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Lourenço Marques um 1918

Gefangen in Portugiesisch-Ostafrika (1916)

Deutsche (Seeleute) in Lourenço Marques

Titelbild:
Gefangenencamp in Lourenço Marques, Speisesaal, um 1918, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle : Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Référence V-P-HIST-03056-03
Schönes Detail: Die Kuckucksuhr an der rechten Saalwand.

Die Dampfschiffe „Essen“ und „Hof“ – August 1914

Der heutige Blogartikel berichtet über die Gefangenschaft Deutscher in Portugiesisch-Ostafrika nach der Kriegserklärung im März 1916.

Darunter waren auch zwei Schiffsbesatzungen der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg (DADG).

Die Frachtdampfer „Hof“ und „Essen“ hatten nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges in dem neutralen Hafen Lourenço Marques in Portugiesisch-Ostafrika (heute Mosambik) Schutz gesucht.

Im Jahr 1916 kamen sie als „Gaza“ (exHof) und „Inhambané“ (exEssen) unter portugiesische Flagge.

Inhambané, exEssen, about 1920

Das Frachtschiff „Essen“ als „Inhambané“, Postkarte gelaufen 1920, eigene Sammlung

Der Frachtdampfer „Hof“

Im Juli 1914 war das Schiff „Hof“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) in Westaustralien und wurde von der Reederei für eine sogenannte Zwischenfahrt eingesetzt.

Zwischenfahrten waren Reisen außerhalb des regulären Linienverkehrs der Reederei.

Die „Hof“ sollte eine Ladung Hartholz (jarrah hardwood) von Bunbury (australische Westküste) nach Durban (Südafrika) bringen.

Das neue Schiff war erst im März 1914 für die Reederei in Betrieb gegangen und war wie alle Schiffe ab dem Sommer 1911 mit einer Telefunkenanlage ausgestattet.

Nach dem Abladen des Holzes in Durban wurde die „Hof“ von der DADG aufgefordert, in den neutralen Hafen von Lourenço Marques (Delagoa Bay) in Portugiesisch Ost-Afrika zu laufen, wo das Schiff am 2. August 1914 eintraf.

Das Dampfschiff „Essen“

Drei Wochen später, am 23. August 1914 traf das Schiff „Essen“ in Lourenço Marques ein. Der Frachtdampfer der DADG hatte in Port Pirie (Südaustralien) Erze für Antwerpen geladen und sollte eigentlich Durban anlaufen, um dort auf der Heimreise Kohlen für die Weiterfahrt zu bunkern.

Auch die „Essen“, Baujahr 1912, hatte Telegraphie an Bord und wurde von der DADG nach Delagoa Bay beordert, da die „Essen“ nach der Kriegserklärung Großbritanniens an das Deutsche Kaiserreich am 4. August 1914 sonst in Durban in Kriegsgefangenschaft gelaufen wäre.

Admiral, DAOL

Der Reichspostdampfer „Admiral“ der DOAL (Deutsche Ost-Afrika-Linie), https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Reichspostdampfer_admiral_deutsche_ost-afrika-linie_a.jpg

Anmerkung: In einigen Quellen ist zu lesen, dass das Schiff „Hessen“ in Lourenço Marques lag. Das ist jedoch eine Verwechslung. Die „Hessen“ wurde nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Melbourne festgesetzt. Siehe: In australischer Gefangenschaft

Weitere Schiffe

Außer den beiden Frachtdampfern der DADG befanden sich noch zwei weitere deutsche Schiffe in Lourenço Marques: die „Admiral“ und die „Kronprinz“, zwei Reichspostdampfer der Deutschen Ost-Afrika Linie (DOAL).

Ebenfalls in Portugiesisch Ost-Afrika waren zu diesem Zeitpunkt die „Linda Woermann“ (Woermann Linie) in Beira, außerdem die „Zieten“ (Norddeutscher Lloyd Bremen) und die „Khalif“ (Deutsche Ost-Afrika Linie) im Hafen von Ilha de Moçambique (Mosambikinsel).

Lourenço Marques um 1905

Lourenço Marques (das heutige Maputo in Mozambique), Central Avenue, Postkarte, um 1905; comons.wikimedia.org, Lourenco-Marques-pc-c1905.jpg

Februar 1916

Portugal war im Ersten Weltkrieg zunächst neutral geblieben. Das änderte sich 1916.

Auf Veranlassung der britischen Regierung wurden am 23. Februar 1916 alle in portugiesischen Häfen liegenden deutschen Schiffe beschlagnahmt.

Das waren insgesamt 72 Schiffe (inklusive der Schiffe in portugiesischen Überseebesitzungen). Das Deutsche Reich erklärte daraufhin Portugal am 9. März 1916 den Krieg.

Siehe dazu auch den Blogartikel Das Dampfschiff „Fürth“ in Lissabon

Für die Deutschen in Lourenço Marques bedeutete dies, dass sie zu Feinden geworden waren und dass sie in einem Gefangenenlager eingesperrt wurden. Gleiches galt für die Deutschen in anderen Teilen der portugiesischen Kolonie.

Das Lager in Lourenço Marques befand sich in zentraler Lage zwischen Bahnhof und Hafen. Es beherbergte 470 Menschen, vorwiegend Männer, aber auch Frauen und Kinder.

Lourenço Marques um 1916

Gefangenenlager Lourenço Marques 1916, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle : Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Ref.:V-P-HIST-03056-09

Die überwiegende Mehrheit dürften Besatzungen und Passagiere der vier Schiffe gewesen sein.

Die „Hof“ hatte eine Besatzung von 42 Mann, die „Essen“ 50 Mann. Die beiden Reichspostdampfer sind mit 118 bzw. 136 Mann angegeben.

Zu Besatzungen und Passagieren kamen Deutsche, die in Portugiesisch Ost-Afrika lebten. Andere waren nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges aus Südafrika, Rhodesien oder anderen Ländern nach Portugiesisch Ost-Afrika gekommen.

Außer dem Hauptlager in Lourenço Marques gab es in Portugiesisch Ost-Afrika kleinere Gefangenenlager in Quelimane, Beira/Macequece und in Tete.

Die Gefangenen der kleinen Außenlager wurden nach der Schließung im Jahr 1917 nach Lourenço Marques gebracht und im späteren Kriegsverlauf teilweise nach Portugal oder in ein Lager auf den Azoren (dazu in einem späteren Artikel mehr).

Bahnhof in Lourenço Marques, um 1920

Lourenço Marques, Bahnhof, Postkarte, um 1920 ; commons.wikimedia.org ; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Esta%C3%A7%C3%A3o_Ferrovi%C3%A1ria_de_Louren%C3%A7o_Marques_(c._1920).jpg

Lourenço Marques

Lourenço Marques (heute Maputo) liegt in einer Meeresbucht, der Delagoa Bay, die einen großen Naturhafen bildet.

„Hafenstadt in Portugiesisch-Ostafrika, mit 9849 Einw. (4691 Europäer); hier ist 1908 ein deutsches Konsulat eingerichtet“

Das ist der knappe Eintrag in Meyers Konversationslexikon von 1910.

Der deutsche Konsul in Lourenço Marques war von 1908 bis 1916 Dr. Bernhard Reuter.
Quelle: https://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/1000/adr/adrmr/kap1_6/para2_79.html

Aus der Encyclopedia Britannica (1911) erfahren wir mehr:

Unter den Einwohnern waren rund 1700 Asiaten, die den lokalen Handel dominierten.

Der Hafen war seit Beginn des 20. Jahrhunderts gut ausgestattet, die Straßen hatten elektrisches Licht und es gab ein kleines Straßenbahnnetz.

Lourenço Marques um 1920

Lourenço Marques, elektrische Straßenbahn (Maxibombo), um 1920; commons.wikimedia.org ; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Maxibombo(Bolama)Maputo1920.jpg

Die Stadt liegt an der Mündung des Flusses Espirito Santo (auch English River), der hier eine Breite von etwa 2 Meilen hat.

Der Hafen hatte auch für Südafrika und die Provinz Transvaal Bedeutung; über 50 % der Importe nach Johannesburg liefen über den Hafen Lourenço Marques. Aus diesem Grund gab es auch eine Eisenbahnlinie von etwa 400 Meilen über Pretoria nach Johannesburg.

Im Jahr 1975 wurde Mosambik unabhängig von Portugal, seit 1976 heißt die Stadt Maputo. Heute (2021) leben im Großraum etwa 3 Millionen Menschen.

Lourenço Marques map

Kriegsgefangenenlager der 470 internierten Deutschen in Portugiesisch-Ost-Afrika (Lourenço Marques) 1916, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle : Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Ref.:V-P-HIST-03060-14

Das Gefangenenlager in Lourenço Marques

Einen Eindruck von dem Lager in Lourenço Marques gibt eine Zeichnung aus dem Jahr 1916. Angefertigt wurde sie von R. G. Schepers am 19. September (Signatur rechts unten).

Anmerkung: Rudolf Gerhard Schepers war Zimmermann, er wurde am 10. März 1916 in Lourenço Marques interniert. Am 18. Oktober 1917 kam er nach Lissabon und am 21. November 1917 mit seiner Familie in das Lager Peniche etwa 100 Kilometer nördlich der portugiesischen Hauptstadt. Am 3. Dezember 1919 wurde er entlassen und nach Hamburg transportiert. Eine Postkarte wurde von Schepers aus Katernberg (Rheinland) an ihn in Caldas da Rainha adressiert. Diese Adresse wurde durchgestrichen und der Brief nach Peniche weitergeleitet.
Quelle: Edoardo & Luis Barreiros, Portugal in the First World War, Clube Filatélico de Portugal, https://www.cfportugal.pt/

Auf der Zeichnung wird die Größe des Camps mit 26.000 m2 angegeben. Links oben erkennen wir drei große Baracken à 1020 m2, eine davon diente als Speise- und Theatersaal. Rechts davon ist eine kleinere Baracke mit 640 m2 (Größenangaben aus der Zeichnung entnommen).

Ganz oben im Bild gibt einen Gleisanschluss. Unterhalb der langgezogenen Baracken sind einige kleinere Gebäude zu erkennen, vermutlich Waschräume, Toiletten, Wäscherei, Lagerräume usw.

In der rechten Bildhälfte erkennen wir einen langen Streifen mit kleinen Gärten inklusive kleinen Gartenhäuschen und ganz rechts zwei Faustballfelder. Ein weiteres Sportfeld liegt links unten, eventuell der Tennisplatz.

Die Häftlinge waren überwiegend Männer, was nicht überrascht, da die Schiffsmannschaften ausschließlich männlich waren. Auf einigen Fotos ist aber zu sehen, dass auch Frauen und Kinder in dem gleichen Lager untergebracht waren.

Lourenço Marques um 1918

Gefangenencamp Lourenço Marques, 1918, Schlafsaal/Aufenthaltsraum, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle : Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Référence : V-P-HIST-03056-06

Lageralltag

Über den Lageralltag in den australischen Gefangenenlagern hatte ich ausführlich berichtet. Vieles davon hatte ich den Tagebucheinträgen des Schiffsoffiziers Friedrich Meier entnommen.

Daneben sind weitere Tagebücher, von den Häftlingen publizierte Lagerzeitungen und Fotos erhalten, die uns viele Details offenlegen.

In Lourenço Marques müssen wir uns meines Wissens nach auf die Fotos stützen. Falls Sie Kenntnis von anderen Quellen haben, die das Lager beschreiben, lassen Sie mich dies bitte wissen.

Im weißen Rössel, Aufführung um 1916

Gefangenencamp Lourenço Marques, Bühnendekoration und Schauspieler, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle: Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Référence : V-P-HIST-03060-20

Auf den Fotos im Archiv des Internationalen Roten Kreuzes lassen sich folgende Aktivitäten der Lagerinsassen erkennen:

Eines der Fotos zeigt eine Bühne, auf der links ein Schild mit der Aufschrift „Hotel zum weißen Rössel“ zu sehen ist. Dabei dürfte es sich um eine Aufführung des Lustspiels „Im weißen Rössel“ von Oskar Blumenthal und Gustav Kadelburg aus dem Jahr 1896 handeln.

Viele Teilnehmer hatte der Gesang-Verein „Harmonie“, das Foto zeigt die stolze Zahl von 68 Männern. Ein Erinnerungsfoto der Lagerkapelle zeigt 17 Musiker, darunter zwei Jungen.

Orchester, Lourenço Marques, um 1916

Gefangenenlager Lourenço Marques, Lagerkapelle, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle : Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Référence : V-P-HIST-03056-24

Zwei Sportvereine sind ebenfalls bildlich festgehalten: der Faustball-Verein „Hansa“ (39 Männer) und ein Tennis-Club (17 Männer).

Aus der Gefangenenzeitung „Die Welt am Montag“ in Trail Bay (New South Wales, Australien) hatte ich einige Anzeigen vorgestellt, die die Geschäftstätigkeiten einiger Häftlinge dokumentierten. Siehe: Das Internierungslager Trail Bay – Die Geschäfte der Gefangenen

Auch in Lourenço Marques sind zumindest zwei Unternehmen auf den Bildern festgehalten:

Das Foto von Beckers-Küche zeigt eine gut gekleidete Gesellschaft von 18 Personen, darunter 5 Frauen und 5 Kinder. Die drei Tische haben Tischdecken und Blumendekoration. Vielleicht ist es eine Familienfeier. Das Restaurant bot sicher Abwechslung von der Lagerküche, zumindest für diejenigen, die es sich leisten konnten.

Beckers Küche, um 1916

Gefangenencamp Lourenço Marques, Beckers Küche, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle : Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Référence : V-P-HIST-03060-08

Bemerkenswert finde ich das Bild von „Hechler’s Camp Brauerei“. Bemerkenswert deshalb, weil es die Portugiesen offensichtlich tolerierten, dass im Camp Bier hergestellt wurde. Das Plakat am Schuppen bewirbt drei Sorten: ff. Lager, ff. Pilsener und ff. Münchner.

Bei dem gut gekleideten Herrn mit Tropenhelm und Pfeife dürfte es sich um den Braumeister handeln. Dass er drei verschiedene Sorten einbraute, ist für mich ein Hinweis, dass er sein Handwerk verstand und vermutlich den Beruf eines Braumeisters ausgeübt hatte, bevor er in das Lager kam.

Hechlers Brauerei, Lourenço Marques um 1916

Hechlers Camp-Brauerei (Lourenço Marques) 1916, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle : Archives Audiovisuelles du Comitée Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Ref.:V-P-HIST-03060-26

Viel Zeit scheinen die Gefangenen für ihre kleinen Gärten aufgewendet zu haben. Die kleinen Gartenhäuschen und die Anlage der Gärten machen nicht den Eindruck, als ob sie innerhalb eines Gefangenenlagers entstanden wären.

Lourenço Marques um 1916

Lager Lourenço Marques, Gärten der Gefangenen, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle : Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Ref.:V-P-HIST-03060-32

Mir persönlich ist beim Betrachten der Bilder aufgefallen, dass viele der Gefangenen gut oder sogar sehr gut gekleidet sind. Auch die Ausstattung der Räume lässt auf einen gewissen Komfort schließen. So sind zum Beispiel die abgebildeten Betten mit Moskitonetzen versehen.

Auf der anderen Seite meine ich aber auch, in vielen Gesichtern die Eintönigkeit und Langweile des Lageralltags zu erkennen, die für viele nur schwer zu ertragen war.

Lourenço Marques um 1916

Baracke im Lager Lourenço Marques, © Rotes Kreuz Portugal; Quelle : Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge, https://avarchives.icrc.org/, Ref.:V-P-HIST-03056-15

Insgesamt verfügen die Archive des Roten Kreuzes über 26 Aufnahmen aus dem Lager Lourenço Marques. Bei Interesse finden Sie die weiteren Aufnahmen hier: https://avarchives.icrc.org

Das Copyright liegt bei den Archives Audiovisuelles du Comité Internationale du Croix Rouge. Die Bilder können nur für den persönlichen Gebrauch (ohne kommerzielles Interesse) verwendet werden.

Stauplan, Dampfschiff Fürth 1914

Die „Fürth“ in Brisbane (Tagebuch, Folge 14)

Die Goldküste entlang

Von Sydney nach Brisbane

Weniger als zwei Tage dauerte die Schiffsreise der „Fürth“ von Sydney in New South Wales bis nach Brisbane, der Hauptstadt von Queensland.

Am Freitag den 3. Juli 1914 kurz vor Mitternacht hatte die „Fürth“ die schützende Bucht von Port Jackson, in der sich die Stadt Sydney und der ausgedehnte Hafen befindet, verlassen und um 23.40 Uhr North Head im Stadtteil Manly passiert:

Logbuch (13) der „Fürth”: In Sydney

Auf der Fahrt kam die „Fürth“ an weiteren Landmarken vorbei, die heute auf der „Bucket List“ von „Roadtrips“ entlang der australischen Ostküste stehen. Ein Teil davon wird heute als Gold Coast bezeichnet und ist eine Hochburg des „organisierten Vergnügens“. Aber bleiben wir im Jahr 1914.

Folgende Peilungen wurden ins Schiffstagebuch eingetragen:

4. Juli 1914

1 h 17 m Norahead N 8 (?)° O 4 Str.
2 h 25 m    “     N 46° W 13 sml ab

Mäßig bewegte See

6.20 Stephens Pt. Pos. N 57° W 10 sml ab
7.39 Sugarloaf Isl. N 12° W in 4 Str.

Anmerkungen:

Norah Head ist eine Landzunge zwischen Sydney und Newcastle (NSW). Der Leuchtturm Norah Head Light ist ab 1903 in Funktion.

Point Stephens Light liegt seit 1862 am südlichen Eingang des Naturhafens von Port Stephens, seine ungewöhnliche Architektur ist an eine dorische Säule angelehnt.

Point Stephens Light 1902

Point Stephens Light, 1902, Aufnahme von Alfred Searcy (1854-1925) im Album Lighthouses in New South Wales; Quelle: State Library of New South Wales, Sydney, Ref. 414123

 

Seit 1875 in Betrieb, warnt das Sugarloaf Point Light Seefahrer vor den Seal Rocks.

Seal Rocks Lighthouse

Sugarloaf Point Light oder Seal Rocks Lighthouse, undatiertes Foto; Quelle: commons.wikimedia.org: Sugarloaf Point Lighthouse historic 2.jpg

 

Über 5 Stunden später, am frühen Nachmittag, passierte die „Fürth“ Tacking Point und später Smoky Cape:

1.6 Tacking Pt. N 28° W Pos.; 1.30 dass. N 73° W 4 sml ab

3.41 Smoky C. N 28° W Pos.; 4.12 dass. N 73° W 6 sml ab

Ende d. Wache leichte Regenschauer

7.33 Solitary Isl. N 50° W p. Komp.

8.3        “             S 85° W p. Komp. 6 sml ab

11.10 South Hd. N 50° W p. K.

12.3         “          S 85° W p. K. 10 sml ab

 

Tacking Point Lighthouse wurde 1879 errichtet. Der Leuchtturm steht sehr erhöht, er selbst ist nur 8 Meter hoch.

Tacking Point NSW 1905

Tacking Point lighthouse in Port Macquarie, NSW, 1905; State Library New South Wales, Ref. 392959

 

Smoky Cape 1902

Smoky Cape Light, 1902, Aufnahme von Alfred Searcy (1854-1925) im Album Lighthouses in New South Wales; Quelle: State Library of New South Wales, Sydney, Ref. 414123

 

Die kleine Felsinsel Solitary Island liegt etwa 18 Kilometer östlich der Küste bei Coffs Harbour, der Leuchtturm leuchtet seit 1880, seit 1975 tut er dies ohne Leuchtturmwärter.

South Solitary Island Light

South Solitary Island Light, Entwurf für den Leuchtturm 1878; Quelle: commons.wikimedia.org; South Solitary Island Light, design for lighthouse, 1878.jpg

 

Bei dem Tagebucheintrag South Hd. müsste es sich um den Yamba Point bei der Mündung des Clarence River bei dem Ort Yamba handeln (dort gibt es einen South Head Park) und beim North Point um eine Landmarke bei der Stadt Ballina (s. u.)

 

5. Juli 1914

 

2.43 North Pt. N 32° W Pos.

3.17      “         N 77° W Pos. Cap. Byron N 12° W

4.45 Cap Byron Pos. West

Anhaltender Regen

bis 11 h Regen

11 h 8 m Pt. Lookout p. K. S 76° W 4 sml ab

12 h                     “                S 13° W

1.15 halbe Kraft Ende d. Seereise

1.45 Lotse Murchie an Bord

3.55 pass. Pile Lighthouse

5.5 Schlepper Greyhound

5.55 Schiff fest an New Farm Wharf. Ende d. Reise

Tiefgang v. 11’6”; h. 17’9‘; Mitte 14‘7 ½“

Der Leuchtturm von Kap Byron ist auf dem östlichsten Punkt des australischen Festlandes und seit 1901 in Funktion, er soll heute der lichtstärkste Leuchtturm Australiens sein.

Der Ort Kap Byron wurde ab den Siebzigern des 20. Jahrhunderts zum Sehnsuchtsort der Hippie-Generation: „travelling in a fried-out Kombi, on a hippie trail, head full of zombie…“ (Liedanfang von „Down Under“ der australischen Band Men at Work)

Kap Byron

Kap Byron, 1902, Aufnahme von Alfred Searcy (1854-1925) im Album Lighthouses in New South Wales; Quelle: State Library of New South Wales, Sydney, Ref. 414123

 

Point Lookout befindet sich am Nordende der Insel North Stradbroke Island, die zusammen mit der Nördlich davon gelegenen Insel Moreton Island die Moreton Bay zum offenen Meer abschließt.

Moreton Bay Pile Light

Das Moreton Bay Pile Light markierte die ausgebaggerte Mündung des Brisbane River, ca. 1911, Quelle: commons.wikimedia.org: Moreton Bay Pile Light ca 1911.jpg

 

In Brisbane

Für die Fahrt von Sydney nach Brisbane, insgesamt 495 Seemeilen, brauchte die „Fürth“ gut einen Tag und 19 Stunden, die Durchschnittsfahrt war mit 11,74 Knoten recht hoch:

Anfang d. Reise 3.7. 10 h 45 m pm
Ende d. Reise 5./7. 5 h 55 m pm
Dauer d. Reise 1 Tag 19 h 10 m
Rev. Zt. Sydney 0 h 40 m
Rev. Zt. Brisbane 4 h 40 m
[zus.] 5 h 20 m
Dauer d. Seereise 1 Tag 13 h 50 m

Gesamtdistanz 495 sml
Rev. Dist. Sydney 5 sml
Rev. Dist. Brisbane 46 sml
[zus.] 51 sml
Seedistanz 444 sml

Durchschnittsfahrt 11.74 kn

Wache III. Offz. Wodarz

In Brisbane gab es vier Desertionen. Siehe dazu: Dampfschiff „Fürth“: Tagebuch-Spezial – Deserteure, Einschleicher und wechselndes Personal

 

Brisbane map

Brisbane und die Moreton Bay, zw. 1909 – 1916, der Ausschnitt verdeutlicht die komplexe Anfahrt auf den Hafen von Brisbane durch die Moreton Bay und den Brisbane River; Ausschnitt; Quelle: National Library of Australia; 1909, [Map of Brisbane region] , [s.l viewed 10 janvier 2020 http://nla.gov.au/nla.obj-231678021

Der Schlepper Greyhound

Die „Greyhound” gehörte der 1903 gegründeten Brisbane Tug Company, die drei Schlepper in Betrieb hatte. Die „Greyhound“ war 1898 von Allan & Hunter in Balmain (Sydney) gebaut worden, hatte eine Länge von 96,2 Fuß (29,3 m) und war vor 1903 für Campbell & Sons in Brisbane in Fahrt. Der Schlepper war bis 1935 in Brisbane und wurde dann nach Geelong verkauft.
Quelle und mehr Informationen: Tug-Boats of the Brisbane River, A.A. Jordan, 1958, https://espace.library.uq.edu.au/view/UQ:211826/s00855804_1959_6_1_174.pdf

Greyhound

Der Schlepper „Greyhound“, undatiertes Foto, Autor unbekannt; Quelle: John Oxley Library, State Library of Queensland, Bildnr. 76437

 

New Farm Wharf

Die New Farm Wharf erweiterte die Anlegemöglichkeiten für größere Schiffe in Brisbane, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und erhielt einen Bahnanschluss. Die 250 Meter Kai sollten bald auf über 300 Meter erweitert werden.

Das Löschen und Laden der „Fürth“ konnte hier beginnen.

NEW FARM WHARF.
ADDITIONAL IMPROVEMENTS.

Situated at the terminus of one of the tram services, the New Farm Wharf, recently constructed at considerable cost, has been well alvanized by vessels of various lines calling at Brisbane. The wharf is conveniently situated for the overseas trade, railway communication being obtained by the Bulimba branch line, two sets of rails running the entire length of the wharf in front of the commodious cargo sheds, while at the rear of the wool stores there is another set of rails, which allows wool to be transferred from railway trucks direct to the stores. The whole of the work in connection with the property is not yet completed, and it is only quite recently that a 6ft alvanized iron fence with massive gates was put up. At the present time the new wharf has a quay line of 800ft., but the demands made by shipping have been so great that the owners of the property, it is understood, have decided to extend the wharf to a total length of 1000ft. A feature in connection with the distribution of cargo from the wharf is the running of big motor lorries, seven of these vehicles being at present in use.
The Brisbane Courier, 30. Aug 1912, S. 6

Anmerkung:
Die Bulimba Branch Line war eine Schmalspur-Vorortbahn in Brisbane, die zur North Coast railway line gehörte. Sie existierte bis ins Jahr 1990.

