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Share Bengal Burma Steam Navigation Co. 1931

Die „Sultania“, exFürth wird nach Rangun verkauft

Ein kurzer Einsatz bei der Bengal Burma Steam Navigation Company

Titelbild: Aktie der Bengal Burma Steam Navigation Co.; mit freundlicher Genehmigung von © Scripoworld – Webseite für historische Wertpapiere; https://www.scripoworld.com/records/burma/bengal-burma-steam-navigation-company-limited/

Verkauf und Preis

Im Mai/Juni 1930 verkaufte der Eigentümer der „Sultania“, die Persian Gulf Steam Navigation Company in Bombay das ehemalige Dampfschiff „Fürth“ an die Bengal Burma Steam Navigation Co. in Rangun.

Geschäftsführer der burmesischen Gesellschaft war Abdul Bari Chowdhury, ein bedeutender indischer Geschäftsmann in Rangun. Der Firmensitz befand sich in Rangun in der bekannten Strand Road, in der sich auch das beste Hotel am Platz, das Grandhotel The Strand, befand, das es übrigens heute noch – oder besser gesagt wieder – gibt.

Anmerkung: Die Transkription des Namens Chowdhury ist unterschiedlich. Der Nachname wird auch Chowdry oder Choudhury geschrieben, der erste Vorname auch Abdool.

steam ship Sultania 1930

Eigentumsübertrag der „Sultania“, exFürth, Lloyd’s Register, Ausgabe 1929-30; persönliche Einsichtnahme am Firmensitz in 71, Fenchurch Street, London im September 2019

Erstaunlicherweise ist für diesen Eigentumsübergang der Verkaufspreis dokumentiert. Gefunden habe ich ihn in der niederländischen Tageszeitung De Maasbode in einem Artikel vom 5. Juli 1930 (Quelle: http://www.delpher.nl).

Darin zitiert De Maasbode einen Bericht aus dem britischen Fachblatt für die Seefahrt, Fair Play, in dem Schiffsverkäufe in den Monaten Mai und Juni 1930 beziffert wurden.

Unter den angegeben Schiffen ist auch die „Sultania“, deren Verkaufspreis mit £ 22.000 angegeben wird.

sale of Sultania 1930

De Maasbode, 5. Juli 1930, Quelle: http://www.delpher.nl

Angegeben ist die Tragfähigkeit (6880 Tonnen), das Baujahr (1907) und der Verkaufspreis. In der letzten Spalte sind als Vergleichswert der Schiffsverkäufe die erzielten Gulden pro Tonne angegeben. Danach wurden für die dreiundzwanzig Jahre alte „Sultania“, exFürth noch 38 Gulden pro Tonne bezahlt.

Zum Vergleich: Der Baupreis der „Fürth“ hatte 1907 etwa 1,3 Mio. Mark betragen, was zum damaligen Wechselkurs etwa £ 65.000 Pfund waren.

Die vom Alter her ähnliche „Morea“ erzielte einen deutlich besseren Preis (50 Gulden pro Tonne), sie war allerdings auch ein Passagierdampfer (gebaut für die Peninsular & Oriental Line).

Rangoon harbour 1930

Hafen Rangun, 1930, am Kai ein Dampfer der British India Steam Navigation Company; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rangoon_Harbour_1930.jpg

Die Bengal Burma Steam Navigation Co.

Die Bengal Burma Steam Navigation Co. war erst 1925 in Rangun gegründet worden. Die Gesellschaft betrieb einen Linienverkehr zwischen Chittagong und Rangun über die Häfen Akyab, Kyavpyu und Andrew Bay entlang der Küste des Golfs von Bengalen.

Eine zweite Linie wurde von Chittagong nach Cox’s Bazar betrieben, einer Stadt, die etwa 150 Kilometer südlich von Chittagong am Golf von Bengalen liegt. Die beiden Schiffe „Mallard“ und „Nilla“ legten zwischendurch in vierzehn weiteren Häfen an.

Den abgebildeten Fahrplan kann ich mit freundlicher Genehmigung von Jimmy Jose, Mitglied des Indian Railways Fan Club, hier zeigen. Die Aufnahme wurde dem Indian Bradshaw, einem Kursbuch für Verkehrsverbindungen, Ausgabe 1934, entnommen.

Da es die Ausgabe von 1934 ist, ist die „Sultania“ leider nicht mehr aufgeführt, da sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Fahrt war.

Bengal Burma Steam Navigation Co. timetable 1934

Fahrplan der Bengal Burma Steam Navigation Co. Ltd. von 1934 aus Indian Bradshaw, mit freundlicher Genehmigung des Rechteinhabers; © Jimmy Jose, IRFCA (Indian Railways Fan Club). Quelle: https://www.irfca.org/gallery/Heritage/timetables/Bradshaw_1934/1934+Bradshaw_+page+308b.jpg.html

Bereits im Jahr 1932 wurde die Bengal Burma Steam Navigation Co. von den größeren Scindia Lines (s. u.) übernommen, behielt aber ihre Eigenständigkeit bei.

1951 wurde die Reederei aufgelöst und bestehende Schiffe an die Muttergesellschaft Scindia Lines übertragen.

Eine kleine Reederei

Groß kann die Bengal Burma Steam Navigation Co. während ihres Bestehens nicht gewesen sein. Aus einem Bericht von The Strait Times, Singapur, vom 19. Oktober 1933 bestand die Flotte lediglich aus zwei Schiffen, der „Englestan“ und der „Sultania“.

