Archiv der Kategorie: Erster Weltkrieg

SMS Emden, Tsingtau, China, 1914

SMS „Emden“ versenkt die „Diplomat“

Gefürchtet und geachtet

Die kurze Geschichte einer weltberühmten Kaperfahrt

Ich habe lange überlegt, ob ich zu SMS „Emden“ einen Artikel machen soll, da es wirklich genug Literatur und Verfilmungen über das wahrscheinlich bekannteste Schiff des Ersten Weltkrieges gibt.

Nachdem aber Kapitän R. J. Thomson, der die „Fürth“ mit seiner Mannschaft von Colombo nach London überführte, mit seinem Schiff „Diplomat“ vorher von der SMS „Emden“ versenkt wurde, besteht ein direkter Bezugspunkt zu der Geschichte des Frachtdampfers „Fürth“.

Auf das Zusammentreffen von SMS „Emden“ mit der „Diplomat“ werde ich deshalb genauer eingehen und dazu auf britische Quellen zurückgreifen.

SMS steht übrigens für Seiner Majestät Schiff, eine Bezeichnung, die im Deutschen Kaiserreich und in Österreich-Ungarn verwendet wurde.

Kleiner Kreuzer Emden

Seitenriss der baugleichen Kleinen Kreuzer „Dresden“ und „Emden“, Quelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:Kleiner_Kreuzer_Emden.png

Das Schiff

Gebaut wurde SMS „Emden“ auf der Kaiserlichen Werft in Danzig von 1906 bis 1908. Der Stapellauf war 10 Monate nach der „Fürth“ im Mai 1908. Mit einer Länge von 118 Metern war es genau so lang wie der Frachtdampfer „Fürth“, allerdings zwei Meter schlanker (13,5 m statt 15,5 m) und hatte auch weniger Tiefgang.

Die Motorisierung des Kleinen Kreuzers war natürlich wesentlich kraftvoller als bei einem Handelsschiff: 16350 PS beschleunigten das Schiff auf etwa 24 Knoten („Fürth“ 2200 PS und 12 kn). Die Besatzung war fast zehnmal so stark (361 Mann). Die Baukosten beliefen sich auf etwa 6 Millionen Mark.

Alle weiteren Angaben, wie zum Beispiel zur Bewaffnung finden Sie auf vielen marine-historischen Seiten, so dass ich darauf verzichte diese hier zu reproduzieren.

SMS „Emden“ in den ersten Kriegsmonaten

Bei Beginn des Ersten Weltkriegs war SMS „Emden“ in Tsingtau im Deutschen Pachtgebiet Kiautschou, das 1898 vom Kaiserreich China an das Deutsche Kaiserreich verpachtet worden war. Hier im Blog hatte ich kurz über Tsingtau berichtet, da der auf der „Fürth“ kurze Zeit gefangen gehaltene Physikprofessor Erich Hupka dort eine Professur antreten sollte: Wie ein bekannter deutscher Physikprofessor auf die „Fürth“ kam

Von Tsingtau aus startete SMS „Emden“ unter Leitung von Karl von Müller ihre Fahrt in den östlichen Indischen Ozean. Das Schiff nutzte seine hohe Geschwindigkeit und wechselte innerhalb seines Fahrgebietes rasch die Position: Niederländisch-Indien, Golf von Bengalen, das Seegebiet um Ceylon, die Malediven und Lakkadiven gehörten zum Operationsgebiet.

Einmal lief SMS „Emden“ sogar Diego Garcia im entlegenen Chacos-Archipel an. Dies war in der Zeit vom 4. – 9. Oktober 1914. Auf diesen wirklich sehr abgelegenen Inseln war die Nachricht vom Kriegsausbruch selbst zwei Monate später noch nicht angekommen und SMS „Emden“ stattete den Inseln einen „Höflichkeitsbesuch“ ab, wurde zuvorkommend empfangen und konnte sich hier versorgen.

SMS "Emden"

SMS „Emden“, Quelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_DVM_10_Bild-23-61-13,_Kleiner_Kreuzer_%22SMS_Emden_I%22.jpg

In der kurzen Zeit von August bis November 1914 brachte SMS „Emden“ 24 Handelsschiffe auf, die entweder versenkt wurden oder SMS „Emden“ als Versorgungsschiffe (vor allem für Bunkerkohlen und als Gefangenenunterkünfte) dienten. Des Weiteren wurden Tanklager in Madras in Brand gesetzt und der Schiffsverkehr im Indischen Ozean erheblich gestört. Bei einem Überraschungsangriff auf den Hafen Penang wurde sowohl ein russisches als auch ein französisches Kriegsschiff versenkt.

Eine häufig zu findende Schlagzeile in britischen Medien zu dieser Zeit war folglich „THE EMDEN AGAIN“.

SMS „Emden“ benötigte für ihre schnelle Kaperfahrten eine Unmenge Kohle. Insgesamt legte das Schiff in drei Monaten rund 30.000 Seemeilen (56.000 Km) zurück (Quelle: naval-encyclopedia.com). Ein Beispiel, wie sich SMS „Emden“ mit Bunkerkohle versorgte, erläutert dieser Artikel:

HOW THE EMDEN GETS COAL
A cablegram from Colombo to the Tatem Steam Navigation Company, received last evening at Cardiff, states that the captain and crew of the steamer Exford, captured by the German cruiser Emden about ten days ago off the Malabar coast, have safely reached Colombo. The captors, it was stated, intimated that after taking the cargo of 7,000 tons of steam coal from the Exford she would be sunk. At the time of capture she was bound to a Far East port.
Sheffield Evening Telegraph, Fr 30. Okt. 1914

Die Versenkung der „Diplomat“ durch SMS „Emden“

Zu den von SMS „Emden“ versenkten Handelsschiffen gehörte das große Schiff „Diplomat“ der englischen T & J Harrison Line. Die Geschichte dieser Reederei finden Sie hier: Ein Logbuch der „Fürth” in Liverpool

Die Mannschaft dieses Schiffes sollte dann über Kalkutta Ceylon erreichen und die im Hafen von Colombo liegende „Fürth“ nach London bringen. Der Kapitän der „Diplomat“ war R. J. Thomson: Kapitän R. J. Thomson überführt das Dampfschiff „Fürth“ von Ceylon nach England

Zur Versenkung der „Diplomat“  unten stehend ein Artikel der Times, den ich hier nach einer Wiedergabe in der Zeitung Western Times, Exeter, vom Freitag, den 16. Oktober 1914 zitiere.

Ich habe den Artikel zum besseren Verständnis zwischendurch kommentiert. Der englische Text selbst ist unverändert.

THE „EMDEN“
Her Daring Raid on Merchantmen
IN BAY OF BENGAL
(“Times” War Special)

Calcutta, Sept. 17th.

The raid of the German cruiser “Emden“ in the Bay of Bengal in the course of which she came within seventy miles of the mouth the Hooghly and sank five British merchants is so remarkable that the story of passengers on the „Diplomat“ will be read with interest.

The Harrison liner “Diplomat”, bound for Liverpool, left Calcutta on Friday, dropped her pilot at the Sandheads on Saturday, and fell in with the “Emden” at noon on Sunday. When her officers saw in the distance a cruiser, attended by three other vessels, they at once concluded that it was a British warship convoying troopships.

Die „Diplomat“ kam also aus Kalkutta, dem heutigen Kolkata. Der Hafen von Kalkutta liegt am Fluß Hugli (engl. Hooghly) etwa 120 Kilometer landeinwärts. Ein- und auslaufende Schiffe nahmen deshalb für die lange Flusspassage einen Lotsen an Bord.

The Bay of Bengal had been declared safe by the Naval Authorities, and for weeks ships had been leaving and coming into the Hooghly. Presently the behaviour of three of attendant vessels attracted attention. They seemed to have halted. The “Emden“ then steamed towards the “Diplomat,“ hoisted her ensign, and fired a shot to stop the merchant vessel. The Emden then put off a boat full armed men, who came on board the „Diplomat.“ The boarding officer examined the ship’s papers, and announced that she was to be sunk. All arms on board were taken away, and the captain of the „Diplomat “ was ordered ,to lower the ship’s boats and remove the passengers and crew. All were allowed to remove their personal effects, and every courtesy was shown.

High seas were running, and to take away boxes was impossible. The German officers were extremely courteous, and apologised for sinking the vessel. Boats were directed to the „Kabinga“, the merchant ship already captured by the „Emden,“ and board this vessel the captives from the „Diplomat“ saw the „Emden“ fire five shots. The bows of the „Diplomat“ were submerged, and she floated vertically, stem uppermost, and then made a final plunge.

Auch andere Quellen berichten, dass die Besatzungen und Passagiere gekaperter Schiffe sehr höflich behandelt wurden (zumindest in den ersten Kriegsmonaten). Die „Kabinga“ diente SMS „Emden“ als Versorgungs- und Gefangenenschiff. Das in Newcastle gebaute Schiff war für die Ellerman & Bucknall Steamship Co Ltd, London in Fahrt und hatte sehr ähnliche Dimensionen wie die „Fürth“. Siehe: http://www.tynebuiltships.co.uk/K-Ships/kabinga1907.html. Am 14. September 1914 konnte die „Kabinga“ die Gefangenen in Kalkutta an Land bringen.

The officers of the „Emden“ said she had been seven weeks at sea, and had intercepted every message sent by merchantmen and the pilot brig „Fraser“ and knew what ships to expect. The accuracy of their information was shown by their readiness to capture the “Trabboch“ from Hooghly. The “Emden” lay like a lizard, then made a sudden side movement, and darted towards the doomed vessel. The „Emden“ supposed have come from Kiao Chao and to have escaped the pursuit of the Japanese war vessels by running into the Bay. It was by pure luck that five other vessels coming down the escaped destruction.

Die „Trabboch“ war für die Kyle Transport Co Ltd., Liverpool in Ballast auf dem Weg nach Kalkutta. http://www.clydeships.co.uk/view.php?a1PageSize=100&a1Page=182&ref=13674&vessel=TRABBOCH.

The “ Emden“ detained the Italian vessel „Loredano“ but released her. The „Loredano“ meeting the „City of Rangoon“, signalled that the enemy was about. The latter’s captain turned and signalled to Calcutta and Simla. Two transports were saved the same way.

Die „Loredano“ war ein Schiff der Società Veneziana di Navigazione a Vapore aus Venedig (http://www.tynebuiltships.co.uk/P-Ships/portcaroline1905.html). Italien war zu diesem Zeitpunkt noch neutral, es trat erst am 23. Mai 1915 in den Ersten Weltkrieg ein.

SMS Emden, Tsingtau, China, 1914

S.M.S.“Emden“ im Hafen von Tsingtau, Frühjahr 1914, Quelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_137-001329,_Tsingtau,_SMS_%22Emden%22_I_im_Hafen.jpg

Der 9. November 1914

Am 9. November 1914 zerstörte SMS „Emden“ eine Funk- und Kabelstation auf Direction Island, die zu den Cocos-Islands gehört. Die Inselgruppe liegt etwa auf halben Weg zwischen Australien und Ceylon. Die Funker auf Direction Island konnten jedoch vor der Zerstörung einen Notruf absetzen und das in der Nähe befindliche Schiff HMAS „Sydney“ machte sich auf den Weg.

Anm.: HMAS steht für Her Majesty’s Australian Ship

Es kam zu einem Gefecht, bei dem die größere, schnellere und stärker bewaffnete HMAS „Sydney“ im Vorteil war und SMS „Emden“ zerstören konnte. Das Verhältnis der gefallenen Seeleute spiegelt diese Überlegenheit wider: 134 getöteten Seeleute von SMS „Emden“ stehen vier Gefallene der HMAS „Sydney“ gegenüber.

Dem 50 Mann starken Landungstrupp von SMS „Emden“, der die Funkstation zerstört hatte, gelang unter Leitung von Hellmuth von Mücke die Flucht mit dem bei Direction Island liegenden Schoner „Ayesha“. