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Makassar harbour, about 1910

In Makassar

Titelbild: Ladebrücke im Hafen von Makassar, Ansichtskarte, ungelaufen, undatiert, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Aufnahme ca. 1910-1913; eigene Sammlung

Mit dem Dampfschiff „Fürth“ in Niederländisch-Indien

Die Hafenstadt Makassar (Macassar, Mangkasar) war die Hauptstadt des gleichnamigen Distriktes auf der Insel Celebes (indonesisch: Sulawesi). Zu den Zeiten des Dampfschiffes „Fürth“ gehörte die Insel und damit auch die Stadt zu Niederländisch-Indien (heute Indonesien).

Laut Encyclopedia Britannica (Ausgabe 1911) lebten dort 17.925 Menschen, davon 940 Europäer, 2618 Chinesen und 168 Araber.

Die Stadt liegt an der Westküste einer südlichen Halbinsel von Celebes (zur Lage siehe Karte unten). Die Makassarstraße trennt die Insel von der westlich gelegenen Insel Borneo.

Heute hat die Stadt etwa 1,5 Mio. Einwohner, der Ballungsraum rund 3 Mio.

Celebes and Macassar map

Die Lage von Celebes und Makassar in Niederländisch-Indien; die Lage der Städte Singapur und Batavia (heute: Jakarta) habe ich zur Orientierung eingefügt; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sulawesi_Locator.svg (Wiedergabe in Sepia); Lizenz: Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Macassar pier and quays, before1912

Makassar, Hafen, Aufnahme aus dem 1912 veröffentlichten Buch „Scented Isles and Coral Gardens“ von C. D. Mackellar; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:The_Pier_and_Quays,_Macassar,_Celebes.jpg

Kopra

Die Handelsgüter für die Schiffe der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG), die in Makassar geladen wurden, waren Kopra, Kaffee, Gummi, Gewürze und Hölzer.

Von diesen Gütern war Kopra (getrocknetes Kokosnussfleisch) mit Abstand das wichtigste, es diente in Europa zur Herstellung von Margarine und Seife. 70 % der Ausfuhr im östlichen Teil Niederländisch-Indiens lief über den Hafen von Makassar.

Siehe dazu auch den Artikel: Die Fracht der „Fürth“ – Kopra

Im Zeitraum von 1909 bis 1913 war Niederländisch-Indien weltweit der wichtigste Exporteur von Kopra mit 2,38 Mio. Tonnen, gefolgt von den Philippinen, Britisch-Malaya (heute Malaysia) und Ceylon (heute Sri Lanka).

Wichtigstes Abnehmerland für Kopra war zu dieser Zeit Frankreich, das etwa 50 % der Weltproduktion von Kopra importierte. Haupteinfuhrhafen war Marseille. Über die beeindruckende Schwebefähre im Hafen von Marseille habe ich kürzlich ausführlich berichtet. SIEHE: Die Schwebefähre in Marseille

Aber auch Deutschland fragte Kopra in großer Menge nach. So wurden in Bremen und Hamburg allein täglich 60-200 Tausend Tonnen Margarine hergestellt, für die große Mengen Kopra benötigt wurden.

Informationen nach: The globalizing of copra and coconut oil industry of Makassar before the second world war, Abd. Rasyid Asba et al., 2020 IOP Conf. Ser.: Earth Environ. Sci. 575 012094;

the white meat of coconutsis dried to get kopra

Kopra ist das getrocknete weiße Fruchtfleisch der Kokosnuss, die Nüsse sind ca. 1-2,5 Kilo schwer; Bild: Pixabay

Verträge mit niederländischen Linien

Nachdem Makassar in Niederländisch-Indien lag, musste die DADG ihr Frachtaufkommen vertraglich mit den holländischen Linien regeln.

Dies waren die folgenden drei Reedereien:

– Stoomfahrt Maatschappij Nederland, Amsterdam
– Rotterdamsche Lloyd, Rotterdam und
– Stoomvaart Maatschappij Ocean, Amsterdam/Ocean S. S. Co. Holt, Liverpool

Nach einem Vertrag vom 12. Oktober 1900 erhielt die DADG einen Frachtanteil von 21 Prozent der Ladung aus Java und von Padang (Sumatra). Der Hafen Makassar hingegen wurde zunächst ganz der DADG überlassen. Das dürfte daran gelegen haben, dass er im östlichen Teil Niederländisch-Indien und damit „weit ab vom Schuss“ lag. Für die DADG bedeutete er auf der Rückfahrt über die australische Ostküste und die Torres-Straße hingegen keinen Umweg.

Bei den vereinbarten Frachtanteilen waren Regierungsgüter und Zucker ausdrücklich ausgenommen. Diese beide Kategorien waren ausschließlich den niederländischen Linien vorbehalten.

Spätere Änderungen der Vereinbarung erhöhten den Frachtanteil der DADG auf 25 %. Makassar musste dafür wieder mit den niederländischen Linien geteilt werden.

Insgesamt waren die Absprachen mit den niederländischen Reedereien für die DADG eine gute Geschäftsgrundlage. Der damalige Geschäftsführer der DADG, Otto Harms schrieb dazu:

„So hat der Vertrag denn auch gut gearbeitet und die Verbindung mit den holländischen Linien hat sich immer freundschaftlicher gestaltet.“
Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg, Otto Harms (1933), Schröder & Jeve, Hamburg.

