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German Australian Line, poster, 1891/1892

Plakatwerbung

Ein Plakat der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) aus dem Jahr 1891/92

Dieses Plakat ist aus den Anfangsjahren der Reederei. Das lässt sich eindeutig an dem Schiff mit der Besegelung erkennen. Lediglich die ersten, noch relativ kleinen Schiffe verfügten neben einer Dampfmaschine noch über eine Ausrüstung mit Segeln.

Besegelung

„Hier sei noch hinzugefügt, daß sie der damaligen Anschauung entsprechend mit Segeln ausgerüstet waren und zwar als Schoner getakelt, der Fockmast mit Großsegel (Fock), Unter- und Obermars- und Bramsegel. Für den folgenden Neubau („Staßfurt“ bei Blohm & Voß) wurde daran festgehalten, weil man den Nutzen bei den Reisen ums Kap der guten Hoffnung, wie sie schon damals aufgenommen waren, mit im Süden vorherrschenden westlichen Winden für ausreichend hielt. Bei der steigenden Größe der Schiffe verringerte sich dieser Vorteil und von „Sonneberg“ an sind die Segel fortgefallen.“

Anm.: Die „Staßfurt“ wurde als achtes Schiff der Reederei im November 1891 in Dienst gestellt, die „Sonneberg“, das neunte Schiff im Dezember 1894.

Bei dem abgebildeten Schiff könnte es sich um die „Elberfeld“ oder die „Barmen“ handeln, beides 1889 in Betrieb genommene Schwesterschiffe, die bei Armstrong Mitchell & Co. in Nordengland (Tyne) gebaut wurden. Beide Schiffe bereiteten der DADG „dauernd große Sorge“ und wurden bereits 1894 weiterverkauft und durch andere Schiffe ersetzt.

Eine Abbildung der Elberfeld im Buch von Otto Harms entspricht genau dem Schiff auf dem Plakat.

Vier- und dreiwöchentliche Abfahrten

Das erste Schiff der DADG fuhr am 24. Juli 1889 nach Australien. Zunächst wurde die Australienfahrt im vierwöchigen Rhythmus angeboten.

„Die gute Lage des Geschäfts veranlaßte die Frage, ob eine Vermehrung der Abfahrten zu empfehlen sei. … Und so wurde im November 1890 beschlossen, ab 21. Januar 1891 mit dreiwöchentlichen Abfahrten vorzugehen.“

Allerdings verlief das Geschäftsjahr 1892 weit weniger erfolgreich als das Jahr 1891.

„Es mußte Ende 1892 zu den vierwöchtlichen Abfahrten zurückgekehrt werden.“

Durch diesen Fahrplanwechsel kann das Plakat eindeutig auf den Zeitraum 1891/1892 datiert werden.

Dynamit statt Passagiere

Die Plakatwerbung der DADG dürfte mit der Einstellung der Passagierfahrt im Jahr 1894 ihr Ende gefunden haben. Für ein reines Frachtgeschäft mit Firmenkunden kann ich mir keine Plakate mehr vorstellen.

Interessant ist die Tatsache, dass die wegfallenden Einnahmen aus dem Auswanderergeschäft durch einen Vertrag mit der Dynamit-Aktiengesellschaft in Hamburg kompensiert wurden.

„Im Herbst 1892 bot sich Gelegenheit, einen Posten Dynamit nebst anderer Ladung für Algoa Bay zu erhalten. Es folgten andere Sendungen und für 1894 wurde mit der Dynamit-Aktien-Gesellschaft, vormals Alfred Nobel in Hamburg, ein Vertrag geschlossen, welcher das regelmäßige Anlaufen von Algoa Bay zur Folge hatte. Die Aussichten für eine Fortsetzung waren gut und so wurde beschlossen, die Passagierfahrt aufzugeben. Freude hatte sie uns nie bereitet. Im ersten Geschäftsjahr ging es am besten. Die 13 Schiffe erzielten einen Durchschnitt von 91 Fahrgästen, im zweiten Jahr 68, im dritten 54.“

Anm.: Der Hafen in Algoa Bay ist Port Elizabeth (Südafrika).

In der Tat, waren die Auswandererzahlen deutlich zurückgegangen. Der Höhepunkt der Auswanderung von Hamburg nach Australien war etwa von 1850 bis 1885.

Quelle: Pixabay (Bildausschnitt)

42000 Kisten Dynamit auf einem Schiff

Bemerkenswert ist eine Anekdote aus dem Jahr 1896:

„Erwähnenswert ist, daß D. „Sonneberg“ (11. September 1896 ab Hamburg) eine Riesenladung Sprengstoffe mitzunehmen hatte, nämlich über 42000 Kisten, davon 5000 für Australien. Es sollte die letzte Sendung vor Fertigstellung der Dynamit-Fabrik in Südafrika sein und es wurde alles herangeschafft, was fertig werden konnte, auch vom Mittelmeer. Diese letztere Sendung sollte auf der Lissabon Rhede übergeladen werden. Zwei Zollbeamte, welche dafür bestimmt waren, zogen sich zurück und erst ein dritter hatte den Mut, bei der „gefährlichen“ Arbeit an Bord zu sein. Die Fabrik in Südafrika war aber noch nicht voll arbeitsfähig und es folgten noch viele, zum Teil bedeutende Sendungen.“

Dynamit für Fremantle

Auch auf dem Dampfschiff „Fürth“ werden wir auf der neunten Fahrt Sprengstoff als Ladung antreffen. Er war für Fremantle in Westaustralien bestimmt. Allgemeine Bautätigkeit und Goldminen verlangten nach Explosivstoffen.

Aus Sicherheitsgründen erfolgte die Entladung der explosiven Fracht auf Reede in bereitgestellte Schuten. Erst nach Entladung des Dynamits wurde dann der Hafen zur Löschung der übrigen Ladung angelaufen. Sicher ist sicher.

Zitate aus: Otto Harms (1933): Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft,
siehe Beitrag: Fundstueck

Nachdruck

Das abgebildete Plakat ist (leider) kein Original. Ich habe es bei der Fa. Billerantik am Chiemsee gefunden. Die Druckqualität ist sehr gut und auch das leicht strukturierte und feste Papier entspricht vollkommen meinen Erwartungen. Die Auswahl an Motiven ist groß und die Preise sind korrekt.

Neumunster, German-Australian Line, August 1914

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Neumünster“

Endstation Fremantle (Westaustralien)

Dieser Blogartikel fasst die Geschichte eines der Schwesterschiffe der „Fürth“ zusammen, dem Dampfschiff „Neumünster“.

Er setzt damit die Reihe fort, die mit der „Reichenbach“ begonnen wurde (Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Reichenbach“ ) und mit der „Plauen“ weitergeführt wurde (Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Plauen“ ).

Die Geschichte jedes dieser Schwesterschiffe hat interessante Details zu bieten. Bei der „Neumünster“ ist bemerkenswert, wie viele Originaldokumente von diesem Schiff noch erhalten sind.

Aber beginnen wir mit dem Bau des Schiffes „Neumünster“.

Bildnachweis Titelbild: Das Dampfschiff “Neumünster” im Hafen von Fremantle, Zeitungssausschnitt (Western Mail, 21. Aug 1914), Quelle: National Library of Australia (trove.nla.gov.au)

Das Schiff

Die Bestellung der „Neumünster“ erfolgte nur einen Tag, nachdem die „Plauen“ bestellt worden war, nämlich am 1. Februar 1906. Der Baubeginn erfolgte dann mit einiger Verzögerung am 11. Oktober 1906, der Stapellauf am 16. April 1907 und die Lieferung an die Reederei am 18. Mai 1907. (Alle Angaben nach Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Otto Harms, Hamburg, 1933.)

Der Bau erfolgte damit zeitlich sehr synchron mit dem der „Plauen“, lediglich einen Monat nach hinten versetzt und auch dem der „Fürth“, die im Zeitplan drei Monate nach der „Neumünster“ lag. Erstaunlich finde ich die Tatsache, dass jedes dieser knapp 120 Meter langen Schiffe in einer Bauzeit von nur rund 200 Arbeitstagen fertiggestellt werden konnte. Das zeugt von einem hohen Organisationsgrad der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft.

Für die Maße und die Motorisierung des Schiffes verweise ich auf den Artikel der „Fürth“: Bau, Stapellauf und Probefahrt der „Fürth“ . Hier gibt es auch für die Neumünster nichts Neues. Lediglich das Vermessungsergebnis sei hier genannt, da dieses für jedes Schiff trotz gleicher Baupläne unterschiedlich ausfällt: Die „Neumünster“ hatte 4224 Bruttoregistertonnen („Fürth“ 4229). Der Baupreis war mit 1,255 Millionen Mark identisch mit dem der „Plauen“ und 17 tausend Mark unter dem der „Fürth“.

Neumünster in Norwegen

Das Schiff „Neumünster“ in Norwegen, © Reinhart Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, 1984.

Die Stadt Neumünster

Das kleine Städtchen Neumünster in Schleswig-Holstein hatte im 19. Jahrhundert die typische Entwicklung einer Industriestadt genommen. Durch die Textilindustrie wuchs die Stadt von 1867 als sie gerade einmal 9.000 Einwohner hatte auf 35.000 Einwohner im Jahr 1910. Zu diesem Zeitpunkt prägten Betriebe wie die Tuchfabrik Christian Friedrich Köster oder die Lederfabrik Emil Köster AG das Stadtbild; Neumünster wurde Holsteins „Manchester“ (Quelle: vimu.info).

Schafwolle war Australiens wichtigstes Exportprodukt und auch Tierhäute, Schaffelle und Gerbstoffe wurden in großer Zahl nach Europa exportiert, sicher auch über den Hamburger Hafen nach Neumünster. Zu den deutschen Importen australischer Produkte: Australische Exporte nach Deutschland

Aber auch in entgegengesetzter Richtung könnten Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen aus Neumünster und Australien bestanden haben, waren doch Kleidung und Textilien die wichtigsten Exporte des Deutschen Reichs nach Australien. Deutsche Exporte nach Australien

Mehr über die Industriegeschichte Neumünsters erfahren Sie in dem kleinen Prospekt der Stadt Neumünster „Route der Industriekultur, Neumünster, 25 Stationen der Industriegeschichte“, abrufbar auf der Seite metropolregion.hamburg.de

Neumünster Schleswig-Holstein 1895

Ansicht von Neumünster, 1895, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wd_b187.JPG

Auf Australienfahrt

Wie alle Schiffe der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) bediente die „Neumünster“ bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges die Linien der Reederei nach Australien und Niederländisch Indien.

Entscheidend für das weitere Schicksal des einzelnen Schiffes war die geografische Position Ende Juli/Anfang August 1914 beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Wie alle Schiffe der Kleinserie war auch die „Neumünster“ noch nicht mit einer Telegrafenanlage ausgestattet und musste sich daher von den politischen Entwicklungen im nächsten Hafen überraschen lassen.

Die „Neumünster“ hatte Hamburg am 30. Juni und Antwerpen am 4. Juli 1914 verlassen und war für den 14. August 1914 in Fremantle an der Westküste Australiens angekündigt. Danach sollte die „Neumünster“ die südaustralischen Hafenstädte Adelaide und Port Pirie anlaufen.

Anm.: Normalerweise waren die Schiffe der DADG auf ihrer Reise zwischen Europa und Australien (mindestens) einen Hafen in der Kapkolonie bzw. Südafrikanischen Union angelaufen. Das war bei dieser Reise nicht der Fall. Die „Neumünster“ hatte den Bedarf an Bunkerkohle für die ganze Fahrt nach Australien in Europa gedeckt. Oft waren die Schiffe bei der Ausreise nach Australien nicht voll beladen, so dass genug Platz für Bunkerkohle vorhanden war.

Am 16. August 1914 um 6.30 Uhr wurde die „Neumünster“ unter Führung von Kapitän Carl Herrmann vor der australischen Westküste in der Nähe von Rottnest Island von dem Kreuzer HMAS „Pioneer“ gestoppt und anschließend in den Hafen von Fremantle gebracht.

Die Mannschaft wurde auf Rottnest Island interniert.

Gerichtsverhandlung

Gegen die Beschlagnahmung der „Neumünster“ wurde von Kapitän Herrmann im Namen der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft Einspruch erhoben. Es ging darum, ob die „Neumünster“ eine rechtmäßige Prise (“prize“) war oder ob sie nur festgehalten werden konnte (“detention“). Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob die Kaperung noch auf hoher See stattfand, oder ob sich das Schiff zum Zeitpunkt der Kaperung bereits im Hafengebiet von Fremantle befand. Details dazu unter anderem in: The Daily News, Perth, Fr. 4. Dez. 1914, S. 8, THE NEUMUNSTER (Quelle: trove.nla.gov.au).

Das Urteil fiel dann erwartungsgemäß aus: Die „Neumünster“ wurde in der Urteilsverkündung am 22. Dezember 1914 als rechtmäßige Prise anerkannt. Auch dazu gibt es mehrere Zeitungsartikel, unter anderem sehr ausführlich in The West Australian, Perth, Mi 23. Dez 1914, S. 7-8, PRIZE COURT (Quelle: trove.nla.gov.au).

Unabhängig von der Gerichtsentscheidung war die „Neumünster“ bereits ab Ende Oktober wieder auf See und brachte eine Woll-Lieferung nach England.

Cooee, Neumünster

„Cooee“, exNeumünster; Quelle: © Maritime Museum of Tasmania, https://ehive.com/collections/3906/objects/620489/cooee

„C3“, „Cooee“ und „Bomarsund“

Ab Januar erhielt das Schiff den provisorischen Namen „C3“, bevor es später in „Cooee“ umgetauft wurde. Es blieb bis Ende 1925 im Verkehr zwischen Australien und England.

Im Januar 1926 wurde die „Cooee“, ex-Neumünster für £ 190.000 an die Fa. A/B Naxos Prince des finnischen Reeders und Geschäftsmanns Robert Mattson in Helsinki verkauft und umbenannt in „Bomarsund“.

Anm.: Quelle für den Verkaufspreis: Daily Mercury, Mackay (Queensland), Mo 18. Jan 1926, S. 5, COMMONWEALTH SHIPS)

Mehr Informationen über die „Bomarsund“, ex-Neumünster sowie Bilder finden Sie auf der sehr informativen Webseite über die finnische Schifffahrt Äänimeri: https://www.aanimeri.fi/piwigo/index.php?/category/89

Im Oktober 1935 wurde die „Bomarsund“ zum Abbruch an die Fa. Van Heyghen ins belgische Gent verkauft.

Falls Sie mal ein altes Schiff los werden wollen: Van Heyghen Recycling gibt als Teil der belgischen Galloo-Gruppe noch heute. Schiffe werden im Hafen von Gent abgewrackt und der Schrott anschließend verkauft.

Spannende Originaldokumente

Zu den eingangs erwähnten Originaldokumenten: Der Festsetzung des Schiffes in Fremantle ist es zu verdanken, dass zahlreiche Schiffsdokumente im nahegelegenen Perth erhalten geblieben sind (heute ist Fremantle Teil des Ballungsraumes Perth).

Man ist dort sehr sorgfältig mit den Unterlagen der beschlagnahmten Schiffe umgegangen, da die Beschlagnahmungen jeweils Gerichtsprozesse nach sich zogen. Neben Dokumenten der „Neumünster“ sind auch zahlreiche Unterlagen der ebenfalls im August 1914 beschlagnahmten Schiffe „Greifswald“ und „Thüringen“ des Norddeutschen Lloyd (Bremen), archiviert worden.

Von der „Thüringen“ liegt sogar ein alter Schlüssel im Archiv: http://sro.wa.gov.au/blogs/key-prize-war-ww1-wa

Der Schlüssel und all diese historisch sehr interessanten Papiere finden sich im State Records Office of Western Australia in Perth. Für das Schiff „Neumünster“ sind das

– das Schiffszertifikat
– der Messbrief
– die Musterrolle
– ein Gesundheitspass vom Britischen Generalkonsulat in Antwerpen
– ein Gesundheitspass vom Generalkonsulat der Niederlande in Antwerpen
– eine Bescheinigung vom Hafenarzt in Hamburg
– ein „Sailing und Arrival Code“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft für telegrafische Nachrichten
– eine Bescheinigung von Lloyd’s Register, ausgestellt in Rotterdam
– eine Liste der Schiffs-Vorräte für den australischen Zoll (Getränke & Lebensmittel; Öle, Lacke etc.)
– eine Inventarliste der Schiffsausstattung
– das Logbuch (Schiffstagebuch, ab 20. Juni 1914)

Logbuch Neumünster 1914, log book

Schiffstagebuch der „Neumünster“, Juni bis August 1914, © State Records Office of Western Australia, Perth, Cons. 4230/1.2

Hanau steam ship 1907 in Sydney

Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Hanau“

… und Anekdoten aus dem Leben des Trampschiffes „Ribera“, ex-Hanau

Bildnachweis Titel:
Mannschaftsliste der “Hanau” auf der Jungfernfahrt in Sydney am 23. Dezember 1907; Quelle: Mariners and Ships in Australian Waters;
http://marinersandships.com.au/1907/12/media/134han.jpg

Die „Hanau“ war das letzte Schiff der sogenannten „Hagen-Klasse“, welches die Flensburger Schiffbau Gesellschaft an die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) in Hamburg ablieferte.

Ab 1921 hieß das Schiff dann „Ribera“, soweit zur Erklärung des Titels.

Die Namen anderer Schwesterschiffe der „Fürth“ und Links zu deren Beschreibung finden Sie am Ende des Blog-Artikels.

