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Kaiser Wilhelm der Große, 26. August 1914

In der Schusslinie

Titelbild:
Das Gefecht zwischen „Kaiser Wilhelm der Große“ und HMS „Highflyer“ am 26. August 1914 vor der Küste von Rio de Oro (Spanisch-Sahara); Reproduktion eines Gemäldes von Norman Wilkinson; Quelle: Library of Congress, Washigton DC; https://www.loc.gov/resource/cph.3b16660/

Die „Magdeburg“ und der Untergang des Dampfers „Kaiser Wilhelm der Große“

Der Frachtdampfer „Magdeburg“ unter Führung von Kapitän Orgel erreichte am 8. September 1914 den Hafen von New York. Der Erste Weltkrieg war bereits ausgebrochen, aber die zu diesem Zeitpunkt noch neutralen Vereinigten Staaten von Amerika boten dem Dampfschiff der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) einen geschützten Ankerplatz.

Kapitän Orgel hatte einen aufregenden Monat hinter sich. Er berichtete der deutschsprachigen New Yorker Staats-Zeitung von seiner erlebnisreichen Fahrt, bei der er Zeuge vom Untergang des Dampfschiffes „Kaiser Wilhelm der Große“ geworden war.

„Kaiser Wilhelm der Große“ war ein Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd Bremen aus dem Jahr 1897. Er war einst der Stolz der Reederei und hatte knapp drei Jahre das Blaue Band für die schnellste Atlantiküberquerung inne (Nov. 1897 – Juli 1900). Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde das Schiff in Bremerhaven von der Kaiserlichen Marine übernommen, zum Hilfskreuzer umgerüstet und vor der Küste Westafrikas eingesetzt.

Kaiser Wilhelm der Große 1897

„Kaiser Wilhelm der Große“, Ansicht von Steuerbord, 1897; Library of Congress, public domain; https://www.loc.gov/resource/cph.3b16661/

Mittendrin, statt nur dabei

Die „Magdeburg“ war bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges auf einer Linienfahrt von Skandinavien nach Australien im Nordatlantik in Richtung Kanarische Inseln unterwegs.

Kapitän Orgel berichtet:

„Ich erhielt in Las Palmas Order, dem Dampfer „Kaiser Wilhelm der Große“ von meinen Bunkerkohlen abzugeben. Ich traf das Schiff am Südende der Bucht Rio de Oro an der afrikanischen Küste.“

Rio de Oro liegt im damaligen Gebiet Spanisch-Sahara; die Bucht ist bei Villa Cisneros (heute Dakhla).

„Dieser Theil der Küste gehört zu Spanien. Der „Kaiser Wilhelm der Große“ lag ganz nahe unter Land in 8 Faden Wasser. Ich schätze die Distanz vom Land auf höchstens ½ Seemeile. Im Lauf des 25. August gaben wir 600 Tonnen Kohlen und Proviant an den Hilfskreuzer ab und gingen darauf in einer Entfernung von etwa 400 Metern westlich von ihm vor Anker.“

Am Tag darauf sollte die „Magdeburg“ zwischen die Fronten geraten:

„Am 26. August Vormittags 11.30 Uhr kam ein englischer Kreuzer in Sicht und begann mit dem „Kaiser Wilhelm der Große“ durch Scheinwerfer zu signalisiren. Der Kommandant des deutschen Hilfskreuzers unterrichtete mich, daß der englische Kreuzer die Uebergabe des „Kaiser Wilhelm der Große“ verlangte. Andernfalls würde er Feuer eröffnen.“

Soviel ich weiß, hat der der deutsche Kommandant dem Engländer geantwortet: ‚Wir Deutsche ergeben uns nicht.“ Fregattenkapitän Reymann, welcher den „Kaiser Wilhelm der Große“ befehligte, theilte mir darauf mit, daß der englische Kreuzer bald Feuer eröffnen würde und er mir daher riethe, Anker auf zu gehen und aus dem Feuerbereich zu dampfen.“

„Kaiser Wilhelm der Große“ dagegen konnte den Anker nicht lichten. Kapitän Orgel erklärt warum:

Der „Kaiser Wilhelm der Große“ selber konnte nicht Anker aufgehen, da seine Maschinen erst in 2 Stunden klar sein und er erst nach weiteren sechs Stunden in allen Kesseln Dampf aufhaben konnte.“

Kein Zielwasser

Kapitän Orgel gelang es jedoch nicht, sein Schiff rechtzeitig aus der Schusslinie zu bringen:

„Während ich noch beim Ankerlichten war, fing der englische Kreuzer bereits an, zu schießen, obwohl die ‚Magdeburg‘ direkt in der Schußlinie, d. h. zwischen dem „Kaiser Wilhelm“ und dem Kreuzer lag. Die englischen Granaten schlugen rechts und links von uns ein, und ich muß sagen, daß das Zielen außerordentlich schlecht war. Sämtliche Granaten fielen zu kurz, bis schließlich eine Granate in den Bug der ‚Magdeburg‘ einschlug und große Verwüstung im Vorschiff anrichtete. Glücklicherweise befand sich zu dieser Zeit niemand von der Mannschaft in dem betreffenden Theil des Schiffes.“

Ein Zeitungsartikel aus The Brooklyn Daily Eagle, New York City vom Sonntag, 4. Oktober 1914, gibt dazu nähere Einzelheiten:

Die auf der „Magdeburg“ eingeschlagene Granate zersplitterte in drei Teile, die jedes für sich für Zerstörung auf dem Schiff sorgte. Ein Teil landete in einem Schrank mit Farben und Ölen, der glücklicherweise nicht explodierte. Ein anderer Teil schlug durch die Mannschaftsräume auf dem Vorschiff und versursachte ein Feuer, dass aber schnell gelöscht werden konnte. Ein dritter Teil schließlich sauste knapp an der Brücke vorbei und schlug in einen Ventilator ein und landete im Inneren des Schiffs.

Magdeburg Dampfschiff (1900)

„Magdeburg“ in der Gravesend Bay in Brooklyn, die gestrichelte Linie zeigt die Flugrichtung eines Geschossteils, nachdem das Schiff getroffen wurde; Foto aus The Brooklyn Daily Eagle, New York City, Sonntag, 4. Oktober 1914; Quelle: Library of Congress, Washington DC, Image 134 of World War history; https://lccn.loc.gov/2004https://lccn.loc.gov/2004540423540423

Selbst versenkt

Zurück zum Gefecht:

„Der ‚Kaiser Wilhelm der Grosse‘, der sich wie ich schon oben erwähnte, nicht rühren konnte, erwiderte das Feuer des englischen Kreuzers mit seinen drei verfügbaren Geschützen sofort. Es heißt, daß der englische Kreuzer mehrfach getroffen wurde und mehrere Todte hatte.“

Der deutsche Hilfskreuzer konnte nur die drei vorderen Geschütze einsetzen, da er mit dem Bug zu dem Kreuzer, HMS „Highflyer“, lag:
„…, she met the Britisher at a disadvantage, for she was lying bow on and could only bring her forward guns into play.” (The Brooklyn Daily Eagle, Sonntag, 4. Oktober 1914).

Offiziellen britischen Angaben zufolge gab es auf HMS „Highflyer“ einen Toten und fünf Verwundete.

„Ich lief mit der ‚Magdeburg‘ mit höchster Fahrt nach Süden und verlor beide Schiffe bald aus der Sicht. Als wir den ‚Kaiser Wilhelm‘ zuletzt sahen, hatte er eine starke Neigung nach Backbord und ich hatte den Eindruck, daß er wegsänke.“

Was Kapitän Orgel nicht mehr bezeugen konnte, können wir einer anderen Quelle entnehmen.

Nach eineinhalb Stunden Gefecht war dem Hilfskreuzer „Kaiser Wilhelm der Große“ die Munition ausgegangen. Zu diesem Zeitpunkt gab Kommandant Max Reymann den Befehl, das Schiff zu sprengen. Gleichzeitig ließ er die Rettungsboote klarmachen.

„Dann erfolgte die Sprengung, und dumpf donnerten die Explosionen durch unser schönes Schiff, das seiner Heimat im Krieg und Frieden so treue Dienste geleistet.“
Quelle: Kreuzerjagd im Ozean, Kriegstagebücher des Hilfskreuzers Kaiser Wilhelm der Große, Emil Aye, 2013, maritimepress; Zitat abgerufen über books.google.fr

Der auf „Kaiser Wilhelm der Große“ verbliebene Teil der Mannschaft konnte in drei Booten das Ufer erreichen, von dort zu einem spanischen Fort und später nach Spanien gelangen.

Lageskizze mit HMS Highflyer und Kaiser Wilhelm der Große

Lageskizze mit den Schiffen HMS „Highflyer“ (E), „Kaiser Wilhelm der Große“ (C) und „Magedeburg“ (A) und (B); The Brooklyn Daily Eagle, New York City, Sonntag, 4. Oktober 1914; Quelle: Library of Congress, Washington DC, Image 134 of World War history; https://lccn.loc.gov/2004https://lccn.loc.gov/2004540423540423

Anmerkung: „Kaiser Wilhelm der Große“ hat laut Artikeltext jedoch mit dem Bug zu HMS „Highflyer“ gelegen: „…, she met the Britisher at a disadvantage, for she was lying bow on and could only bring her forward guns into play.”

Zwei Nationen – zwei Meinungen

Weiter berichtete Kapitän Orgel der New Yorker Staats-Zeitung:

„Diese ‚Seeschlacht‘, für die, wie ich hier in New York erfahre, der Kommandant des englischen Kreuzers von seiner Admiralität besonders belobt worden ist, fand also gegen ein vor Anker liegendes und überraschtes Hilfsschiff und innerhalb neutraler Gewässer statt.“

Während die Deutschen die Briten beschuldigten, das Schiff in neutralen Gewässern angegriffen zu haben, hatten die Briten naturgemäß eine andere Sicht der Dinge.

Ihrer Meinung nach hatte das deutsche Schiff zuerst die Neutralität verletzt, weil es bereits zum zweiten Mal hier Bunkerkohlen aufgenommen hatte und länger als eine Woche an dem neutralen Ankerplatz lag, was gegen die internationalen Regularien in Kriegszeiten verstoßen hätte.

DADG-Dampfschiff Magdeburg (1900)

Dampfschiff “Magdeburg”, durch die explodierende Granate aufgerissene Stahlplatten; Foto aus The Brooklyn Daily Eagle, New York City, Sonntag, 4. Oktober 1914; Quelle: Library of Congress, Washington DC, Image 134 of World War history; https://lccn.loc.gov/2004https://lccn.loc.gov/2004540423540423

Prisen und Gefangene

„Erwähnen will ich zum Schluss noch, daß der ‚Kaiser Wilhelm der Große‘ von mehreren englischen Prisen 110 englische Kriegsgefangene an Bord hatte. Diese Leute, welche sich außerordentlich wohl auf dem deutschen Schiff gefühlt hatten, waren vor dem Feuereröffnen auf Befehl des Kommandanten des ‚Kaiser Wilhelm der Große‘ auf den längsseits liegenden Dampfer „Arukas“ gebracht. Der Dampfer „Arukas“ hatte gleichfalls dem ‚Kaiser Wilhelm der Große‘ Kohlen zugeführt.
…“

„Kaiser Wilhelm der Große“ hatte zuvor drei Schiffe versenkt und deren Besatzungen an Bord genommen. Neben den Kriegsgefangenen war auch der Teil der Mannschaft, der nicht zum Gefecht benötigt wurde, auf die Dampfer „Arukas“ und „Bethania“ gebracht worden.

Der HAPAG-Dampfer „Bethania“ hatte als drittes Schiff den Hilfskreuzer mit Kohlen versorgt. Gleichzeitig hatte er etwa 350 Mann von dessen Besatzung aufgenommen.

Anmerkung: Zwei britische Passagierschiffe, die „Galicean“ und die „Atalante“, mit einer großen Zahl an zivilen Passagieren, hatte Kommandant Reymann weiterfahren lassen, nach er sie gestoppt hatte. In dieser frühen Kriegsphase galt noch der Ehrenkodex, zwar die Schiffe zu versenken, aber Mannschaften und Passagiere zu retten. „Kaiser Wilhelm der Große“ hätte die große Zahl an Menschen dieser beiden Schiffe jedoch gar nicht aufnehmen können.

Magdeburg Dampfschiff Ventilator

Dampfschiff “Magdeburg”, durch die explodierende Granate aufgerissener Ventilator; Foto aus The Brooklyn Daily Eagle, New York City, Sonntag, 4. Oktober 1914; Quelle: Library of Congress, Washington DC, Image 134 of World War history; https://lccn.loc.gov/2004https://lccn.loc.gov/2004540423540423

Auf einem Pulverfass

Dass sich die Besatzung der „Magdeburg“ in der Schusslinie zwischen ‚Kaiser Wilhelm der Große‘ und dem britschen Kreuzer HMS ‚Highflyer‘ nicht gerade wohl gefühlt haben dürfte, leuchtet ein. Aber da war noch mehr.

Wie wir aus der Zeitung The Brooklyn Daily Eagle vom 4. Oktober 1914 erfahren, hatte die „Magdeburg“ nämlich 300 Tonnen Dynamit an Bord. Nicht auszudenken, wenn die an Bord eingeschlagene Granate oder ein Teil davon ihren Weg in den mit Dynamit beladenen Raum gefunden hätte.

Dynamit war auf DADG-Schiffen eine häufig anzutreffende Fracht. Es bestand ein Transportvertrag mit der Dynamit AG (vormals Alfred Nobel & Co) und regelmäßig wurde Dynamit nach Südafrika oder Australien verschifft. Beide Länder hatten großen Bedarf an Dynamit im Bergbau oder für Infrastrukturprojekte. Das Dynamit auf der „Magdeburg“ war für Australien bestimmt.

explosives

Quelle: Pixabay (Bildausschnitt)

Keine Prise

Eine Frage, die sich stellt, ist warum HMS „Highflyer“ nach dem Gefecht die „Magdeburg“ nicht verfolgt und als Prise genommen hat.

Die Antwort dürfte darin liegen, dass HMS „Highflyer“ von „Kaiser Wilhelm der Große“ zu stark beschädigt wurde, um die Verfolgung aufzunehmen.

„Aber ‚Highflyer‘ konnte nur langsame Fahrt machen, da eine unserer Granaten ihm ein Hauptdampfrohr zerschossen hatte. Jetzt erfuhren wir, daß ‚Highflyer‘ Tote und Verwundete zugab, mit wenig Fahrt nach Gibraltar gedampft wäre, um mindestens vier Wochen in die dortige Werft zur Reparatur zu gehen.“
Quelle: Kreuzerjagd im Ozean, Kriegstagebücher des Hilfskreuzers Kaiser Wilhelm der Große, Emil Aye, 2013, maritimepress; Zitat über books.google.fr

New York

Sowohl „Magdeburg“ als auch „Bethania“ nahmen Kurs auf New York.

Der DADG-Dampfer „Magdeburg“ erreichte den neutralen Hafen am 8. September 1914.

Das HAPAG-Schiff „Bethania“ jedoch wurde am 7. September 1914 etwa 300 Seemeilen vor Cap Hatteras (North Carolina) von dem britischen Kriegsschiff HMS „Essex“ aufgegriffen und nach Kingston in die britische Kolonie Jamaika geleitet. Die Mannschaft und die 350 aufgenommenen Mann von „Kaiser Wilhelm der Große“ kamen dort in Gefangenschaft.

steamer Augsburg 1896

Verschollen und vergessen: Der Frachtdampfer „Augsburg“

Eine Erinnerung an die verschwundenen Seeleute der „Augsburg“

Beitragsbild: Der Frachtdampfer „Augsburg“, Aufnahmedatum unbekannt (zwischen 1896-1912); © R. Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888 – 1926, S. 30, Eigenverlag (Strandgut), Cuxhaven 1984, Aufnahme aus der Sammlung A. Kludas.

Im Jahr 1912

Das Jahr 1912 wird in der Schifffahrtsgeschichte für immer und ewig mit dem Untergang der „Titanic“ verbunden bleiben. Sie erinnern sich sicher an einige Fakten: größtes Schiff der Welt – Eisberg – Kollision – White Star Line – Jungfernfahrt – 14. April 1912 – über 1500 Opfer usw.

Ich werde mich nicht in die Legionen einreihen, die über dieses bekannteste Schiffsunglück der Geschichte etwas zu sagen hatten oder auch nicht.

Zwei Monate zuvor, also im Februar 1912, war auf der Fahrt von New York nach Durban (Südafrika) ein anderes Schiff verunglückt und danach verschwunden, der Frachtdampfer „Augsburg“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG), Hamburg.

Dieser Schiffsuntergang hat es nicht einmal in die sonst recht umfangreiche Liste der bedeutenden Seeunfälle 1911 – 1920 bei Wikipedia gebracht, obwohl dort auch kleinere Havarien verzeichnet sind (Stand November 2020; https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_bedeutender_Seeunf%C3%A4lle_1911%E2%80%931920).

Das Schiff „Augsburg“, um das es hier geht, finden Sie ebenfalls nicht auf der Begriffsklärungsseite von Wikipedia, Stichwort Augsburg (Stand November 2020): https://de.wikipedia.org/wiki/Augsburg_(Begriffskl%C3%A4rung)

Auch sonst werden Sie über das Schiff nicht viel finden, und falls Sie doch auf mehr Informationen stoßen, als in diesem Artikel zu lesen ist, bitte ich um Ihre Mitteilung!

Der Frachtdampfer „Augsburg“ scheint also völlig vergessen zu sein; dieser Artikel möchte das Schiff wieder in Erinnerung bringen.

Vor allem aber soll der Artikel eine Erinnerung sein an die rund vierzig Seeleute, die mit dem Schiff „Augsburg“ bis heute verschollen sind. Ihre Namen sind unten im Text aufgeführt.

Anmerkung: Der hier beschriebene Frachtdampfer „Augsburg“ ist ein Dampfschiff der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG). Er ist nicht zu verwechseln mit SMS Augsburg, einem Kleinen Kreuzer der Kaiserlichen Marine, der 1909 vom Stapel lief.

Andere Schiffsunglücke im Blog

Über einen anderen Verlust eines Dampfschiffes der DADG hatte ich hier berichtet:

Der Untergang des Dampfers „Bergedorf“

Auch zwei andere, recht bekannte Schiffskatastrophen waren bereits ein Thema:

Die Explosion der „Sultana“ im Jahr 1865: SIEHE Gedenken an eine vergessene Katastrophe

und das mysteriöse Verschwinden der „Waratah“ im Jahr 1909. In die Suche nach dem australischen Schiff war auch der Frachtdampfer „Fürth“ eingebunden. SIEHE dazu: Suche nach der Waratah und Waratah – Suche Teil 2

Augsburg 1909 Steroscopic Card

Die Patenstadt: Ansicht von Augsburg mit Rathaus und Perlachturm, Stereoskopkarte 1909, Quelle: Library of Congress, https://www.loc.gov/item/2019643656/

Die „Augsburg“ (1896)

Die „Augsburg“ lief bei Charles Connell & Co. in Glasgow vom Stapel (Bau-Nr. 226) und wurde am 27. Juni 1896 an die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft ausgeliefert.

Es wurde bestellt am 18. Oktober 1895 ein Neubau bei Charles Connell & Co., Glasgow. Preis 39 500 £ – 6500 t d./w., elf Knoten; Lieferung 18. April 1896. Das war wieder ein Schritt vorwärts, 500 tons mehr d./w. und ½ Knoten mehr an Fahrt. Das Schiff wurde am 27. Juni 1896 geliefert und erhielt den Namen „Augsburg“. (Harms, 1933)

Anmerkungen:

d./w. = deadweight, Tragfähigkeit

39 500 £ entsprachen etwa 790 000 Mark. Die Einstandskosten der „Augsburg“ beliefen sich auf insgesamt 849 000 Mark (Harms, 1933).

Mit 4287 Bruttoregistertonnen, einer Länge von gut 115 Metern und einer Dreifachexpansions-Dampfmaschine mit 2000 PS hatte es eine vergleichbare Größe und Motorisierung wie das Dampfschiff „Fürth“. Die Bauweise des Schiffes war jedoch eine ganz andere. Siehe dazu zum Vergleich ein Bild der „Plauen“, eines Schwesterschiffs der „Fürth“, aus ähnlicher Perspektive.

Mehr über die „Plauen“ hier: Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Plauen“

steamer Augsburg 1896

Der Frachtdampfer „Augsburg“, Aufnahmedatum unbekannt (1896-1912); © R. Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888 – 1926, S. 30, Eigenverlag (Strandgut), Cuxhaven 1984, Aufnahme aus der Sammlung A. Kludas.

Dampfschiff

Das Dampfschiff „Plauen“, © National Library of Australia (State Library of New South Wales), Reference code 456726

Die Höchstgeschwindigkeit der „Augsburg“ ist mit 11 Knoten angegeben, die Stärke der Besatzung mit 37 Mann.

Vor der „Augsburg“ war nur das Schiff „Sommerfeld“ bei Charles Connell & Company bestellt worden. Danach wurde auf dieser Werft kein Schiff mehr für die DADG gebaut. Ein drittes Schiff, dass in Glasgow am Clyde gebaut wurde, war die „Chemnitz“ (1889). Die Werft war in diesem Fall Alexander Stephen & Sons.

A “poor man’s ship“

Die Einrichtungen für die Besatzung waren auf der Glasgower Werft sehr einfach gehalten. Das belegt das folgende Zitat:

Um für die getrennten Taxen bei der Kasko-Versicherung zuverlässige Unterlagen zu haben, hatten wir die Erbauer der Dampfer „Augsburg“ und „Flensburg“ um ihre Abschätzungen ersucht. Die Auskünfte lauteten für die Kajüte mit Zubehör:
auf 1080 £ für „Augsburg“ (6500 t d./w.)
auf 3200 £ für „Flensburg“ (6000 t d./w)
und zeigen, daß die Wohneinrichtungen usw. in Glasgow wesentlich einfacher als in Flensburg gehalten und mehr dem „poor man’s ship“ angepaßt waren.
Harms, 1933

Anmerkung: Die „Flensburg“ war von der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) erbaut worden, die Werft, welche die meisten Schiffe für die DADG herstellte.

Im Linienverkehr für die DADG

Von 1896 bis 1912 war die „Augsburg“ im Linienverkehr der DADG eingesetzt. Die Reederei bediente mit ihren Schiffen von Europa aus Südafrika, Australien und Niederländisch-Indien (das heutige Indonesien), hatte aber auch Linien von Nordamerika (New York) nach Java und nach Australien.

Feuer an Bord

Über ein Feuer an Bord der „Augsburg“ im Jahr 1904 hatte ich an anderer Stelle berichtet: Das Dampfschiff „Fürth“ an der indischen Malabarküste. Hier nochmal der Artikel aus The Sydney Morning Herald:

… The fire has been extinguished, cargo in No. 3 hold, Rolls of coir yarn, casks coconut oil, bags of poonac, bales of coir yarn, bags of copra for Hamburg and Antwerp; capacity of holds 23,800 cubic feet, about a half damaged more or less by fire and water. Most this cargo from Volkart Brothers. Stormy weather prevent work. All cargo No. 3 hold is being discharged, two-thirds already out. …
The Sydney Morning Herald, 16. März 1904, S. 10, Accidents to German Steamers

Anmerkungen: 23800 Kubikfuss sind rund 674 Kubikmeter; coir yarn ist Kokosfaser und poonac ist ein Rückstand der Kokosölgewinnung, also ein Ölkuchen, der noch als Viehfutter verwendet wird. Kopra ist getrocknetes Fruchtfleisch der Kokosnuss: Die Fracht der „Fürth“ – Kopra

Die im Artikel erwähnte Entladung der „Augsburg“ fand in Ferrol (spanische Nordwestküste) statt.

Ein Hurrikane und zwei Eisberge

Im Herbst 1907 hatte die „Augsburg“ einen schweren Hurrikane zu überstehen, bei dem zwei Eisberge gesichtet wurden. Das Schiff erreichte Fremantle (Westaustralien) mit erheblichen Schäden an Deck. Der Schweinestall mit zwei Schweinen und der Hühnerstall mit etwa einem Dutzend Hühnern wurden von Deck gespült. Schweine und Hühner dienten als Vorrat für die Bordküche.

Augsburg at Fremantle.
A HEAVY GALE.
ICEBEEGS SIGHTED.

FREMANTLE. Saturday, The Tyser liner Augsburg arrived last night from New York. The captain reports fine weather till October 2. When near Kerguelen she passed two large icebergs, five miles off. Next day the southerly gale increased to a hurricane. During the night the vessel was swept by heavy seas, and portion of the rails on the starboard side was carried away. The hand wheel aft was smashed, the iron stanchions supporting the awnings of poop broken and bent, and a large derrick weighing 1000 lb unshipped from the main mast. The pigstye with two pigs and hencoop with a- dozen fowls broke adrift, and striking the back stays on the port side were broken open and all the live stock were carried overboard. Next day the weather moderated, and continued fine to port. The ship sails tor Sydney this afternoon.
Evening News, Sydney, Sa 12. Okt. 1907

Die „Augsburg” unter Führung von Kapitän Paulsen (Evening Mail, 11. Okt 1907) war auf dieser Fahrt für die United Tyser Line unterwegs, einer Gemeinschaftslinie der DADG mit DDG Hansa, Bremen und der Tyser Line Ltd., London.

United Tyser Line

Artikel über die Linie New York – Australien in der Zeitschrift Hansa, März 1907

Februar 1912

Im Februar 1912 war die „Augsburg“ auf der Linie New York – Java eingesetzt. Eine Linie, die auch die „Fürth“ einmal bedient hatte und zwar im August 1913. SIEHE: Petroleum für Java

Die Abfahrt aus dem Heimathafen Hamburg erfolgte zuvor am 16. Dezember 1911 und das Schiff erreichte New York unter Ballast am 5. Januar 1912. Kapitän war Wilhelm Winter.

Augsburg arrives in New York, January 1912

Ankunft der „Augsburg“ in New York; The New York Herald, 6. Jan 1912; Quelle: Library of Congress, Washington DC

Über den Makler der DADG in New York, die Firma Funch, Edye & Co. siehe den Blogartikel: Im Auftrag Rockefellers

In der gleichen Ausgabe von The New York Herald wird berichtet, dass die „Augsburg“ am Tag zuvor in einem Sturm bei Sandy Hook einen Anker verloren hatte, der nun ersetzt wurde.

steamer Augsburg, January 1912

Augsburg verliert Anker; The New York Herald, 6. Jan 1912; Quelle: Library of Congress, Washington DC

Die Sandy Hook Bay liegt an der südlichen Einfahrt zum Hafen New York auf dem Gebiet von New Jersey. Die „Augsburg“ lag dort vielleicht auf Reede, bevor sie an Pier 3 in den Bush Docks in Brooklyn anlegen konnte.

Bush Docks 1914, Brooklyn, New York

Bush Terminal, Brooklyn, um 1914, Library of Congress; über Wikipedia (https://en.wikipedia.org/wiki/File:Bush_Terminal_Brooklyn_historic.jpg)

Der auch als Industry City bekannte Hafenkomplex Bush Docks/Bush Terminal bestand aus sieben Landungsstegen, die mit Lagerschuppen überbaut waren.

Die Liegezeit der „Augsburg“ in New York betrug genau vier Wochen und der Frachtdampfer verließ den Hafen von New York am Freitag, den 2. Februar 1912 mit Petroleum in Kanistern (“cased oil“) und Stückgut nach Batavia. Der nächste Hafen, der für die Aufnahme von Bunkerkohle angelaufen werden sollte, war Durban (Südafrika).

Nach dem Verlassen von New York wurde die „Augsburg“ nie mehr gesehen. Der Frachtdampfer mit etwa 40 Mann Besatzung gilt bis heute (November 2020) als verschollen.

meer_still_pixabay

Bild: Pixabay

Der Untergang der „Augsburg“

Es gibt keine letzte Gewissheit, wann was passiert ist.

Eine Vermutung ist, dass die „Augsburg“ bereits zwei Tage nach dem Verlassen von New York in einen schweren Sturm geraten ist und in diesem Sturm oder in Folge davon untergegangen ist.

Diese Vermutung basiert auf dem Bericht eines anderen Kapitäns:

Am gleichen Tag wie die „Augsburg“ hatte auch die „Magdeburg“, ebenfalls ein Schiff der DADG den Hafen New York mit Ziel Australien (über Durban nach Fremantle, Adelaide, Melbourne, Sydney und Brisbane) verlassen. Die Routen beider Schiffe waren bis Durban identisch.

Augsburg, Magdeburg, New York Tribune, February 1912

Abfahrt der „Augsburg” und der „Magdeburg” am 2. Februar 1912; New York Tribune, 3. Februar 1912, Quelle: Library of Congress, Washington DC

Kapitän Orgel berichtete nach dem Eintreffen der „Magdeburg“ in Australien von einem schweren Sturm, der zwei Tage nach dem Ablegen von New York etwa vierundzwanzig Stunden andauerte. Die anschließende Fahrt wäre dann ruhig verlaufen.

… Two days after leaving New York the Magdeburg ran into very bad weather. However, it only lasted for twenty-four hours and the remainder of the voyage was characterised by smooth seas …
Fate of the steamer Augsburg, The Mercury, Hobart, 16. April 1912, S. 4

Zu diesem Zeitpunkt war die „Augsburg“ bereits lange überfällig und Kapitän Orgel hatte die Befürchtung, dass die „Augsburg“ dem Sturm zum Opfer gefallen war.

FEARS FOR THE AUGSBURG.
The German-Australian steamer Magdeburg, from New York, via Adelaide, which arrived at Melbourne on Friday, left New York on February 12, and two days afterwards encountered a fierce storm. The steamer battled through without injury, but Captain Orgel fears that the Augsburg, of the same line, which left New York on the same day for Batavia, via Durban, was unable to weather the gale, and foundered. The Augsburg is two months overdue at Durban.
The Sydney Morning Herald, 8. April 1912, S. 10 (trove.nla.gov.au)

Über zwanzig Jahre später hat Otto Harms in seinem Buch über die Reederei bis zum Ersten Weltkrieg, das Verschwinden des Schiffes wie folgt zusammengefasst:

Für den Verlust des Dampfers „Augsburg“, welcher auf der Reise von New York nach Java verschollen ist, haben wir keine Erklärung, sondern nur eine Vermutung. Das Schiff war unter Führung eines tatkräftigen, tüchtigen Kapitäns, welcher nicht nur „Augsburg“ schon mehrere Reisen gefahren, sondern genau dieselbe Reise schon vorher gemacht hatte, das Schiff also gut kannte. Wir wissen auch von seinen Vorgängern in der Führung, daß „Augsburg“ ein gutes Seeschiff war. Von einem andern unserer Dampfer, welcher ungefähr zur selben Zeit New York verlassen hatte, ist berichtet worden, daß zu jener Zeit sehr schwere Stürme im Atlantischen Ozean gewütet haben. Dieser Dampfer hat darunter so gelitten, daß er St. Vincent anlaufen mußte, um den Kohlenvorrat zu ergänzen. Es ist sicher, daß „Augsburg“ diese Stürme ebenfalls durchzumachen hatte und es muß angenommen werden, daß er darin Schaden erlitten, welcher ihn betriebsunfähig gemacht hat, und daß er dann dem schweren Wetter zum Opfer gefallen ist. Besonders zu beklagen ist der Verlust vieler Menschenleben. Die Besatzung bestand aus 37 Mann.
Otto Harms (1933), Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg, Schröder & Jeve, Hamburg.

Harms war vor dem Ersten Weltkrieg Geschäftsführer der Reederei.

Anmerkung: St. Vincent war eine bedeutende Kohlenstation auf den Kapverdischen Inseln.

Hoffen und Bangen

Die Distanz zwischen New York und Durban beträgt 7565 nautische Meilen (nach Searoutes.com). Bei einer angenommenen Durchschnittsfahrt von 10 Knoten entspricht das 31 Tagen und 12 Stunden.

Die „Fürth“ hatte im Sommer 1913 ziemlich genau diese Zeit gebraucht (Abfahrt von New York am 20. August 1913 und Ankunft in Durban am 21. September 1913).

Auf die Fahrt der „Augsburg“ übertragen, ist mit einem Eintreffen in Durban um den 5. März 1912 gerechnet worden.

Die ersten Meldungen in den Zeitungen über die überfällige „Augsburg“ erschienen ab dem 23. März 1912:

In den USA:

steamer Augsburg, March 1912

Fear Steamer Is Lost: The Evening World, New York, 22. März 1912; Quelle: Library of Congress, Washington DC

In Niederländisch-Indien:

steamer Augsburg, De Sumatra-Post; 22.03.1912

De Sumatra-Post vom 22. März 1912; http://www.delpher.nl

Natal war britische Kolonie und ab 1910 Teil der Südafrikanischen Union. Wichtigste Hafenstadt war Durban (Port Natal).

In Deutschland:

steamer Augsburg, Altonaer Nachrichten March 28th, 1912

Augsburg überfällig, Altonaer Nachrichten vom 28. März 1912 (europeana.eu)

Im April 1912 kam noch einmal Hoffnung auf. Die treibende „Augsburg“ wäre im Atlantik auf 38° nördlicher Breite und 56 ° Länge gesichtet worden. Zwei deutsche Schiffe, die „Caledonia“ und die „Bremen“ (1897) machten sich auf die Suche, aber ohne Erfolg. Die Nachricht stellte sich später aber als Falschmeldung heraus.

steamer Augsburg, April 1912

To Hunt The Augsburg: The Sun, New York, 22. April 1912; Quelle: Library of Congress, Washington DC

Zeitungen in Niederländisch-Indien brachten Meldungen, dass die treibende „Augsburg“ in der Nähe der Insel Ceylon gesichtet worden oder auf der Fahrt verbrannt wäre. Die große Ladung Petroleum ließ das eine nahe liegende Ursache sein. Keiner dieser Meldungen lagen jedoch Tatsachen zugrunde, es handelte sich um Gerüchte.

Die verschollenen Seeleute

Die Besatzung der „Augsburg“ geht aus einem Artikel im Hamburger Anzeiger vom 30. März 1912 hervor. Einleitend heißt es:

Von dem Hamburger Australdampfer „Augsburg“, der wie berichtet, schon lange überfällig ist, und auf den bereits 60 Prozent Rückversicherung abgeschlossen worden sind, fehlt auch bis heute jede Nachricht, so daß die Befürchtung, daß er auf der Reise von Neuyork über Südafrika nach Australien mit der ganzen Besatzung verloren gegangen ist, nicht von der Hand zu weisen ist. Würde er infolge Schaftbruchs oder schweren Maschinenschadens manövrierunfähig geworden sein, so hätte man ihn jedenfalls bereits angetroffen, da die Route, welche er fährt, stark belebt zu sein pflegt. …

Anschließend folgen die Namen der Seeleute, die ich zur besseren Übersicht untereinander geschrieben habe. Es sind Kapitän Winter und 37 Besatzungsmitglieder.

Die Besatzung besteht, laut Musterrolle, aus nachstehenden Personen:
Kapitän Wilhelm Winter – Altona
erster Steuermann Robert Th. C. Herrlich – Lübeck
zweiter Steuermann Walter F. G. H. Reckling – Zelle
dritter Steuermann Johannes K. Abam – Hildesheim

Zimmermann C. Heinrich Dankwerts – Cranz
Bootsmann Carl J. F. Lange – Kustrow

Matrosen
Chr. G. R. Lange – Stettin
Aug. Nyström – Stockholm
F. H. Carl Lorenz – Aken
Paul J. C. Hidde – Berlin
Ferdinand Boschke – Danz. Heisternest
Anton Jerschewitz – Herrwilk, Rußland

Leichtmatrosen
Georg K. H. Schwarz – Lauterbach
G. Emil Kühn – Deuben
C. Jackel

Koch Carl J. F. Großmann – Bärnsdorf
Kochsmaat Heinrich Blanck – Markt Bergel
erster Steward Hermann H. J. Alwes – Hamburg

erster Maschinist Maximilian D. Russe – Neu-Lewin
zweiter Maschinist Carl A. Chr. Friedland – Hamburg
dritter Maschinist C. Richard Becker – Altona

Assistenten
Ludw. A. M. K. Burmeister – Lübeck
A. Sukopp

Heizer
August Zoller, Mosnang
Max Drunkenpolz – Kötzling
J. J. Richard Putz – Berlin
Rich. E. Stubbe – Birken
Emil Steiner – Utzensdorf
Henry Szameitpreugsch – Memel
Jakob Baudy – Grafenhausen

Schmierer
J. Peter Reis – Frickenhausen

Trimmer
Rudolf Prozell – Plömnitz
Franz P. Knak – Wiedeloh
Johann H. F. Ehrich – Kiel
Christian Carstensen – Bollersleben
Ernst M. C. Barth – Hamburg
W. Dages
R. Willbrecht

Quelle: Hamburger Anzeiger vom 30. März 1912; Quelle: europeana.eu

Mögliche Desertionen

Die im Hamburger Anzeiger vom 30. März 1912 veröffentlichen Seeleute von der Musterrolle der „Augsburg“ müssen am 2. Februar 1912 beim Ablegen des Schiffes in New York nicht alle zwangsläufig an Bord gewesen sein.

Ich hatte über das Thema Desertionen einen ausführlichen Artikel veröffentlicht. Darin wurde deutlich, dass die Zahl der Desertionen auf Dampfschiffen zu dieser Zeit zwischen 15 – 25 % pro Reise lag und dass New York mit Abstand der beliebteste Hafen für Desertionen in Hamburg angemusterter Seeleute war. SIEHE: Dampfschiff „Fürth“: Tagebuch-Spezial – Deserteure, Einschleicher und wechselndes Personal

Das Seemannsamt Hamburg verzeichnete für das Jahr 1912 die sehr hohe Zahl von 899 Desertionen im Hafen New York.

Die „Augsburg“ hatte immerhin vier Wochen im Hafen von New York gelegen und die Gelegenheiten zu desertieren dürften zahlreich gewesen sein.

Letzte Sicherheit über die Seeleute, die tatsächlich an Bord waren, kann nur eine Mannschaftsliste der Hafenpolizei New York vom 2. Februar 1912 bei der Abfahrt der „Augsburg“ geben.

Ob diese Outward crew list in den National Archives oder an einem anderen Ort überliefert ist, habe ich jedoch nicht recherchiert.

Oktober 1912

Im Oktober 1912 erschienen noch einmal einige Artikel in australischen Medien, die das Verschwinden und die Suche im April thematisierten.

Ich schließe diesen Blogbeitrag mit den letzten Worten eines mehrfach in gleichem Wortlaut erschienenen Artikels (zum Beispiel in Daily Commercial and Shipping List, Sydney vom 31. Oktober 1912:

… Since then hope has gradually dwindled down until now even the most optimistic persons have realised that the good old steamer has gone to the “port of missing ships”.

Im „Hafen der vermissten Schiffe“ ist die „Augsburg” bis heute.

sea gull

Bild: Pixabay.