Noch im Jahr 1933 kaufte die Bengal Burma Steam Navigation Co./Scindia Lines die Schiffe „Jalagopal“ und „Burmestan“, die im oben abgebildeten Fahrplan aufgeführt sind, von der British India Steam Navigation Co., kurz BI.

Die „Jalagopal“ war die exEdavana, Baujahr 1911 mit 5284 BRT und die „Burmestan“ hieß bei BI noch „Chakdara“, gebaut 1914 mit 3035 BRT.

Die Schiffe „Mallard“ und „Nilla“, die auf der Linie Chittagong Cox’s Bazar eingesetzt wurden, waren sicher deutlich kleinere Schiffe. Über diese beide habe ich keine weiteren Informationen.

Aktie (siehe Titelbild)

Eine Aktie der Bengal Burma Steam Navigation Co. aus dem Jahr 1931 ist im Titelbild dieses Artikels abgebildet. An dieser Stelle danke ich dem Betreiber von Scripoworld, dieses seltene Wertpapier hier zeigen zu können. Demnach war das Aktienkapital in Höhe von Rs. 25,00,000 in 1,00,000 Aktien zu je 25 Rs. aufgeteilt.

Die indische Rupie war die Währung in Britisch Indien als auch in Burma, das zu diesem Zeitpunkt noch Teil Britisch Indiens war. Erst mit dem Government of Burma Act 1935 wurde das Land zum 1. April 1937 von Britisch Indien getrennt.

Die indische Rupie war ab 1998 an das Britische Pfund gebunden. Zunächst entsprachen 15 Rupien einem Pfund. Zwischen den beiden Weltkriegen waren dann 13 1/3 Rupien ein Britisches Pfund.

Das Motto der Bengal Burma Steam Navigation Co. war „Unity is Strenght“, es ist im Stempel des Unternehmens wiedergegeben.

stamp bengal burma steam navigation

Firmenstempel der Bengal Burma Steam Navigation Co.; Quelle: © https://www.scripoworld.com/records/burma/bengal-burma-steam-navigation-company-limited/

Die Hausflagge war weiß mit je einem schmalen blauen horizontalen Band oben und unten. In dem weißen Feld befand sich ein liegender Halbmond und darüber ein Stern, beide in Rot. Dieses Motiv fand sich auch auf dem Schornstein wieder.

Die Hausflagge der Scindia Lines war übrigens blau, mit einem weißen Kreis in der Mitte, in dem sich eine rote Swastika (Hakenkreuz) befand. Die Swastika ist ein altindisches Glückssymbol, erst später wurde dieses Symbol von den Nationalsozialisten für ihre Zwecke missbraucht.

company flag Bengal Burma Steam Navigation Co.

Hausflagge der Bengal Burma Steam Navigation Co.; Quelle: © https://www.scripoworld.com/records/burma/bengal-burma-steam-navigation-company-limited/

Preiskriege

Die Bengal Burma Steam Navigation Co. und Scindia Steam Navigation Co. waren indische Reedereien unter indischer Führung. Wie andere indisch geführte Schifffahrtsunternehmen sahen sich beide Preiskriegen durch die von den britischen Kolonialherren geführte, marktbeherrschende British India Steam Navigation Co. (BI) ausgesetzt.

Wann immer eine kleine indische Reederei sich mit einer Verbindung im Küstenverkehr versuchte, wurde sie von BI dermaßen unter Druck gesetzt, dass ein wirtschaftlicher Betrieb unmöglich wurde.

In einem offenen Brief wandten sich daher im November 1932 die indischen Reeder unter der Führung des Eigners der Scindia Lines, Mr. Walchand Hierarchand, an den Generalgouverneur und Vizekönig von Indien, um politische Unterstützung zu bekommen. Ihre Sorge war, dass die Dominanz von BI einen Aufbau einer eigenen indischen Handelsmarine unmöglich machen und die wenigen bestehenden Gesellschaft in den Ruin treiben würde.

rangoon 1910 barr street jetty

Rangoon, Barr Street Jetty, vor 1910; aus: Twentieth century impressions of Burma, A. Wright, London (1910); Ithaca, New York: Cornell Univeristy Library; http://seasiavisions.library.cornell.edu/

Über 70 % Preisnachlass

Als Beispiel wurden Dumpingpreise von BI auf der Strecke Chittagong – Rangun gegen die Bengal Burma Steam Navigation Co. aufgeführt:

The Bengal Burma Steam Navigation Co., Ltd., has been carrying on the passenger traffic on the Burma-Chittagong run since 1928 but as soon as it entered this trade, the British India Steam Navigation Co., Ltd., declared a rate war by bringing down the passenger fare from Rs. 14 to Rs. 4 and offered inducements in a variety of other ways unknown to normal shipping business. The result has been that the Bengal Company has been very hard hit and its financial resources have been greatly crippled.
Quelle: The Singapore Free Press and Mercantile Advertiser, 22. November 1932, S. 13; National Library Board Singapore, eresources.nlb.gov.sg

Andere indische Reedereien kämpften mit ähnlichen Dumpingpreisen für Fracht und Passagiere durch die BI an anderen indischen Küstenabschnitten.

Eine zur Klärung und Verständigung beider Seiten angesetzte Konferenz zur angemessenen Beteiligung indischer Schifffahrtsunternehmen am Küsten- und Überseehandel war im Jahr 1930 gescheitert.

Rangoon 1930

Sule Pagoda Wharf, vor 1910; aus: Twentieth century impressions of Burma, A. Wright, London (1910); Ithaca, New York: Cornell University Library; http://seasiavisions.library.cornell.edu/

Swadeshi Steam Navigation Company

Über zwanzig Jahre zuvor war das Verhalten der BI gegenüber indischen Reedereien noch viel brutaler gewesen.