Die neue „Hanau“

Die Bestellung des Dampfschiffes „Hanau“ bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft erfolgte am 21. Dezember 1906, die Kiellegung am 18. April 1907 und nach nur 184 Tagen Bauzeit wurde das Schiff am 19. Oktober 1907 an den Auftraggeber, die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) übergeben. Der Stapellauf war vier Wochen vorher, am 24. September 1907, erfolgt.

Die Baukosten betrugen 1,285 Millionen Mark. Die „Hanau“ hatte 4213 Brutto-Registertonnen und eine Tragfähigkeit von 7010 Tonnen. (alle Angaben: Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Schröder & Jeve, Hamburg 1933)

Hier nochmal die Maße der Baureihe, also auch der „Hanau“: Länge 389 Fuß (118,6 Meter), Breite 50‘10“ (15,5 Meter), Seitentiefe 27‘9“ (8,5 Meter).

Angetrieben wurde das Schiff von einer Dreifach-Expansions-Dampfmaschine mit 2200 ind. PS; die Höchstgeschwindigkeit war etwa 11 ¾ Knoten.

Zu den technischen Daten siehe auch den Eintrag des baugleichen Schiffes „Fürth“ in Lloyd’s Register: Die „Fürth“ in Lloyd’s Register

Die Jungfernfahrt der „Hanau“

Die Ankündigungen in den australischen Medien für das neue Schiff „Hanau“ fielen recht knapp aus. Kein Wunder, denn innerhalb eines Jahres hatten die Journalisten jetzt zum sechsten Mal ein genau gleich aussehendes neues Schiff der Reederei zu sehen bekommen.

A 7000-ton cargo steamship, built at Flensburg for the German-Australian Steamship Co., was launched on 24th September. The vessel, according to advices, was named the Hanau.
The Age, Melbourne, 6. Nov. 1907, S. 6, SHIPPING INTELLIGENCE

THE HANAU.
A cable received last week states that the new steamer Hanau left Hamburg on the 23rd instant on her maiden voyage to Melbourne, Sydney and Townsville. The Hanau is said to be similar to the Furth, now at Sydney and is fitted with all the latest appliances for the rapid handling of cargo.
Newcastle Morning Herald and Miners‘ Advocate, Di 29. Okt 1907, S. 4

Die Leitung des Schiffes hatte Kapitän Prohn übernommen, der den Schiffstyp bestens kannte, er war zuvor Kapitän des Dampfschiffes „Hagen“ gewesen.

Die Zusammensetzung der Besatzung (40 Mann) auf der Jungfernfahrt bei der Ankunft in Sydney ist aus der Titelabbildung ersichtlich.

Die „Hanau“ war in den ersten Jahren aber nicht nur in Fahrt für die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, sondern auch für die

United Tyser Line

und zwar beispielsweise in der zweiten Jahreshälfte 1908:

Hier bediente die „Hanau“ eine Linienfahrt dieser Gemeinschaftslinie, die von New York aus Fahrten nach Australien anbot.

United Tyser Line

Artikel über die Linie New York – Australien in der Zeitschrift Hansa, März 1907

Die DADG hatte wie die DDG Hansa, Bremen 25 % Anteile und die Tyser Line Ltd. in London 50 %. Das bedeutete, dass die DADG alle 12 Wochen ein Schiff auf dieser Linie zu stellen hatte.

The United Tyser Line’s steamer Hanau showed up at Fremantle last evening from New York, and after being passed by the Port Health Officer, she came into the river to a berth at the wharf. She is discharging 350 tons of general cargo and 1250 cases of kerosene. She will leave for the Eastern States either to-night or early to-morrow forenoon.
The Evening Mail, Fremantle, 30. Nov. 1908, S. 2

Regelmäßiges Ladegut ab New York war Petroleum (amerikanisch: kerosene), es bestand ein Vertrag mit der Fa. Standard Oil für regelmäßige Lieferungen nach Niederländisch-Indien und nach Australien. SIEHE: Im Auftrag Rockefellers

Ein Unfall im Jahr 1911

Im Frühjahr 1911 wurde die „Hanau“ vermutlich von einem unter Wasser treibenden Wrack oder Wrackteil leicht aufgerissen, so dass das Schiff in Kapstadt im Trockendock repariert werden musste. Das Seeamt Hamburg sprach später den Kapitän von Schuld frei, da laut Seekarte an dieser Stelle das Wasser eine Tiefe von 90 Faden habe (Quelle: Newcastle Morning Herald and Miners‘ Advocate, Mo 27. Nov 1911, S. 4).

MISHAP TO THE HANAU.
A cable received by the Sydney Marine Underwriters and Salvage Association stated that the German-Australian liner Hanau, which put into Table Bay some days ago, struck some unknown object. The diver reported damage to the bottom. The vessel would have to be docked. She would have to discharge part cargo to dry dock.
Newcastle Morning Herald and Miners‘ Advocate, Sa 6. Mai 1911, S. 4

Gestrandet und Feuer an Bord

Im Jahr 1912 sollte es schlimmer kommen:

STEAMER HANAUS BAD LUCK.

The German-Australian Company’s steamer Hanau, which went ashore at Kalakalou, Greece, on September 24 and refloated after 500 tons of bunkers and sulphur and 400 tons of cargo had been jettisoned, has according to a cable received this morning by the Sydney Marine Underwriters‘ Association, had a fire on board. The discovery was made in the after hold, but the cable adds, the fire is now extinguished. The Hanau is bound to Australian ports, from Hamburg.

Anmerkung: Kalakalou heißt eigentlich Katakolon und liegt an der Küste des Peloponnes.

Die Fruchtfahrt der DADG

Regelmäßige Blogleser werden sich fragen, was die „Hanau“ in Griechenland zu suchen hatte. Es ist das erste Mal, dass Griechenland als Fahrtziel im Blog erwähnt wird. Normalerweise liefen alle Fahrten der DADG nach Australien über Südafrika. Deshalb hier eine kurze Erklärung, zumal das Dampfschiff „Fürth“ auf dieser Route nie eingesetzt wurde.

„Ein Geschäft besonderer Art war die Fruchtfahrt von Griechenland und Smyrna. Es handelte sich dabei hauptsächlich um Korinthen von Griechenland für die Plumpuddings zu Weihnachten in Australien.“ (Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Otto Harms, 1933, Schröder & Jeve)

Typische „Fruchthäfen“, die angelaufen wurden waren im östlichen Mittelmeer nach Harms: Patras und Katakolon (Griechenland), Smyrna (Izmir) und Bourla (Urla, beide Türkei). Die „Fruchtschiffe“ liefen vom östlichen Mittelmeer praktischerweise dann durch den Suez-Kanal in Richtung Australien:

HANAU LEAVES SUEZ.
Cable advices state that the G-.A. Company’s first fruit steamer for the season, the s.s. Hanau, left Suez on the 11st inst. for Australia, in continuation of her passage from Mediterranean ports.
Daily Commercial News and Shipping List, Sydney, Di 15. Okt 1912, S. 4

German Australian Line 1912

Anzeige der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, Generalvertretung Sydney am 21. Nov. 1912 in der Zeitung Daily Commercial News and Shipping List, Sydney

Antwerpen, im Sommer 1914

Die „Hanau“ verließ Hamburg am 25. Juli 1914 zu einer nächsten Australienfahrt und befand sich Anfang August im Hafen von Antwerpen an dem festen Liegeplatz der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (Hangar 18/19) am Quai St. Michel.

Am 4. August 1914 überfiel Deutsche Reich das neutrale Belgien.

„Am 6. August wurden Kapitän und Besatzung von Bord gewiesen und das Schiff ist beschlagnahmt. Nachdem Antwerpen von den Deutschen besetzt worden, haben wir auf Veranlassung der deutschen Regierung wieder Besitz genommen.“ (Quelle: Harms, 1933).

Im Jahr 1919, nach dem Waffenstillstand vom 11. November 1918, wurde die „Hanau“ an The British Shipping Controller nach Großbritannien abgegeben (R. Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888 – 1926, S. 30, Eigenverlag (Strandgut), Cuxhaven 1984).

Der Shipping Controller war 1916 von der britischen Regierung gegründet worden mit der Aufgabe, die Handelsmarine zu organisieren, um die Versorgung der Streitkräfte und der Bevölkerung während des Ersten Weltkriegs sicherzustellen. Nach dem Krieg verwaltete der Shipping Controller auch die an Großbritannien abgegebenen Schiffe.

Im Rahmen der Auflösung der Behörde im Jahr 1921 wurden alle Schiffe verkauft.

Die „Hanau“ ging für einen Kaufpreis von £35.500 an die Reederei Bolton & Co., die das Schiff in „Ribera“ umbenannte (Quelle: siehe unten)

Hanau Germany 1919

Hanau a. Main, Marktplatz, 1919, Quelle: zeno.org; http://www.zeno.org/nid/20000613886

Bolton Steam Shipping Co. Ltd., London

Die Reederei Bolton geht zurück auf das Jahr 1885 und wurde von Frederick Bolton zusammen mit Louis T. Bartholomew als Trampschiffreederei gegründet (alle Informationen zur Reederei nach theshipslist.com).

Trampschiffe sind im Gegensatz zu Linienschiffen ohne Fahrplan unterwegs. Oder wie es die Fa. ACS auf ihrer Internetseite ausdrückt: „Trampschiffe sind die Vagabunden der Meere, sie sind nicht in einem Linienplan eingebunden und eilen dorthin, wo die nächste Fracht zu bunkern ist.“
Zitat von: https://www.spedition-transporte.de/logistik-glossar/trampschiffe.html

Die Firma Bolton wurde im Kriegsjahr 1917 freiwillig liquidiert und im November 1921 erweckte Louis Hamilton die Reederei mit vier Schiffen zu neuem Leben. Eines der Schiffe war die „Hanau“, die er für besagte Kaufsumme vom Shipping Controller erwarb.

Eine Eigenheit der Reederei Bolton war es, alle Schiffsnamen mit „R“ beginnen zu lassen und so erhielt die „Hanau“ den Namen „Ribera“. Genauer gesagt war es bereits das dritte Schiff mit diesem Namen, zwei weitere sollten zu späteren Zeitpunkten folgen.

Falls Sie also die „Ribera“ recherchieren wollen, müssen Sie darauf achten, dass es sich um das Schiff handelt, dass von 1921 – 1931 im Eigentum der Reederei Bolton war, 1907 in Flensburg gebaut wurde und eine Tonnage von 4221 BRT hatte. Noch komplizierter wird die Angelegenheit dadurch, dass auch die DADG im Jahr 1921 ein zweites Schiff mit dem Namen „Hanau“ in Fahrt nahm, die „Hanau“ II.

Hanau Germany

Hanau, Altstädter Markt nach N/NNO, 1900 – 1930; Quelle: commons.wikimedia.org; https://commons.wikimedia.org/wiki

Das Trampschiff „Ribera“

Ab 1921 war also die „Ribera“ ex-Hanau, auf allen Weltmeeren unterwegs.

Dabei scheint es so, dass die Reederei Bolton von dem Vertrag der DADG mit der Standard Oil in den USA Kenntnis hatte, denn in den 20-er Jahren übernahm diese Reederei zumindest in einigen Fällen die Transporte von Petroleum in Kanistern von New York nach Australien.

Bringing case oil, the steamer Ribera sailed from New York on August 26 for Brisbane, Newcastle and Sydney.
Daily Commercial News and Shipping List, Sydney, Fr. 9 Sept. 1921, S. 4

Später ging die „Ribera“ ex-Hanau von British India (Karachi) über Australien mit einer Ladung Weizen nach Callao (Peru).

Passed Rottnest.

7.10 p.m. Ribera, s.s., 4,221 tons, Captain Hurford, from Karachi to Port Adelaide.
The West Australian, Perth, Di 17. Jan 1922

VESSELS INWARD AND OUTWARD BOUND TO AND FROM AUSTRALASIAN PORTS.

Ribera, s, 4221, Hurford, Adel Feb 1 to Callao, v Ncstle 10
Daily Commercial News and Shipping List (Sydney, NSW : 1891 – 1954)  jeu. 4 mai 1922  Page 7

 

Die „Ribera“, ex-Hanau – Anekdoten aus dem Leben eines Trampschiffes

Im Sommer 1926 erkannte ein Journalist im Hafen von Fremantle in Westaustralien in der „Ribera“ die ehemalige „Hanau“ wieder, interessierte sich für ihre Vergangenheit und sprach mit dem vierten Maschinisten (der einzige, den er finden konnte, der bereits länger an Bord der „Ribera“ war).

Danach setzte er den Artikel in seine Zeitung, The Daily News, die in Perth erschien und das bis in das Jahr 1990 hinein tat.

Der Titel seines Artikels

FORMER ‘BLACK GERMAN’
RIBERA’S EVENTFUL VOYAGE
THYPHOID-STRICKEN SHIP

“The Black Germans” war der Spitzname der DADG in Australien, die großen schwarzen Schiffe der Hamburger Reederei wurden in Australien oft so genannt.

Ich gebe den Artikel auszugsweise in eigener Übersetzung wieder (soweit er die „Ribera“ betrifft), das Original finden Sie auf der Seite der National Library of Australia (The Daily News, Perth, Mi 23. Juni 1926; trove.nla.gov.au).

„In den friedlichen Tagen vor dem Krieg, als das deutsche Eindringen in den weltweiten Transport schleichend erweitert wurde, war das schwarze deutsche Dampfschiff Hanau in Fremantle und anderen großen Häfen Australiens bekannt. Ich wage zu behaupten, dass jedoch wenige in dem britischen Dampfschiff „Ribera“, das vor einigen Tagen Öl in Kanistern am westlichen Ende des Victoria Quays in Fremantle entladen hat, das ehemalige deutsche Handelsschiff Hanau erkannt haben. Ein Türschild auf Deutsch über einer Offizierskabine und die Plakette der Werft, die aussagt, dass das Schiff von der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft 1907 gebaut wurde (ebenfalls auf Deutsch), regten einen Zeitungsmann an, Nachforschungen über die Geschichte des Schiffs anzustellen.“

Einleitend heißt es in dem Artikel weiter:

„Diese ergaben, dass die Ribera (damals die Hanau) eines der Handelsschiffe war, die von den Deutschen unter den Vertragsbedingungen von Versailles an die Briten übergeben worden sind, und dass es von ihren jetzigen Eigentümern, der Bolton Steam Shipping Co. aus London gekauft wurde. Von ihrer frühen Geschichte unter dem neuen Eigentümer ist nur wenig bekannt, da die heutigen Offiziere und Besatzungsmitglieder erst seit wenigen Reisen an Bord sind, aber der vierte Maschinist (Herr W. Butchart aus South Shields), der fast seit drei Jahren an Bord ist, kann dafür bürgen, dass der Ribera in dieser Zeit

Aufregende Erlebnisse

widerfahren sind, die für Trampschiffe, die über die Sieben Meere fahren gang und gäbe sind.“

Die Heraushebung als Zwischenüberschrift ist dem Originalartikel in The Daily News nachgestellt.

Danach gibt der Maschinist einige Anekdoten zum Besten, die der Journalist in dem Artikel wiedergibt.

Brand in Barcelona

„Vor etwa zwei Jahren transportierte die Ribera eine volle Ladung Kopra und Tabak, zusammen etwa 6000 Tonnen von Manila in den Philippinischen Inseln nach Europa und wurde nach Barcelona (Spanien) beordert. Kaum dass sie sicher im Hafen lag, brach ein Feuer in der Ladung aus und fünf Tage lang bekämpften Feuerlöschfahrzeuge und Feuerlöschboote die Flammen. Die Ladung war praktisch zerstört, aber der einzige Schaden, der gemäß einer Untersuchung dem Schiffsrumpf zugefügt wurde, war eine leichte Wölbung der eisernen Decks und ihr wurde erlaubt, nach South Shields zu laufen, um dort zu docken.

fire on board, 1910

Brandschäden an einem Dampfschiff (SS „South Africa“), September 1910; Quelle: Searcy Collection, State Library of South Australia, Bildnr.: PRG 280/1/44/17

Als das erledigt und die Reparatur abgeschlossen war, sicherte sich die Ribera eine Fracht nach Santos (Brasilien) und lag dort einige Wochen, um auf einen nächsten Auftrag zu warten. Den gab es schließlich in Lorenzo Marques (Portugiesisch Ostafrika): Laden von Kohle für Singapur.

Der

Aberglaube der Seeleute

gegen eine Abfahrt am Freitag und die verbreitete Ansicht, dass die Zahl 13 Unglück bringt, scheinen einige Unterstützung zu erhalten, wenn man sich die Erfahrungen der Ribera in den nächsten sechs Wochen ansieht. Sie segelte am Freitag, den 13. März 1925 von Santos, kam in Lorenzo Marques am 8. April an und versegelte am Montag, den 13. April 1925 nach Singapur. Nach fünf Tagen auf See erkrankte der Funker und obwohl kein Arzt an Bord war, sprachen die Symptome eindeutig für typhusartiges Fieber und der 1. Offizier und der Steward übernahmen die Aufgabe, nach dem Patienten zu schauen. Am nächsten Tag bekam der Steward die Krankheit und am Tag darauf wurden der Koch und der Kochmaat heimgesucht. Die Krankheit verbreitete sich schnell und drei Heizer und zwei Matrosen kamen bald zur Krankenliste hinzu. Ein Sonnensegel wurde über die hintere Luke gespannt und diejenigen unter den Heizern und Matrosen, die nicht betroffen waren, wurden nach hinten gebracht. Der Schmierer war das nächste Opfer. Die Kranken ließen das

Schiff so unterbesetzt,

vor allem im Heizraum, dass die Maschinisten, wenn sie selbst keinen Dienst hatten, im Heizraum Extraschichten fahren mussten, assistiert von den Matrosen. Weil der Koch und der Kochmaat krank waren, wurde der Schiffsjunge verdonnert, in der Kombüse zu arbeiten und da der Funker darniederlag, konnte keine Nachricht über die Notlage des Schiffes versendet werden.