Im Zweiten Weltkrieg war die New Farm Wharf in Brisbane ein wichtiger U-Boot-Stützpunkt.

New Farm, Brisbane

Der Frachtdampfer „Pericles“ am Kai von Dalgety & Co., New Farm, Brisbane, 1908. Quelle: State Library of Queensland über commons.wikimedia.org; StateLibQld 1 83347 Cargo ship Pericles at Dalgety and Co’s Wharf, New Farm, Brisbane, 1908.jpg

 

Der Hafen Brisbane heute

Heute liegt der Hafen von Brisbane längst weit außerhalb der Stadt in der Moreton Bay auf der künstlich aufgeschütteten Insel Fisherman Island.

Nach Sydney und Melbourne ist der Ballungsraum Brisbane das drittgrößte Ballungszentrum Australiens mit rund 2 Millionen Einwohnern.

Ein Postkartentext von 1910 beschreibt die Stadt folgendermaßen, die dazugehörige Karte ist unten abgebildet.

Brisbane is the capital of Queensland and a thriving seaport, situated on the River Brisbane, twenty five miles from the sea. It has many handsome buildings, including the Houses of Legislature and two cathedrals, also public parks and beautiful Botanical Gardens. There are extensive wharves on both sides of the river, and the picture gives a good view of this part of the city.

Brisbane

Brisbane, Queensland, Postkarte nach einem Gemälde, gelaufen am 21.11.1910; Quelle: National Museum Australia, Ref. 32768

 

Brabant & Co.

Agent der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) in Brisbane war die Fa. Brabant & Co. Diese war zwar 1904 von dem Unternehmen Walter Reid & Co. übernommen worden, behielt aber die Geschäftstätigkeit in Brisbane unter eigenem Namen bei.

Brabant & Co. war Vertreter für Biere, Weine, Spirituosen aber auch für zahlreiche andere Konsumgüter wie Drogerieartikel. Dazu kam die Vertretung für Explosivstoffe (Nobel’s, Glasgow) und die Vertretung für die französische Reederei Messageries Maritimes.

Im Jahr 1907 erwarb das Unternehmen ein großes Grundstück von der Stadt und erweiterte seinen Geschäftsbetrieb um über das Doppelte:

„These additions also show the enormous trade which the firm have built up and are transacting, and is a splendid testimonial to their integrity and popularity amongst Queensland business people.”
Quelle: Truth, Brisbane, 24. März 1907, S. 8

 

Löschen, Laden und Bunkern

Montag 6. Juli

zeitweise leichter Staubregen

Löschen von 8 h am bis 5 h pm mit 4 Gängen

Löschen von 5 h pm bis 6 h pm mit 1 Gang

7 h am kam S./S. „Essen“ längsseite

Mannschaft außenbords

Wache II. Offz. Nagel

 

Das Dampfschiff „Essen“

Das Dampfschiff « Essen » war 1912 auf der Tecklenborg Werft in Geestemünde für die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) fertiggestellt worden. Auf dieser Fahrt im Sommer 1914 fuhr das Schiff für die United Tyser Line, einer Kooperation der DADG mit der DDG Hansa in Bremen und der The Tyser Line Ltd. in London.

Siehe dazu auch den Blogartikel: Im Auftrag Rockefellers

Die United Tyser Line bediente Fahrten von New York nach Australien.

Über Fremantle, Adelaide, Melbourne und Sydney war die „Essen“ unter Führung von Kapitän Prohn nach Brisbane gekommen und sollte im Anschluss über Sydney und Port Pirie nach Antwerpen gehen.

Ab 18. Juli 1914 lud die „Essen“ Konzentrate in Port Pirie. Das Schiff verließ den Hafen am 30. Juli 1914 in Richtung Durban. Da die „Essen“ mit Telefunken ausgerüstet war und sicher Kenntnis vom Kriegsausbruch bekommen hatte, lief sie jedoch den Hafen in der portugiesischen Delagoa Bay an (heute Maputo-Bucht).

Dort blieb das Dampfschiff, bis es im Februar 1916 kurz vor dem Eintritt Portugals in den Ersten Weltkrieg beschlagnahmt, in „Inhambané“ umbenannt wurde und für portugiesische Eigner in Fahrt kam.

Die ex„Essen“ hatte eine lange Lebensdauer: erst 1955 wurde das Schiff nach Costa Rica verkauft, in „Vassiliki“ umgetauft, bevor es 1959 in Hongkong abgewrackt wurde.

(Angaben nach O. Harms, R. Schmelzkopf und australischen Tageszeitungen)

Dampfschiff Essen

Die „Essen” am Kai Nr. 1 in Port Adelaide, schöne, detailreiche Aufnahme aus dem Jahr 1914; Quelle: Searcy Collection, State Library of South Australia [PRG 280/1/14/75]

Löschen, Laden und Bunkern (Fortsetzung)

Dienstag d. 7. Juli 1914. Schönes Wetter

Löschen von 8 h am bis 5 h pm mit 4 Gängen

Löschen von 5 h pm bis 10 h pm mit 1 Gang

Mannschaft außenbords

Wache IV. Offz. Christiansen

 

Mittwoch d. 8. Juli 1914. Schönes Wetter

Löschen von 8 h am bis 10 h am mit 4 Gängen

Löschen von 10 h am bis h pm mit 2 Gängen

Löschen von 4 h pm bis 5 h pm mit 1 Gang

Laden von 10 h am bis 4 h pm mit 2 Gängen

Laden von 4 h pm bis 9.30 pm mit 1 Gang

Bunkern von 1 h pm bis 7 h pm mit 2 Gängen

Mannschaft baute Erzschotten u. malte außenbords

Wache III. Offz. Wodarz

Schotten bauen

Die Erzschotten sollten sicherlich ein Verrutschen der losen Erze, die später in Sydney geladen wurden, bei schwerer See verhindern. Allerdings bewegen sich schwere Erze eigentlich nur wenig. Bekannt ist das Bauen von Schotten vor allem bei leichten Getreideladungen wie Gerste („Getreideschotten“), die sich im Schiffsrumpf wie Flüssigkeiten verhalten.

Vielleicht ging es auch darum, die großen Räume abzuteilen, um sie besser für andere Frachten nutzen zu können, da die Erzmengen nicht sonderlich groß waren.

Ein Stauplan der „Fürth“, der dem Tagebuch am Ende beigefügt ist, veranschaulicht die Ladeplätze der Erze:

Stauplan, Dampfschiff Fürth 1914

Logbuch der „Fürth“, Stauplan in der Anlage, mit freundlicher Genehmigung des National Museums Liverpool (Merseyside Maritime Museum), Ref. B/HAR/11/4/1

Schraffiert sind die Erze für Antwerpen, rot die Erze für Hamburg eingetragen:

Stauplan für Hamburg:

Zinkkonzentrate: unterer Raum 1 (255 t), unterer Raum 2 (490 t) und unterer Raum 4 (520 t)
200 Säcke Wolframerze wurden als Deckladung (Heck) transportiert

Das entspricht den Mengen in der Exportmeldung aus Sydney (Konzentrate) und Melbourne (Wolframerze)

HAMBURG.

Aust. Metal Co., 255½ tons concentrates
John Paxton, 1010½ tons concentrates

Hamburg: …, 200 bgs wolfram ore (10 tons)

 

Stauplan für Antwerpen:

Bleierze, lose (266 t): Oberer Raum 3
Bleierze in 2000 Säcken (190 t): Unterer Raum 2 auf den Konzentraten für Hamburg

Auch hier lässt sich die erste Menge im Exportbericht aus Sydney wiederfinden

ANTWERP.
…Aust. MetaI Coy., 266 tons concentrates

Die 2000 Säcke Bleierze kamen in Fremantle für die Fremantle Trading Company Limited aufs Schiff.

Über die Erze an Bord siehe auch: Die Erze an Bord der „Fürth“ …

Fracht in Brisbane

Queensland ist der wichtigste Bundestaat Australiens für die Rinderzucht. Die von der „Fürth“ in Brisbane geladenen Waren spiegeln dies wider: über 7000 Häute, Talk und Wursthüllen für Antwerpen und Hamburg bildeten den Hauptbestandteil der Fracht ab Brisbane. Hinzu kam Talk für Odessa (über Umladung) sowie Zinnabfälle und eine Kiste „Effekten“ (eventuell Geschäftsunterlagen von Brabant & Co. für die DADG in Hamburg).

Im Detail habe ich die Fracht auf der Webseite dieser Australienfahrt der „Fürth“ angegeben: Unvollendete Fahrt

 

Das Entlöschen, Laden und Bunkern wurde Donnerstag und Freitag fortgesetzt:

Donnerstag d. 9. Juli 1914. Schönes Wetter

Löschen von 8 h am bis 10.30 am mit 1 Gang

Laden von 8 h am bis 10.30 am mit 2 Gängen

Laden von 10.30 am bis 1 h pm mit 3 Gängen

Laden von 2 h pm bis 3 h pm mit 2 Gängen

Laden von 3 h pm bis 5 h pm mit 1 Gang

Bunkern von 8h am bis 6 h pm mit 2 Gängen

Mannschaft außenbords u. in den Räumen beschäftigt

Wache II. Offz. Nagel

 

Freitag d. 10. Juli 1914. Schönes Wetter

Laden von 8 h am bis 3 h pm mit  Gang

Bunkern von 8 h am bis 1 h pm mit 1 Gang

3 h pm fertig, legten Luken an u. machten das Schiff seeklar

Liegezeit Brisbane 4 Tage 21 h 30 m

Tank 1.2.3.4.6.7 u. 10 voll. Tank 5.8 u. 9 lenz

Tiefgang v. 12’2”; h. 13’6‘‘; Mitte 12‘10“

 

Nächste Woche im Blog

Von Brisbane zurück nach Sydney und Melbourne und dann ein unplanmäßiger Zwischenstopp in Adelaide (Südaustralien).

In Sydney wird diesmal nicht nur Woolloomooloo angelaufen und es gibt Ärger zwischen dem ersten Offizier und dem ersten Steward.

Außerdem stelle ich Ihnen kurz die amerikanische Innenarchitektin Dorothy Hammerstein vor. Welche Verbindung es zwischen ihr und dem Dampfschiff „Fürth“ gibt erfahren Sie exklusiv nur hier im Blog!

German Australian Line, steamships in Hamburg

25 Jahre Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft

Ein beachtliches Jubiläum

Laudatio von Dr. Peter Stubmann

Der folgende Artikel zum 25. Jubiläum der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft erschien in der führenden Hamburger Zeitung für die Schifffahrt „Hamburgischer Correspondent und neue hamburgische Börsen-Halle“ am 18. September 1913 auf S. 33.

Der Autor ist Dr. Peter Stubmann, ein ausgewiesener Schifffahrtsexperte der damaligen Zeit. Er publizierte zahlreiche Bücher und Artikel zu den Themen Ökonomie und Seefahrt, unter anderem das Buch „Gegenwart und Zukunft der Seeschiffahrt“ (1916). Stubmann war später auch Senator in Hamburg.

Zum besseren Verständnis werde ich einige Passagen im Text kommentieren. Aber lassen wir zunächst Dr. P. Stubmann zu Wort kommen:

„Eine der für die deutsche Volkswirtschaft wichtigsten Hamburger Rhedereien, die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, kann am 16. September auf ein 25jähriges Bestehen zurückblicken. Der Werdegang der Linie ist geradezu typisch für die Hamburger Arbeitsweise; auf der einen Seite eine außerordentlich bedächtige und vorsichtige Ausnutzung aller derjenigen Möglichkeiten, die sich im Auf und Ab der Konjunktur boten, und andererseits eine kraftvolle Initiative, sobald die Entwicklung Australiens eine vorausschauende Investierung neuer Mittel verlangte.

Die Rhederei, die heute ihrer Tonnage nach unter den Hamburger Schiffahrtsgesellschaften an dritter Stelle steht, ist aus kleinen Anfängen heraus zu einem wichtigen Instrument nicht nur der Hamburger Schiffahrtsbeziehungen, sondern auch der deutschen Volkswirtschaft und des deutschen Außenhandels geworden.“

Die HAPAG als Platzhirsch

Die größte Hamburger Reederei war die HAPAG (Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft), an zweiter Stelle stand die Hamburg Süd (Hamburg-Südamerikanische Dampfschiffahrts-Gesellschaft), die etwa gleich viele Schiffe wie die DADG, aber eine höhere Gesamt-Tonnage hatte. In Bremen gab es ebenfalls zwei Reedereien, die größer als die DADG waren: der Norddeutsche Lloyd und die DDG Hansa. Die DADG war also im Ranking deutscher Reedereien auf dem fünften Platz.

„Indirekt verdankt sie ihre Entstehung der Einleitung deutscher Weltpolitik Mitte der achtziger Jahre. Auf die Inauguration der deutschen Kolonialpolitik durch Bismarck folgte damals bekanntlich die Einrichtung einer vom Reich subventionierten Postdampferlinie nach Ostasien und Australien. Eine Hamburger Rhederei, die in diesen Jahren eine Verbindung mit Australien unterhielt, die Australia-Sloman-Linie, stellte ihre Fahrten ein, als unter Bremer Flagge im Juli 1866 der erste Postdampfer nach Australien abfuhr. Infolge dessen regte sich sehr bald in Hamburg der Wunsch, an die Stelle der eingegangenen australischen Linie eine neue Rhederei zu setzen. Die Gründung erfolgte am 18. September 1888, und der erste Dampfer der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft konnte am 24. Juli 1889 Hamburg verlassen.“

Hausflagge, Kontorflagge, Reedereiflagge

Die Hausflagge der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft
German-Australian Steam Ship Co., house flag

Die Anfangsjahre

Der erste Dampfer war die „Elberfeld“. Dieser oder das Schwesterschiff „Barmen“ sind auf einem Plakat der DADG aus den Anfangsjahren abgebildet. Sie zeichnen sich noch durch eine zusätzliche Besegelung aus, die die Dampfmaschinen unterstützt haben: siehe Plakatwerbung

„An der Gründung waren die ersten Schiffahrtsfirmen Hamburgs, darunter die bekannte Firma F. Laeisz beteiligt. Das Aktienkapital der neuen Rhederei betrug 4 Millionen M. Der Schiffspark bestand zu Anfang aus 7 Dampfern mit zusammen 19149 Brutto-Register-Tons. Daß das neue Unternehmen in erster Linie aufgebaut war auf den Hoffnungen, die man auf die Entwickelung des deutschen Handels mit Australien gesetzt hatte, ergibt sich daraus, daß von Anfang an das Anlaufen englischer Häfen ausgeschlossen war. Ausgangshäfen waren Hamburg und Antwerpen. Die Route der Linie führte in den ersten Jahren durch den Suezkanal.“

Hauptaktionär bei der Gründung der DADG war allerdings die Hamburger Filiale der Deutschen Bank, die allein 1,5 Millionen Mark Anteile hielt. Carl Alphons Brödermann von der Fa. Sloman hatte als zweitgrößter Aktionär für 300.000 M Anteile gezeichnet.

Aufgrund der hohen Kanalgebühren für die Durchquerung des Suezkanals war die DADG bereits ab November 1891 dazu übergegangen, alle ausgehenden Fahrten über Südafrika zu leiten.

Passagierfahrt ohne Fortune

„Neben der Beförderung von Frachtgütern nahm die Rhederei die Beförderung von Zwischendeckern auf, in der Voraussetzung, daß ein so entwicklungsfähiges Land wie Australien in absehbarer Zeit auch eine erhebliche Auswanderung nach sich ziehen müsse. Diese Erwartung hat sich nicht verwirklicht; vielmehr sah sich die Rhederei im Jahre 1893 genötigt, infolge mangelnder Rentabilität die Beförderung von Passagieren gänzlich einzustellen. Als Ersatz bot sich ihr die Möglichkeit an der Hand eines größeren Kontraktes mit der Dynamit-Aktiengesellschaft im Jahre 1894 regelmäßige Fahrten nach Südafrika aufzunehmen.“

Über die anfängliche Passagierfahrt und den Vertrag mit der Dynamit AG hatte ich ebenfalls in dem bereits oben erwähnten Artikel berichtet: Plakatwerbung. Als Zwischendecker wurden Passagiere bezeichnet, die ohne Komfort in Gemeinschaftsunterkünften auf dem Zwischendeck reisten. Auf dem Weg zurück wurde das Zwischendeck wieder als Lagerraum genutzt. Die Auswanderung von Hamburg nach Australien war in der Tat stark rückläufig. Nach der Jahrhundertwende stand ein anderes Land im Fokus: Amerika. Die Auswanderung von Hamburg dorthin erreichte 1913 ihren Höhepunkt mit über 190.000 Personen.

German Australian Line, poster, 1891/1892

Plakat der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft aus dem Jahr 1891 oder 1892 (Reproduktion), eigene Sammlung

Dividende und Kapitalerhöhungen

„Die Schwierigkeiten der Anfangsjahre, die sich bis 1895 geltend machten und die Gesellschaft an der Verteilung einer Dividende bis zum Jahre 1895 verhinderten — lediglich im Jahre 1890 war eine Dividende von 5 pZt. ausgeschüttet worden, konnten endgültig überwunden werden, als mit dem Jahre 1896 eine bessere Konjunktur des gesamten Schiffahrtsgeschäftes einsetzte. Die Dividende der Gesellschaft steigerte sich bis zum Jahre 1900 auf 12 pZt., ging dann allerdings in den folgenden Jahren wieder zurück. Immerhin hat die Rhederei seinen Aktionären seitdem regelmäßig eine Dividende zukommen lassen können. In den letzten Jahren bekanntlich unter Steigerung des Dividendensatzes auf 9 pZt. (1910), 11 pZt. (1911), 14 pZt. (1912). Das Kapital der Rhederei ist im Jahr 1897 von 4 Millionen auf 6 Millionen, im Jahre 1899 auf 9 Millionen, zu Beginn des Jahres 1901 auf 12 Millionen, im Jahre 1907 auf 16 Millionen und zu Beginn des Jahres 1912 auf 20 Millionen M gesteigert worden, da die wachsenden Ansprüche des Verkehrs eine durchgreifende Verstärkung der Betriebsmittel notwendig machten.“

Die beschriebenen Schwierigkeiten der Anfangsjahre waren auf wenig geeignete Schiffe, wie die „Barmen“ und die „Elberfeld“ zurückzuführen, die bereits 1894 wieder abgestoßen wurden. Dann kam 1894 noch ein Totalverlust hinzu: Die „Erlangen“ strandete bei den Malediven. Außerdem hatte die DADG bei Passagieren und Mannschaften keinen guten Ruf (ich komme im Blog zu einem späteren Zeitpunkt darauf zurück).

In den Jahren ab der Jahrhundertwende ging es mit großen Wachstumsraten bis in das Jahr 1914, lediglich im Krisenjahr 1908 war ein deutlicher wirtschaftlicher Rückgang zu verzeichnen.

55 Dampfschiffe mit 281 000 Bruttoregistertonnen

„Die Rhederei war genötigt, nicht nur zu größeren und schnelleren, somit kostspieligeren Schiffstypen überzugehen, sondern sie mußte, um den Anforderungen der erheblich gewachsenen Handelsbeziehungen und der von ihr neu eingerichteten Linien gerecht zu werden, auch ihren Schiffspark erheblich vergrößern. Besonders die zweite Hälfte des Vierteljahrhunderts, das hinter ihr liegt, hat hier bedeutsame Fortschritte gebracht. Während im April 1901 die Flotte noch aus 24 Dampfschiffen mit 103000 Brutto-Register-Tons einschließlich der im Bau befindlichen Schiffe bestand, beträgt heute die entsprechende Zahl 55 Dampfer mit rund 281000 Brutto-Register-Tons. Die Rhederei unterhält heute eine Anzahl Linien, davon sieben von Hamburg ausgehend, mit denen sie den Verkehr zwischen Europa und Südafrika, Australien, Niederländisch-Indien, Singapore, Colombo, andererseits von nordamerikanischen Häfen der Ostküste mit Australien und Niederländisch-Indien vermittelt.“

Die Vergrößerung der Flotte und die Zunahme der Abfahrten lassen sich sehr gut an den Fahrplänen verfolgen, die ich jeder Australienfahrt der „Fürth“ vorangestellt habe. Im September/Oktober 1913 wurden erneut vier Dampfer bestellt und auch im Jahr 1914 noch deren drei, die allerdings alle nicht mehr zum Einsatz kamen.

German Australian Steam Ship Co., advertisement Hansa May 1909

Anzeige der DADG in der Zeitschrift HANSA, Mai 1909

Abruptes Ende

 „Der Erfolg, den die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft in den ersten 25 Jahren ihres Bestehens gehabt hat, darf als bedeutender Gewinn für die Entwicklung der weltwirtschaftlichen Interessen des deutschen Reiches und vor allem auch für die Machtstellung Hamburgs verzeichnet werden. Mögen ihr gleiche Erfolge auch fernerhin zuteil werden zum Ruhme der Hamburger Flagge!“

Die Wünsche, die Dr. Peter Stubmann zum Ausdruck brachte, sollten sich jedoch nur noch kurze Zeit erfüllen. Die rasante wirtschaftliche Entwicklung wurde nicht einmal zwölf Monate nach diesem Jubiläum durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges jäh unterbrochen.

Australdampfer am Kai – Ein Foto mit sechs Dampfschiffen

Das Titelbild des Beitrags ist dem Buch von Otto Harms über die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft entnommen. Es enthält 8 Abbildungen. Sieben der Abbildungen zeigen einzelne Schiffe der Gesellschaft, aber nur ein einziges mehrere davon.

Dieses Bild im Hamburger Hafen wurde am 25.7.1913 aufgenommen, also knapp zwei Monate vor dem Jubiläum der DADG. Ob es mit dem Jubiläum in Zusammenhang steht, ist nicht überliefert, ich kann lediglich vermuten, dass es für Werbezwecke in Zusammenhang mit dem 25. Jubiläum angefertigt worden sein könnte.

Eines der Schiffe auf dem Bild ist ein Schwesterschiff der „Fürth“. Die „Reichenbach“ befindet sich links im Vordergrund und ist daher auf dem Foto am besten zu erkennen. Gut zu sehen auch eine große Anzahl von Schuten, die die beiden Schiffe vorne links wasserseitig be- oder entladen.

Hier der Originaltext zum Bild:

6 Austral-Dampfer am und beim Australia-Kai. 25.7.1913. „Reichenbach“ „Elmshorn“ „Essen“ „Ottensen“ „Magdeburg“ „Elbing“

Demnach wären die Schiffe am Kai von vorne nach hinten die „Reichenbach“, dahinter die „Elmshorn“ und die „Essen“. Das vierte Schiff am Kai, die „Ottensen“, ist nur durch den allerobersten Teil seines Schornsteins erkennbar, ansonsten aber komplett verdeckt.

Die rechten beiden Schiffe, die „Magdeburg“ und die „Elbing“ liegen an Dalben und nicht am Kai. Für sie war am Kai schlicht kein Platz mehr.

Warum gerade diese Schiffe für die Aufnahme ausgewählt wurden, weiß ich nicht. Es handelte sich zum Zeitpunkt der Aufnahme im Jahr 1913 bei den meisten Schiffen um ältere Dampfer. Die zu dieser Zeit größten und neuesten Schiffe der Gesellschaft, die Schiffe der sogenannten „Adelaide“-Klasse sind nicht im Bild. Im Einzelnen:

„Reichenbach“, Baujahr 1906
„Elmshorn“, Baujahr 1910
„Essen“, Baujahr 1912
„Ottensen“, Baujahr 1904
„Magdeburg“, Baujahr 1900
„Elbing“, Baujahr 1898

Hier noch der Hinweis auf ein interessantes Detail auf dem Foto, das wir aus unserer heutigen bunten Medienwelt gar nicht mehr kennen: Das Bild ist eine Schwarz-Weiß-Aufnahme, die nachträglich koloriert wurde. Diese Kolorierung beschränkt sich allerdings auf die Schornsteine von fünf Schiffen, bei denen die Kamine mit einem roten und weißen Rechteck ergänzt wurden, um die Schornsteinmarke der Reederei nachzustellen. Beim sechsten, fast komplett verdeckten Schiff erhielt der Schornstein keine Kolorierung.

Frachtdampfer

Unser Dampfschiff „Fürth“ war übrigens am Tag der Fotoaufnahme, dem 25. Juli 1913, im Nordatlantik in Richtung New York unterwegs, wo es am 29. Juli am Vormittag um 9:20 Uhr eintraf. Siehe dazu auch: Im Auftrag Rockefellers

Der Laeiszhof in Hamburg

Der Laeiszhof in Hamburg, gebaut 1897/98. In diesem herrlichen Gebäude hatte die DADG auf der dritten Etage ihre Geschäftsräume. Quelle: commons.wikimedia.org; Laeiszhof (Hamburg-Altstadt).3.12405.ajb.jpg