Einer der ersten Inder, die es gewagt hatten, gegen das Monopol der BI anzutreten, war V.O. Chidambaram Pillai. Im Jahr 1906 begann er im Zug der indischen Unabhängigkeitsbewegung mit einer Schifffahrtslinie zwischen Tuticorin in Südindien und Colombo auf Ceylon.

Die Briten sahen dies als Aufstand gegen ihre Kolonialregierung. Als Chidambaram Pillai im Jahr 1908 dann auch noch Minenarbeiter zum Streik aufrief, steckten ihn die Kolonialherren mit dem ungeheuerlichen Strafmaß von 40 Jahren ins Gefängnis. Die Reederei selbst musste 1911 wieder schließen.

Chidambaram Pillai wurde zwar 1912 wieder aus der Haft entlassen, verlor aber seine Anwaltslizenz (die erst viel später wieder zurückerhielt) und durfte nicht mehr in seinen Heimatdistrikt zurückkehren.

Heute wird er in Indien als einer der frühen Kämpfer für die indische Unabhängigkeit geehrt.

Scindia Lines

Die Scindia Lines, vollständig Scindia Steam Navigation Company, war 1919 gegründet worden und wurde 1932 Mehrheitseigner der Bengal Burma Steam Navigation Co.

Die Gründung der Gesellschaft stand ebenso wie die der Swadeshi Steam Navigation Company, in engem Zusammenhang mit frühen indischen Unabhängigkeitsbestrebungen von der Kolonialmacht Großbritannien.

Gründer der Scindia Lines waren Walchand Hierarchand und Narottam Morarjee, zwei branchenfremde Geschäftsleute.

Am 5. April 1919 begab sich ihr erstes Schiff „Loyalty“ auf eine Fahrt von Bombay nach London. Die Engländer taten alles dafür, dass das Schiff keine Passagiere und Fracht für die Rückfahrt erhielt. Mit nur wenigen Passagieren und 1500 Tonnen Roheisen konnte sich die „Loyalty“ erst am 1. November 1919 auf die Rückreise begeben. Die Fahrt bescherte den Eignern folglich einen erheblichen Verlust.

Die Gesellschaft schaffte es dennoch in der Folge, die englische Kolonialzeit zu überleben und blühte dann mit der Indischen Unabhängigkeit im Jahr 1947 auf.

Die Reederei unterhielt Verbindungen nach Europa, in die USA, nach Singapur, den Persischen Golf, Ost- und Westafrika sowie nach Australien und Neuseeland (Quelle: theshipslist.com).

1997 wurde das letzte Schiff verkauft und die Geschäftstätigkeit in der Schifffahrt eingestellt.

Die „Sultania“ bei der Bengal Burma Steam Navigation Co. bzw. bei Scindia Lines

Die „Sultania“ war nur etwa 18 Monate für die Bengal Burma Steam Navigation Co. in Fahrt. Bereits im Dezember 1931 wurde das Schiff in Kalkutta aufgelegt:

SCINDIA LINES.
Reported Transfer Of Tonnage.
…intends to share in the passenger-carrying traffic in the Bay of Bengal, where the company is now virtually in control of the Bengal-Burma Steam Navigation Co., Ltd., which owns the steamers Englestan and Sultania. The latter, however, has been laid up at Calcutta since December, 1931.

The Strait Times, Singapore, 19. Oktober 1933, S. 3

Der technische Zustand des Schiffes dürfte kein Grund für das Auflegen gewesen sein, denn noch im August 1931 war eine letzte Revision des Schiffes von Lloyds in Bombay durchgeführt worden (Quelle: Eintrag in Lloyd’s Register, Ausgabe 1931-32).

Über das Ende des Dampfschiffes „Sultania“, exKerman, exFürth und den weltwirtschaftlichen Zusammenhang, die Weltwirtschaftskrise, berichtet demnächst ein weiterer Blogartikel.

Zur Sprache kommen werden auch regionale Ereignisse, die einen wirtschaftlichen Schiffsverkehr zusätzlich erschwerten oder unmöglich machten: Die Aufstände in Burma (Rangoon Riots) im Jahr 1930 sowie eine Serie von Erdbeben, die die Region in den Jahren 1929 – 1931 erschütterten.

Rangoon rice bowl 1910

Rangun, um 1910, Schauerleute vor einem Berg Reis, stereographische Karte; Library of Congress, https://www.loc.gov/item/2019631536/

Nachtrag: Reis

Reis war in den 1930er Jahren das wichtigste Exportprodukt Burmas; das Land wurde als Reisschüssel Südostasiens bezeichnet. Im Handel mit Indien machte Reis wertmäßig über 50 % der Exporte aus, gefolgt von Petroleum und anderen Erdölprodukten (20-25 %) sowie von Hölzern (7-10 %).

Anmerkung: Die Erdölgewinnung geschah unter anderem durch die Burmah Oil Company, die später an der Gründung der Anglo-Persian Oil Company maßgeblich beteiligt war. SIEHE: Die Ursprünge der bp Gruppe (British Petroleum)

Andersherum gesehen, bezog Indien etwa 90 % seiner Reisimporte aus Burma, dem zu dieser Zeit wichtigstem Reis exportierendem Land der Erde. Burma hatte in den 1930er Jahren einen Anteil von etwa zwei Fünftel an der globalen Exportmenge von Reis.
Quelle: The Political and Economic Conditions of Indians in Burma, 1900-1941; N. R. Chakravarti, London (1969); ProQuest ref. no. 10557503

Auf dem Rückweg von Kalkutta nach Rangun wurde häufig Bunkerkohle transportiert

Richard Crow, der zuvor seine Ausbildung bei BI auf dem Schulschiff „Australia“ absolviert hatte berichtet über die Kohle- und Reisefrachten von und nach Rangun:

“the cargo ships … spent much of their time humping coal from Calcutta to Rangoon, which was a bunkering port for the coal burners of those days, then after discharge and cleaning up, a full cargo of rice to Ceylon and the west coasts, Malabar and Kathiawar, of India before returning to Calcutta to repeat the same humdrum cycle”
Quelle: https://www.benjidog.co.uk/recollections/Richard%20Crow6.html

Australia, Schiff, 1932

Das Schulschiff „Australia“

DADG-Schiffe bei der British India Steam Navigation Company (BI)

Titelbild: Das BI-Schulschiff „Australia“ im Südlichen Ozean 1932, Ölgemälde von Richard D. Crow;
Quelle: https://www.benjidog.co.uk/recollections/Richard%20Crow2.html

Die British India Steam Navigation Company (BI) war eine der bedeutendsten Reedereien in der Geschichte der Seefahrt. Im Laufe der Zeit besaß die BI über 500 Schiffe, weitere 150 fuhren unter ihrem Management.

BI behielt nach dem Kauf durch die Peninsular & Oriental Steam Navigation (P&O) im Jahr 1914 ihre Selbstständigkeit bei. Erst 1971 ging sie dann in der P&O Gruppe auf und die für die Reederei typischen Schiffe mit dem schwarzen Schornstein mit dem schmalen weißen Doppelband verschwanden von den Weltmeeren.

Im Jahr 1920 erreichte die BI-Flotte die stattliche Zahl von 161 Schiffen.

The number of ships in the B.I. fleet reached its peak of 161 in 1920, and, also in that year, B.I. extended its London-Zanzibar service to Beira.
http://www.rakaia.co.uk/assets/british-india-history.pdf

Ausführliche Informationen über die Geschichte der British India Steam Navigation Company finden Sie hier: http://www.biship.com/index.htm

Dass die starke Vormachtstellung der BI auf dem indischen Subkontinent auch mit unsauberen Mitteln verteidigt wurde, ist eine andere Geschichte, auf die ich in einem anderen Blogartikel noch zu sprechen komme.

British India Steam Navigation steam ships in Calcutta

BI-Dampfer auf dem Hugli in Calcutta, um 1890, Photochromdruck; Library of Congress; https://www.loc.gov/item/2017658181/

Elf Schiffe der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft

Unter den im Jahr 1920 gemanagten (bereederten) Schiffen der BI waren elf Schiffe der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG), die im oder nach dem Ersten Weltkrieg von Großbritannien beschlagnahmt wurden und in das Eigentum der Britischen Krone übergingen. Die verantwortliche Regierungsstelle, The Shipping Controller, überließ diese Schiffe der BI zu Bereederung.

Zehn dieser DADG-Schiffe hatten zu Beginn des Ersten Weltkrieges im neutralen Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien, Schutz gesucht und waren während des Kriegs dort verblieben.

Darunter war zum Beispiel der Frachtdampfer „Ulm“, dessen Schicksal ich hier im Blog ausführlich dokumentiert habe: SIEHE Die „Ulm“ in Ambon (Teil 1 von 2) und Die „Ulm“ in Ambon (Teil 2 von 2)

Die anderen neun Schiffe waren in alphabetischer Reihenfolge „Freiberg“, „Hagen“, „Iserlohn“, „Lübeck“, „Lüneburg“, „Offenbach“, „Stolberg“, „Sydney“ und „Wismar“.

Die genannten zehn Schiffe hatte die BI nur kurze Zeit unter ihrem Management. In den Jahren 1920/1921 wurden sie von The Shipping Controller an andere Reedereien verkauft.

Zwei der Schiffe gingen sogar nach Deutschland zurück:

„Offenbach“ wurde von der Reederei Kayser in Hamburg gekauft und in „Anna Kayser“ umbenannt. Zur Reederei Kayser siehe den Beitrag: Dampfschiff „Fürth“: Rückzahlung der Vorrechtsanleihe im Jahr 1917

„Freiberg“ wurde von der DADG im Jahr 1923 zurückgekauft und als „Lüneburg“ (II) wieder in Fahrt genommen.

Der Frachtdampfer „Australia“

Eine Ausnahme bildete der DADG-Frachtdampfer „Australia“.

Das Schiff hatte ich ausführlich im Blog vorgestellt. Bei seiner Jungfernfahrt erregte es einige Aufmerksamkeit. Im südaustralischen Erzhafen Port Pirie war es im Februar 1913 das größte Schiff gewesen, das dort jemals angelegt hatte.

Für Sonntag, den 2. März 1913 war sogar ein Konzert an Bord organisiert worden, bei dem der Bevölkerung die Gelegenheit gegeben wurde, sich dieses imposante Schiff aus der Nähe zu betrachten. Auch ein Film wurde an diesem Tag gedreht.

Siehe: Bordkonzert in Port Pirie

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde die „Australia“ am gleichen Tag wie das Dampfschiff „Fürth“ von der Royal Navy vor Ceylon gekapert und von einem britischen Kriegsschiff in den Hafen von Colombo begleitet.

Siehe: Die Kaperung der „Fürth“

Ebenso wie die „Fürth“ ging die „Australia“ nach Entscheidung des Prisengerichts Colombo in das Eigentum der Britischen Krone über.

Die Bereederung übernahm 1915 BI. Es war damit das einzige DADG-Schiff, das bereits zu Beginn des Krieges unter dem Management von BI stand.

Ein weiterer Unterschied zu allen anderen ehemaligen Schiffen der DADG war, dass BI das Schiff im Jahr 1921 von The Shipping Controller für sich selbst gekauft hat und es in der Folgezeit als Schulschiff einsetzte.

Erst 1936 wurde „Australia“ wieder verkauft und schließlich 1937 in Japan abgebrochen.

Port Pirie, Australia

Die „Australia“ in Port Pirie, eigene Montage aus zwei Fotos der State Library of South Australia, Referenznummern B9524/2 und B9524/3

Das Schulschiff „Australia“ und Richard Crow

Unzählige Seeleute, die bei BI ihren Beruf lernten, durchliefen ihre Ausbildung in der Folge auf dem Schiff „Australia“. Einer davon war der spätere Offizier Richard Crow.

Richard Crow machte jedoch nicht nur Karriere als Schiffsoffizier, er erwarb sich ebenfalls einen Ruf als Marinemaler.

Außerdem sind vom ihm Erinnerungen notiert worden, die uns einen Einblick in seine Zeit auf der „Australia“ geben.

Bevor Sie mir vorwerfen, dass ich abgeschrieben hätte, gebe ich hier meine Quellen bekannt. Die folgenden Informationen stammen von den beiden Seiten:
http://www.biship.com/crow.htm
https://www.benjidog.co.uk/recollections/Richard%20Crow.html

Zur besseren Lesbarkeit dieses Blogartikels habe ich die Zitate von Richard Crow ins Deutsche übersetzt. Im Original finden Sie die Passagen bei https://www.benjidog.co.uk/recollections/Richard%20Crow.html.

Lassen wir Richard Crow zu Wort kommen:

„Meine Eltern zahlten £ 50 für den vierjährigen Ausbildungsvertrag bei der British India Steam Navigation Co. Ltd. und ich sollte ein Lehrgeld von 10/- pro Monat im ersten Jahr, 1 £ im zweiten, 30/- im dritten und 3 £ im letzten Jahr bekommen.“

Anmerkung: 1 £ hatte 20 Shilling, im ersten Jahr bekam er also ein halbes Pfund, im dritten eineinhalb Pfund.

„An meinem 17. Geburtstag, dem 12. September 1932, kam ich zusammen mit sechs anderen Kadetten, die ihre erste Reise antraten, auf das Schulschiff des Unternehmens, die „Australia“ (Kapitän W. Scutt), das bei Carrick Roads in Falmouth vor Anker lag. Ich zeichnete mich gleich am nächsten Tag aus, da ich seekrank wurde.

Die Australia war ein in Deutschland gebauter Glattdecker, ein Kohle verbrennendes Dampfschiff mit einer Schraube und 7500 BRT. Es war in den frühen Tagen des Ersten Weltkrieges vor Colombo gekapert worden.

Sie lag in Falmouth nach einer Reise von Australien mit einer vollen Ladung losen Getreides und es schien, dass wir die ersten paar Wochen jede Stunde mit Tageslicht damit verbrachten, stinkendes und verrottendes Getreide aus den Laderäumen und Bilgen auszuputzen.

Nach ungefähr einem Monat liefen wir aus, umfuhren Lands End bei einem Orkan (wo alle anderen Erstfahrer seekrank wurden), wir bunkerten und luden Weißblech und allgemeine Fracht in einigen südwalisischen Häfen, bevor wir das Laden in Liverpool abschlossen.

1932 war ein Rezessionsjahr, wir hatten nur eine Teilladung und um die Suezkanal-Gebühren zu sparen, segelten wir mit energiesparender Geschwindigkeit um das Kap nach Australien.

So sahen wir, nachdem wir Liverpool in einer dunklen und stürmischen Nacht verlassen hatten, kein Land mehr (wir Erstfahrer dachten schon, dass es dem ‚Alten‘ abhandengekommen war), bevor wir 42 Tage später in Fremantle ankamen.

Australia cadetship 1932

Das BI-Schulschiff „Australia“ in der Großen Australischen Bucht 1932, Ölgemälde von Richard D Crow; Quelle: http://www.biship.com/crow.htm

Wir hatten einen zusätzlichen zweiten Offizier als Ausbilder an Bord und waren mit einer Telefunkenanlage (Morse) ausgestattet. Wir hatten ebenfalls einen Arzt, aber keine Kühlung, so dass nach ungefähr zehn Tagen, als frische Lebensmittel ausgingen und die große Eistruhe abgetaut war, wir von Schiffszwieback und so glaube ich, generell von Dosennahrung leben mussten, die jeden Vormittag mit einem Schlückchen Zitronensaft in Übereinstimmung mit den Board of Trade Regulations ausgegeben wurde, um dem Skorbut vorzubeugen.

Auf See war es uns gestattet, vom Schiffsvorrat eine Dose mit 50 Player-Zigaretten pro Woche für 1/6d oder eine ¼ Pfd.-Dose mit Capstan-Navy-Cut-Tabak und einige Rizla-Zigarettenpapiere zum entsprechenden Preis zu kaufen. Wir nahmen normalerweise den Tabak, weil wir, wenn wir dünne Zigaretten drehten, mehr als 50 herausbekamen, auch wenn sie am Ende der Woche oft wirklich sehr dünn waren.

Die Unterkunft der Kadetten auf der Australia war hinten auf dem Zwischendeck des hinteren Laderaums. Sie bestand aus zwei großen Schlafkajüten mit je 18 Kojen, eine auf jeder Seite mit einer Messe zwischen ihnen. Vor der Steuerbord-Kajüte war eine Kajüte mit drei Kojen für die Petty Officers (Verantwortliche für eine kleine Gruppe von Mannschaftsdienstgraden, Anm. d. Übers.). Auf der Backbordseite war eine ähnliche Kajüte, die als Pantry für die Essensausgabe benutzt wurde. Waschräume und Toiletten befanden sich in einem Deckhaus direkt darüber auf Deck.

Die 39 Kadetten waren in zwei Wachen eingeteilt, back- und steuerbord gemäß ihrer Unterbringung, jede Wache hatte einen eigenen Cadet Petty Officer und zusätzlich gab es einen Cadet Chief Petty Officer. Es war auf See bei den langen Strecken nach Australien üblich, dass die Wachen im wöchentlichen Turnus als Deckwache und Schulwache wechselten. Beide Wachen trafen sich vor dem Frühstück um die Decks zu waschen, nach dem Frühstück blieb eine Wache unten, um mit dem Ausbildungsoffizier zu lernen und die andere übernahm die normalen seemännischen Arbeiten und unterstützte Quartiermeister, Brückenwachen und nächtliche Ausgucke im Krähennest.

Sonntags auf See wurden beide Wachen in voller Uniform an Deck zum Sonntagsappell vom Kapitän, begleitet vom ersten Offizier, dem Ausbildungsoffizier und dem Schiffsarzt gemustert. Nach dieser Musterung ging der Kapitän unter Deck und inspizierte die Unterkünfte in Begleitung der Petty Officers. Dazu trug er weiße Handschuhe und wehe uns, wenn sein Finger auf Balken, in Ecken oder Ritzen Staub oder Dreck fand. Diesem Stubenappell folgte ein kurzer Gottesdienst, von dem die Katholischen ausgenommen waren.“

Australia (ship) under Harbour Bridge, 1932

Die „Australia“ unter der Harbour Bridge in Sydney, Sammlung Richard Crow; https://www.benjidog.co.uk/recollections/Richard%20Crow2.html

In der Folge beschreibt Crow die Leiden der Erstfahrer, den Wettbewerb zwischen den Wachen und sportliche Wettbewerbe mit anderen in australischen Häfen.

Sein letzter Eintrag zum Schiff „Australia“ selbst lautet schließlich:

„Die nächste und letzte Reise der Australia als Schulschiff ging nach Kalkutta und nach unserer Rückkehr in UK, wurden wir in Falmouth auf die Nerbudda überstellt.“

Soweit die Erinnerungen des Richard Crow, die er 70 Jahre nach den Ereignissen zu Papier brachte und die deshalb nach so langer Zeit vielleicht nicht immer ganz genau sind.

„These memories are now some 70 years old and so may not be as accurate as I think they are.“

Nichtsdestotrotz geben Sie uns einen wertvollen Einblick in die längst vergangene Zeit der Dampfschifffahrt.

Bombay (Mumbai) 1922

Die „Sultania“, exFürth in den Jahren 1920 bis 1923

Persian Gulf Steam Navigation Company, Bombay

Titelbild: Bombay, 1922, Straßenszene; Bain News Service; Library of Congress, https://www.loc.gov/resource/ggbain.00362/

 Im Juni/Juli 1920 war das Dampfschiff „Kerman“, exFürth erneut verkauft worden. Der Verkäufer war die Anglo-Persian Oil-Company, Käufer des Frachtdampfers war die Persian Gulf Steam Navigation Company in Bombay (heute: Mumbai), die das Schiff fortan „Sultania“ nannte. SIEHE: Der zweite Verkauf des Dampfschiffes „Fürth“

Überführung nach Britisch Indien

Die erste Fahrt der „Sultania“ verlief von Glasgow über Birkenhead nach Bombay. Diese Überführungsfahrt der exFürth fand unter der Regie der Clan Line statt, die Cayzer, Irvine & Co. gehörte. Diese Reederei hatte die „Kerman“, exFürth bereits im Jahr 1919 auf einer Fahrt zwischen Großbritannien und Chittagong in Britisch Indien gemanagt.
SIEHE: Die „Kerman“, ex Fürth bei Cayzer, Irvine und Co. (Clan Line)

In einer Anzeige des Clan Line vom 17. Juli 1920 ist die Abfahrt der „Sultania“ auf der Linie BOMBAY AND PERSIAN GULF für den Vortag (16. Juli) angekündigt.

Laut Schiffsmeldungen (The Scotsman, 4. August 1920, Shipping Intelligence) erfolgte die Abfahrt aus Glasgow jedoch erst am 28. Juli. Nachdem das Schiff anschließend keine weitere Linie bedienen, sondern in Britisch Indien verbleiben sollte, konnte man sich diese Verzögerung leisten. Daher dürfte es wichtiger gewesen sein, genügend Fracht an Bord zu haben, als pünktlich abzufahren.

Die Ankunft in Bombay ist dann für den 11. September 1920 dokumentiert.
Quelle: Sheffield Daily Telegraph, 15. Sept. 1920

Sultania, exKerman, exFürth

Die „Sultania“ in der Mercantile Navy List von 1921 (Quelle: Memorial University of Newfoundland, collections.mun.ca)

Als neuer Eigentümer der exFürth ist eingetragen:
The Persian Gulf Steam Navigation Co., Lim., 19, Rampart Row, Fort, Bombay, India. Manager der Gesellschaft: Mahomed J. Shushtary, same address.

In der Fußzeile der Mercantile Navy List sind die beiden vorangegangenen Namen des Frachtdampfers angegeben: Formerly the „Kerman“. Foreign name „Furth“.

In Bombay

Die verfügbaren Informationen über The Persian Gulf Steam Navigation Company sind spärlich.

Der Eigentümer, Shushtary, war Muslim und hatte nur ein paar wenige Schiffe in Fahrt (laut einem Eintrag bei Lloyds Register im Jahr 1918 waren es drei).

Im Jahr 1915 berichtete die Malaya Tribune über die zweite Generalversammlung des Unternehmens in Bombay. Bei einem jährlichen Turnus wäre die Gesellschaft demnach 1913 gegründet worden.

Der Artikel weist für das Jahr 1914 einen Umsatz von gut 7,1 Mio. Rupien und einen Gewinn von rund 50.000 Rupien aus, von dem die Hälfte als Rücklage eingestellt und sechs Prozent als Dividende ausbezahlt wurden.

Der Umsatz sei mit nur einem Schiff erzielt worden. Anderen Quellen zufolge müsste es sich dabei um das Schiff „Sardar“ gehandelt haben (siehe unten).

Quelle: Malaya Tribune, 7. August 1915. National Library Board Singapore, eresoucres.nlb.gov.sg.

In einer Anzeige im Bombay Chronicle vom 16. Februar 1917 wirbt die Reederei mit regelmäßigen Abfahrten in den Persischen Golf, bei denen Passagiere erster und zweiter Klasse befördert wurden, aber auch Deckpassagiere.

Als Makler ist in der Anzeige Haji Sultanali Shushtary & Co. in der Esplanade Road 121 in Bombay angegeben.
Quelle: https://archive.org/stream/dli.granth.3548/3548_djvu.txt

Anmerkung: Die Esplanade Road ist im heutigen Mumbai die Mahatma Ghandi Road.

bombay esplanade 1905 service-pnp-stereo-1s20000-1s26000-1s26600-1s26634v

Bombay, Esplanade, 1905; Stereographie; Library of Congress, https://www.loc.gov/item/2020681392/

Die beworbene Schiffsverbindung war jedoch offenbarbar nicht wirklich regelmäßig.

In einer Quelle über die Transportsituation im Iran im Jahr 1921 wird die Verbindung als unregelmäßig bezeichnet und nur einige wenige Schiffe der Reederei hätten im Jahr 1918/1919 in Häfen des Persischen Golfs angelegt:

Persian Gulf Steam Navigation Co. Ltd. (Irregular service.) A few boats called at the Persian ports of the Persian Gulf during the year 1918 to 1919.

Quelle: https://www.ebooksread.com/authors-eng/spain-conference-on-freedom-of-communications-and-transi/general-transport-situation-in-1921-statements-submitted-by-the-states-which-to-ala/page-27-general-transport-situation-in-1921-statements-submitted-by-the-states-which-to-ala.shtml

Weitere Reedereien im Verkehr zwischen Indien und dem Persischen Golf

Wichtigste Reederei und eindeutiger „Platzhirsch“ für Verbindungen zwischen Indien und dem Persischen Golf war die große British India Steam Navigation Co. Ltd. (BI). Diese Reederei hatte den Linienverkehr zwischen beiden Regionen bereits 1862 mit der Eröffnung des Postverkehrs nach Bushire und Basra begründet.
SIEHE: Die „Kerman“, exFürth im Persischen Golf

Die Reederei war seit 1914 Teil der noch größeren Peninsular & Oriental Steam Navigation Company, kurz P & O, behielt jedoch ihre Eigenständigkeit.

Die BI verfügte über eine große Flotte, die im Jahr 1920 die stattliche Zahl von 161 Schiffen erreichte.

The number of ships in the B.I. fleet reached its peak of 161 in 1920, and, also in that year, B.I. extended its London-Zanzibar service to Beira.
http://www.rakaia.co.uk/assets/british-india-history.pdf

Über die BI folgt nächste Woche ein eigener Artikel, da einige Schiffe der „Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft“ im und nach dem Ersten Weltkrieg von dieser Reederei übernommen wurden, unter anderem das hier im Blog ausführlich vorgestellte Dampfschiff „Australia“. SIEHE: Bordkonzert in Port Pirie

Gegenüber diesem stark marktdominierenden Unternehmen, gab es weitere kleinere Reedereien, die auf die Verbindung zwischen Britisch Indien und dem Persischen Golf spezialisiert waren: die Bombay and Persia Steam Navigation Co. Ltd. und die Arab Steamers Ltd., beide mit Sitz in Bombay.

Neben dem Passagier- und Frachtservice zwischen beiden Regionen, war das Hauptgeschäft dieser Reedereien der Transport von indischen Mekka-Pilgern nach Jeddah (heute Dschidda).

Der Hafen Jeddah in Saudi-Arabien war jedes Jahr der Zielhafen für den Haddsch, der wichtigsten Pilgerfahrt für Muslime.

Bombay harbour 1890

Bombay, Hafen bei der Ankunft eines Postschiffes, Photochromdruck, um 1890; Library of Congress, https://www.loc.gov/item/2017658173/

Bombay and Persia Steam Navigation Company

Die Bombay and Persia Steam Navigation Co. wurde 1877 von vier muslimischen Händlern in Bombay gegründet. Während des Haddsch wurde eine Verbindung von Bombay über Karatschi nach Jeddah angeboten, außerhalb der Haddsch-Saison fuhren die Schiffe in Häfen des Persischen Golfs und des Roten Meeres. Außerdem bestand eine Verbindung von Kalkutta nach Japan. 1913 kam die Reederei unter britische Führung und 1939 wurde sie in Mogul Line umbenannt.
Quellen: The Ships List; Royal Museums Greenwich

Um 1920 dürfte die Gesellschaft weniger als zehn Schiffe in Fahrt gehabt haben (siehe: The Ships List, http://www.theshipslist.com/ships/lines/mogul.shtml).

Bombay harbour 1903

Bombay, Hafen, 1903; Stereographie; Library of Congress, https://www.loc.gov/item/2020681343/

Arab Steamers Ltd.

Auch die Arab Steamers Ltd. war ein Unternehmen aus Bombay. Gegründet wurde die Reederei am 2. Mai 1911.

Bereits im Jahr 1914 wurde die Aktienmehrheit von der British India Steam Navigation Company und der Asiatic Steam Navigation Company übernommen. 1922 erfolgte der Zusammenschluss mit der Bombay and Persia Steam Navigation Co.

Bombay 1907

Bombay, Geschäftsstraße, 1907; Library of Congress, https://www.loc.gov/item/2020681377/

Schiffe der Persian Gulf Steam Navigation Company

Außer der „Sultania“ hatte Shushtary im Jahr 1920 noch die „Zayani“, die „Shustar“ und eventuell die „Iran“ in Fahrt.

Die „Zayani“ war ursprünglich ein niederländisches Schiff, die „Bali“ der N.V. Stoomvaart Maatschappij „Nederland“ in Amsterdam.

Am 22. Juni 1914 wurde die „Bali“ an die Persian Gulf Steam Navigation Co. Ltd. in Bombay verkauft. Das Frachtschiff hatte eine Ladekapazität von 4950 Tonnen bei 3389 BRT. Es war 1899 von Carmichael, Mclean & Co in Greenock am Clyde (Schottland) gebaut worden.

Die „Zayani“ war bis 1929 in Fahrt als sie am 13. Juni 1929 mit Brandschaden in Bombay einlief. Im September 1929 wurde sie zum Abbruch nach Italien verkauft, dort jedoch nie abgeliefert. Schließlich wurde das Schiff in Bombay verkauft und abgebrochen.
Quelle: Stichting Maritiem-Historische Databank; https://www.marhisdata.nl/schip?id=764

Ebenfalls 1920 in Fahrt für das Unternehmen war die „Shustar“.

Die „Shustar“ war 1917 von der Persian Gulf Steam Navigation Co. Ltd. gekauft worden. Das Schiff hatte vorher bereits drei Eigner und Namen: „Cape Otway“, „Pilburra“ und „Sunstream“. Die meiste Zeit war sie in australischen Küstengewässern unterwegs gewesen. Die „Shustar“ hatte 2.664 BRT bei einer Länge von 96 Metern. 1924 wurde die „Shustar“ an das Königreich Hedschas verkauft, das 1932 Teil Saudi-Arabien wurde.
Quelle: http://www.flotilla-australia.com/ausn.htm

Über die bei Lloyds Register (1918) verzeichnete „Iran“ konnte ich bislang leider keine Angaben finden.

Ein anderes Schiff der Persian Gulf Steam Navigation Company war das Fracht- und Passagierschiff „Sardar“. Es hieß ursprünglich „Prins Willem IV“ und war ein Schiff der niederländischen Reederei N.V. Koninkijke West-Indische Maildienst. Es wurde 1894 von Richardson Duck & Co. in Stockton-on-Tees an der englischen Ostküste fertiggestellt. Das Schiff hatte 2047 BRT und war für 74 Passagiere ausgelegt.

Im Jahr 1913 war es für £ 12.000 an die Persian Gulf Steam Navigation Co. Ltd. verkauft worden.

Allerdings lief die „Sardar“ bereits am 3. November 1916 auf der Fahrt von Bombay nach Jeddah mit einer Ladung Stückgut im Hafen von Merka (Italienisch-Somaliland) auf Grund und war verloren.

Bombay map

Stadtplan von Bombay, 1914, aus: Baedeker, Karl: Indien. Handbuch für Reisende. Verlag Karl Baedeker, Leipzig, 1914, p. 120 f; über commons.wikimedia.org, file: Bombay (Baedeker, 1914).jpg

Funkstille

Nach der Ankunft der „Sultania“, exFürth in Bombay am 11. September 1920 bleibt das Schiff vom Radar der internationalen Schiffsmeldungen bis in den Mai 1924 verschwunden.

Was in dieser Zeit passiert ist, muss ich derzeit offenlassen. Lloyds Register weist eine Überprüfung des Schiffes im Januar 1923 im Hafen von Bombay aus. Ebenfalls Überprüfungen der Maschine im März 1923 und im Mai 1924.

Das Schiff dürfte also in diesen Jahren in Fahrt gewesen sein, eventuell von der indischen Westküste zu kleineren Häfen des Persischen Golfs.

Bombay, Fort, 1914, map

Fort Bombay, Kartenvergrößerung aus: Stadtplan von Bombay, 1914, Baedeker, Karl: Indien. Handbuch für Reisende. Verlag Karl Baedeker, Leipzig, 1914; commons.wikimedia.org, file: Bombay (Baedeker, 1914).jpg

Die Esplanade verläuft in der linken Bildhälfte von N nach S; Rampart Row biegt von ihr in NW/SE-Richtung ab (untere Bildhälfte).

Demnächst im Blog …

…berichte ich über den Haddsch und die Pilgerfahrt indischer Muslime nach Mekka. Überraschend ist die Tatsache, dass auch die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, mindestens einmal in ihrer Geschichte Mekkapilger von Bombay nach Jeddah transportiert hatte.

Außerdem lief die „Sultania“ nach der Pilgersaison im Jahr 1924 nach Mauritius. Geladen wurde dort – natürlich – Zucker, der nach Britisch Indien verschifft wurde.