Am 26., acht Tage nach dem ersten Fall, starb der Koch und um nicht die Empfindlichkeiten der verbleibenden Patienten, die noch in der Lage waren zu registrieren, was vor sich ging, auf sich zu ziehen, entschied der Kapitän, das Schiff nicht für das Seebegräbnis zu stoppen, sondern verlangsamte lediglich die Fahrt und las selbst die Traueransprache. Drei Tage später starb auch der Kochmaat und es wurde ähnlich verfahren.

An diesem Tag infizierte sich auch der

Einzige Passagier

ein Major Hussey, mit dem Fieber und wurde der Krankenliste hinzugefügt und musste ebenfalls von den bereits überarbeiteten Krankenpflegern versorgt werden. Der Funker erholte sich ausreichend, um eine Nachricht abzusetzen. Diese bat um medizinische Unterstützung, aber unglücklicherweise fiel „medizinische“ weg und die Nachricht wurde als SOS-Signal von einem Schiff in Seenot interpretiert. Die Neuigkeit verbreitete große Angst in South Shields, wo ein Großteil der Mannschaft zuhause war und eine Zeitung, die am 1. Mai über die Ankunft des Schiffes in Colombo berichtete, sorgte für große Erleichterung. Der Kapitän hatte entschieden, diesen Hafen anzulaufen, da er keine erhoffte Hilfe von passierenden Schiffen erhalten hatte.

In Colombo wurden die Erkrankten ins Krankenhaus gebracht und Singalesen und Malayen als Ersatz an Bord geholt. Diese erwiesen sich komplett nutzlos und so mussten die Maschinisten erneut im Heizraum Dienst schieben, bis Singapur erreicht war. Die Malaien wurden ausbezahlt und Chinesen angeheuert und das ergibt die

Nächste Geschichte

Von Singapur lief die Ribera nach Manila und dann nach Newport News in den USA. Dort lieferten sich die Chinesen unter sich eine Schlägerei und wurden für eine Woche ins Gefängnis gesteckt, bis das Schiff bereit zum Ablegen war. New Orleans war der nächste Hafen und dort desertieren die Chinesen alle miteinander. Als die Ribera ihren Heimathafen, South Shields erreichte, kam der Schmierer, der in Colombo im Krankenhaus zurückgelassen wurde, an Bord und fragte, ob er seinen Job zurückhaben könne. Er bekam ihn und hat ihn noch immer.

Übersetzung aus: The Daily News, Perth, Mi 23. Juni 1926

Seemannsgarn oder Realität?

Bevor Sie jetzt sagen, dass der vierte Maschinist, Mister W. Butchart, dem Journalisten wahrscheinlich nur Seemannsgarn erzählt hat, präsentiere ich Ihnen zu den beiden ersten Geschichten hier die Quellen aus der Tagespresse:

Zunächst das Feuer in Barcelona:

INCENDIO EN EL VAPOR “RIBERA”
Cargamento de tabaco, destruido
Barcelona 30. – A primera hora de la noche se declaró un formidable incendio en el vapor “Ribera”, que acababa de fondear procedente de Filipinas, con cargamento de tabaco para diersas fábricas de España. El fuego se propagó rapidamente a la carga, perdiéndose totalmente la que habia almacenado e, la bodega numero 1.
Aunque los bomberos trabajan, realizando esfuerzos heroicos, continúa el incendio.
El sargento de bomberos José Bosch fue retirado con sintomas de asfixia.
El Imparcial, Madrid, 31. Aug 1924, S. 2 (hemerotecadigital.bne.es); ähnliche Meldung in: El Siglo futuro, Diario Católico, Madrid vom 1. Sept. 1924, S. 2

Die ansteckende Krankheit an Bord:

Stricken Steamer
The steamer Ribera (ex Hanau), bound from Delagoa Bay to Singapore, called unexpectedly at Colombo on Saturday with eight members of its crew of 31 down with malignant malaria while two others had died. — „Sun“ Special.
The Sun, Sydney, 4. Mai 1925, S. 9, CABLE BREVITIES

Ein Opfer der Weltwirtschaftskrise

Wie viele andere Schiffe, fiel auch die „Ribera“ ex-Hanau der Weltwirtschaftskrise, die ab 1929 die Welt erschütterte, zum Opfer. Dem Dampfschiff „Fürth“ sollte es nicht anders ergehen, was ich hier im Blog noch ausführlich darlegen werde.

Interessant ist, dass wir bei der „Hanau“ den Preis kennen, den die italienischen Schrotthändler bereit waren, für das aufgelegte Schiff noch zu bezahlen: £ 2.800.

Außerdem bemerkenswert finde ich es, dass ich in den australischen Medien fündig geworden bin, was das Schicksal eines deutschen Linienschiffes angeht.

Während sich in Deutschland für das Schicksal der Schiffe der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft offenbar niemand mehr interessierte, verfolgten zumindest einige Menschen am anderen Ende der Welt sehr aufmerksam ihre Geschichte bis zum Ende.

NEWS OF VESSELS
The steamer Ribera, of 4,221 tons, which was built and engined by the Flensburger Shipyard Company in 1907, and which was owned by the Bolton Steam Shipping Company, has been sold to Italian Shipbreakers for £2,800. As the Hanau, this vessel was well known in the Australian trade before the war and during the sale of ex-enemy vessels after the Armistice she realised about £35.500. When she was purchased for scrapping she had been idle since early in 1930.

The West Australian, Perth, Mi 18. Mai 1932, S. 11, SHIPPING.

Ribera, ex-Hanau, Lloyd's Register 1931

Lloyd’s Register, Ausgabe 1931-32; Quelle: Southampton City Library, https://plimsoll.southampton.gov.uk/shipdata/pdfs/31/31b1016.pdf

Weitere Schwesterschiffe der „Fürth“

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Reichenbach“

Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Plauen“ und Das Schwesterschiff „Plauen“ – ein Nachtrag

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Neumünster“

Schwesterschiffe der „Fürth“: der Frachtdampfer „Osnabrück“

Die „Hagen“: Schwesterschiff der „Fürth“ (Kurzbeitrag); ein ausführlicher Beitrag zum Schiff „Hagen“ folgt.

Schlussbemerkung:

Von dem Schiff „Hanau“ (1907) habe ich keine Abbildung gefunden. Mir bekannte Fotografien zeigen alle die „Hanau“ II (1921). Beide Schiffe sind recht ähnlich, ein deutlicher Unterschied ist das Brückenhaus, dass bei der „Hanau“ II (1921) ein Deck mehr hatte, schließlich musste der Funker jetzt hier arbeiten und wohnen.

Von dem Schiff „Ribera“ ex-Hanau existieren zwei Fotografien in der State Library of New South Wales in Sydney. Beide Aufnahmen erschienen mit jedoch nicht so interessant, als dass ich an die Bibliothek eine Anfrage zur Veröffentlichung gerichtet hätte, die diese vor einer Publikation verlangt.

Bei Interesse finden Sie die Bilder hier: https://www.sl.nsw.gov.au/

 

Pixabay, rice

Urlaubsgrüße aus Java

Der Dampfschiff-„Fürth“-Blogger ist im Urlaub!

Batavia, Hotel Des Indes

Direktor Gantvoort vom Hotel Des Indes erwartet uns schon!, Aufnahme 1910, Quelle: commons.wikimedia.org, COLLECTIE_TROPENMUSEUM_Batavia_directeur_Gantvoort_van_Hotel_des_Indes_met_(mogelijk)_twee_van_zijn_medewerkers_TMnr_60009065.jpg

In Batavia wird mir ein sonderbares Reisgericht serviert:

„Das schnurrigste Gericht, mit dem ich je auf meinen Reisen Bekanntschaft machte, war das, welches mir unlängst in einem erstklassigen Hotel Batavias angeboten wurde. Um acht Uhr erklang das Gong, das uns zum Frühstück rief.  Der Mandoer oder Hauptkellner — alle dienstbaren Geister in javaischen Hotels sind Schwarze, die stets barfuß einherlaufen — meldete uns, daß das Reisgericht auf der Tafel sei. Der Kellner brachte mir zunächst einen sehr, sehr tiefen Teller. Gleich darauf kam er mit einer mächtigen Reisschüssel, wovon ich mir als leidenschaftlicher Verehrer dieses Gerichts eine gute Portion nahm. Darauf reichte er mir den Hühnercerry. Ich war eben im Begriffe, mich an das Gericht zu machen, als auch schon ein anderer Diener hinter mir stand, in seinen Händen zwei weitere Gerichte tragend. Verwundert sah ich ihn an, da ich keine weiteren Teller vor mir stehen sah. Mein Nachbar, ein alter Java-Ansässiger, erklärte mir, der Reis und Cerry seien nur die Unterlage des Reisgerichtes, ich soll nur ruhig von den angebotenen Speisen nehmen und sie auf demselben Teller unterbringen. Ich tat wie angeraten, — es war eine Art von Frikassé und gebackene Eier. Diese wurden also auf die Grundlage als erstes Stockwerk gelegt. Schon stand ein dritter Diener an meiner Seite, wiederum mit zwei weiteren Schüsseln bewaffnet — es waren gebratene Bananen und Fische. Also: zwei weitere Gerichte wurden aufgeladen — es waren nunmehr sechs im ganzen. Der vierte Diener kam und bot mir zwei neue Gerichte an, es waren diesmal Mixed Picles und Blumenkohl. Und so wurde denn das vierte „Stockwerk“ aufgebaut. Es war dies gar keine leichte Arbeit, denn die verschiedenen Speisen fingen bereits an, bedenklich über den Rand des Tellers hinaus zu gucken. Ich betrachtete diesen modernsten Turmbau zu Babel mit geheimem Schrecken. Ich beobachtete mein Gegenüber und sehe, daß dieser mit großer Gewandtheit seine acht Gerichte auf dem Teller mischt. Hierzu waren Löffel jedem Teller beigelegt. Ich folge dem Beispiel und koste. Zu meinem großen Staunen finde ich, daß dieses Batavia-Allerlei gar nicht übel schmeckt! Langsam, aber sicher wird der Haufen kleiner und kleiner. In paar Tagen hatte ich mich daran schon so gewöhnt, daß ich, als ich Batavia und Java wieder verließ, mit förmlichem Herzweh daran dachte, in Zukunft dieses schnurrige Reisgericht nicht mehr aufbauen und wieder niederreißen zu dürfen.“

Der Artikel erschien in der Neuen Hamburger Zeitung vom 24. Februar 1908 auf den Seiten 2-3 in der Rubrik „Buntes Feuilleton“ unter dem Titel „Reisgericht auf Java. Uns wird geschrieben:“

Nasi Uduk?

Nun die Frage an alle Indonesienkenner: Was hat der Mann gegessen? Vielleicht Nasi Uduk? Ich war noch nie dort, befürchte aber, dass wir das Gericht heute nicht mehr so stilvoll serviert bekommen.

Die "Reichenbach" in Burnie, Tasmanien

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Reichenbach“

Das Titelfoto

Die „Reichenbach“ in Tasmanien

Das Titelfoto zeigt das Dampfschiff „Reichenbach“ in Burnie (Nordküste Tasmaniens) im Jahr 1913. Mein herzlicher Dank geht an das Maritime Museum of Tasmania, dem Inhaber der Bildrechte, mit dessen freundlicher Genehmigung ich das Bild hier Blog zeigen kann. Das Bild ist Teil der Cyril Smith Collection vol. 11., die handschriftliche Bildunterschrift lautet:

S.S. REICHENBACH AT BURNIE – TAS – APRIL 1913
SS. REICHENBACH – OWNER GERMAN AUSTRALIAN LINE
4271 GR. TONS.
BROUGHT CEMENT TO BURNIE FOR BREAKWATER. APRIL 1913

Referenz: © Reichenbach; Smith, Cyril; P_2015-0587(11)Reichenbach, Quelle: https://ehive.com/collections/3906/objects/842355/reichenbach

Anmerkung: die richtige Tonnage der „Reichenbach“ ist 4217 Bruttoregistertonnen, nicht 4271.

Die Reichenbach in Burnie

© Maritime Museum of Tasmania, Cyril Smith Collection vol. 11., https://ehive.com/collections/3906/objects/842355/reichenbach

Das Maritime Museum of Tasmania besitzt noch andere schöne Objekte der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft. Grund dafür ist, dass der Dampfer „Oberhausen“ bei Kriegsausbruch im August 1914 in einem tasmanischen Hafen lag und dort beschlagnahmt wurde. Die Besatzung wurde interniert (SIEHE: https://geschimagazin.wordpress.com/2014/03/23/der-fall-des-dampfschiffes-oberhausen/ ).

Zu den Kuriositäten des Museums gehören unter anderem Eierbecher, Weingläser und Bierfilze aus der Offiziersmesse der SS Oberhausen, jeweils mit Werbeaufdruck der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (Quelle: https://ehive.com/objects?query=Oberhausen)

Schwesterschiffe in Kleinserie

Die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft ließ zwischen 1905 und 1907 bei der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft sieben baugleiche Schiffe der sogenannten „Hagen-Klasse“ bauen. Eine Kleinserienfertigung, die sich für die Reederei in günstigen Anschaffungskosten niederschlug.

Bereits zwischen 1896 und 1901 wurden auf der gleichen Werft neun Dampfer der „Meißen-Klasse“ erstellt und später dann, in den Jahren 1910 bis 1914, sechs Dampfschiffe der „Adelaide-Klasse“.

Die „Reichenbach“

Die „Reichenbach“ wurde im Oktober 1905 von der Reederei bestellt und am 15. Dezember 1906 ausgeliefert. Die Abmessungen waren mit denen der „Fürth“ identisch: Länge 389 Fuß, Breite 50 Fuß 10 Zoll, Seitentiefe 27 Fuß 9 Zoll. Die Baukosten lagen mit 1 218 000 Mark etwas unter denen der „Fürth“ (1 272 000 Mark).

Kleine Unterschiede traten dann bei der Schiffsvermessung zu Tage, kein Schiff war zu 100 % identisch mit einem anderen. So hatte die „Reichenbach“ 4217 Bruttoregistertonnen gegenüber 4229 der „Fürth“.

Namensgebung

Bei der „Reichenbach“ stellt sich die Frage, welche der zahlreichen Städte und Orte dieses Namens Pate für das Schiff stand.

Mein persönlicher Favorit ist Reichenbach im Vogtland. Einen Beleg dafür habe ich nicht, aber einige Anhaltspunkte, die dafürsprechen. Eine Nachfrage beim dortigen Stadtarchiv brachte leider keine Aufklärung.

In der kleinen Stadt Reichenbach im Vogtland (1910 mit über 29.000 Einwohnern) waren um die Jahrhundertwende, also um 1900, zahlreiche Spinnereien und Webereien ansässig, wie zum Beispiel die Woll- und Seidenweberei Schultz & Donner oder die Färbereien und Appreturanstalten Georg Schleber AG (siehe Abbildung). Die Schleber AG hatte bereits 1888 auf der Weltausstellung in Melbourne ihre Waren ausgestellt.

Ein anderes Standbein der Industrie in Reichenbach i. V. war die Papierherstellung. Bekannt ist sicher auch der Ingenieur August Horch, der von 1902 bis 1904 in Reichenbach Autos fertigte, bevor er dann die Herstellung nach Zwickau verlagerte.

Georg Schleber AG Reichenbach

Georg Schleber AG, Werk Reichenbach 1890, Quelle: Von Th. Beer / E. M. Engels Verlag, Leipzig / Verlag Eckart & Pflug, Leipzig – Eckart und Pflug (Hrsg.): Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild; https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1457230

Zwei weitere Reichenbachs, die für die Namensgebung des Schiffes in Frage kämen, wären Reichenbach im Eulengebirge (1910 über 16.000 Einwohner) oder Reichenbach an der Fils (1900 rund 1500 Einwohner), beides Standorte von Baumwollspinnereien und -webereien.

Oder vielleicht ein ganz anderes Reichenbach, an das ich noch gar nicht gedacht habe?

Aufforderung an alle Reichenbacher

Nun die Aufforderung an alle Reichenbacher, Licht ins Dunkel zu bringen und einen Beleg zu beschaffen, welches Reichenbach denn nun Pate stand. Ich freue mich schon jetzt auf Ihre Hinweise!

Im Australienverkehr

Zurück zum Schiff: Wie die „Fürth“ war auch die Reichenbach im Australienverkehr der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft eingesetzt und bediente verschiedene Routen. Auf dem Titelbild ist eine Zementlieferung nach Tasmanien im April 1913 dokumentiert.

Die "Reichenbach" am Australiakai

Die „Reichenbach“ am Australiakai in Hamburg, das Bild ist ein Ausschnitt aus dem bereits gezeigten Bild „Australia-Dampfer am Kai“, eine Aufnahme vom 25. Juli 1913, Schornstein nachträglich koloriert; © Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Otto Harms, 1933 (Verlag Schröder & Jeve)

Juli 1914

Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges war die „Reichenbach“ auf der Linie New York -Java unterwegs (siehe dazu auch: Petroleum für Java). Anschließend wurde sie dann in Südostasien nach Saigon beordert. Dort erhielt die „Reichenbach“ eine Ladung Reismehl für Liverpool, wo sie am 23. Juli 1914 eintraf.

In Liverpool wurde das Löschen der Ladung und das Bunkern von Kohle wegen des drohenden Kriegsausbruchs beschleunigt, so dass die „Reichenbach“ Liverpool am 1. August 1914 wieder verlassen konnte und nördlichen Kurs nahm, um Großbritannien in Richtung Skandinavien zu umfahren.

Zielhafen war Gothenburg (Schweden), wo die „Reichenbach“ Ladung aufnehmen sollte, vermutlich eine Holzlieferung für Australien (SIEHE: Die Barwon-Papiermühle in Fyansford, Geelong). Auf dem Weg dorthin, lief das Schiff am 4. August 1914 Christiansand in Süd-Norwegen an, wo es später interniert wurde.

Am 4. Februar 1915 wurde die „Reichenbach“ in Norwegen verkauft und war für The Bergen Steamship Company / Det Bergenske Dampskibsselskab unter dem neuen Namen „Meteor“ in Fahrt.

Dampfschiff Meteor, exReichenbach

Diese Aufnahme der „Meteor“, ex-„Reichenbach“ von Steuerbord voraus zeigt deutlich die Trennung von Steuer- und Maschinenhaus mit den dazwischenliegenden (kleinen) Ladekränen. © H.Larsson-Feddes samling; http://www.sjohistorie.no/no/skip/19297/

Die letzte Reise

Ende 1916 befand sich die „Meteor“, ex-„Reichenbach“ mit Stückgut auf dem Weg von Philadelphia nach London. Sie hatte Philadelphia am 23. November 1916 verlassen und hatte zunächst eine ruhige, ereignislose Fahrt über den Atlantik.

Am 7. Dezember 1916 wurde das Schiff fünfundzwanzig Seemeilen südwestlich des Bishop’s Rock (Scilly Inseln, Cornwall) von dem deutschen U-Boot UB 29 unter dem Kommando von Erich Platsch aufgegriffen und versenkt. Die Mannschaft konnte das Schiff zuvor in die Rettungsboote verlassen. Später wurden die Männer vom dänischen Schiff „Borneo“ aufgegriffen und nach Falmouth gebracht.

Siehe: www.sjohistorie.no/no/skip/19297/dokumenter

Die „Meteor“ war das letzte Schiff von insgesamt 36, die UB 29 zum Opfer fielen. Am 13. Dezember 1916 wurde UB29 vor Ostende von dem Zerstörer „HMS Landrail“ versenkt.

Im Herbst 2017 erregte UB29 erneut Aufmerksamkeit, da das Wrack erst zu diesem späten Zeitpunkt von Tauchern eindeutig identifiziert werden konnte. Der Fundort wird von der belgischen Regierung geheim gehalten, um die Totenruhe der noch im Schiff befindlichen 23 Soldaten nicht zu stören.

Siehe: https://uboat.net/wwi/boats/?boat=UB+29 und www.youtube.com/watch?v=iEBhNQ_57_0

Quellen zum Text:
Theshipslist.com
sjohistorie.no
The Wrecksite.eu (https://www.wrecksite.eu/wreck.aspx?58869)
R. Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, 1888 – 1926, Cuxhaven 1984
Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1933.

Einen weiteren Beitrag über das Schwesterschiff „Reichenbach“ finden Sie hier:
Die Offiziere der „Reichenbach“ und Kapitän Peters‘ tragisches Ende

Calulu at Urangan, 1929

Schwesterschiffe der „Fürth“: der Frachtdampfer „Osnabrück“

Inklusive der späteren Karriere als „Calulu“ und „Sung Peng“

Bildnachweis Titel: Die „Calulu“, ex-Osnabrück beim Laden von Kohle in Urangan; schöne detailreiche Aufnahme von schräg achtern auf das Maschinenhaus bzw. Bootsdeck, wahrscheinlich vom 13. April 1929; Quelle: State Library of Queensland, Ref.: oai:bishop.slq.qld.gov.au:167443; mehr Informationen zum Bild im Text

Kleinserienfertigung

Das Dampfschiff „Osnabrück“ ist ein weiteres Schwesterschiff der „Fürth“.

Der Bau der „Osnabrück“ erfolgte parallel zu dem des Dampfschiffes „Fürth“, nur mit etwa vier Wochen Verzögerung.

Die Bestellung bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft erfolgte am 5. Dezember 1906, die Kiellegung am 14. März 1907 und nach nur 188 Tagen Bauzeit wurde das Schiff am 21. September 1907 an den Auftraggeber, die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) übergeben. Der Stapellauf war genau einen Monat vorher, am 21. August 1907, erfolgt.

Die Baukosten betrugen 1,270 Millionen Mark, die Einstandskosten 1,301 Millionen. Die „Osnabrück“ hatte 4240 Brutto-Registertonnen und eine Tragfähigkeit von genau 7000 Tonnen. (alle Angaben: Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Schröder & Jeve, Hamburg 1933)

Alle weiteren technischen Daten zum Schiff finden Sie hier: Bau, Stapellauf und Probefahrt der „Fürth“

Advertisement German Australian Steam Ship Co., Hansa, August 1908

Anzeige der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft in der Zeitschrift HANSA vom August 1908, S. 774.

In Fahrt für die DADG

Die Fahrten der „Osnabrück“ in den Jahren 1907-1914 sind mit denen der „Fürth“ sehr vergleichbar. Deshalb liegt der Schwerpunkt dieses Artikels in der Zeit danach. Die Kaiserliche Handelsmarine verlor fast alle ihre Schiffe bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges (Die deutsche Handelsmarine beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges). Die an andere Staaten abgegebenen Frachtdampfer der DADG hatten anschließend sehr unterschiedliche „Lebensläufe“.

Für die „Osnabrück” ist charakteristisch, dass sie während ihrer gesamten Lebensdauer in Australienfahrt blieb. Auch wenn sie mehrfach die Flagge und den Eigentümer wechselte, wurden stets australische Häfen angelaufen. Das Dampfschiff „Fürth“ hingegen war nach Juli 1914 nie mehr dort.

Die Jungfernfahrt

Die Australier freuten sich über neue Schiffe der DADG, da sie ein kontinuierliches Wachstum der Handelsbeziehungen widerspiegelten. Die Reporter der Tageszeitungen waren stets voll des Lobes über die guten Ausstattungen der Dampfer:

THE G.A.S.S. OSNABRUCK

The latest addition to the fleet of the G.A.S.S. Co. of Hamburg, the Osnabruck, reached Fremantle yesterday morning, at 1.50, from Hamburg via Rotterdam, Antwerp. Mossel Bay, and East London. The steamer which is the thirty-second owned by this Company is one of the finest cargo steamers ever placed in the Australian service. She is 404ft long, 50ft. 10in. beam and 27ft. 9in. depth, while her gross tonnage is 4,240 tons, and her dead-weight capacity 7,000 tons. In her water ballast tanks she carries 1.040 tons, and 600 tons of coal in her bunkers. The engines, triple expansion, are 2,200 horse power. Steam is procured in three double-ended boilers, with forced draught, and when fully loaded a speed of 12 knots is obtainable. She has five hatches, each worked by two winches, besides large store spaces for cargo, et., fore and aft are provided. She is fitted with the electric light throughout.

The Osnabruck is in charge of Captain L. Maier. late of the Company’s Duisburg, who reported a fine passage, the best day’s run being 350 miles, and the average speed across the Indian Ocean was 12 knots. The Osnabruck will discharge 900 tons of general cargo, and sail probably for the Eastern States to-morrow night. The accommodation for the officers is amidships, and very extensive.

The West Australian, Perth, Sa 16. Nov 1907, S. 10, SHIPPING.

Anmerkungen:

G.A.S.S. Co = German Australian Steam Ship Company

Ein Etmal (24-Stunden-Distanz) von 350 Meilen entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 14,6 Knoten. Der Wind hat also ordentlich „geschoben”. Ein so hoher Wert war wirklich außergewöhnlich.

Ein Feuer an Bord und eine Kollision

Aus der Zeit des Frachtschiffes „Osnabrück“ für die DADG kann ich über zwei Ereignisse berichten, die beide aber keinen recht großen Schaden anrichteten.

1909 brach im Roten Meer ein Feuer in einem (Lager-)Raum aus und 1913 kollidierte das Schiff mit einem anderen Dampfer beim Verlassen des Hamburger Hafens:

OSNABRUCK’S CARGO FIRED
The Sydney Marine Underwriters‘ and Salvage Association are in receipt of a cable confirming the report that the steamer Osnabruck is at Suez, and that her cargo has been on fire.
The Star, Sydney, Mi 30. Juni 1909, S. 5

THE OSNABRUCK
It will be recalled that soon after leaving Hamburg on May 17 for Australian ports the well-known German Australian liner Osnabruck had the misfortune to come into collision with a vessel and received some damage. The message announcing the mishap stated that the injury done was above the water-line, so she continued her passage. In due course the Osnabruck reached Antwerp to load addition cargo, and of course repair, and that the work was done expeditiously is evident from the fact that a cable received yesterday stated that she left the Belgian port on the 24th May.
Daily Commercial and Shipping List, Sydney, Di 3. Juni 1913, S. 18

Anmerkung: Das bei der Kollision beteiligte Schiff war der deutsche Dampfer Doris (Zielhafen Danzig). Beide Schiffe wurden oberhalb der Wasserlinie beschädigt und konnten die Fahrt fortsetzen.
Quelle: Scheepvart, 21. Mai 1913, http://www.delpher.nl

SS Osnabruck 1907

Dampfschiff “Osnabrück”, © Reinhart Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg 1888-1926, Strandgut-Publikation, Cuxhaven 1984.

Endstation Sydney

Anfang August 1914 war die „Osnabrück“ im Hafen von Sydney und konnte nicht mehr ausklarieren, da die Zollbehörden am 4. August (einen Tag vor der Kriegserklärung nach australischer Zeit) Anweisungen erhalten hatten, deutsche Schiffe nicht mehr abzufertigen.

„Instructions have been given to the Customs Department that no further clearances are to be given to German vessels.”
The Mercury, Hobart, 5. Aug 1914, S. 5, AUSTRALIA AT WAR.

Neben der “Osnabrück” lagen zu diesem Zeitpunkt noch zwei weitere Schiffe der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft in Sydney: die „Sumatra“ und die „Melbourne“.

Durch eine Verfügung des Prisengerichtes vom 8. Oktober 1914 wurde die Beschlagnahmung und Requisition des Schiffes rechtsgültig. Im November wurde die Entladung vorgenommen, wobei die Beauftragung der Stevedoring and Shipping Co., einer australischen Tochtergesellschaft der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, durch die australischen Behörden für Empörung sorgte, weil deren Eigentümer alle Deutsche, also „Enemy Aliens“ waren.

Über die Stevedoring and Shipping Co. siehe: Logbuch (13) der „Fürth”: In Sydney

Zu Entscheidungen der Prisengerichte siehe: Das Dampfschiff „Fürth“ wird kondemniert

„C9“

Die „Osnabrück“ war anschließend für die australische Regierung in Fahrt und erhielt den provisorischen Namen „C9“. Unter diesem Kürzel transportierte das Schiff eine große Holzlieferung von Tasmanien nach London:

C9, s.s. (late Osnabruck), 4,240 tons, C.J. Plunkett, for London, via Sydney. Agents M. Jones and Co.

EXPORTS – Februuary 4.

C9, s.s., for London – 300,000ft. timber

The Mercury, Hobart, Fr 5. Feb. 1915, S. 4

Anmerkung: Das ebenfalls in Australien festgesetzte Schiff „Neumünster“ hatte die vorläufige Bezeichnung „C3“ erhalten.

C9, ex-Osnabruck

Die „C9”, später „Calulu”, Aufnahme von 1915, © State Library of Western Australia, Referenz: slwa_b3148312_1, http://purl.slwa.wa.gov.au/slwa_b3148312_1

Die „Calulu”

Im Verlauf des Jahres 1915 erhielt die „Osnabrück“ dann ihren neuen Namen: „Calulu“.

Der Ort Calulu ist eine kleine Gemeinde in Victoria und liegt rund 200 Kilometer östlich von Melbourne.

Typische Frachten waren kriegswichtige Massengüter, wie Kohle (von Australien) und Zucker (nach Australien).

LATEST CHARTERS.
Calulu, s, 4242 tons, Newcastle to Java – coal.
Daily Commercial News and Shipping List, Sydney, Di 21. Sep 1915, S. 4

SUGAR FROM JAVA.
The steamers Carawa, Carina, and Calulu, expected to arrive at Melbourne with cargoes of sugar from Java, will be to the agency of Messrs. W. Crosby and Company.
Daily Commercial News and Shipping List, Sydney, Do 9. Dez 1915, S. 4

Commonwealth Government Line of Steamers

1916 wurde auf Initiative des australischen Premierministers Billy Hughes die Commonwealth Government Line of Steamers gegründet, eine staatseigene Reederei, die unter anderem auch das Management der beschlagnahmten deutschen Schiffe übernahm. Sein Nachfolger Stanley Bruce, ab 1923 im Amt, löste die Staatsgesellschaft wieder auf und verkaufte die Flotte nach und nach an andere Schifffahrtsunternehmen. Weitere Informationen zur Commonwealth Government Line of Steamers: http://www.theshipslist.com/ships/lines/index.htm

Anmerkung: Die „Cooee“, ex-Neumünster (und weitere ehemalige Schiffe der DADG) waren ebenfalls für diese Gesellschaft in Fahrt.

Der Verkauf der „Calulu“ im Jahr 1925

Der Verkauf der „Calulu“, ex-Osnabrück erfolgte im Jahr 1925 an die neugegründete Austral-China Navigation Co. in Sydney, registriert war das Schiff in Hong Kong.

The Austral-China Navigation Co., has been registered in New South Wales with a nominal capital of £50,000 in £1 shares. The company has acquired the steamship Calulu and takes all the interests of Mr. B. B. Wiltshire in the contract of purchase from the Australian Commonwealth Shipping Line, and all his assets and liabilities in connection therewith, and will carry on business as steamship proprietors. First directors: B. B. Wiltshire and Albert Sims. Registered office: Wiltshire Buildings Phillip Street, Sydney.
The Daily Telegraph, Sydney, 10. Sep 1925, S. 8

Das Schiff wurde auf Fahrten zwischen Australien und Hong Kong über Neuguinea und den Philippinen eingesetzt:

The Howard Smith steamer Chronos (4864 tons) has been purchased by the Austral-China Navigation. Company, and in association with the Calulu, is to provide a service of sailings every six weeks between Australian ports and Hongkong, via Rabaul and Manila.
The Maitland Weekly Mercury, Sa 12. Jan 1929, S. 7

Anmerkung: Die Stadt Rabaul liegt auf der Insel Neubritannien (ehemals Neupommern). Von 1909-1914 war Rabaul Sitz des Gouverneurs von Deutsch-Neuguinea.

Calulu at Urangan, 1929

Die „Calulu“ beim Laden von Kohle in Urangan. schöne detailreiche Aufnahme von schräg achtern auf das Maschinenhaus bzw. Bootsdeck, wahrscheinlich vom 13. April 1929; Quelle: State Library of Queensland, Ref.: oai:bishop.slq.qld.gov.au:167443

Zu dem Bild der „Calulu“ in Urangan (siehe auch Titelbild des Beitrags):

Urangan liegt an der Ostküste Australiens ca. 250 Kilometer nördlich von Brisbane (Queensland). Das Anlegen des Schiffes war für Urangan und die angrenzende Region (Burrum District) ein Großereignis. Politik und Wirtschaft erhofften sich durch den Export von Kohle neue Impulse. Entsprechend ausführlich ist auch der Zeitungsartikel (hier lediglich kurze Ausschnitte):

„The Calulu was, in fact, the first vessel to call at the Urangan pier for the purpose of loading coals for about twelve years…”
Maryborough Chronicle, Wide Bay and Burnett Advertiser, Mo 15. April 1929, THE PORT TAKES LIFE.

Mehr Informationen aus dem langen Artikel: Kapitän der „Calulu“ war zu diesem Zeitpunkt Captain Bundred, die Offiziere englisch und die Crew chinesisch. Der erste Maschinist hieß R. Drummond McPherson.

Verladen wurden rund 11 Loren Kohle pro Stunde, insgesamt 130 Loren, wobei es beim Entladen der Loren Probleme mit dem Öffnungsmechanismus gab: „that the release pins on the hoppers occasioned considerable delay“.

Gleichzeitig wurden 16.000 Gallonen Wasser aufgenommen, auch hier lief nicht alles perfekt. Die Crew war am Samstag damit beschäftigt, Beleuchtung für die Arbeit in der Nacht zu installieren, da das Beladen am Sonntag früh um 10 Uhr abgeschlossen sein sollte.

„…the crew also had important work to perform in running wires from the engine room on to the pier to provide electric light for night working.”

Im Jahr 1930 brach ein Feuer an Bord der „Calulu“ aus:

FIRE ON CALULU
The Sydney Marine Underwriters‘ Association received advice yesterday from London that a fire had occurred on the, steamer Calulu at Hongkong. The fire was extinguished, No. 5 hold being flooded.
The Daily Telegraph, Sydney, 11. Jan 1930, S. 3

 

Auflegung in Sydney

Die Unterbrechung der australischen Kohleförderung im Jahr 1929 („Coal Deadlock“) führte zur Auflegung der „Calulu“, ex-Osnabrück im Hafen von Sydney für 18 Monate. Am Ende dieser Zeit wurde sie laut australischen Medien an eine chinesische Reederei abgegeben.

STEAMERS LAID IDLE.

On account of the coal deadlock, the Austral-China Navigation Co., Ltd., has decided to lay up the steamers Calulu and Caburita, which have been carrying coal to the East via Rabaul.
The Sun, Sydney, 20. März 1930, S. 13

CALULU SOLD TO EAST
The steamer Calulu, which has been idle in the harbor since March of last year, has been sold to Chinese buyers.
Formerly the German steamer Osnabruck, she made her last voyages under the British flag for the Austral-China navigation Co. It is probable that she will load a cargo of wheat for Shanghai, and that a Chinese crew will be sent down to man her.
The Daily Telegraph, Sydney, 29. Juli 1931

An diesem Punkt wird die Geschichte der „Calulu“ etwas unübersichtlich: In Lloyd’s Register 1931-32 ist zwar ein neuer chinesischer Eigner eingetragen (Feng Fan Wing S.S. Co), aber wieder durchgestrichen worden und ersetzt durch die Anglo-Danish Shipping Co. (M. L. Justesen, Mgr.) in Kopenhagen.