Macassar harbour about 1910

Makassar , Pirogenhafen, Aufnahme um 1910; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Macassar._Prauwenhaven._Lighter_harbour.,_KITLV_1403280.tiff

Direktfahrten nach Niederländisch-Indien

Im Jahr 1909 wurde mit den niederländischen Reedern eine Übereinkunft über Direktfahrten nach Niederländisch-Indien getroffen. Das war neu, denn bislang wurden die Häfen Niederländisch-Indien von der DADG nur auf der Rückfahrt von Australien bedient. Die neuen Direktfahrten liefen stattdessen von Europa direkt durch den Suezkanal.

An dem Vertrag mit je einem Drittel beteiligt waren die DADG, die Stoomvaart Maatschapij Nederland und der Rotterdamsche Lloyd.

Die zweiwöchentlichen Abfahrten erfolgten von Hamburg und Amsterdam bzw. Hamburg und Rotterdam.

Für die DADG bedeutete der Vertrag eine weitere Ausweitung des Südostasiengeschäfts:

„Das war ein sehr bedeutender und wichtiger Vertrag, welcher unsere Stellung in der Fahrt weiter befestigte und insbesondere uns erleichterte von Makassar 14tätige Gelegenheit zu bieten.“ (gleiche Quelle)

Frachtdampfer „Fürth“ in Makassar

Die Bedeutung Makassars für die DADG spiegelt sich auch in den Fahrten des Dampfschiffes „Fürth“ wider. Bei 15 Australienfahrten liefen fünf Reisen über Makassar.

Allerdings hatte der Erfolg des Warenumschlagsplatzes Makassar auch seine Schattenseiten. Die Anleger im Hafen waren mehr und mehr überlastet, was zu längeren Wartezeiten bei der Abfertigung führte. Im August 1911 waren die „Fürth“ und ein weiterer Frachter davon betroffen:

„…
En wat dat zeggen wil, konden we dezer dagen alen toen twee groote vrachtschepen, de Deucalion en de Fürth eenige dagen op de ree moesten wachten brj gebrek aan ruimte aan de steigers.
…“
Bataviaasch nieuwsblad, 10. Aug 1911, Quelle: delpher.nl

Muskatnüsse, Makassar vor 1942

Arbeiter und Arbeiterinnen in Makassar sortieren Muskatnüsse und trennen sie von den Blüten; Sammlung Tropenmuseum (National Museum of World Cultures), Aufnahme vor 1942; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:COLLECTIE_TROPENMUSEUM_Arbeiders_selecteren_nootmuskaat_en_ontdoen_de_noten_van_de_foelie_Makassar_Celebes_TMnr_10012350.jpg

Demnächst im Blog

Historische Aufnahmen geben interessante Einblicke in die Häfen, die Wirtschaft und in die Kultur Niederländisch-Indiens. Bleiben Sie dran!

Wilhelm Holst, Schiffskoch

Die „Ulm“ in Ambon (Teil 2 von 2)

Über fünf Jahre (1.800 Tage) fern der Heimat

 

Der Schiffskoch Wilhelm Holst, Meutereien und ein tödliches Rennen

Teil 1 finden Sie hier: Die „Ulm“ in Ambon (Teil 1 von 2)

Bildnachweis Titel: Abrechnung der DADG für den Schiffskoch Holst, oberer Teil der ersten Seite, eigene Sammlung

 

Der Schiffskoch Wilhelm Holst

Zwei Abrechnungen der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG), die mir im Original vorliegen, dokumentieren das Schicksal des Schiffskochs der „Ulm“, Wilhelm Holst.

Die erste Abrechnung

Der Schiffskoch Wilhelm Holst ist in Ambon (auch Amboina) so erkrankt, dass er seinen Dienst auf dem Schiff nicht mehr ausüben konnte.

Ein erstes Mal war er im Hospital vom 22.5. bis zum 23.6.1916, also 32 Tage. Für jeden dieser Fehltage bekam er 4,33 Mark von seiner Heuer abgezogen, insgesamt 138,56 Mark.

Endgültig das Schiff verlassen hat er am 19.7.1914 „bis zu dem Tag an welchem er das Schiff verließ“.

Vom Tag der Anmusterung, dem 20.4.1914 bis zum 19.7.1916 belief sich die Heuer des Schiffkochs auf genau 27 Monate zu je 130 Mark, zusammen 3510 Mark. Davon abgezogen wurde die oben erwähnte Fehlzeit im Hospital, so dass Wilhelm Holst in der genannten Zeit 3371,44 Mark verdient hatte.

Von dieser Summe wurden weiter in Abzug gebracht:

– bereits ausbezahlte Vorschüsse in Gothenburg (Schweden), Melbourne, Newcastle (Australien) und Ambon in einer Gesamthöhe von 1952,88 Mark (siehe unten)

– ein Ziehschein in Höhe von 130 Mark („auf Ziehschein soweit mir bekannt ausgezahlt“)

– für Getränke und Zoll 20,10 Mark

– der halbe gesetzliche Beitrag zu Seekasse, 118 Wochen zu 0,24 Mark, gesamt 28,32 Mark

– Portoauslagen in Höhe von 1,70 Mark

Die Gesamthöhe dieser Posten belief sich auf 2133 Mark, so dass Wilhelm Holst über ein Restguthaben von 1238,44 Mark verfügte.

Ein handschriftlicher Vermerk besagt, dass

„Auf Order des K. R. Konsulats zu Makassar hat der Kapitain C. B. Saegert das Guthaben des Kochs Holst in Verwahrung zu nehmen u. periodische Zahlungen daraus an Holst zu verabfolgen.“

Anmerkung

Ein Ziehschein „ist der Verpflichtungsschein, den der Reeder auf Verlangen eines Schiffsbesatzungsmitglieds darüber zu erteilen hat, dass er Abschlagszahlungen auf die Heuer an Familienangehörige oder andere vom Besatzungsmitglied angegebene Personen leistet.“ (§ 36 SeemannsGesetz).

Die Abrechnung ist am 27.3.1917 von Kapitän Saegert unterzeichnet worden. Dabei machte er noch folgende handschriftliche Ergänzungen:

„Irrtum vorbehalten.
Sollten Kursdifferenzen vorliegen so werden
diese von der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft
später berichtigt werden.“

Wilhelm Holst, Schiffskoch

Abrechnung der DADG für den Schiffskoch Holst vom 27. März 1917, Vorderseite, eigene Sammlung

Die Rückseite der Abrechnung zeigt sehr deutlich zwei Dinge:

Der Wechselkurs der Mark zum niederländischen Gulden wird im Lauf der Kriegsjahre viel ungünstiger. Der erste Kurs im September 1914 lag bei 1,80 M und stieg auf über 2.30 M im Jahr 1917. Im ungünstigsten Fall sogar auf 2.56 M (1.3.1916). Vor dem Ersten Weltkrieg war der Wechselkurs bei 1.69 M.

Die Lebenshaltungskosten stiegen dramatisch an. Holst erhielt im Jahr 1915 insgesamt 271,19 Mark Vorschüsse, 1916 waren es 895,07 Mark und im ersten Quartal 1917 bereits 540,50 Mark. Lagen die Beträge der einzelnen Vorschüsse bis Ende 1915 meist unter 15 Gulden, ließ sich Holst 1917 stets 45 Gulden als Vorschuss auszahlen.

Anmerkung:

Ein Teil der Erhöhung ist sicher auf die Erkrankung Holsts zurückzuführen, wie hoch dieser krankheitsbedingte Anteil in Relation mit der „normalen“ Preissteigerung ist, lässt sich leider nicht nachvollziehen.

Schiffskoch Wilhelm Holst

Abrechnung der DADG für den Schiffskoch Holst vom 27. März 1917, Rückseite, eigene Sammlung

 

Die zweite Abrechnung

Die zweite Abrechnung für den Schiffskoch Wilhelm Holst wurde zweifelsohne nach seinem Tod erstellt. Holst war offensichtlich seiner Krankheit erlegen, ein Kreuz neben seinem Namen ist das eindeutige Zeichen.

Die Abrechnung trägt kein Datum und eine Unterschrift, die ich nicht zuordnen kann.

Die Abrechnung hat folgenden Inhalt:

Erneut wird die Heuer berechnet, diesmal jedoch anderes, als bei der ersten Abrechnung. Dieses Dokument ist also offensichtlich nach der ersten Abrechnung erstellt worden.

Die Heuer berechnet sich diesmal wie folgt:

vom 20.4.1914 bis zum 19.4.16 = 24 Monate zu 130 Mark = 3120 Mark

ab 20.4.1916 wird ein neuer, erhöhter Heuersatz vergütet:

20.4.1916 bis 19.7.16 = 3 Monate zu 156 Mark = 468 Mark

Neu ist die Position „Erlös aus dem Nachlaß“ zu 275,20 Mark, offenbar wurden die Habseligkeiten Holsts an andere Seeleute verkauft;

„baarer Nachlaß des Verstorbenen fl. 24,14 z. 2.44“ = 58,90 Mark

fl. ist die Abkürzung für niederländische Gulden, 2.44 der Wechselkurs an dem Ausstellungstag

Schuld des Schiffsmanns Alex Androwno f. Stiefel fl. 4 z. 2.44 = 9.76

Diese Posten ergeben ein Guthaben Holsts in Höhe von 3931,86 Mark.

Schiffskoch Wilhelm Holst

undatierte Abrechnung der DADG für den Schiffskoch Holst, eigene Sammlung

 

Davon abgezogen wurden:

– die Zeit im Hospital „Hospitalkrank 22/5. – 23/6.16 = 1 Mt. 2 Tg. z. M 156.-“ = 166,40 M

Miete, Beköstigung, Wäsche für den letzten Monat fl. 30 z. 2.44 = 73.20 M

– Vorschuss in Gothenburg, Kr 23,80 z. 1,12 M = 26,66 M

– Vorschuss in Australien, £ 1.10 z. 20,50 M = 30,75 M

– Vorschuss in Niederl. Indien fl. 843,50 z. 1,69 = 1.425,52 M

– Vorschuss in Niederl. Indien fl. 185.- z. 1.69 = 312,65 M

– Vorschuss in Niederl. Indien fl. 310.- z. 2,44 = 756,40 M

 

Die letzten vier Positionen sind unverändert zur ersten Abrechnung:

 

– auf Ziehschein 130,- M

– Getränke u. Zoll 20,10 M

– Halber gesetzlicher Beitrag zur Seekasse 118 Wochen zu 24 Pfg. = 28,32 M

– Porto-Auslagen 1,70 Mark

Insgesamt 2.971,70 Mark

 

Damit bleibt ein Rest-Guthaben in Höhe von 960.16 Mark (im Dokument ist hinter die Summe Fr. gesetzt. Warum kann ich nicht erklären.

Die Unterschrift und das Datum

Für mich sieht es so aus, dass die Unterschrift unter der Abrechnung von einer zweiten Person stammt, die die Abrechnung kontrolliert hat. Der Grauton ist etwas heller, als die Abrechnung selbst. Die Häkchen ganz rechts wurden meiner Meinung nach vom Unterzeichner gesetzt, nicht von der Person, die die Rechnung geschrieben hat.

Einen Hinweis auf das Datum der undatierten Rechnung gibt die Nummer des Formblattes unten links. Die beiden letzten Zahlen sind „XI. 19.“, demnach wäre das Formblatt im November 1919 gedruckt worden, die Rechnung kann demzufolge nicht vor November 1919 erstellt worden sein, also lange nach dem Tod des Seemanns.

Holst dürfte nur 55 Jahre alt geworden sein (die Mannschaftsliste vom 10. Juli 1914 weist sein Alter mit 53 Jahren aus). Siehe: Die „Ulm“ in Ambon (Teil 1 von 2)

 

Ein nächstes dokumentiertes Ereignis auf der „Ulm“ ist dann bereits aus dem Jahr 1918:

1918

Februar 1918

Im Februar 1918 gab es auf dem niederländischen Schiff „Valk“ in der Bucht von Ambon eine Explosion, das Schiff brannte aus und war verloren. Ein Seemann, der Maschinist Morbeck, kam dabei ums Leben.

Kritik wurde danach an den Kapitänen der vier deutschen Schiffe wegen unterlassener Hilfsleistung laut. Diese Kritik wurde jedoch von verschiedenen Personen entkräftigt, zunächst vom Hafenmeister Bruin in Ambon:

„Auf Ihr Telegramm Hafenmeister Bruin erklärt, er hat niemanden angeklagt. Dampfer Teo Pao hatte an Bord den Kapitän, einen Offizier, einen Maschinisten. Hülfeleistung war unmöglich, da Gefahr nicht ausgeschlossen.“

Auch der Resident (ähnlich einem Gouverneur) von Ambon teilte diese Ansicht:

„W.D. van Drunen Littel, Resident von Amboina, erlaubt zu veröffentlichen, dass keinerlei Anzeige erfolgt sei gegen Teo Pao noch Manilla und beide Schiffe keine Hülfe leisten konnten, da keine Mannschaft an Bord war und kein Dampf auf war.“

Weitere Unterstützung der deutschen Kapitäne kam von dem Kommandanten des niederländischen Schiffes H.M. „Koetei“:

„Kommandant Jager von H.M. Koetei erlaubt zu veröffentlichen, wenn Kapitän Luers vom Dampfer Teo Pao seine Hülfe angeboten hätte, dann hätte ich ihm gesagt, bleiben Sie auf Ihrem Schiff, das Sie klar sind, wenn Ihr Schiff fort muss von Ankerplatz. Dampfer Ulm und Linden lagen sechs Kilometer von der Unfallstelle, konnten Vorfall nicht beobachten, mittags haben Kapitän Saegert (van de Ulm; Red.) und Moritzen (van de Linden; Red.) Hulfe angeboten.
[gez.] Schmidt

Diese Nachforschungen geschahen auf Anweisung des deutschen Generalkonsuls in Batavia. Erschienen in De locomotief, 20. März 1918, www. delpher.nl; die zitierten Textauszüge sind in der, in niederländischer Sprache erschienenen Zeitung, in deutscher Sprache erschienen).

Das Dampfschiff „Valk“ wurde 1903 in Amsterdam gebaut und hatte eine Besatzung von 40 Personen („van 6 Europeanen en 34 inlanders“). Quelle: Leidsch Dagblad, 22. Feb 1918, S. 3, leiden.courant.nu)

Willem Diederik van Drunen Littel, Ambon

Visitenkarte von Willem Diederik van Drunen Littel mit Frau, Resident von Ambon, Aufnahme von 1890, Quelle: commons.wikimedia.org

 

23. September 1918

Ein bitterer Tag für die Besatzung der „Ulm“ war sicherlich der 23. September 1918.

An diesem Tag verließ die ebenfalls in der Bucht von Ambon liegende „Linden“, wie die „Ulm“ ein Schiff der DADG, die Bucht von Ambon. Sie ging als Reparationsleistung für versenkte Tonnage an die Niederlande. Unter dem neuen Namen „Eemland“ versegelte das Schiff nach Makassar. Was mit der Mannschaft der „Linden“ geschah, erfahren wir nicht.

Amboina, 23. Sept. (Aneta).
De „Eemland“
Het ss. Eemland is naar Makasser vertrokken.
De locomotief, 23. Sept. 1918, http://www.delpher.nl

 

Zuvor war eine niederländische Mannschaft in Ambon eingetroffen, die das Schiff übernahm:

Amboina, 14. Sept. (Aneta)
Het overnemen van de Duitsche schepen.
Hier zijn de kapitein, stuurlui en machinisten aangekomen ter bemanning van het overgenomen Duitsche stoomschip Linden, thans Eemland.
De locomotief, 15. Sept. 1918, http://www.delpher.nl

Das Schiff wurde dann im Dock von Soerabaya auf Java überholt, bevor es die Reise in die Niederlande antreten konnte. (Quelle: Bataviaasch nieuwsblad, 9. Nov. 1918, www. delpher.nl)

Ambon/Amboina port

Blick vom Strand auf den Hafen von Amboina, 1922, Quelle: Collectie Nationaal Museum van Wereldculturen, Amsterdam, Inventarnr. TM-33000958

1919

Neue Hoffnung keimte in der Bucht von Ambon im Januar 1919 auf. Die „Teo Pao“ und die „Manila“ sollten das Schiff klar machen, Proviant aufnehmen und auf weitere Order warten. Für die „Ulm“ hieß es, dass sie unter „englische Aufsicht kommen“ solle.

De Duitsche schepen.
Ambon vooruit meldt, dat de s.s. Manilla en Teo Pao van het kantoor der N.D.L. te Amsterdam telegrafisch bericht hebben gekregen, de schepen zeilree te maken, proviand in te nemen en verder op orders te wachten. Denkelijk zullen de schepen te Singapore dokken en voor voedseloverbrenging naar Duitschland moeten dienen.
Het s.s. Ulm heeft bericht ontvangen, dat het onder Engelsch toezicht zal gaan varen.
De Sumatra Post, 29. Jan 1919

Anmerkung: Die Zeitung Ambon Vooruit wurde zweimal wöchentlich in niederländischer Sprache veröffentlicht.
Quelle: Netherlands East Indies and British Malaya, A Commercial and Industrial Handbook, 1923, abgerufen über https://books.google.fr/books

 

Die Ankündigung erwies sich jedoch als Strohfeuer. Im August 1919 sollten alle drei Schiffe noch immer in der Bucht von Ambon liegen.

Im März 1919 kam es zu einer ersten (dokumentierten) Meuterei, bei der die Worte fielen:

„Wenn du nicht gleich machst, dass du fortkommst, dann hau ich dir den Farbtopf um die Ohren“

Bericht über die Meuterei gibt ein Zeitungsartikel, hier in der deutschen Übersetzung:

„Bolschewismus auf Ambon
Die Seeleute, Heizer und Trimmer der in der inneren Bucht liegenden SS Ulm haben sich am Mittwoch geweigert, unter dem gegenwärtigen Regime länger an Bord zu arbeiten, schrieb Ambon Vooruit vom 22. März. Nach einem Schiffsrat, bei dem ein Heizer und ein Seemann für die Besatzung sprachen, wurde festgestellt, dass von nun an nur noch die Befehle des Kapitäns angenommen werden. Nachdem die Forderungen der Besatzung, die unter anderem die Wachen an Bord selbst regeln, erfüllt waren, nahmen sie die Arbeit wieder auf. Der Stellvertreter, der 1. Offizier Hoffmeister ist vom Dienst ausgeschieden.“

Anmerkungen: Der Mittwoch vor dem 22 . März 1919 (Sa) war der 19. März 1919.
P. Hoffmeister war der 2. Offizier der „Ulm“; 1. Offizier war A. Steinorth

Auch die Zeitung De Preanger Bode berichtete über den Vorfall:

Ulm Ambon

De Preanger Bode vom 12. April 1919, http://www.delpher.nl

 

Nach diesem, ausführlicheren Artikel über die Meuterei soll der 1. Bootsmann dem 2. Offizier Hoffmeister mit den Worten gedroht haben:

„Wenn du nicht gleich machst, dass du fortkommst, dann hau ich dir den Farbtopf um die Ohren“
Quelle : De Preanger-bode, 12. Apr 1919, http://www.delpher.nl

In dieser Quelle heißt es außerdem:

„der deutsche Konsul den Kapitänen der hier liegenden deutschen Schiffe aufgetragen hat, dafür Sorge zu tragen, dass solche Probleme nicht wieder vorkommen.“

 

Zweite Meuterei

Allerdings blieb die Stimmung an Bord explosiv und im Juli 1919 eskalierte die Lage vollends. 21 Seeleute wurden daraufhin unter bewaffnetem Geleit von Ambon abgeführt und über Makassar und Soerabaya auf die Quarantäne-Insel Onrust bei Batavia gebracht (De locomotief, 21. Juli 1919):

Makasser, 12 Juli 1919.
Dienstwsigeraars.
Een en twintig Duitsche schepelingen, afkomstig van het Duitsche ss. Ulm, zijn wegens dienstweigering afgemonsterd en onder sterk gewapend geleide te Makasser aangebracht, om naar Java te worden doorgezonden.
Het nieuws van den dag voor Nederlandsch-Indië, 12-07-1919

In der Übersetzung:
Dienstverweigerer
Einundzwanzig Deutsche der deutschen SS „Ulm“, die wegen Dienstverweigerung eingezogen werden mussten und unter starkem bewaffnetem Geleit nach Makasser gebracht wurden um nach Java weitergeleitet zu werden.

Anmerkung: Die Quarantäne-Insel Onrust wurde während des Zweiten Weltkrieges als Internierungslager genutzt, auch für deutsche Gefangene.
Laut van Dijk (2007) waren die deutschen Seeleute auf der winzigen Nachbarinsel von Onrust, Kuiper (Kuyper) Island untergebracht. Einmal pro Monat konnten sie für drei Tage nach Batavia, um sich dort Arbeit zu suchen. Wenn sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten konnten, mussten sie nicht mehr auf Kuiper Island bleiben.
Quelle: The Netherlands Indies and the Great War 1914-1918, Kees van Dijk, KITLV Press, Leiden 2007; Verhandelingen van het Koninklijk Instituut voor Taal-, Land- en Volkenkunde, 254; Seite 570)

Nach diesem Zeitpunkt war also nur noch eine deutliche verkleinerte Mannschaft an Bord der „Ulm“.

Onrust Island and Kuiper Island 1925

Onrust Island (vorne) und Kuiper Island in der Bucht von Batavia, um 1925; Collectie Tropenmuseum, Stichting Nationaal Museum van Wereldculturen; collectie.wereldculturen.nl

 

Aufbruch aus Amboina

Im August 1919 kam dann endlich Bewegung in die Angelegenheit. Britische Offiziere und Seeleute kamen über Makassar nach Ambon, um die drei deutschen Schiffe zu übernehmen.

Makassar, 23 Augustus 1919.
De Duitsche schepen.
..eerst acht Engelsche officieren aangekomen, zijn gisteren-avond per… vier officieren gearriveerd, allen van de commissie tot overname van Duitsche schepen. Hedenmorgen kwamen… van Rees nog 23 officieren aan, waar…. gedeelte voor Ambon bestemd is. In Ambon liggen nog de Ulm, de Teopao … Manilla.
Het nieuws van den dag voor Nederlandsch-Indië, 25-08-1919

Am 29. August 1919 wurden schließlich die „Teo Pao“ und die „Manila“ an die Briten übergeben und einen Tag darauf die „Ulm“:

Amboina, 29 Aug. (Aneta). De schepen-overgavs.
De heden overgegeven schepen ,Manila“ en ,Teo Pao“ voeren de Statenbondvlag met in den top de Britsche kleuren. De overgave van de ,Ulm“ heeft Zaterdag plaats.
Bataviaasch nieuwsblad, 29-08-1919

Übersetzt: Die heute übergebenen Schiffe Manila „und Teo Pao“ führen die Statenbund-Flagge mit den britischen Farben darüber. Die Übergabe der „Ulm“ findet am Samstag statt.

Anm.: Samstag war der 30. August 1919

 

Ein verrücktes Rennen und Tod nach kurzer Freiheit

Die deutschen Seeleute konnten Ambon endlich verlassen. Zuerst mussten sie mit Schiff nach Makassar, um von dort nach Java zu gelangen, von wo aus die Reise nach Europa zurückgehen konnte.

Für einen Seemann endete die Reise allerdings bereits in Makassar, er starb dort bei einem Autounfall. Drei weitere Seeleute wurden schwer verwundet:

Makasser, 2 Sept. 1919.
Een dolle race.
Zondag-nacht hielden 2 auto’s, — waarin afgemonsterde Duitsche zeelieden van de overgegeven schepen zaten, die in zeer vroolflke stemming verkeerden, —op het nieuwe haven-terrein een duizeling wekkende race. De voorste auto kwam hierbij tegen het met touw afgesloten weggedeelte en sloeg aan gruizelementen. Een persoon werd onmiddellijk gedood, drie werden ernstig gewond. De andere auto bleef ongedeerd.
De omgekomen Duitscher was vroeger machinist van den stoomer Ulm.
Het nieuws van den dag voor Nederlandsch-Indië, 03-09-1919

Ein verrücktes Rennen
Am Sonntagabend lieferten sich zwei Autos – in denen die deutschen Seeleute, die von den übergebenen Schiffen abgemustert worden waren und die in einer sehr glücklichen Stimmung waren – auf dem neuen Hafengelände, ein schwindelerregendes Rennen. Das vordere Auto kam auf den mit einem Seil verschlossenen Straßenabschnitt und schlug gegen Sandhaufen. Eine Person wurde sofort getötet, drei wurden schwer verletzt. Das andere Auto war unbeschädigt. Der verstorbene Deutsche war früher Maschinist des Dampfers Ulm.

Anmerkung: Der Name des Verstorbenen wurde in den Zeitungen nicht genannt.

Makassar harbour 1937

Laden von Rattan im Hafen von Makassar im Juni 1937, Quelle: Collectie Tropenmuseum Amsterdam, Inventarnummer TM-10011574

 

Das Schiff „Ulm“ lief hingegen mit neuer Besatzung nach Singapur:

Amboina, 19 Sept. 1919.

De „Ulm“.
Het Duitsche stoomschip Ulm vertrok gisteren via Soerabaja naar Singapore om aldaar te dokken.
Het nieuws van den dag voor Nederlandsch-Indië, 19-09-1919

 

Die Ulm nach dem Ersten Weltkrieg

Die „Ulm“, die „Manila“ und die „Teo Pao“ gingen an die Britische Krone bzw. an den Shipping Controller, die zuständige Behörde für die Verwaltung der Handelsschiffe. Bereedert wurden die drei Schiffe von der British India Steam Navigation Co.

Die „Ulm“ wurde 1921 an die Nourse Line verkauft und in „Tapti“ umbenannt. 1937 wurde das Schiff nach HongKong (Williamson & Co) abgegeben und erhielt den neuen Namen „Leana“.

Die „Leana“, exUlm, exTapti wurde am 7. Juli 1943 vom deutschen U-Boot U 198 vor Portugiesisch-Ostafrika torpediert und versenkt.

Quellen: http://www.biship.com; uboat.net

 

Schlussbemerkungen

Mehr Informationen über die „Ulm“ und die anderen deutschen Schiffe in Ambon während des Ersten Weltkrieges könnte der Zeitung Ambon Vooruit zu entnehmen sein, die zweimal wöchentlich in niederländischer Sprache erschien. Über Hinweise zu noch existierenden Ausgaben freue ich mich.

In Ambon existiert eine sogenannte PASCH-Schule (SMA NEGERI SIWALIMA AMBON), die dem Netzwerk der Goethe-Institute angeschlossen ist und Deutschkurse anbietet. Zwei Anfragen zur Geschichte der deutschen Schiffe in Ambon blieben leider unbeantwortet.

Die besten Internetquellen für historische Aufnahmen von Ambon/Amboina und generell von Niederländisch-Indien sind die digitale Sammlung der Universitätsbibliothek Leiden (digitalcollections.universiteitleiden.nl) und die Museumsseite von Stichting Nationaal Museum van Wereldculturen (collectie.wereldculturen.nl).

 

 

 

 

 

Die Fracht der „Fürth“ – Kopra

Wo ist die Kokosnuss?

Im Blogtitel heißt es „… eine Spurensuche“. Deshalb möchte ich in loser Folge auch den Spuren der Waren nachgehen, die auf der „Fürth“ transportiert wurden und was aus ihnen hergestellt wurde.

Fangen wir mit Kopra und in Marseille an, dem ersten europäischen Hafen, der auf der Rückfahrt von Australien und Niederländisch-Indien angelaufen wurde.

Im Bericht über die erste Fahrt ist folgendes Zitat vermerkt, aus dem hervorgeht, dass eine große Menge Kopra im Marseiller Hafen gelöscht wurde. Hier noch einmal der Wortlaut:

Le mouvement des navires dans les ports de Marseille a été, hier, de dix-huit vapeurs et de quatre voiliers, entrées et sorties comprises.
SONT ARRIVES. – …
…le Fürth, de Makassar, avec 6.200 tonnes de coprah, peaux, etc., dont 1.200 tonnes pour Marseille
Le Petit Marseillais, 6.
Jan 1908, S. 2, MOUVEMENTS DES PORTS (www.retronews.fr)

Marseille - Le Phare Sainte Marie

Hafeneinfahrt in Marseille mit dem Leuchtturm Sainte-Marie; Postkarte (gelaufen 1906), eigene Sammlung.

Marseiller Seife

Was wird also in Marseille aus dieser Kopra? Die Antwort: die berühmte „Savon de Marseille“, also Marseiller Seife!

Die Seifenherstellung war in Marseille, zumindest bis zum Ersten Weltkrieg, ein bedeutender Wirtschaftszweig. Schauen wir uns daher bei einem Seifenhersteller um, um mehr zu erfahren:

Marius Fabre ist Seifenhersteller seit 1900 und könnte daher durchaus über unsere „Fürth“ beliefert worden sein. Auf seiner Internetseite lesen wir zunächst, dass es zwei Typen Marseiller Seife gibt, die grüne und die weiße. Die grüne ist ein Körperpflegeprodukt und besteht aus Olivenöl und Kopra. Die weiße Seife wurde dagegen fürs Wäschewaschen verwendet, diese bestand aus Palmöl und wiederum Kopra, welche damit in allen beiden Produkten enthalten ist. Auch wenn die „Savonniers“, also die Seifenhersteller am liebsten über das verwendete Olivenöl sprechen, von dem eine höhere Wertigkeit ausgeht, als von den beiden anderen Ölen. Der pflanzliche Ölanteil in den Seifen beträgt übrigens 72 %, eine Zahl die oft auf den Seifenstücken eingeprägt ist (der Rest ist Wasser).

Die typische Würfelform der Marseiller Seife

Savon de Marseille, Marseiller Seife besteht aus 72 % pflanzlichen Fetten; Kokosnussfett ist immer enthalten.

Warum die Kopra in der Seife war, erklärt uns ebenfalls das Haus Fabre: „Das Kopraöl hat schäumende Eigenschaften, ohne Kopraöl würde die Seife nur wenig schäumen.“

(Informationen von der Seite http://www.marius-fabre.com/fr/, eigene Übersetzung aus dem Französischen).

