 in der Pariser Bergbauzeitschrift Annales des Mines unter dem Originaltitel Note sur les Gites de Naphte de Kend-é-Chirin (Gouvernement de Ser-i-Poul).

De Morgan hatte in seinem Fachartikel jedoch klargestellt, dass es sich nur um eine kurze Übersicht handelt, da er eigentlich in anderer Mission für die französische Regierung in Persien war und er mit der Erkundung der Erdölaustritte lediglich der iranischen Regierung einen Gefallen erweisen wollte:

« …; c’est uniquement pour être utile au Gouvernement de la Perse que j’ai fait ce travail. »

Er betonte, dass es sich bei seinen Arbeiten nur um eine Grundlagenforschung für spätere Erkundungen handelte. Gleichzeitig war er der Ansicht, dass sich die weitere Erkundung wirtschaftlich lohnen würde.

« La présente note, qui pourra dans l’avenir servir de base à des travaux plus complets, en raison de l’importance et de la valeur des gisements auxquels elle a trait, est exempte de toute arrière-pensée industrielle ou financière. »

Beide Zitate aus : Annales des Mines (1892, série 9, volume 1) : M. J. de Morgan, Note sur les Gites de Naphte de Kend-é-Chirin (Gouvernement de Ser-i-Poul)
https://patrimoine.mines-paristech.fr/scripto/transcribe/242/66944

De Morgan hat sich im Anschluss ganz der Archäologie zugewandt: Er war von 1892 bis 1897 oberster Denkmalpfleger in Kairo (Directeur Général du Service des Antiquités) und leitete im Anschluss zehn Jahre Ausgrabungen in der antiken Stadt Susa (Iran).

Über einen Kollegen de Morgans kam der Fachartikel über die Erdölaustritte zu dem französischen Vermittler Edouard Cotte, der über gute Verbindungen in den Iran verfügte und der seinerseits den Artikel im Jahr 1898 an Antoine Kitabgi-Khan weiterleitete.

Jacques de Morgan 1892, Caire

Jacques de Morgan, Porträtaufnahme, Abdullah Frères, Kairo 1892 ; © Bibliothèque Nationale de France (Gallica) ; https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8453513q/f1.item

Antoine Kitabgi-Khan

Der iranische General und ehemalige Direktor des iranischen Zolls, Antoine Kitabgi-Khan, hatte sich 1893 in Paris niedergelassen und begleitete verschiedene diplomatische Ämter.

Nachdem er 1898 den Artikel von Cotte erhalten hatte, machte er sich auf die Suche nach Investoren, denn finanziell war der Iran unter König Muzaffar al-Din Shah Qajar nicht in der Lage, die weitere Erforschung der Lagerstätten selbst zu bestreiten.

Eine Kontaktaufnahme mit der Royal Dutch Petroleum Company blieb erfolglos, diese hatte das Projekt als zu riskant eingestuft und abgelehnt.

Aus Teheraner Zeiten kannte Kitabgi-Khan den britischen Diplomaten Sir Henry Drummond Wolff der von 1888 bis 1891 britischer Gesandter im Iran gewesen war. Kitabgi-Khan wandte sich an ihn, um mögliche Investoren für ihn in Großbritannien zu finden.

Damit kommen wieder auf William Knox D’Arcy zurück. Sir Henry Drummond Wolff kontaktierte ihn und D’Arcy zeigte Interesse.

In der Folge fanden zahlreiche Treffen in Paris und London statt:

In early January 1901 Cotte visited D’Arcy in London and persuaded him to return to Paris with him and Wolff to meet Kitabgi on 8 January for the first time. Over the next two month ten more meetings were held in Paris and London often with D’Arcy’s solicitors, Nicholl Manistry & Company and his geological advisor, Dr. (later Sir) Boverton Redwood.

Quelle: Ferrier (1982) zitiert nach: History of the European Oil and Gas Industry, J. Craig, F. Gerali, F. MacAulauy, R. Sorkhabi; Geological Society of London (2018), 472 S.

General Kitabgi Khan 1900

Antoine Kitabgi-Khan, aus: Exposition universelle de 1900: Portraits des commissaires généraux, Album mit 70 Fotografien der Generalkommissare, Pariser Weltausstellung 1900; © Bibliothèque Nationale de France (Gallica) ; https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8433341s.r=Kitabgi%20Khan?rk=21459;2

Die D’Arcy Konzession

Im März 1901 reisten Kitabgi-Khan, Cotte und Alfred L. Mariott als Vertreter D’Arcys nach Teheran und nahmen Gespräche mit der iranischen Regierung auf. Am 28. Mai 1901 schließlich wurde die sogenannte D’Arcy-Konzession unterzeichnet.

Die Konzession umfasste eine Fläche von 500.000 Quadratmeilen, das war fast der gesamte Iran mit Ausnahme von fünf nördlichen Provinzen, die im russischen Interessengebiet lagen. Die Konzession wurde für eine Dauer von 60 Jahren abgeschlossen.

D’Arcy verpflichtete sich innerhalb von zwei Jahren eine Ölexplorationsfirma zu gründen und erhielt das Alleinrecht Pipelines zu bauen und unbewirtschaftetes Staatsgebiet frei zu nutzen.

Die iranische Regierung verlangte für die Konzession eine Sofortzahlung von 20.000 £, Aktien der zu gründenden Ölfirma im Wert von weiteren 20.000 £ und eine jährliche Gewinnbeteiligung von 16 %. Schließlich war dem iranischen Imperial Commissioner ein Jahresgehalt von 1.000 £ zu zahlen.

Der Imperial Commissioner, der über die Interessen des Iran wachen sollte, war kein anderer als Kitabgi Khan selbst.

Zusätzlich hatte Kitabgi-Khan von D’Arcy Posten für seine drei ältesten Söhne in dem Projekt ausgehandelt.

Kitabgi-Khan sollte von seinem fürstlichen Jahresgehalt allerdings nicht mehr lange profitieren. Er starb bei einem Italienaufenthalt im Dezember 1902 in Livorno.

D'Arcy Konzession 1901

Die D’Arcy-Konzession vom 28. Mai 1901 über 60 Jahre; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Darcy1.jpg

Erfolglose Suche

Der Suche blieb in den ersten Jahren jedoch der Erfolg versagt, obwohl D’Arcy 1904 bereits rund 225.000 Pfund in das Projekt gesteckt hatte. Umgerechnet waren das 4,5 Millionen Mark, eine für damalige Verhältnisse mehr als gewaltige Summe.

D’Arcy hatte sich offenbar verspekuliert und sein ganzes Vermögen stand auf dem Spiel. Er suchte Käufer für seine Konzession und hatte Gespräche mit Baron Rothschild aufgenommen.

Die Britische Regierung bekam Nachricht von D’Arcys Verkaufsabsichten und wollte verhindern, dass die Konzession ins Ausland ging. Sie hat daraufhin den Einstieg der britischen Burmah Oil Company in die Erdölsuche im Iran vorangetrieben.

Am 27. November 1904 kam es zwischen d’Arcy und Burmah Oil zu einer Einigung und die Erdölsuche ging auf das gemeinsam betriebene Concession Syndicate mit Sitz in Glasgow über.

William Knox D'Arcy, Stanmore

William Knox D’Arcy mit seiner zweiten Frau, Nina Boucicault, die er 1899 geheiratet hatte; Foto mit freundlicher Genehmigung des Stanmore Tourist Board; http://www.stanmoretouristboard.org.uk/william_knox_darcy.html

Die Burmah Oil Company Ltd.

Die Burmah Oil Company war ursprünglich unter dem Namen Rangoon Oil Company 1886 in Glasgow gegründet worden. Ziel war die Entwicklung der Ölfelder auf dem indischen Subkontinent, zu dieser Zeit britische Kolonie, die die heutigen Staaten Indien, Pakistan und Myanmar (damals Burmah) umfasste.

Ende des 19. Jahrhunderts wurden knapp 300 Quellen ausgebeutet und zwei Raffinerien waren errichtet worden.

Die Burmah Oil Company existierte nach dem Kauf von Castrol im Jahr 1966 als Burmah-Castrol bis in das Jahr 2000 fort. Dann wurde das Unternehmen von Amoco BP (heute bp Gruppe) aufgekauft.

George B. Reynolds

D’Arcy hatte für die Erdölsuche im Iran den Engländer George Bernard Reynolds eingestellt. Reynolds war Absolvent des Royal Indian Engineering College, einer Hochschule in England, die vom India Office betrieben wurde, um Ingenieure für Infrastrukturprojekte in Britisch Indien auszubilden. Reynolds hatte in Indien und auf Sumatra gearbeitet, dort in den niederländisch-indischen Ölfeldern. Geologisches Wissen hatte er sich selbst angeeignet.

Im Iran war Reynolds aber nicht nur als Geologe gefordert. Er stellte eine technische Mannschaft zusammen, engagierte einheimische Arbeiter und Sicherheitsleute, einen Arzt und seinen Stellvertreter. Lokale Stammesfürsten musste er für ihre Unterstützung bezahlen.

Nach dem Einstieg der Burmah Oil wurde die Suche in die Nähe des Ortes Shardin verlegt. Zwei Bohrungen wurden dort 1906 und 1907 abgeteuft, beide blieben trocken.

Anschließend entschloss sich Reynolds, Bohrungen in einem dritten Gebiet, 90 Kilometer nordöstlich von Ahavaz bei Masjed Soleiman vorzunehmen. Er war bereits früher dort gewesen und hatte ölgetränkte Sedimente beobachtet.

Die Bohrung begann im Januar 1908. Reynolds war optimistisch, der geologische Berater D’Arcys und ein Geologe der Burmah Oil teilten seinen Optimismus.

Die Geschäftsführung der Burmah Oil drängte jedoch darauf, die Bohrungen einzustellen. Nach sieben Jahren war viel Geld investiert, aber immer noch kein Öl gefunden worden, zumindest nicht in wirtschaftlich interessanter Menge.

Reynolds wurde telegrafisch aufgefordert, die Arbeiten einzustellen. Er widersetzte sich jedoch und schrieb zurück, dass die Arbeiten fortgesetzt werden sollten.

Der Durchbruch

Am 16. Mai 1908 wurde starker Gasgeruch in den Sedimenten festgestellt und zehn Tage später, am 26. Mai 1908 um 4 Uhr morgens traf die Bohrung auf Erdöl.

Eine 20 Meter hohe Ölfontäne schoss aus dem Bohrloch.

Reynolds meldete an das Concessions Syndicate nach Glasgow:

“I have the honor to report, that this morning at 4 a.m. oil was struck in the No.1 hole at a depth of 1180 feet.”
Zitat aus dem Originalscheiben, abgebildet auf bp.com (Company History)

Am 5. Juni traf auch eine zweite Bohrung auf Öl.

Mitte Juni erhielt Reynolds einen vom 14. Mai 1908 datierten Brief, dass er, falls er in 1.600 Fuß kein Öl finden sollte, die Bohrungen einstellen, zusammenpacken und die Ausrüstung zurück nach Burma, das heutige Myanmaar, schicken solle.

Lakonisch antwortete er: “The instructions you say you are sending me may be modified by the fact that oil has been struck; so on receipt of them I can hardly act on them.”
Zitat nach: The Centenary of the First Oil Well in the Middle East, Artikel von Rasoul Sorkhabi, GEOExPro, Petroleum Geoscience Magazine; Vol. 5, No. 5 (2008).

Reynolds arbeitete noch bis 1911 im Iran und wurde dann gekündigt. Seine hemdsärmelige Art war bei der Direktion nicht gut angekommen.

Reynolds ging zu Royal Dutch Shell und erschloss 1922 mit seinem Team die Bohrung „Barroso No.2“. im La-Rosa-Ölfeld in Venezuela. Diese Bohrung war der Beginn der Erdölindustrie in Venezuela. Reynolds starb 1925 in Sevilla.

Quelle: George Bernard Reynolds, A forgotten pioneer of oil discoveries in Persia and Venezuela, R. Sorkhabi, Univ. of Utah, 2011; Zusammenfassung: http://archives.datapages.com/data/phi/v11_2010/sorkhabi.htm

Masjed Soleiman gusher 1908

Die erste Ölquelle in Masjed Soleiman 1908, Bild: Archiv bp Group, abgerufen über http://www.sjvgeology.org/history/gushers_world.html#middle_east

Geopolitische Veränderungen

Knapp ein Jahr nach den Ölfunden bei Masjed Soleiman wurde die Anglo-Persian Oil Company am 14. April 1909 gegründet.

Für William Knox D’Arcy hatte sich die Spekulation auf iranisches Öl letztlich ausgezahlt, er wurde reicher als je zuvor.

Das junge Unternehmen jedoch sollte bald in Schwierigkeiten geraten. Darüber wird der nächste Blogartikel berichten.

Der Erdölfund von Masjed Suleiman sollte die Welt verändern. Die wirtschaftlichen und geopolitischen Auswirkungen waren enorm und die Folgen des Ölfundes wirken bis zum heutigen Tag nach.

Quellen des Artikels

Für diesen Blogbeitrag wurden im wesentlichen die folgenden Quellen verwendet:

Stanford Tourist Bord, Famous Residents, William Knox D’Arcy; https://www.stanmoretouristboard.org.uk/william_knox_darcy.html; Stanmore liegt etwa 11 Meilen im Nordwesten des Londoner Stadtzentrums.

The Centenary of the First Oil Well in the Middle East, Artikel von Rasoul Sorkhabi, GEOExPro, Petroleum Geoscience Magazine; Vol. 5, No. 5 (2008).

History of the European Oil and Gas Industry, J. Craig, F. Gerali, F. MacAulauy, R. Sorkhabi; Geological Society of London (2018), 472 S.

The History of the British Petroleum Company, Vol. 1, The Developing Years, 1901 – 1932, R. W. Ferrier, Cambridge University Press 1982; abgerufen über books.google.fr