Calulu, Lloyd's Register 1931-32

„Calulu“, Llyod’s Register, Ausgabe 1931-32; Quelle: https://plimsoll.southampton.gov.uk/shipdata/pdfs/31/31b0203.pdf

Über Lloyd’s Register siehe den Artikel: Die „Fürth“ in Lloyd’s Register

Das beide Angaben nicht unbedingt im Widerspruch stehen, belegt der folgende Artikel nach dem Tod des Reeders Justesen im Dezember 1936. Justesen war zwar Däne, aber er lebte in Schanghai, wo auch sein Unternehmen ansässig war:

SHIPOWNER DIES
Veteran Dane of Shanghai Has Heart Stroke
Mr. M.L. Justesen, long a popular figure on the Shanghai waterfront, succumbed to a heart stroke in Shanghai recently.
As owner of the Anglo-Danish Shipping Company, he was known among shippers and trading executives up and down the China Coast. His office on The French Bund was a favorite gathering place for veteran captains and seamen.

Mr Justesen was a Dane and a native of Jutland. With the exception of a holiday spent in his native country now and then, he spent most of his time in the East which he considered his second home.

Malaya Tribune, 30. Dez 1936, Quelle: https://eresources.nlb.gov.sg/newspapers/Digitised/Article/maltribune19361230-1.2.6

Dass die „Calulu“ in Dänemark registriert war, belegt auch Danmarks Skibsliste aus dem Jahr 1933 (https://mfs.dk/wp-content/uploads/2016/05/1933.pdf). In Fahrt war sie aber zwischen China und Australien.

Calulu ex-Osnabruck, about 1915

„Calulu“, Fotograf Allan C. Green (1878-1954), State Library Victoria, ID H91.325/817

Chinesische oder dänische Flagge?

Nach einer so langen Liegezeit im Hafen musste das Schiff zunächst im Dock generalüberholt werden:

CALULU ENTERS DOCK.
The freighter Calulu, which after a long period of idleness in Port Jackson, was recently sold to the East, will enter Mort’s Dock for overhaul. She will leave shortly for her new port of registration.
The Sydney Morning Herald, 9. Sep 1931, S. 15

Danach wurde die „Calulu“ für Weizen und Kohlelieferungen nach Ostasien eingesetzt.

Im Bericht vom Oktober 1931 hat die „Calulu“ noch eine chinesiche Flagge, ein Jahr später dann die dänische.

S.S. Calulu
AN EX-GERMAN SHIP
An ex-German ship which became the property of the Commonwealth Government and was later sold to a Sydney firm, the s.s. Calulu (4399), which is loading wheat in port, is now sailing the Chinese flag. She had been lying idle in Sydney for 18 months until a few weeks ago when she was bought by a Chinese firm and manned by a crew sent from China, after which she came to Bunbury, after coaling at Port Kembla, for a cargo at wheat. The Calulu was formerly known as the Ossenabruck, and was a prisoner of war.
Captain N. Pennson told our representative yesterday that the Australian exchange rate was the reason why so much wheat for the East had been bought in Australia this season. There was a permanent market for wheat in China, he said, but prior to this season most of the requirements had been bought in the United States. Just at present, however, wheat could be obtained cheaper here than elsewhere.
South Western Tribune, Bunbury, 14. Okt 1931, S. 3

Anmerkung: Bunbury liegt an der australischen Westküste knapp 200 Kilometer südlich von Perth, Port Kembla ist bei Wollongong in New South Wales.

CALULU RETURNING TO AUSTRALIA.
The well-known steamer Calulu, which was sold to Eastern buyers last year and is now under the Danish flag, and has been trading in the Far Eastern ports, has recently been fixed to load a cargo of wheat at Melbourne or Geelong for Shanghai, late December or early January loading. She will be to the agency of the Victorian Wheat Pool.
Daily Commercial News and Shipping List, Sydney, 29. Nov. 1932, S. 4

Calulu, exOsnabruck, about 1920

„Calulu“, Fotograf Allan C. Green (1878-1954), State Library Victoria, ID H91.325/816

Erneuter Verkauf und Umbenennung in „Sung Peng“

In der Ausgabe 1933-34 von Lloyd’s Register ist noch die Anglo-Danish Shipping Co. als Reeder der „Calulu“ verzeichnet, aber bereits mit dem Zusatz Now „Sung Peng“, see No.41545 in Supplement. Dort erscheint dann die Ming Sing S.S. Co. in China als neuer Eigentümer.

Unter diesem neuen Namen erscheint die ex-Osnabrück dann 1934 wieder in den australischen Medien.

Gleich zweimal geriet das Schiff in schwere Stürme vor der australischen Ostküste, beide Mal lief sie dabei nur unter Ballast nach Süden, was das Abwettern der Stürme unangenehmer machte.

TO LOAD AT NEWCASTLE
Sung Peng, ex Calulu.
The steamer Sung Peng, ex the Calulu, is now bound to Newcastle to load a full cargo of coal for the Philippine Islands on behalf of J. & A. Brown – Abermain – Seaham Collieries. The vessel was due at Thursday Island yesterday.
The Sung Peng, which was formerly well-known on the Australian coast as the German-Australia S.S. Co.’s vessel Osnabruck, is a steamer of 4399 tons gross tonnage, built in 1907, and is now owned by the Ming Sing Steam ship Co., of Shanghai.
Daily Commercial News and Shipping List, Sydney, 28. Aug 1934, S. 4

Das Schiff erreichte Newcastle, NSW aufgrund des starken Sturms mit zwei Tagen Verspätung:

SungPeng, ex-Calulu, ExOsnabruck, 1934

„Sung Peng“, Bildreportage aus: Newcastle Morning Herald and Miner’s Advocate, 6. Sept. 1934, S. 5

Ein anderer Zeitungsartikel macht die die Internationalität der Schiffsgeschichte und der Crew zum Thema:

NEW “TOWER OF BABEL”

The nearest approach to a “floating League of Nations” that Newcastle has seen is the Chinese ship Sung Peng.

The ship has a varied career, having been German, Australian and Chinese successively, and her officers consist of a Danish captain, Norwegian chief officer, Russian chief engineer, and Norwegian wirless operator. To complete the mixture, the crew is Chinese and the common language English.

Morning Bulletin, Rockhampton, 2. Okt 1934, S. 2

Dabei übersieht der Artikel, dass die „Sung Peng, ex-Calulu, ex-Osnabrück, auch kurzzeitig die dänische Flagge führte. In dieser Zeit könnte auch der dänische Kapitän an Bord gekommen sein.

Ein halbes Jahr später dann erneut eine Alptraumfahrt:

NIGHTMARE TRIP
CHINESE SHIP BATTERED IN GALE
NEWCASTLE, Friday.
After a nightmare voyage down the coast in the teeth of a 60-mile-an-hour gale, the Chinese steamer Sung Peng entered Nobby’s early this morning.
DELUGED by mountainous seas, the speed of the ship was reduced to two knots an hour, and refuge was sought under the lee of Dangar Island for 24 hours.
The master, Captain Madsen, said it was one of the worst gales ho had experienced off the Australian coast. The vessel was in light trim, and at times the bow was lifted many feet out of the water.
The Sung Peng will load a cargo of coal and return to the Philippine Islands.
The Labor Daily, Sydney, 30. März 1935, S. 4

Anmerkungen: Nobby’s Head ist eine Landzunge an der südlichen Einfahrt zu Newcastle Harbour. Dangar Island muss richtig Danger Island heißen, eine kleine Insel vor der Küste Queenslands.

Sung Peng Sold for Scrap 1937

Sung Peng zum Abbruch verkauft, The Advertiser, Adelaide, 31. Aug 1937, S. 14

Verkauf und Abbruch

Verschiedenen Medien, hier eine Tageszeitung aus Adelaide, berichten 1937 über den Verkauf und Abbruch der „Sung Peng“, ex-Calulu, ex-Osnabrück.

Anmerkung: Das zweite deutsche Schiff, von dem in dem Artikel die Rede ist, ist die „Germania“ (gebaut 1904), ein Schiff der deutschen Jaluit-Gesellschaft, die die deutschen Südseegebiete versorgte. Dieses Schiff war bei Kriegsausbruch im Hafen von Sydney zur Reparatur und ebenso wie die „Osnabrück“ dort festgehalten und kondemniert worden.

In Lloyd’s Register ist die „Sung Peng“ noch bis in die Ausgabe 1939-1940 verzeichnet, erst hier findet sich die Anmerkung Broken up.

Sung Peng 1939, Lloyd's Register

„Sung Peng“, Lloyd’s Register of Ships, 1939-1940, Quelle: https://plimsoll.southampton.gov.uk/shipdata/pdfs/39/39b0855.pdf

Nachtrag

Im Jahr 1935 kam wieder ein Schiff mit dem Namen „Osnabrück“ in Fahrt, es war ein sogenanntes Kombischiff (Fracht und Passagiere) des Norddeutschen Lloyd.

Eine Nachfrage zu dem hier vorgestellten Dampfer „Osnabrück“ (1907) beim Landesarchiv Niedersachsen, Zweigstelle Osnabrück, verlief übrigens negativ. Das Schiff ist dort nicht bekannt.

An alle Leser daher die Frage: Wer könnte die Namensgebung des Schiffes „Osnabrück“ veranlasst haben? Welches Osnabrücker Unternehmen hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Australien exportiert und könnte an einer Namensgebung interessiert gewesen sein? Gibt es dafür auch einen Beleg?

Mein Favorit sind die Eisen- u. Stahlwerke AG Osnabrück, diese hatten bereits 1880 auf der Weltausstellung in Melbourne ausgestellt und der Bedarf an Eisen-, Straßen-, Industrie-, Minen-, und Hafenbahnen in Australien war zu dieser Zeit enorm.

Osnabrück, Weltausstellung Melbourne 1880

Weltausstellung Melbourne 1880, Verzeichnis der Aussteller der „Deutschen Abtheilung“, Ausschnitt, Berlin 1880; Quelle: State Library Victoria, Melbourne

Anhang

Hier die Links zu den anderen Schwesterschiffen:

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Reichenbach“

Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Plauen“ und Das Schwesterschiff „Plauen“ – ein Nachtrag

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Neumünster“

Sowie eine Abbildung der „Hagen“: Die „Hagen“: Schwesterschiff der „Fürth“

Schwesterschiff „Hanau“: Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Hanau“

Und schließlich ein weiteres Schwesterschiff, welches jedoch nicht bei der DADG in Fahrt war:  „Elisabeth von Belgien“

 

Hagen, Frachtdampfer, 1909

Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Hagen“

Namensgeber der Kleinserie

Titelbild: Dampfschiff „Hagen“, 6990 t, ausgehend auf der Elbe bei Oevelgönne in leichtem Treibeis. Aufnahme vom 13. März 1909; © Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg (1933)

Die „Hagen“ war das erste von sechs baugleichen Schiffen, welche die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) in weniger als einem Jahr an die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg (DADG) geliefert hat (November 1906 – Oktober 1907). Otto Harms, der ehemalige Geschäftsführer der DADG, spricht deshalb auch von der „Hagen-Klasse“.
Quelle: Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Otto Harms (1933), Schröder & Jeve, Hamburg.

In dieser Kleinserie folgten nach der „Hagen“ in den darauffolgenden Monaten in chronologischer Reihenfolge: die „Reichenbach“, die „Plauen“, die „Neumünster“, die „Fürth“, die „Osnabrück“ und schließlich die „Hanau“.

Zu jedem der sechs Schwesterschiffe der „Fürth“, dem Hauptthema dieses Blogs, existiert jetzt ein Artikel, der die Geschichte des jeweiligen Schiffes zusammenfasst. Die Links finden Sie am Ende dieses Blogbeitrags.

Allen Schiffen gemein ist, dass sie vergessen wurden. Der Erste Weltkrieg hat ihrer Funktion als Botschafter der namensgebenden Städte nach wenigen Jahren ein Ende gesetzt und schon bald hat sich niemand mehr ihrer erinnert. Das ist bis heute so geblieben. Dieser Blog möchte das ein wenig ändern.

In den zwanziger Jahren brachte die DADG wieder neue Schiffe in Fahrt; von den namensgebenden Städten der sechs Schwesterschiffe wurden lediglich die beiden Städte Hagen und Hanau erneut berücksichtigt, beide im Jahr 1921.

Das Schiff „Hagen“ (1906)

Die Bestellung der „Hagen“ bei der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft erfolgte am 21. Oktober 1905, die Kiellegung am 5. Mai 1906 und nach 190 Tagen Bauzeit wurde das Schiff am 11. November 1906 an die DADG übergeben. Der Stapellauf fand einen Monat vorher, am 6. Oktober 1906, statt.

Die Baukosten betrugen 1,158 Millionen Mark. Die „Hagen“ hatte 4210 Brutto-Registertonnen und eine Tragfähigkeit von 6990 Tonnen. (alle Angaben: Otto Harms, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Schröder & Jeve, Hamburg 1933)

Weitere Details finden Sie in den Beiträgen der baugleichen „Fürth“: SIEHE Bau, Stapellauf und Probefahrt der „Fürth“  sowie Die „Fürth“ in Lloyd’s Register

Jungfernfahrt der „Hagen“

Über die „Jungfernfahrt“ der Hagen gibt ein Artikel in The Advertiser (Adelaide) zusammenfassend Auskunft.

The Hagen, a new steamer, belonging to the German-Australian line, arrived from Hamburg on her maiden voyage on Sunday afternoon. She is a facsimile of the Oberhausen, Solingen, and Linden, which arrived last year, and a splendid vessel of her type. She was built at Flensburg, and launched on October 9. Captain Prohn, who was formerly in charge of the Magdeburg, is in command. He reports having left Hamburg on November 15, Rotterdam on November 18, Antwerp on November 22, East London on December 19, and arrived at Fremantle on January 4. She left the western port on January 8. Throughout the trip there was just enough bad weather to justify Captain Prohn coming to the conclusion that the new vessel is a splendid seaboat. After discharging her cargo she will load for Java ports.
The Advertiser, Adelaide (Australien), 14. Jan 1907, S. 6, SHIPPING NEWS.

Anmerkungen:

Die „Oberhausen“, „Solingen” und „Linden“ war sicher ähnliche Schiffe, aber keineswegs baugleich. Nur die „Linden“ war auch in Flensburg gebaut worden, hatte aber leicht abweichende Abmessungen zur „Hagen“. Die „Oberhausen“ war ein Schiff von Swan, Hunter & Wigham Richardson in Newcastle-on-Tyne und die „Solingen“ (II) ein Frachtdampfer der Neptunwerft in Rostock.

Der Stapellauf der „Hagen“ war nach Harms (1933) der 6. Oktober 1906.

Nach der „Klingenstadt“ Solingen war bereits das zweite Schiff der DADG benannt worden. Die bereits 1889 in Dienst gestellte „Solingen” (I) ging 1904 vor Deutsch-Südwestafrika verloren.

Hagen, crew 1909

Mannschaftsliste der Hagen, Seite 1, Sydney 19. Okt 1909; © State of New South Wales through the State Archives and Records Authority of NSW

Die Überlegenheit der Dampfschifffahrt

Der Zeitungsartikel in The Advertiser berichtet im Folgenden von der Sichtung eines Seglers durch die „Hagen“:

“Captain Prohn, of the Hagen, reports having sighted the barque Loch Rannoch in lat. 35.40 deg. S., long. 126 deg. E, at noon on Friday. She was then right in the steamboat track. The Loch Rannoch, which is coming to Port Adelaide from Glasgow, wished to be reported „all well.“ She is 109 days out, and had been anxiously looked for. This well-known Loch liner should arrive early this week.”

109 Tage von Glasgow nach Adelaide bedeuteten für die Bark, einen Segelschifftyp, etwa dreieinhalb Monate auf See, das Dampfschiff „Hagen“ erreichte Adelaide von Hamburg mit Zwischenstopps in nur zwei Monaten.

Diese langen Fahrten hatten auch zwei weitere Barken hinter sich, eine von Archangelsk (Russland), die 147 Tage unterwegs war und eine ab Glasgow mit 123 Tagen Seereise:

“The strong south winds which blew during Sunday brought to the Semaphore anchorage two barques. One was the Norwegian barque which was here in 1904. She is from Archangel, which port she left on August 19, and was, therefore, 147 days out. The Woodburn, formerly a Glasgow barque, but now under the Russian flag, arrived from Bo’ness (Scotland) with a consignment of superphosphates. Her sailing date was September 12, and she accomplished the passage in 123 days. Both vessels may be expected to enter the harbor within the next day or two.”
(alle Zitate aus der gleichen Quelle)

Die Segelschifffahrt konnte sich in den Folgejahren nur noch für „zeitunkritische“ Frachten behaupten, verlor aber nach und nach endgültig an Bedeutung.

Die folgende Abbildung ist symbolisch dafür: Gestrandete Segelschiffe in Port Elizabeth. Die im Hafen liegenden Dampfschiffe waren in der Lage, den Sturm abzuwettern. SIEHE: Logbuch (10): Die „Fürth“ in Mossel Bay und Port Elizabeth (Südafrika)

Hurricane in Algoa Bay 1902

Port Elizabeth, 30 August and 1 September 1902. Aftermath of a storm in Algoa Bay; Quelle: DRISA-Archiv, Johannesburg; http://atom.drisa.co.za/collections/P_Collection_lo-res/P1143_06.jpg

Verdächtige Umladung auf See – „A Mysterious Cargo“

Im Sommer 1908 erregte eine außergewöhnliche Umladung von Dynamit im Ärmelkanal einige Aufmerksamkeit in der britischen Presse und sogar der Verdacht von Schmuggel kam auf. Der Kapitän der „Hagen“, zu diesem Zeitpunkt F. Parran, erklärt den Vorfall anschließend einem australischen Journalisten:

ARRIVAL OF THE STEAMER HAGEN.
THE GOODWIN SANDS INCIDENT.
EXPLOSIVES SHIPPED ON THE OPEN SEA.

Early yesterday morning the German steamer Hagen arrived from Hamburg, and anchored in Gage Roads. Considerable interest has been evinced in the present voyage of this vessel, owing to an unusual incident which occurred at its commencement. Towards the end of April, it will be remembered, the cables announced that the steamer Hagen had shipped a cargo of German-manufactured explosives while lying off the Goodwin Sands, in the English Channel. The goods, it was stated, were transhipped to the Hagen from a German tug-boat, and the extraordinary nature of the procedure excited much comment in commercial and shipping circles in London. All sorts of conjectures were indulged in as to the destination of the cargo, some journals going so far as to hint that it was contraband.

In view of the explanation volunteered to a representative of the „West Australian“ by Captain Paran, when the matter was brought under his notice yesterday it is surprising that such an incident should have caused so much speculation in English shipping circles.

It appears that when the vessels of the German-Australian line leave Antwerp explosives are transhipped from a lighter just outside the port. On this occasion, however, the lighter was delayed, and Captain Paran was instructed to wait off the Dutch coast for the cargo. A course which is often carried out when lighters are delayed. On arrival off the Dutch coast the weather would not permit of the work being carried out, and as a consequence the Hagen proceeded to seek a sheltered spot off the Goodwin Sands, to await the arrival of a German tug-boat, which brought out the transhipment cargo.

Captain Paran was greatly surprised and amused, that the incident should have received such world-wide attention.
The West Australian, Perth, 5. Jun 1908, S. 5

Anmerkung: Dynamit war eine häufige Fracht der DADG-Schiffe nach Südafrika und Australien. Es kam aus verschiedenen europäischen Produktionsstätten. Siehe dazu auch den Blogartikel: Plakatwerbung

Coolgardie, Strelitz

Dynamit auf einem Ausstellungsstand der Gebrüder Strelitz in der Bergbaustadt Coolgardie, Foto von Hemus and Hall, Coolgardie Pioneer, 22. April 1899, S. 18; Coolgardie war damals nach Perth und Fremantle die drittgrößte Stadt Westaustraliens, heute ist sie als „Ghosttown“ nur noch von touristischem Interesse.

Sommer 1914

Im Sommer 1914 kam die „Hagen“ auf der Linie New-York – Java nach Tjilatjap an die Südküste Javas. Die Insel gehörte das damals zur niederländischen Kolonie Niederländisch-Indien, die folgenden Quellen sind daher niederländische Tageszeitungen.

Het ss. Hagen, van de Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft vertrok op 3 Juni van Durban komende van New Vork direct naar Tjilatjap en wordt den 21sten a.s. aldaar verwacht.
Het nieuws van den dag voor Nederlandsch-Indië, 13-06-1914

(Die ss. Hagen von der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft verließ Durban am 3. Juni und kam von New Vork direkt nach Tjilitjap und wird dort am 21. erwartet.)

Zu der Linie New York – Java mehr hier: Devoe’s und Sylvan Arrow – Petroleum für Java

Aangekomen:

Duitsch ss. Hagen, gez. Wilm, van Tjilatjap, agt. Maintz & Co.
Het nieuws van den dag voor Nederlandsch-Indië, 27-06-1914

In der Folgezeit war die „Hagen“ in Niederländisch-Indien unterwegs, bis sie vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges Ende Juli/Anfang August 1914 überrascht wurde.

VERTROKKEN SCHEPEN.

Duitsch ss. Hagen, gez. Wilm, naar Pekalongan.

Bataviaasch nieuwsblad, 06-07-1914

Anmerkung: Pekalongan ist eine Hafenstadt an der Nordküste Javas.

Anfang August lag die „Hagen“ in Soerabaya (Insel Java), um eine Ladung Zucker aufzunehmen, wurde aber angewiesen, diesen wieder zu entladen.

Het duitsche stoomschip „Hagen“, dat te Soerabaja een lading suiker kad ingenomen, heeft orde gekregen de lading weder telossen.
Sumatra-bode, 4.8.1914

(Das deutsche Dampfschiff ‚Hagen‘, das in Surabaya eine Ladung Zucker aufgenommen hat, wurde beauftragt, die Ladung wieder zu entladen.)

Die „Hagen“ lief anschließend von Soerabaya nach Tandjong Priok, dem Hafen Batavias.

AANGEKOMEN SCHEPEN.

Duitsch ss. Hagen, gez. Wilm, van Soorabaja, agt. Maintz en Co.

Bataviaasch nieuwsblad, 6. Aug 1914

Batavia 1907

Ankunft eines Dampfers im Hafen Tandjong Priok (Batavia), 1907, Stereographische Aufnahme, Tropenmuseum Amsterdam, Inventarnummer TM-60060778, collective.wereldculturen.nl

Eine zusammenfassende Beschreibung von Tandjong Priok liefert ein britisches Handbuch:

„The port of Tandjong Priok is in communication with Batavia by railway and by a canal. The outer harbour is formed by two piers 1,850 metres long; the entrance is 125 m wide, and the depth is 8 metres. The inner harbour has a quay 1,100 metres long and 175 metres wide; the water has a depth of 7.50 metres. There is extensive accommodation for coaling, and in the docks and workshops all kinds of repairs to vessels can be made. The expenses for the construction of the harbour and annexed works amounted to 26½ millions of guilders.”

The Directory & Chronicle for China, Japan, Corea, Indo-China, Straits Settlements, Malay States, Sian, Netherlands India, Borneo, the Philippines; Hongkong Daily Press Office, 1910, 48. Ausgabe

In diesem Hafen sollte die „Hagen“ während des Ersten Weltkrieges bleiben. Noch im August 1914 fand im Kaiserlich Deutschen Generalkonsulat eine Verklarung statt:

Steam ship Hagen, Batavia 1914

Bekanntmachung in der Zeitung Bataviaasch Nieuwsblad, 26. Aug 1914, Quelle: http://www.delpher.nl

Die Verklarung

Was es mit einer Verklarung auf sich hat, erklärt uns das Seerecht:

Paragraph 522
Der Schiffer hat über Unfälle, die sich während der Reise ereignen, sie mögen den Verlust oder die Beschädigung des Schiffes oder der Ladung, das Einlaufen in einen Nothafen oder einen sonstigen Nachteil zur Folge haben, mit Zuziehung aller Personen der Schiffsbesatzung oder einer genügenden Anzahl von ihnen eine Verklarung abzulegen.
Die Verklarung ist ohne Verzug zu bewirken, und zwar…

im Nothafen, sofern in diesem repariert oder gelöscht wird;

„Ihr Zweck ist nicht die Wahrung öffentlicher, sondern diejenige privater Interessen (…), nämlich neben der Entlastung (Verklarung = Reinigung) des Schiffers die Schaffung einer Unterlage für die Regelung der aus einem Seeunfall erwachsenen privatrechtlichen Verhältnisse (…). Sie dient also als eine Art Beweissicherung.“

Das deutsche Seerecht, Kommentar und Materialsammlung, 2. Bd.; Schaps, Abraham, Berlin 1962 (books.google.fr).

Die Verklarung musste im Ausland in einer diplomatischen Vertretung stattfinden (falls vorhanden), deswegen erfolgte die Anzeige vom Kaiserlichen Deutschen Generalkonsulat in Batavia.

Der Begriff der Verklarung führt uns zum nächsten seerechtlichen Fachbegriff: der großen Haverie.

Große Haverie (auch Haverie grosse oder Große Haverei)

Große Havarie liegt dann vor, wenn Schiff und Ladung in gemeinschaftlicher Gefahr sind und vom Schiffskommando vorsätzlich zur Rettung von Schiff und Ladung Maßnahmen getroffen werden, deren Kosten und außerordentliche Opfer im Interesse aller Beteiligten von diesen gemeinschaftlich getragen werden müssen.
Die Praxis des Seefrachtgeschäfts H.-J. Leue, Springer, 1958 (books.google.fr)

Zu einer Großen Haverie gehören neben den Kosten für tatsächliche Beschädigungen an Schiff und Ladung auch die zusätzlich anfallenden Gebühren in einem Nothafen (Liegegebühren, Be- und Entladungskosten), die dann auf alle Ladungseigner umgelegt werden.

Eine anschauliche Einführung in dieses versicherungsrechtlich sehr komplexe Konstrukt bekommen Sie zum Beispiel hier: https://at.kuehne-nagel.com/fileadmin/country_page_structure/EE/Austria/Documents/General_Average_ee_region_de.pdf

Wie hängen nun Verklarung und Große Haverie zusammen? Ich fand diese Darstellung hilfreich:

„Auf der Grundlage des Berichts des Kapitäns (Verklarung) erstellt ein öffentlich bestellter Sachverständiger (Dispacheur) nach Ankunft des Schiffs im Ziel- oder Nothafen ein Dokument (Dispache) über Hergang, Beitragswerte, Kosten und Kostenaufteilung. Da der Reeder den Vergütungsberechtigten gegenüber für die Einbringung der Havarie grosse-Beiträge haftet, hat er ein Pfandrecht an den Gütern. Die endgültige Abrechnung der Havarie grosse-Beiträge kann Jahre dauern; deshalb wird der Ladungsempfänger i.d.R. eine unmittelbare Herausgabe gegen Stellung von Sicherheiten (Havarie grosse-Verpflichtungsschein, Bankgarantie oder Bareinschuss) erwirken.“
Gabler Wirtschaftslexikon, https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/havarie-35792

Ich versuche, das mal in einfache Worte zu packen:

Diejenigen, die Ladung an Bord hatten und diese in Empfang nehmen wollten, mussten sich anteilig an den erhöhten Liegekosten beteiligen, da die „Hagen“ durch Ausbruch des Krieges viel länger in Batavia lag, als vorgesehen.

Über die Modalitäten informierte eine Anzeige der Fa. Maintz & Co., dem Vertreter der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) in Batavia. Sie betraf außer der „Hagen“ auch das Dampfschiff „Freiberg“ der DADG, das auf der Fahrt nach Indramajoe (heute: Indramayu, Nordküste Java) auf ein Riff aufgelaufen war:

Große Haverie, 1914, Batavia

Anzeige der Vertretung der DADG in Batavia, der Fa. Maintz & Co. in Bataviaasch nieuwsblad vom 21. August 1914; http://www.delpher.nl

Anmerkung: W. v. K. = Wetboek van Koophandel (niederländisches Handelsrecht)

International waren das Regelwerk der großen Havarie auf dem Kongress der Gesellschaft für die Reform und Kodifikation des Völkerrechts zu Liverpool im Jahr 1890 überarbeitet worden und als York-Antwerp-Rules 1890 bekannt (siehe in: Theorie und Praxis des Seehandels-Geschäfts, R. Stern, 1903, in Sammlung Kaufmännischer Lehrbücher, Handels-Akademie Leipzig; http://storage.lib.uchicago.edu/pres/2015/pres2015-0761.pdf)

Viele Schiffe der DADG waren beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Niederländisch-Indien „gestrandet“ und die für den Hafenbetrieb verantwortliche B.O.W. machte deutlich, dass für diese Schiffe die vollen Hafengebühren fällig seien (Quelle: Mitteilung von Maintz & Co. in De Sumatra post, 16. Nov. 1914)

Anmerkung: Die B.O.W. (Burgerlijke Openbare Werken) war in Niederländisch-Indien verantwortlich für den Bau und Unterhalt der Infrastruktur (Bewässerungsanlagen, Straßen, Schienenwege, Brücken, Trinkwasserversorgung, Hafenanlagen).

Lange Jahre in Batavia

Die „Hagen“ und ihre Besatzung mussten fünf lange Jahre in Niederländisch-Indien verbringen. Im August 1919 lag das Dampfschiff noch immer in Tandjong Priok:

Thans liggen nog in de haven van Tandjong Priok de Iselohn (sic), Hagen, Hohenfels en Marie;…
Bataviaasch nieuwsblad, 20. Aug 1919

Die „Iserlohn“ war ebenfalls ein Schiff der DADG und die „Hohenfels“ ein Frachtdampfer der DDG Hansa, Bremen.

Die „Marie“ war ein Sperrbrecher der Kaiserlichen Marine und hatte 1916 die deutschen Truppen in Ostafrika versorgt. Anschließend lief das Schiff nach Batavia und wurde dort von den Behörden interniert.

Über die Zeit der deutschen Besatzungen in Niederländisch-Indien während des Ersten Weltkrieges hatte ich am Beispiel des Schiffes „Ulm“ berichtet: Die „Ulm“ in Ambon (Teil 1 von 2) und Die „Ulm“ in Ambon (Teil 2 von 2)

Batavia Tandjong Priok, no date

Hafen von Tandjong Priok (Batavia), undatiert, Tropenmuseum Amsterdam, Inventarnummer TM-10007988, collective.wereldculturen.nl

Erst im September verließ die „Hagen“ Batavia in Richtung Singapur, jetzt unter der Flagge der Alliierten („onder geallieerde vlag“). Zuvor legte sie noch in Probolinggo/Kraksaan und Semarang an der Nordküste Javas an.

Vertrokken:

– N. I. ss. Hagen, gez. Porter, naar Probolinggo, onder geallieerde vlag.
Het nieuws van den dag voor Nederlandsch-Indië, 20. Sept. 1919

SEMARANG.
Aangekomen :

13 Oct. Geall. ss. Hagen gez. G.L. Porter, van Krakssau, agt. Mc Neill Co.
De locomotief, 13. Okt. 1919

Probolinggo: Hafenstadt an der Nordküste im Osten der Insel Java (ca. 100 Kilometer östlich von Soerabaja). Krakssau (richtig Kraksaan) gehört zu Probolinggo; es dürfte sich um den gleichen Hafen handeln.

15 Oct. Geall. ss. Hagen gez. G.L. Porter naar Singapore agt. Mac Neill en Co.
De locomotief, 16. Okt. 1919

Shipping Controller

Neuer Eigentümer der „Hagen“ war der Shipping Controller, eine Behörde die 1916 von der britischen Regierung gegründet worden war mit der Aufgabe, die Handelsmarine zu organisieren, um die Versorgung der Streitkräfte und der Bevölkerung während des Ersten Weltkriegs sicherzustellen. Die Behörde verwaltete außerdem die von den feindlichen Nationen übernommenen Schiffe.

Bereedert wurde die „Hagen“ in dieser Zeit von der British India Steam Navigation Co., zu diesem Zeitpunkt bereits Teil der Peninsular and Oriental Steam Navigation Company (P&O), eine der weltweit größten Reedereien. (Quelle: BISHIP, biship.com)

Die „Aegeon“, exHagen

Der Shipping Controller wurde im Jahr 1921 aufgelöst und alle Schiffe abgegeben.

Die „Hagen“ wurde an die griechische Regierung verkauft und in „Aegeon“ umbenannt (Schmelzkopf, 1984). Das Schiff fuhr für den griechischen Service of Maritime Transport.

Aus der Zeit als „Aegeon“ habe ich das Schiff nur einmal wiedergefunden, ansonsten bin ich bei Shakespeare gelandet: Aegeon von Syrakus ist eine der Hauptfiguren in der Komödie der Irrungen.

Griechische Quellen würden hier sicher weiterhelfen, genauso wie bei der weiteren Geschichte der ex-Hagen bis zum Abbruch. Die Suche dort überlasse ich jedoch anderen.

Deshalb an dieser Stelle nur ein Schiffsunfall der „Aegeon“ aus dem Jahr 1924 in Portugal:

GEMENGD.

AEGEON. Oporto, 26 Nov. Het Grieksche stoomschip Aegeon is inkomend te Leixoes in aanvaring geweest met het Duitsche stoomschip Steigerwald, van Hamburg naar Buenos Ayres. De Aegeon bekwam schade aan stuurboordsboeg; of de Steigerwald beschadigd werd, is niet bekend.
Nieuwe Rotterdamsche Courant, 29. Nov 1924, http://www.delpher.nl

Übersetzt: Das griechische Dampfschiff „Aegeon“ ist bei seiner Ankunft in Leixoes mit dem deutschen Dampfschiff „Steigerwald“ von Hamburg nach Buenos Aires zusammengestoßen. Die „Aegeon“ wurde am Steuerbordbug beschädigt. Es ist nicht bekannt, ob die „Steigerwald“ beschädigt wurde.

Anmerkungen:

Leixões ist der Seehafen von Porto, er liegt wenige Kilometer nördlich der Stadt am Atlantik.

Die „Steigerwald“ (1921) war ein Schiff der Hamburg-Amerika-Linie im Dienst nach Nord- und Südamerika. Gebaut wurde die „Steigerwald“ auf der Deutschen Werft in Hamburg, sie hatte 4535 BRT bei einer Länge von 119,0 Metern (Quelle: schiffe-maxim.de)

„Michael N.“

Die Geschichte der exHagen bleibt griechisch. Im Jahr 1931 ist die „Aegeon“ an eine Reederei in Piräus übergegangen. Die Ausgabe 1931-32 von Lloyd’s Register nennt als neuen Eigentümer Mrs. I. M. Nicolaou. Als Manager der Reederei ist M. N. Nicolaou eingetragen:

exHagen in Lloyd's Register 1931

Lloyd’s Register, Ausgabe 1931-32; Quelle: Southampton City Library, https://plimsoll.southampton.gov.uk/shipdata/pdfs/31/31b1425.pdf

„Petrakis Nomikos“

Bereits im Jahr darauf erfolgt ein weiterer Verkauf. Die ex-Hagen bleibt in Piräus, neuer Eigentümer ist P. M. Nomikos, der neue Name des Schiffes wird „Petrakis Nomikos“.

ex-Hagen, Lloyds, 1932

Lloyd’s Register, Ausgabe 1932-33; Quelle: Southampton City Library, https://plimsoll.southampton.gov.uk/shipdata/pdfs/32/32b1063.pdf

Im Dezember 1932 taucht die „Petrakis Nomikos“ wieder in Westeuropa auf:

BUITENLANDSCHE SCHEPEN.
Van en naar Nederlandsche havens.