Kunstbutter (Margarine)

Nach der Abfahrt unserer „Fürth“ aus Marseille ist aber noch viel Kopra für die anderen Häfen übrig. Was wurde also noch aus Kopra hergestellt? Hier eine weitere Antwort:

„1902 fand der Chemiker Wilhelm Norman (1870 – 1939) ein Verfahren, welches eine Margarinefabrik in Emmerich am Niederrhein zur industriellen Reife entwickelte. Das Prinzip bestand darin, an die ungesättigten Öle Wasserstoff anzulagern, was deren Schmelzpunkt erhöhte. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wurden immer mehr Pflanzen und Öle für die Margarineherstellung erschlossen: Öle aus Kopra, Palmkernen, Erdnüssen, Soja; später kamen Wal- und andere Fischöle dazu. Damit gewann die Margarineindustrie erheblich an Flexibilität.“
(Geschichte der Konsumgesellschaft, Wolfgang König, Franz Steiner Verlag, 2000, 509 Seiten, Zitat von S. 168.; http://google.books.fr)

Anm.: Vor dieser Zeit wurde der Butterersatz-Stoff Margarine ausschließlich aus tierischen Fetten hergestellt (Zitat aus der gleichen Quelle); falls jemand Herrn König trifft, sagen Sie ihm bitte, er möge das Wort „andere“ in der letzten Zeile des Zitates streichen, man könnte sonst meinen, er hält den Wal für einen Fisch.
Sanella Margarine Werbung

Sanella-Werbung zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Bildquelle: http://www.industriemuseum.lvr.de

Im Anschluss an obenstehendes Zitat wird auch der Herstellungsprozess von Margarine aus der Zeit um den ersten Weltkrieg beschrieben. Diese Beschreibung möchte ich Ihnen hier ersparen, appetitlich war das nicht. Ich weiß schon, warum mein Kühlschrank eine „margarinefreie Zone“ ist.

Das Zentrum der deutschen Margarineherstellung lag am Niederrhein, viele Familien haben hier im Raum Kleve „op de Botter“ gearbeitet. Diese Gründungen ging von holländischer Seite aus, wo Margarine schon vorher industriell produziert wurde. Beide Gebiete haben ihre Kopra über den Amsterdamer oder Rotterdamer Hafen erhalten:

„Kleve war wegen seiner Nähe zum Rotterdamer Hafen ein optimaler Standort.“
LVR-Industriemuseum, Oberhausen
(http://www.industriemuseum.lvr.de/de/verbundseiten/sammlung/sammlung_entdecken/unternehmen___ihre_produkte/reklamemarke__sanella_/reklamemarke_sanella_1.html#!prettyPhoto)

Palmin-Werk in Hamburg

Eine dritte Spur für die Verwendung der Kopra führt uns nach Hamburg, genauer gesagt nach Hamburg-Wilhelmsburg. Hier wurde im Jahr 1908 das Palmin-Werk erbaut und der Fabrikant Julius Schlinck verlegte den Firmensitz von Mannheim im darauffolgenden Jahr hierher. Die Kopra diente der Herstellung des bekannten Speisefettes „Palmin“, auch heute noch ein bekanntes Markenprodukt. Neben Speisefetten wurde aber auch Kernseife in Wilhelmsburg produziert. Der ausführliche Markenname „Dr. Schlinck´s Palmin 100% Cocosfett“ weist darauf hin: hier wurde als Fettbestandteil ausschließlich Kokosnuss, also Kopra verwendet.

Kokosfett Palmin Werbung

Palmin-Werbung zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Zahlenspiele

Eine Vorstellung über die verarbeiteten Mengen bekommen wir hier:

„Die Anbindung an den Hamburger Hafen erleichterte den Import des Produktrohstoffes aus den deutschen Kolonien und die Verteilung des Palmins über die Schiene. Bereits 1911 arbeiteten dort ca. 1.000 Personen und verarbeiteten den Ernteertrag von ca. 7 Mio. Kokospalmen der Jahre 1910/1911.

Aus dem getrockneten Kokosnussfleisch – Kopra – wurde das Öl herausgepresst, anschließend entsäuert, bedampft, sterilisiert, filtriert und in Behältnisse abgefüllt. Das Öl verlor hierdurch den typischen Kokosgeruch.“

(Quelle: Ausstellung „Das Kochbuch in Baden 1770 – 1950“, Mannheimer Cocosbutter, https://ausstellungen.blb-karlsruhe.de/ausstellung/mannheimer-cocosbutter.html)

Anm: Eine deutsche Kolonie mit hoher Kopra-Produktion war zu dieser Zeit Deutsch-Samoa.

Versuchen wir die Menge verarbeiteter Kokosmasse mit folgenden Angaben noch etwas näher zu bestimmen:

„Die eiförmigen bis runden Kokosnüsse mit einem Gewicht von 1 – 2,5 kg gehören zu den größten Früchten im Pflanzenreich. … Eine erwachsene Palme liefert jährlich 50 – 80 Früchte.“
Infoblatt Kokospalme, Ernst Klett Verlag, TERRASSE-Archiv, https://www.klett.de/sixcms/detail.php?template=terrasse_artikel__layout__pdf&art_id=1006639, 16.2. 2018)

Anm: Manchen Quellen zufolge liefert eine Kokospalme auch über 100 Kokosnüsse pro Jahr.

Und:

„Ein Einzelbaum liefert zwischen 5 und 20 kg Kopra pro Jahr.“
(www.deacademic.com, http://deacademic.com/dic.nsf/dewiki/783636)

Das macht dann für die oben zitierten 7 Millionen Kokospalmen mindestens 350 Millionen verarbeitete Kokosnüsse pro Jahr und wenn wir konservativ mit nur 10 kg Kopra pro Palme rechnen, kommen wir damit auf 70 Mio. kg oder 70 tausend Tonnen verarbeitete Kopra allein im Palmin-Werk Hamburg (für das Jahr 1910/1911, s. o.).

Eine wahrlich beachtliche Menge und viele Schiffsladungen Kopra für die „Fürth“ und andere Schiffe!