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Dampfschiff Neumünster 1907

Pläne zur Rekonstruktion des Dampfschiffes „Fürth“

Aus dem Schifffahrtsmuseum Flensburg

Titelbild: Zeichnung der „Neumünster“, einem Schwesterschiff der „Fürth“, © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. BN_269). Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass sämtliche Bildrechte beim Schifffahrtsmuseum Flensburg liegen und jegliche Nutzung dieses Bildes der Genehmigung des Rechteinhabers bedarf.

DigiPEER

Vor einiger Zeit hatte ich den Generalplan des Schiffes „Lübeck“ vorgestellt, der im Rahmen des Projektes DigiPEER digitalisiert worden war. SIEHE Das Projekt DigiPEER

DigiPEER war ein Projekt, ich zitiere, zur „Digitalisierung wertvoller Pläne und technischer Zeichnungen zur Erfassung und Erschließung des Raums im 20. Jahrhundert“.

Die „Lübeck“ war dem Schiff „Fürth“ sehr ähnlich: sie war auf der gleichen Werft ebenfalls für die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) gebaut worden, sie hatte eine ähnliche Größe und zwischen dem Bau beider Schiffe lagen gerade einmal sieben Jahre.

Die Pläne der „Reichenbach“ und der „Neumünster“

Die beiden heute gezeigten Pläne sind von Schwesterschiffen der „Fürth“ und haben daher Gültigkeit für die gesamte „Hagen-Klasse“, also die Schiffe „Hagen“, „Reichenbach“, „Plauen“, „Neumünster“, „Fürth“, „Osnabrück“ und schließlich „Hanau“.

Erhalten haben sich beide Pläne im Archiv des Schifffahrtsmuseums Flensburg, welches sie als Leihgabe von der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft erhalten hat, der Werft, die in den Jahren 1906 und 1907 diese Schiffe für die DADG in Hamburg gebaut hatte.

Dampfschiff Reichenbach, 1907, Generalplan

Generalplan der „Reichenbach“, einem Schwesterschiff der „Fürth“, © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. FSG_267). Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass sämtliche Bildrechte beim Schifffahrtsmuseum Flensburg liegen und jegliche Nutzung dieses Bildes der Genehmigung des Rechteinhabers bedarf.

Generalplan der „Reichenbach“

Eines der Dokumente ist der Generalplan des Schiffes S.D. „Reichenbach“. Das S.D. vor dem Namen steht für Schrauben-Dampfer.

Im oberen Teil des Planes sehen wir den Aufriss, also die seitliche Ansicht der „Reichenbach“. Darüber von links nach rechts eine Aufsicht auf das Bootsdeck, auf das Brückendeck und auf das kleine Peildeck.

Unter dem Aufriss sind zwei Aufsichten, die obere auf das Hauptdeck mit der davon abgesetzten Back (rechts im Bild )und die untere auf das Schottendeck mit dem offen liegenden Welldeck zwischen der Back und dem Hauptdeck.

Links auf dem Plan befindet sich eine Schnittzeichnung. Diese ist zweigeteilt und zeigt links einen Schnitt durch den Laderaum und rechts einen Schnitt durch den Kesselraum.

Darunter ist eine Aufsicht auf das Zwischendeck beim Maschinen- bzw. Kesselschacht und ganz unten eine Aufsicht auf das Tanktop (die Tankdecke des Doppelbodens).

Dampfschiff Neumünster 1907, DADG

Zeichnung der „Neumünster“, einem Schwesterschiff der „Fürth“, © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. BN_269). Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass sämtliche Bildrechte beim Schifffahrtsmuseum Flensburg liegen und jegliche Nutzung dieses Bildes der Genehmigung des Rechteinhabers bedarf.

 

Zeichnung der „Neumünster“

Die gleichen Ansichten wie für den Schraubendampfer „Reichenbach“ zeigt eine farbig angelegte Zeichnung des Schiffes „Neumünster“. Hier ist das Schiff im Aufriss oberhalb der Wasserlinie farbig angelegt, ebenso die verschiedenen Aufsichten und der Schnitt.

Diese farbige Zeichnung war von der Werft vielleicht für eine Präsentation des Schiffes beim Kunden, also bei der DADG angefertigt worden. Wenn Sie so wollen, quasi ein handkolorierter Vorläufer eines PowerPoints. Bei einem Verkaufspreis von rund 1,2 Millionen Mark konnte man durchaus einen Zeichner diese aufwändige Arbeit machen lassen.

Anmerkung: Die Baupreise der Hagen-Klasse lagen pro Schiff zwischen 1,158 Millionen für das günstigste (und älteste) und 1,285 Millionen Mark für das teuerste (und jüngste) der Schiffe (Quelle: Harms, 1933)

 

Über den Schiffbau

Der Schiffbau wird von Physik und Material bestimmt, aber auch durch regulatorische Rahmenbedingungen (Gesetzgebung, Vermessungsregeln, Vorschriften der Klassifikationsgesellschaften).

Beim Entwurf eines Handelsschiffes ist es wesentlich, die Hauptabmessungen und Völligkeitsgrade so zu wählen, daß das Schiff einerseits für seine Fortbewegung günstigste Form, also einen möglichst geringen Widerstand hat, andererseits aber auch genügend Tragfähigkeit und einen ausreichend nutzbaren Raum besitzt. Je nach der zu entwerfenden Schiffsgattung wird man z. B. beim Schnelldampfer größeren Wert auf schlanke Schiffslinien legen, beim langsamen Frachtschiff dagegen auf völlige Form, die einen guten Laderaum ergibt.
Quelle: Klassischer Schiffbau der Vorkriegszeit, Heinrich Herner, Salzwasserverlag; leicht abgeänderter Nachdruck des Originals (1926); abgerufen über books.google.fr

Der Schnitt durch Lade-/Kesselraum der „Reichenbach“ zeigt sehr schön die „völlige“ Form der Frachtdampfer der Hagen-Klasse, also die Optimierung der Schiffsform im Hinblick auf den Laderaum.

Reichenbach 1907, Schnittzeichnung

Generalplan der „Reichenbach“, Ausschnitt, © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. FSG_267)

Ein Kompromiss muss beim Schiffbau im Hinblick auf Stabilität und Gewicht gefunden werden:

Die wichtigste Aufgabe bei der Gestaltung der Schiffsverbände ist bei ausreichender Festigkeit einen möglichst leichten Schiffskörper zu erhalten. In den letzten Jahrzehnten sind in dieser Hinsicht sehr große Fortschritte gemacht worden, indem man die Bauteile in höchster Ausnutzung des Werkstoffes angeordnet hat.

Interessant ist, dass bereits bei Erscheinen des Buchs im Jahr 1926 die Überlegenheit der Schweißtechnik im Schiffbau bekannt war, diese sich aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg durchsetzen konnte:

Ein weiterer Weg zur Gewichtsersparnis ist die umfangreiche Verwendung der Schweißung im Schiffbau, da ein vollständig geschweißtes Schiff hauptsächlich durch Fortfall von Winkelflanschen und Nietköpfen 25-30% leichter wird als ein genietetes.

Über das Nieten im Schiffbau hatte ich an Hand eines Fotos der „Fürth“ auf der Helling in Flensburg berichtet. Auf dem Foto sind auch Werftarbeiter an drei Nietkochern zu sehen. SIEHE: Die „Fürth“ auf der Helling

Der Schiffbau wurde weiters von den Sicherheitsvorschriften der Klassifikationsgesellschaften bestimmt. Die Gesellschaft Lloyd’s Register hatte ich hier vorgestellt: SIEHE Die „Fürth“ in Lloyd’s Register. Das deutsche Pendant dazu war der Germanische Lloyd, der unter anderem detaillierte Vorschriften über Klassifikation und Bau von stählernen Seeschiffen vorgab.

Die Gesetzgebung stellte Mindestanforderungen an Sicherheit und Arbeitsbedingungen an Bord. Als Beispiel sei genannt die Bekanntmachung, betreffend die Logis-, Wasch- und Baderäume sowie die Aborte für die Schiffsmannschaft auf Kauffahrteischiffen.

Der Schiffbau hatte sich auch an den nationalen und internationalen Vermessungsregeln zu orientieren. Diese komplizierten Regelwerke führten zu bestimmten Schiffstypen, die bei der Vermessung günstiger abschnitten als andere und kleinere Raumgehalte möglich machten. Für die Reeder hatte dies Vorteile bei den Hafen- und Kanalgebühren (Suezkanal) oder auch bei den Versicherungspolicen. Zum Schiffsmessbrief der „Fürth“ und die mit der Vermessung verbundene Problematik siehe: Die Vermessung der „Fürth“

 

Welldecker

Schemazeichnung eines sogenannten Welldeckers; aus: Klassischer Schiffbau der Vorkriegszeit, Heinrich Herner, Salzwasserverlag; Nachdruck des Originals aus dem Jahr 1926; abgerufen über books.google.fr

Welldecker

Eine dieser vermessungstechnisch günstigen Schiffstypen war der sogenannte Welldecker, wie er auch in der Hagen-Klasse und somit bei der „Fürth“ umgesetzt wurde.

Der Name Welldecker leitet sich vom englischen Wort für Brunnen („well“) ab und weist auf das niedrigere Deck im Vorschiff hin, dass gegenüber dem Oberdeck abgesenkt war. Hier befand sich die Ladeluke 1.

Ein wesentlicher Grund für diese Bauform lag in der günstigen Vermessung:

Da der Welldecker wegen der großen Aufbaulänge sehr günstig vermessen werden kann, wendet man diesen Typ auch bei großen Schiffen für atlantische Fahrt an.
Quelle: Klassischer Schiffbau der Vorkriegszeit, Heinrich Herner, Salzwasserverlag; leicht abgeänderter Nachdruck des Originals (1926); abgerufen über books.google.fr

Von den Seeleuten wurde der abgesenkte Bereich mit der Ladeluke 1 auch als „Versaufloch“ bezeichnet. Bei schwerer See sammelte sich in diesem Bereich das Wasser, bevor es wieder ins Meer zurücklief.

Dieses „Versaufloch“ hat sich auf vielen Küstenmotorschiffen („KÜMOS“) bis etwa in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein erhalten, auf modernen Schiffen findet man es nicht mehr.

Die Reichenbach in Burnie

Auf diesem Bild ist das „Versaufloch“ rechts neben dem vorderen Mast gut zu erkennen; mit freundlicher Genehmigung des © Maritime Museum of Tasmania, Cyril Smith Collection vol. 11., https://ehive.com/collections/3906/objects/842355/reichenbach

 

Dampfschiff Reichenbach, 1907, Generalplan

Generalplan der „Reichenbach“, einem Schwesterschiff der „Fürth“, © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. FSG_267).

Der Aufbau des Schiffes

Die „Fürth“ und ihre Schwesterschiffe hatten fünf Ladeluken. Zwischen Luke 1 und 2 sowie zwischen Luke 4 und 5 befanden sich die beiden Masten mit den Ladebäumen. Die Tragfähigkeit eines Ladebaums betrug 5 Tonnen, am vorderen Mast befand sich zusätzlich ein Schwergutladebaum für Lasten bis 15 Tonnen.

Auf dem Aufriss sieht man sehr schön auch die Besegelung mit vier Stützsegeln zur Abwetterung von Schwerwetter. Siehe dazu den Beitrag Tagebuch (11): Die „Fürth“ in den Roaring Forties und den fachkundigen Kommentar dazu.

Charakteristisch für den Schiffstyp war die Trennung von Brücken- und Maschinenhaus. Zwischen beiden lag eine weitere Ladeluke (Luke 3). Auf langen Fahrten ohne Landberührung diente der darunterliegende Laderaum 3 als Reservebunker für die Lagerung zusätzlicher Bunkerkohlen (1720 Tonnen), die nicht von den festen Bunkern (Kapazität 500 Tonnen) aufgenommen werden konnten.

Vor der Maschine konnte Fracht auf vier Ebenen untergebracht werden, in der Zeichnung von oben nach unten „Brücke“, „Zwischendeck“, „Unterdeck“ und „Raum“ bezeichnet. Alle Raumangaben sind in Kubikfuß (C.F.) notiert, alle Längenangaben in Fuß und Zoll.

Im hinteren Schiffsteil wurde der Raum über dem Doppelboden von der langen Welle zwischen Maschine und Ruder eingenommen, es gab ein Deck weniger. Die Decks sind auf der Zeichnung als „Poop“, „Zwischendeck“ und „Raum“ beschriftet.

Zusätzlichen Lagerraum bot die Vor- und die Achterpiek am Bug bzw. Heck des Schiffes. Diese Lagermöglichkeiten sind in der Zeichnung als „Stores“ benannt. In der Afterpiek lagen zusätzlich Öl-, Post- und Proviantraum (Anmerkung: der Ölraum ist auf dem Plan als Probekammer bezeichnet).

Im als Doppelboden konstruierten Schiffsboden sind Tanks für Frisch- und Ballastwasser eingebaut.

Die Mannschaftsräume befanden sich im Bug des Schiffes unter der Back, die Matrosen auf der Steuerbord- und die Heizer auf der Backbordseite. Zur Unterbringung der Mannschaft folgt ein eigener Artikel.

Kapitän, Offiziere und Stewards waren im Brückenhaus untergebracht. Die Kapitänskammer hatte ich bereits beschrieben. Dampfschiff „Fürth“: In der Kapitänskajüte. Vor der Kapitänskammer lag der Kartenraum und vor diesem der Steuerraum. Darunter lagen der Salon und eine Pantry sowie die Unterkünfte von Offizieren und Stewards und ein Sanitätsraum.

Anmerkung: Der mit Verwalter bezeichnete Raum dürfte von einem der Offiziere genutzt worden sein. Es sind nur drei Offizierskammern im Plan eingezeichnet, an Bord waren aber vier Offiziere (nach Harms 1933 ab dem Jahr 1904).

Generalplan Reichenbach 1907, Ausschnitt

Generalplan der „Reichenbach“, einem Schwesterschiff der „Fürth“, Ausschnitt Peil- und Brückendeck, © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. FSG_267).

Die Unterkünfte der Maschinisten und Köche lagen im Maschinenhaus. Dort befand sich auch Küche, Werkstatt, zwei Lampenräume, die Messe und Pantry der Maschinisten sowie Bäder und WCs. An den Seiten des Maschinenhauses befanden sich die Öffnungen für das Bunkern von Kohle.

Am unteren Bildrand ist die Gangway zum Betreten und Verlassen des Schiffes erkennbar.

Dampfschiff Reichenbach, Maschinenhaus, 1907

Generalplan der „Reichenbach“, einem Schwesterschiff der „Fürth“, Ausschnitt Maschinenhaus, © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. FSG_267).

 

Die vielen Halbkreise auf dem Hauptdeck zeigen die Lage der Lüfterköpfe an. Weiterhin sind an Deck die Dampfwinden zu erkennen (4 pro Mast plus zwei weitere seitlich an Luke 3); die beiden Ankerwinden auf der Back und eine Verholwinde auf dem Achterschiff.

Sicher kann man den Zeichnungen noch weitere Details entnehmen, ich will es allerdings bei den genannten Punkten belassen.

Modellbauer gesucht

Die Pläne der „Fürth“ beziehungsweise von zwei ihrer identischen Schwesterschiffe sind also noch vorhanden, jetzt fehlt nur noch ein erfahrener und begeisterter Modellbauer, der solch ein schönes Handelsschiff der Kaiserlich Deutschen Handelsmarine nachbauen möchte!

 

Die Geschichte der beiden gezeigten Schwesterschiffe finden Sie hier:

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Neumünster“

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Reichenbach“

 

 

Digipeer deutsches schiffahrtsmuseum bremerhaven

Das Projekt DigiPEER

Die Digitalisierung großformatiger Pläne und technischer Zeichnungen

Fotos…

Ich hatte bereits geschrieben, dass Fotos von Frachtschiffen relativ selten sind. Vor kurzem konnte ich hier im Blog ein erstes Bild der „Fürth“ vorstellen, als sie noch ihren ersten Namen trug (Ein Foto der „Fürth“). Das Titelbild des Blogs zeigt ja das Dampfschiff „Sultania“, ex-Fürth, ex-Kerman (Das Titelfoto des Blogs).

…und Pläne

Nicht anders ist es mit Plänen aus dieser Zeit. Ob noch irgendwo ein Originalplan der „Fürth“ existiert, darf zumindest angezweifelt werden und so müssen wir uns mit dem begnügen, was mehr oder weniger zufällig erhalten blieb.

DigiPEER

Und damit kommen wir zu dem Projekt DigiPEER. Dabei ging es, ich zitiere, um die „Digitalisierung wertvoller Pläne und technischer Zeichnungen zur Erfassung und Erschließung des Raums im 20. Jahrhundert“. Das Projekt wurde 2012 abgeschlossen und es beteiligten sich Archive aus verschiedenen Fachgebieten, die Pläne aus ihren Beständen digitalisierten. Im Einzelnen waren dies das Deutsche Museum München, das Deutsche Schifffahrtsmuseum Bremerhaven, das Deutsche Bergbau-Museum Bochum und das Leibniz-Institut für raumbezogene Sozialforschung.

digipeer

Logo DigiPEER Projekt

Der Generalplan der „Lübeck“

Bei meinen Recherchen zum Dampfschiff „Fürth“ hat mich natürlich das Deutsche Schifffahrtsmuseum Bremerhaven besonders interessiert. Dort konnte ich den Generalplan des Schiffes „Lübeck“ finden, den ich aus den folgenden Gründen besonders interessant finde:

  1. Das Schiff „Lübeck“ wurde ebenso wie die „Fürth“ von der Flensburger-Schiffsbau-Gesellschaft gebaut.
  2. Die „Lübeck“ war wie die „Fürth“ ein Schiff der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG). Die (grobe) Anlage und die Aufteilung der (Lager-)Räume dürften daher sehr ähnlich sein.
  3. Zwischen dem Bau beider Schiffe liegen gerade einmal sieben Jahre. Auch deswegen denke ich, dass beide Schiffe konstruktiv sehr ähnlich waren. Die im Sommer 1914 fertiggestellte „Lübeck“ war zwar etwas größer als die „Fürth“ (8080 Tonnen Tragfähigkeit gegenüber 7010 Tonnen), aber keines der ganz großen Schiffe der Reederei.

Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft 1900

Aktie über 1500 RM der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft vom 8. Juni 1900; Quelle: commons.wikimedia.org; File: Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft 1900.jpg

Bestätigt wird die Annahme der großen Ähnlichkeit der Dampfschiffe der DADG in einem Artikel in der Zeitschrift HANSA:

„Die Schiffe der Flotte waren nach einem bestimmten Plan gebaut, sodaß bei unvermeidlicher Versetzung von Kapitänen, leitenden Maschinisten oder Offizieren von einem Dampfer auf den anderen die betreffenden leitenden Schiffsangestellten nicht etwa auf ein gänzlich anders eingerichtetes Schiff kamen, sondern ein Schiff vorfanden, welches dem, von dem sie durch irgendeinen Umstand versetzt worden waren, im großen und ganzen glich. Dies erleichterte dem Schiffspersonal das Arbeiten erheblich.“
HANSA, Deutsche Schiffahrtszeitschrift, Nov. 1933, S. 1538, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, ihre Gründung und Entwicklung bis zum Kriege (Artikel über das Erscheinen des Buches von Otto Harms).

Natürlich gab es auch Unterschiede. Ein Beispiel: zwei Räume hinter der Brücke auf der „Lübeck“ waren für die Funkanlage und die Unterbringung des Telegrafisten bestimmt, weshalb das Steuerhaus über ein Deck mehr verfügte, als auf der „Fürth“, die noch keine Telegrafenanlage hatte.

Der Plan

Ich habe mir also den Plan bestellt (Lieferung als TIF-Datei auf CD und für 12 € inklusive Versand auch keine Luxusausgabe) und mir dann in Originalgröße vor Ort ausdrucken lassen. Das Format des Originalplans ist stattliche 150 cm x 80 cm und es benötigt schon einen großen Tisch, sich die Zeichnung des Schiffes im Maßstab 1:96 vollständig vor Augen zu führen. Das wäre auch eine schicke Größe für ein Schiffsmodell der „Fürth“, nicht wahr ihr lieben Modellbauer!

Aus Gründen des Copyrights muss ich hier allerdings verzichten, den Plan oder Teile davon wiederzugeben. Das wäre mit Zusatzausgaben verbunden und so verweise ich alle Interessierten auf den Link zu DigiPEER: Generalplan des Dampfschiffes Lübeck

Mit der Zoomfunktion lassen sich auf der DigiPEER-Seite auch Details sehr schön erkennen.

logo_deutsches_schifffahrtsmuseum

Deutsches Schifffahrts-Museum, Bremerhaven, Logo

Der Aufbau des Schiffes

Der wesentliche Aufbau der „Lübeck“ ist im Folgenden kurz dargestellt.

Das Schiff verfügt über einen doppelten Boden in dem zehn Ballasttanks und zwei Frischwassertanks liegen. Darüber befinden sich drei Ebenen mit (Lager-)Räumen, die über fünf Ladeluken zugänglich sind. Vor der Schiffsmitte kommt noch eine vierte Ebene hinzu, auf der im Bug auch die Mannschaftsräume liegen. Im Heck liegen in dieser Ebene der Proviant- sowie der Post- und Paketraum.

Insgesamt stehen 14 große Räume zum Stauen der Ladung zur Verfügung (plus die drei Reservebunker). Vier zusätzliche Staumöglichkeiten boten vier kleine Lager, die im Plan als „Stores“ ausgewiesen sind und sich im Bug des Schiffes (3) und im Heck (1) befanden. Die Ladeluken der „Lübeck“ hatten eine Breite von etwa 5,5 m und eine Länge zwischen etwa 6,80 m und 8,20 m.

Das Schiff hat, wie auch die „Fürth“, zwei Masten. Beide Masten sind mit je vier Ladekränen bestückt, die eine Tragkraft von je 5 Tonnen haben. Am vorderen Mast ist einer der vier Kräne für schwere Lasten ausgelegt und hat 25 Tonnen Tragfähigkeit. Zwischen Steuerhaus und Maschine sind zwei zusätzliche Kräne mit jeweils 5 Tonnen Tragfähigkeit. Zwei kleinere Kräne im Heck (3 Tonnen) bedienen den Proviantraum, den Post- und Paketraum sowie einen zusätzlichen kleinen Lagerraum.

Die Deckaufbauten

Auf dem Hauptdeck finden wir drei Aufbauten. Das erste ist das Steuerhaus. Hier liegen auf dem Hauptdeck die Unterkünfte der Offiziere und der Stewards, das Speisezimmer der Offiziere und eine Pantry sowie ein Krankenzimmer für die Besatzung. Auf dem Deck darüber sind die Unterkunft des Kapitäns (mit Bad und WC) und das Krankenzimmer der Offiziere. Darüber folgt das Brückendeck mit dem Steuerhaus im eigentlichen Sinne, dem Kartenhaus, dem Telegrafenraum sowie mit der Unterkunft des Telegrafisten. Ein kleines Peildeck bildet den Abschluss dieses Aufbaus. Auf der „Fürth“ war das Steuerhaus, wie bereits oben erwähnt, ein Deck niedriger.

Der zweite Aufbau auf dem Hauptdeck umbaut den Maschinen- und Kesselschacht. Hier finden wir auf dem Hauptdeck die Unterkünfte der Maschinisten, der Maschinenassistenten und der Köche. Zusätzlich die Küche, das Speisezimmer der Maschinisten und eine Pantry. Außerdem untergebracht sind hier zwei Bäder (eins für Offiziere, eins für Maschinisten), ein Waschraum für die Besatzung und die Toiletten. Auf dem Dach dieses Aufbaus ist ein oberes Deck mit fünf Rettungsbooten. Interessantes Detail: Hinter dem Maschinenschacht in der Decksmitte befindet sich ein Geflügelstall.

Im Heck liegen auf dem Hauptdeck noch ein Raum für das Decksgeschirr, ein Öl- und ein Vorratsraum.

Maschine

Die Kesselanlage befindet sich direkt hinter der Schiffsmitte über dem doppelten Boden mit den Ballasttanks. Dahinter die Dreifach-Expansions-Dampfmaschine, von der eine lange Welle zur Schraube ins Heck führt. Die unteren Räume sind daher im hinteren Teil des Schiffes deutlich niedriger als im vorderen Teil, weil darunter die Welle verläuft. Über Maschine und Kessel liegen die Kohlenbunker mit 589 Tonnen Kapazität. Die Räume direkt vor dem Kessel sind Reservebunker, die bei den langen Überfahrten in jedem Fall gebraucht wurden; sie fassen zusätzlich 1020 Tonnen Kohle. Die Bunker können über eine zentrale Kohlenschütte und seitliche Kohlenluken versorgt werden.

Hierarchie

Interessant ist zu sehen, dass sich die Bordhierarchie eindeutig in den Unterkünften widerspiegelt.

Der Kapitän hatte seine eigene „Etage“ und als einziger auch ein eigenes WC. Die Größe der Offiziersräume ist genau abgestuft, das heißt, die Unterkunft des ersten Offiziers war etwas größer als die des zweiten usw.

Der erste und zweite Maschinist, der Telegrafist und der Kapitänssteward hatten ebenfalls noch das Privileg einer Einzelunterkunft. Dritter und vierter Maschinist, Maschinenassistenten, die anderen Stewards und die Köche mussten sich zu zweit jeweils Kabinen teilen, die aber auch, je nach Rangordnung, unterschiedlich groß waren.

Der Speiseraum für die Offiziere war reichlich bemessen, der für die Maschinisten war schon deutlich kleiner und hatte zum Beispiel keine Stühle, sondern nur zwei Bänke.

Da die Mannschaftsunterkünfte und auch ihr Speiseraum unter Deck lagen, liegen im Generalplan keine Details dazu vor. Mit Sicherheit ging es dort enger zu.

Wer sich für die Dimensionen interessiert, der sei auf die DigiPEER-Seite verwiesen, alle Angaben dort sind, wie damals üblich, in Fuß und Zoll beziehungsweise in Kubikfuß gemacht: Generalplan des Dampfschiffes Lübeck

 

Hausflagge, Kontorflagge, Reedereiflagge

Die Hausflagge der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft; German-Australian Steam Ship Co., house flag

Angaben zum Titelbild:

Digitalisiert für das Projekt DigiPEER: Rettungsboot Typ 391 für 49 Personen von der Werft H. Oltmann, gebaut für die Bismarck; Quelle: commons.wikimedia.org; File:2013 12 31 Rettungsboot Bismarck 1914 DSM VIII 4 X 256.jpg

Die „Lübeck“

Das Dampfschiff „Lübeck“ wurde am 13. Juni 1914 an die DADG ausgeliefert. Das Schiff war bei Kriegsausbruch im Indischen Ozean nach Australien unterwegs. Er erhielt durch das Dampfschiff „Lüneburg“ Nachricht vom Ausbruch des Kriegs und änderte seinen Kurs auf Java. Am 26. August 1914 erreichte das Schiff Tjilatjap (Cilacap) an der Südküste Javas. 1919 wurde die „Lübeck“ an England abgeliefert und 1921 in „Trelevan“ umbenannt (Reederei J. Hain & Co.).