STRATONI V. 3/12 Petrakis Nomikos, Vlaardingen.

Algemeen Handelsblad, 11. Dez 1932

Anmerkung: V. = vertrokken (abgefahren); Stratoni liegt im Nordosten der Halbinsel Chalkidiki (Griechenland).

Am 21. Dezember 1932 ist die „Petrakis Nomikos“ mit Rohphosphat in Vlaardingen bei dem Unternehmen ENCK (Eerste Nederlandse Coöperatieve Kunstmestfabriek) angekommen:

VLAARDINGEN. Aangekomen,

21 December

Grieksch stoomschip Petrakis Nomikos, met ruwe phosphaat, van Stratoni, aan de E.N.C.K.µ

Nieuwe Vlaardingsche courant, 23. Dez 1932

Eine Woche später lief die „Petrakis Nomikos“ nach Rendsburg (Quelle: Algemeen Handelsblad, 30. Dez. 1932) und im März 1933 erreichte die „Petrakis Nomikos“ erneut die Niederlande, diesmal vom Schwarzen Meer (Noworossijsk, Scheepvart, 20. März 1933) bevor sie anschließend nach Narvik versegelte (De Standaard, 20. März 1933).

Die Route vom Schwarzen Meer nach West- und Nordeuropa (Niederlande, Großbritannien, Skandinavien) wurde anschließend häufiger befahren. Die Fracht vom Schwarzen Meer für Nordwesteuropa war Getreide.

Getreide (Weizen) könnte auch im Januar 1935 an Bord gewesen sein, als die „Petrakis Nomikos“ aus Rosario in Rotterdam ankam. Rosario liegt in der LaPlata-Region in Argentinien am Paraná, eine der weltweit wichtigsten Weizen produzierenden Regionen.

Petrakis Nomikos, 1935

Anzeige Scheepvart, 04. Februar 1935, http://www.delpher.nl

Die Anschlussladung waren Kohlen für Piräus (Scheepvart, 20. Feb 1935).

Abbruch

Mit dieser Fahrt verschwindet die „Petrakis Nomikos“ aus den niederländischen Medien und erst im Mai 1936 erscheint eine Meldung über den Verkauf der ex-Hagen für 7650 Britische Pfund:

ZEEVART.

The Union, recently acquired, has been sold to North-East Coast shipbreakers, and the Spilsby has been purchased by British buyers under the scheme and resold to the Hughes Bolckow Shipbreaking Company, Ltd., Blyth, for about £5500, as she lies in the Tyne. Messrs. Hughes Bolckow have also acquired from British buyers the Petrakis Nomikos for about £7650 delivered Blyth, and a British firm has purchased he Weir steamer Dunafric. …
Scheepvart 18. Mai 1936

Die „Petrakis Nomikos“, ex-Michael N., ex-Aegeon, ex-Hagen ist zuletzt in der Ausgabe 1935-36 von Lloyd’s Register verzeichnet (allerdings noch ohne den Zusatz „Broken up“).

Verwirrung um die „Petrakis Nomikos“

Es wurden sowohl unter dem Namen „Aegeon“ als auch unter „Petrakis Nomikos“ wieder Schiffe in Fahrt gebracht, die jedoch nicht mit der ex-Hagen identisch sind.

Bei dem schweren Explosionsunglück des Tankschiffes (!) „Petrakis Nomikos“ in Rotterdam im Oktober 1936 mit vielen Toten kann es sich nicht mehr um die ex-Hagen handeln, auch wenn Pressemitteilungen dies teilweise so wiedergegeben haben (z. B. in Haagsche courant vom 31. Oktober 1936). Eine Abbildung des Hecks des Schiffes in dem Artikel zeigt eindeutig, dass es nicht die ex-Hagen ist. Am auffallensten: der Schornstein ist viel weiter in Richtung Heck des Schiffes, als bei der ex-Hagen).

Andere Schwesterschiffe der „Fürth“

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Reichenbach“

Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Plauen“ und Das Schwesterschiff „Plauen“ – ein Nachtrag

Schwesterschiffe der „Fürth“: Die „Neumünster“

Schwesterschiffe der „Fürth“: der Frachtdampfer „Osnabrück“

Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Hanau“

Dazu kommt noch ein baugleiches Schiff, welches jedoch nicht an die DADG geliefert wurde. Siehe dazu: „Elisabeth von Belgien“

Deutsche Exporte nach Australien 1908

Kleidung, Metallwaren und Musikinstrumente

Bei vielen Fahrten des Dampfschiffes „Fürth“ haben wir gesehen, dass über die Ladung, die von Europa nach Australien ging, nur wenig bekannt wurde. Oft heißt es in den Schiffsmeldungen nur „allgemeine Waren“ oder ähnliches.

Werfen wir also einen Blick in ein statistisches Jahrbuch. Dort finden wir eine detaillierte Aufstellung, der von Deutschland im Jahr 1908 nach Australien exportierten Waren. Die Liste habe ich nach absteigendem Wert sortiert, so dass die wichtigsten Produktkategorien oben stehen.

Australische Zeitung advertisement

Anzeige für Gritzner-Nähmaschinen in der Australischen Zeitung, Adelaide, 22. April 1908.

Kleidung und Textilien, £1,248,115
Eisen, Stahl und Produkte aus diesen, £720,126,
                davon Drähte und Drahtgeflechte, £490,880
Andere Metallwaren (außer Eisen und Stahl), £260,798
Musikinstrumente, £246,570
Papier, £227,338
Maschinen und Apparate, £212,494
Drogerie-Waren, £161,594
Verschiedene Konsumgüter („fancy goods”), £116,743
Waffen, Munition und Sprengstoffe, £90,191
Glas- und Glaswaren, £84,137
Schreibwaren, £82,668
Kautschuk-Produkte, £80,553
Schmuck etc., £68,018
Porzellan etc., £65,914
Leder und Lederwaren (ohne Stiefel und Schuhe), £62,046
Biere, £58,775
Zement, £37,222
Bürstenartikel etc., £35,697
Lampen und Lampenartikel, £34,058
Möbel, Kleinmöbel und Zubehör £21,178
Tonerzeugnisse, £17,357
Hochprozentige alkoholische Getränke, £15,804
Farben und Lacke, £14,761
Tabak, £14,735
Hopfen, £8799

Anm: Kategorien: eigene Übersetzung ins Deutsche; verschiedene Konsumgüter (im Original “Fancy goods”): Dem Wert nach dürfte diese Kategorie die verschiedensten Konsumgüter umfasst haben, darunter wohl auch Spiegel und Spielwaren aus der Stadt Fürth.

Quelle: Official Year Book of the Commonwealth of Australia No. 3 – 1910, Commonwealth Bureau of Census and Statistics, Melbourne, 1201 S. (books.google.fr)

Ganz persönlich haben mich die Musikinstrumente auf Platz 4 überrascht.

Biese Pianos, Zimmermann Pianos, Geißler Pianos

Anzeige für deutsche Klaviere in der Australischen Zeitung, Adelaide, 22. April 1908.

 

Die Importe aus Deutschland beliefen sich 1908 nach obiger Quelle auf insgesamt £4,482,119. Damit stand Deutschland auf Platz 3 hinter Großbritannien und den USA (Gesamtimporte Australiens (ohne Münzen und Barren) insgesamt in Höhe von £48,608,921, davon UK £25,042,810 und USA £6,574,380).

Diese Zahlen verdeutlichen die dominante Stellung Großbritanniens. UK hat diese Vormachtstellung mit Schutzzöllen verteidigt. Ein Pfund entsprach vor dem Ersten Weltkrieg übrigens etwa 20 Mark.

Sämereien Heuzenroeder

Anzeige für deutsche Gemüsesämereien, Australische Zeitung, Adelaide, Mi 13. Mai 1908.

Anm.: Die Australische Zeitung in Adelaide war eine Wochenzeitung in deutscher Sprache und erschien ab 1875 bis 1916.

Abschließend gesagt überrascht es nicht, dass wir über die relativ wenigen, leicht anzusprechenden Massengütern aus Australien wesentlich mehr wissen, als über die stark gemischte Palette an Handelswaren, die von Deutschland (oder Europa) nach Australien geliefert wurde.

Wenn wir die oben genannten Zahlen aus dem Jahr 1908 mit Statistiken aus dem Jahr 1905 vergleichen (z. B. Deutsch- Australischer Handelsbericht, Australische Zeitung, Adelaide, Mi 12. Jun 1907, S. 10), sehen wir, dass die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Australien in diesen drei Jahren stark angewachsen sind.

Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges hat das Volumen des Warenaustausches noch weiter zugenommen, was sich in häufigeren Fahrten, mehr Schiffen und zunehmend größeren Ladekapazitäten widerspiegelte.

Plauen laces, The Colosseum, Melbourne
Plauener Spitze in einer Anzeige des Bekleidungsgeschäftes „The Colosseum“ in Melbourne, Leader, Melbourne, Sa 13. April 1912, Quelle: National Library of Australia, trove.nla.gov.au

laterna magica
Ein „Trendspielzeug“ der damaligen Zeit: Laterna Magicas; Auszug aus dem Katalog des Fürther Spielwaren-Unternehmens Ullmann und Engelmann 1902; der vollständige Katalog auf https://optical-toys.com

Wilhelm Hester, crew member, about 1900

Dampfschiff „Fürth“: In der Kapitänskajüte

So lebte der Schiffsführer

… mit Bildern des Fotografen Wilhelm Hester

 

Nachweis Titelbild:
Mannschaftsmitglied an Bord eines nicht genannten Schiffes um 1900; Kissen mit der Aufschrift „Nur ein Viertelstündchen“, Aufnahme: Wilhelm Hester (in Hamburg geborener amerikanischer Fotograf, 1872-1947) Quelle: commons.wikimedia.org; Man writing at table, interior of unidentified ship, Washington, ca 1900 (HESTER 448).jpeg

Über den Fotografen Wilhelm Hester mehr unten im Text!

 

Zwei Kapitäne

Die „Fürth“ hatte in den sieben Jahren, in denen sie in Fahrt für die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft war (1907-1914), zwei Kapitäne, C. B. Saegert und W. Richter.

In diesem Artikel versuche ich zu rekonstruieren, wie sie an Bord untergebracht waren. Dazu greife ich auf zwei Dokumente zurück, die von anderen Schiffen der Reederei erhalten geblieben sind. Zum einen handelt es sich um den Generalplan des Schiffes „Lübeck“, den ich hier im Blog vorgestellt hatte: SIEHE Das Projekt DigiPEER

Aus diesem Plan sind die Größen der Kabinen und ihre großen Einrichtungsgegenstände ersichtlich, wie Kojen, Schränke, Tische, Schreibtische usw.

Zum anderen ist es das Inventarbuch des Schiffes „Neumünster“, welches für das Schwesterschiff der „Fürth“ alle beweglichen Gegenstände auflistet, die sich an Bord befunden haben und somit auch alle Objekte in der Kapitänskajüte. Warum sollte das Inventarbuch für die Schwesterschiffe abweichend gewesen sein? Es gibt keinen Grund dafür.

Dieses hier vorgestellte Inventarbuch können Sie im State Records Office of Western Australia in Perth einsehen; es hat die Archivnummer: Cons. 4230/1.19, Inventory List. Oder Sie lesen regelmäßig diesen Blog. Hier werde ich Ihnen die (meiner Meinung nach) interessantesten Teile des Schiffsinventars nach und nach vorstellen.

inventory book, Neumünster, 1911 - 1914

Inventarbuch des Schiffes „Neumünster“, Einband, Ausschnitt © mit freundlicher Genehmigung des State Records Office of Western Australia, Perth, Cons. 4230/1.19

 

Das Inventarbuch der DADG

 

Die Führung des Inventarbuchs

Dem Inventarbuch vorgeschaltet ist eine „Anweisung zur Führung des Inventarbuches“, in der die Reederei genaue Instruktionen gab, wie damit zu verfahren war. Wir sehen, dass der 1. Offizier des jeweiligen Schiffes damit betraut war und das nicht wenig Arbeit mit der Führung des Buchs verbunden war. Lesen Sie selbst:

„Die Führung des Inventarbuches hat von dem 1. Offiizer zu geschehen; das Buch ist für mehrere Reisen berechnet und wird in zwei Exemplaren an Bord gegeben, wovon eines als „Kladde“ ständig in Händen des 1. Offiziers verbleibt, während das zweite Exemplar als „Reinschrift A“ bei Ankunft in Hamburg der Rhederei einzureichen ist; dieses Buch wird dann für die neue Reise gegen ein drittes Exemplar „Reinschrift B“ ausgewechselt. In Reinschrift B hat dann eine nochmalige Eintragung des vorigen Berichts zu geschehen, was nach der an Bord befindlichen Kladde leicht bewerkstelligt werden kann. Zugleich ist jedoch auch der Bericht für die neue Reise aufzunehmen und ist bei Rückkehr nach Hamburg dann wieder Reinschrift B gegen Reinschrift A einzutauschen und so fort, sodass sich immer eine vollständige Aufzeichnung über die Vorkommnisse und Veränderungen bzgl. Inventar etc. in Händen der Rhederei befindet.
Wir machen darauf aufmerksam, dass alle Eintragungen genau, aber möglichst kurz zu halten sind.
Etwaige nachträgliche Zusätze oder Änderungen dürfen nur mit roter Tinte vorgenommen werden.
Etwa nicht vorgedruckte, aber an Bord vorhandene Inventarstücke sind an gehöriger Stelle im Buche mit allen wissenswerten Einzelheiten einzuschalten.“

Ich kann mir vorstellen, dass die Führung des Inventarbuches nicht zu den Lieblingsaufgaben eines 1. Offiziers gehörte.

Das Inhaltsverzeichnis des Inventarbuches umfasst 56 Positionen, einige davon sehr kurz, andere aber mehrere Seiten lang.

Nicht alle Positionen waren auch auf allen Schiffen vorhanden. Eine, die es logischerweise immer gab, war die Kajüte des Kapitäns. Fangen wir damit an.

Inventory, table of contents, Neumünster, 1911 to 1914

Inventarbuch des Schiffes „Neumünster“, Inhaltsverzeichnis © mit freundlicher Genehmigung des State Records Office of Western Australia, Perth, Cons. 4230/1.19

 

Die Kajüte (Kammer) des Kapitäns

Natürlich hatte der Kapitän eine Kajüte zur Einzelbenutzung (im Inventarbuch wird das Wort Kapitänskammer gebraucht). Dieses Privileg genossen außer ihm nur noch die vier Schiffsoffiziere sowie der erste und der zweite Maschinist. Als einzigem auf dem Schiff war dem Kapitän ein eigenes Badezimmer und sogar ein eigenes WC vergönnt.

Aus dem Plan der „Lübeck“ geht hervor, dass der Kapitän über eine eigene Etage verfügte, auf der sonst nur noch der Sanitätsraum für die Offiziere untergebracht war.

Auf der sieben Jahren älteren „Fürth“ muss die Raumaufteilung jedoch anders gewesen sein, denn sie hatte im Brückenhaus ein Deck und auch ein paar Räume weniger: es gab keinen Telegrafenraum und auch keinen Sanitätsraum für die Offiziere (sondern nur einen einzigen Sanitätsraum für die ganze Besatzung).

Auf der „Lübeck“ hatte die Kapitänskammer geräumige 16,5 m2.

Die Inventarliste listet Gegenstände auf, sagt jedoch nichts über deren Qualität aus.

In dem Artikel über die Probefahrt des Schiffes „Hamm“ im Juni 1910 heißt es über die Einrichtung der Kapitänskajüte immerhin:

„Salon, Kapitäns- und Offizierswohnräume sind elegant eingerichtet.“
Quelle: Hamburgischer Korrespondent und Neue Hamburgische Börsen-Halle, 5. Juni 1910, Seite 6, http://www.europeana.eu

 

Die Einrichtung

Die Kammer verfügte über eine (Schlaf-)Koje zum Ausziehen, die mit einer Matratze „mit Keil und Vergrößerung“ ausgestattet war und außerdem mit einer Schlafrolle.

Weitere Möbelstücke waren ein Tisch (mit Wachstuch und einer Tischdecke), ein „Sopha mit Kissen“, ein Schreibtisch, ein Lehnstuhl, ein Bücher- und zwei Kleiderschränke, ein Spiegel und eine Waschkommode mit Zubehör.

Für die Beheizung der Kammer gab es einen Dampfofen.

Als Beleuchtung verfügte die Kammer über eine Hänge- und eine Stehlampe und einen Leuchter. Als Zubehör gab es einen Streichholzständer.

Vier Fenstergardinen, zwei Bettgardinen, zwei Portieren, ein Satz Wollläufer, ein Teppich und vier Möbelbezüge machten die Kammer wohnlicher.

Für seine Arbeit hatte der Kapitän eine „Copierpresse“, Schreibzeug und einen Blechkasten für Schiffspapiere.

Kopierpresse, Copierpresse, um 1900

Kopierpresse: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kopierpresse.jpg; This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International, 3.0 Unported, 2.5 Generic, 2.0 Generic and 1.0 Generic license; Wiedergabe in Sepia.

Die Kopierpresse

„(1780 von James Watt erfunden) besteht in ihrer einfachsten und gebräuchlichsten Form aus zwei eisernen Platten, die durch eine Schraube oder durch Hebel und Exzenterscheibe aneinander gepreßt werden.“

„Das zu kopierende Schriftstück legt man auf ein 
Blatt Wachspapier und bedeckt es mit einem gleich großen Blatt ungeleimten Seidenpapiers, das entweder vorher befeuchtet oder mit feuchtem Schirting bedeckt wird; schließlich legt man noch ein Blatt Wachspapier auf und setzt das Ganze dem Druck der Kopierpresse aus. Die Tinte wird durch die Feuchtigkeit etwas erweicht, und es dringt davon so viel durch das Seidenpapier, daß die Schriftzüge auf dessen oberer Seite lesbar werden.“

Auszug eines Artikel über das Kopieren aus: Meyers Großes Konversations-Lexikon, 1905, der vollständige Artikel findet sich hier:
http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Kopieren

 

Die Ausstattung der Kapitänskammer komplettierten eine Wasserflasche und Wassergläser „mit Bort“ sowie ein Spucknapf, ein aus heutiger Sicht eher ungewöhnliches Utensil.

In der Inventarliste der „Neumünster“ sind außerdem ein elektrischer Ventilator, ein Schlüsselbrett, sowie ein Satz Kokosläufer vorgedruckt und auch handschriftlich im Sollbestand vermerkt. Die Abwesenheit dieser Gegenstände ist über die fünf im Buch vermerkten Fahrten stets vermerkt worden, allerdings hatten sie offenbar aber auch niemandem gefehlt, so dass sie nie ergänzt wurden.

Einzig hinter dem Satz Kokosläufer wurde vermerkt, dass sie neu zu beschaffen seien, anscheinend hatte sie der neue Kapitän auf der vierzehnten Fahrt vermisst (nach der dreizehnten Fahrt übernahm Kapitän Herrmann das Schiff von Kapitän Peter Kiel).

Weiter ist der Inventarliste zu entnehmen, dass nach der dreizehnten Fahrt das Wachstuch des Tisches ausgewechselt wurde.

Eine letzte handschriftliche Notiz findet sich hinter dem Spiegel, hierzu heißt es: „neu belegen“. Das würde heute auch keiner mehr tun, soviel zum Thema Nachhaltigkeit.

Wilhelm Hester, crew member, about 1900

Mannschaftsmitglied an Bord eines nicht genannten Schiffes um 1900; Aufnahme: Wilhelm Hester (in Hamburg geborener amerikanischer Fotograf, 1872-1947) Quelle: commons.wikimedia.org; Crew member sitting in interior of unidentified ship, Washington, ca 1900 (HESTER 841).jpeg

 

Das Badezimmer

Die Inventarliste gibt auch Auskunft über das Badezimmer des Kapitäns. Naturgemäß ist die Liste recht kurz. Das kleine Bad (3,25 mauf der „Lübeck“) verfügte über:

eine Badewanne, eine Dusche, eine Bank und einen Spiegel, eine Lampe und einen Waschtisch mit Zubehör sowie einen Garderobenhalter. Die Dusche dürfte über der Wanne gewesen sein, ein eigener Platz war im Schiffsplan nicht dafür vorgesehen.

Im Sollbestand waren außerdem zwei Fenstergardinen vermerkt, die allerdings laut Istbestand nie an Bord waren.

Im Vordruck ist außerdem ein Gräting vorgesehen, also ein begehbarer Gitterrost, der jedoch bereits im Soll-Bestand mit einem Strich versehen ist.

Das WC

Noch kürzer ist die Inventarliste für das „W. C. für Kapitän“: eine Lampe und ein Papierhalter. Punkt. Weder der im Vordruck eingedruckte Gräting, noch die Fenstergardine sind im Soll- und damit auch nicht im Istbestand.

 

Die Offiziere

Laut Inventarliste waren die Kammern der Offiziere ähnlich ausgestattet wie die des Kapitäns, wenn auch mit weniger Gegenständen. Die Hierarchie kann genau abgelesen werden, die Länge der Liste verkürzt sich vom 1. Offizier zum 4. Offizier deutlich.

Hatte der 1. Offizier noch eine Koje zum Ausziehen, waren die Kojen der anderen Offiziere offensichtlich schmäler, da nicht zum Ausziehen.

Die Waschkommode in der Kapitänskammer wurde bei allen Offizieren durch einfachere Waschtische ersetzt.

Hatte man dem Kapitän einen Bücherschrank zugestanden, waren es für den 1. und 2. Offiziere nur noch Bücherbords und für den 3./4. Offizier nichts dergleichen.

In wie weit sich die einzelnen Möbel oder Ausstattungsgegenstände qualitativ unterschieden, geht aus der Inventarliste natürlich nicht hervor.

Auch die Größe der Offizierskammern spiegelte die Hierarchie wieder:
9,6 m2, 8,1 m2, 6,9 m2 und 6,6 m(Schiff „Lübeck“).

Die Offiziere verfügten gemeinsam über ein eigenes Badezimmer und ein eigenes WC. Für das Badezimmer sind die gleichen Einrichtungsgegenstände vermerkt, wie für das Badezimmer des Kapitäns, bis auf den begehbaren Gitterrost (Gräting).

Für das WC der Offiziere ist eine Lampe und ein Papierhalter vermerkt.

Wilhelm Hester, three man, ship's interior, about 1900

Drei Mannschaftsmitglieder an Bord eines nicht genannten Schiffes um 1900; Aufnahme: Wilhelm Hester (in Hamburg geborener amerikanischer Fotograf, 1872-1947) Quelle: commons.wikimedia.org; Three crew members, interior of unidentified ship, Washington, ca 1900 (HESTER 446).jpeg

 

Maschinisten

Ganz ähnlich ausgestattet waren die Kammern des ersten und zweiten Maschinisten.

Der erste Maschinist hatte als einziger neben dem Kapitän das Privileg, einen eigenen Schreibtisch in seiner Kammer zu haben, ansonsten ähnelte die Ausstattung der des ersten Offiziers. Die Kammer hatte auf der „Lübeck“ 8,2 m2. Die Koje des ersten Ingenieurs war wie die des ersten Offiziers und des Kapitäns ebenfalls zum Ausziehen.

Der Kapitän, der 1. Offizier und der 1. Maschinist wurden von der Mannschaft übrigens oft spöttisch die „drei Eisheiligen“ genannt. Warum das so war, kann mir vielleicht ein Leser erklären, der zur See gefahren ist. Danke im Voraus für die Aufklärung!

Ab dem 2. Maschinisten wurde das „Sopha“ durch eine einfachere „Sophabank“ ersetzt, seine Kammer hatte 7,4 m2.

Die 3./4. Maschinisten sowie die beiden Maschinen-Assistenten mussten sich jeweils eine Kammer zu zweit teilen, die gerade einmal 6,6 m2 hatte.

Wilhelm Hester, man, interior of ship, about 1900

Mannschaftsmitglied an Bord eines nicht genannten Schiffes um 1900; Aufnahme: Wilhelm Hester (in Hamburg geborener amerikanischer Fotograf, 1872-1947) Quelle: commons.wikimedia.org; Man writing at desk, interior of unidentified ship, Washington, ca 1900 (HESTER 447).jpeg

 

Wilhelm Hesters außergewöhnliche Fotografien

Wilhelm Hester wurde 1872 in Hamburg geboren und wanderte 1893 an die Nord-Westküste der USA aus. Er gründete in Seattle ein Fotogeschäft, machte Aufnahmen von Schiffen und deren Besatzungsmitgliedern und verkaufte diesen anschließend die Bilder.

Die Vorliebe Hesters waren Segelschiffe, die in diesem Beitrag gezeigten Innenaufnahmen dürften daher eher das Innere von Segelschiffen zeigen. Angaben zu den abgebildeten Schiffen gibt es jedoch nicht.

Über das Leben des Fotografen Wilhelm Hester ist sehr wenig bekannt. Robert A. Weinstein fasste es 1982 in seinem Buch „Four Maritime Photograph Collections: A Guide to Morrison, Hester, Morton-Waters, and Procter Collections“, National Maritime Museum (U.S.) wie folgt zusammen (eigene Übersetzung aus dem Englischen; ich kenne bis dato keine deutsche Darstellung des Lebenslaufs Wilhelm Hesters, Quelle abgerufen über books.google.fr):

Zu wenig ist über Hesters Leben bekannt. Er wurde im Oktober 1872 in Hamburg Mitte geboren. Er und sein Bruder Ernst verließen ihre norddeutsche Heimat und erreichten 1890 die Ostküste Amerikas. 1890-1893 verbrachten sie in Montana; über ihren Aufenthalt dort ist nichts bekannt. Im Herbst 1893 kamen sie in Seattle an. Kurz nach ihrer Ankunft begann Hester mit seinem Bruder Ernst zu fotografieren. Er tat dies bis 1898, als er Seattle für ein Jahr verließ, um am berühmten Klondike in Alaska nach Gold zu suchen. Es scheint, dass er die Fotografie im Jahr 1905 oder 1906 aufgegeben hat, als er 34 Jahre alt war. Vielleicht ist er nur kürzer getreten, aber es gibt wenig Hinweise unter seinen erhalten gebliebenen Fotografien, dass er über diese Zeit hinaus weiter aktiv war.
Er spekulierte in Immobilien in Kings County und machte ordentlich Geld damit. Dann kaufte er ein schönes Haus auf dem Queen Anne Hill in Seattle und lebte dort. Medizinische Hilfe ablehnend, starb er am 25. Februar 1947 im Virginia Mason Krankenhaus in Seattle an einem blutenden Geschwür. Sein Nachlassverwalter, Raymond C. Punette, erinnert sich an ihn in den letzten Lebensjahren als einen „mittelgroßen, dünnen, glattrasierten Mann, sehr starrköpfig, ein wenig sparsam und ein Sammler von Allem bis hin zu einer pathologischen Besessenheit“.

Auch wenn Hester seine Aufnahmen kommerziell vermarktete, wurde den Fotografien, zumindest posthum, künstlerischer Wert zuerkannt.

Sie finden sich heute unter anderem im Getty Museum in Los Angeles oder im San Francisco Maritime National Historical Park.

 

 

 

 

 

Sultania, Hamburg 1925

Dampfschiff „Fürth“: Rückkehr nach Hamburg im Jahr 1925

Titelbild: Anzeige des Deutschen Seefrachtenkontors in den Hamburger Nachrichten vom 21. Oktober 1925; Quelle: Europeana Collections, europeana.eu

Nach elf Jahren

Am Abend des 25. April 1914 verließ der Frachtdampfer „Fürth“, ein Schiff der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft den Hamburger Hafen.

Weniger als vier Monate später war der Erste Weltkrieg ausgebrochen und das Dampfschiff vor Ceylon von der Royal Navy gekapert worden und durch die Entscheidung des Prisengerichts Colombo an die Britische Krone übereignet worden.

Seitdem war aus der „Fürth“ die „Kerman“ und später die „Sultania“ geworden und der Heimathafen war jetzt nicht mehr Hamburg, auch nicht mehr London, sondern Bombay.

Kaispeicher A, Hamburg

Hamburger Hafen, Kaispeicher A (Kaiserspeicher) mit Zeitball, 1910, Ölgemälde von John Gleich; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:John_Gleich_-_Hamburger_Hafen.jpg

Anmerkung: Zur Funktion des Zeitballs siehe: Tagebuch der „Fürth“ (3): Bunkern und Laden im Hamburger Hafen

Umso überraschender ist es, dass das Schiff, das nach dem Jahr 1920 den Indischen Ozean vermutlich nicht mehr verlassen hatte, im Herbst 1925 zu einer Fahrt nach Europa aufbrach und dabei auch im Hamburger Hafen anlegte.

Über London, Cardiff und Port Sudan sollte die „Sultania“, exFürth anschließend nach Bombay zurückkehren.

Hamburger Hafen 1910

Hamburger Hafen, 1910; Ölgemälde von Friedrich Kallmorgen; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hamburger_Hafen_1910_by_Friedrich_Kallmorgen.jpg

Reise nach Genua, Rotterdam und Hamburg

Im Frühjahr/Sommer 1925 war die „Sultania“ zunächst wieder für den Transport indischer Pilger nach Mekka eingesetzt worden.
Quelle: The Singapore Free Press and Mercantile Advertiser, 3. Juni 1925, S. 14; Digitales Zeitungsarchiv Singapur, eresources.nlb.gov.sg

Am 5. September 1925 verließ die „Sultania“ dann Bombay und lief zunächst nach Aden und anschließend durch den Suezkanal nach Genua, wo das Schiff am 3. Oktober anlegte.

Die Abfahrt von Genua ist für den 6. Oktober dokumentiert, nächster Hafen war Rotterdam mit Ankunft am 19. Oktober.

Hier wurden 16035 Sack Kopra und 7 Ballen Wolle gelöscht. Laut dieser Meldung kam die Ladung aus Colombo.

Ashby, master 1925

Frachtliste der Sultania, Scheepvaart, 22. Okt. 1925, delpher.nl

Der Makler N.V. Cargadoors- & Scheepvaartkantoor ‚Levant‘ forderte die Ladungsempfänger über eine Zeitungsanzeige auf, die Waren abzuholen.

Sultania 1925

Anzeige in Scheepvaart vom 19. Oktober 1925; Quelle: delpher.nl

Am 23. Oktober 1925 erreicht die „Sultania“, exFürth um 17.05 Cuxhaven, ehe das Schiff noch am gleichen Abend im Hamburger Hafen festmacht, genauer gesagt im Segelschiff-Hafen.

Schuppen 52, Hamburger Hafen, 1911

Schuppen 52 am Australiakai im India-Hafen in der Bildmitte, rechts davon der Hansa-Hafen und der Segelschiff-Hafen, Ausschnitt aus Richters Großer Plan von Hamburg, Altona-Ottensen und Wandsbek. Herausgegeben von der Verlagsanstalt und Druckerei GmbH, Hamburg, 1911. Quelle: http://www.christian-terstegge.de; dort finden Sie noch viele weitere schöne Pläne und Fotos aus der Geschichte Hamburgs

Eine große Menge Fracht für Hamburg kann es nicht gewesen sein, denn bereits zwei Tage später, am 25. Oktober 1925 verließ die „Sultania“ Hamburg in Richtung London.

Eine weitere Information, die aus den Anzeigen hervorgeht, ist der Name des Kapitäns: Ashby. Leider konnte ich aufgrund dieser knappen Angabe keinen Kapitän Ashby sicher zuordnen.

Hafen Hamburg 1939

Motiv aus dem Hamburger Hafen, 1939, Ölgemälde von Theodor Hummel; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Theodor_Hummel_Hamburger_Hafen.jpg

Die “Fürth” war also inkognito nach Hamburg zurückgekommen. Ob jemand im Hamburger Hafen das Schiff wiedererkannt hat, muss dahingestellt bleiben.

Nicht immer war ein aufmerksamer Beobachter vor Ort wie zum Beispiel im Sommer 1926 der Journalist der Zeitung The Daily News (Perth), der die ehemalige „Hanau“ im Hafen von Fremantle wiedererkannt hatte, aus der das Trampschiff „Ribera“ geworden war. SIEHE: Schwesterschiffe der „Fürth“: die „Hanau“

Hamburger Hafen, 1936

Hamburger Hafen, vor 1936, Ölgemälde von Hans Hartig; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hans_Hartig_Hamburger_Hafen.jpg

London und Cardiff

Die Ankunft in London ist anschließend für den 28. Oktober dokumentiert, wo die „Sultania“ etwa fünf Tage Liegezeit hatte, bevor sie am 6. November den Lizard Point passierte und am 7. November Cardiff erreichte.

Nach einer Woche, am 14. November 1925 verließ die „Sultania“ den Hafen Cardiff mit 5.500 Tonnen Treibstoffen (fuel) für Port Sudan.
Quelle: Western Mail, 16. Nov. 1925, Cardiff – Sailings (The British Newspaper Archive).

Bei den Treibstoffen dürfte es um Mineralölprodukte, wie Petroleum gehandelt haben (cased oil). Kohle scheidet aus, da sonst „coal“ angegeben wäre, wie bei den meisten anderen Schiffen in der gleichen Meldung.

Port Sudan 1910

Port Sudan, Laden und Bar der „Lorenzato Brothers“, zweier griechischer Brüder; Postkarte, gelaufen 1910; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:PortSudan_LorenzatoBrothers_1910s.jpg

Port Sudan

Der Zielhafen Port Sudan (heute Bur Sudan) liegt knapp 700 Kilometer von der Hauptstadt Khartum entfernt. Seit 1906 war die Hafenstadt mit einer Bahnlinie nach Khartum angeschlossen. Auch die Verladeeinrichtungen am Hafen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts modernisiert worden.

Mit der Abfahrt aus Cardiff am 14. November 1925 verschwindet die „Sultania“, exFürth endgültig vom Radar der Schiffsmeldungen in europäischen Medien.

Das wenige, was über das Schiff aus den Jahre danach noch bekannt ist, finden Sie hier:

Die „Sultania“, exFürth wird nach Rangun verkauft

Das Ende des Dampfschiffes „Fürth“

Alfred Renz, Hafen Hamburg

Hamburger Hafen, Ölgemälde von Alfred Renz, vor 1930; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Alfred_Renz_Hamburger_Hafen.jpg

Hafen Hamburg

Barke im Hamburger Hafen, vor 1939, Ölgemälde von Heinrich Steinhagen; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Heinrich_Steinhagen_-_Barke_im_Hamburger_Hafen.Jpeg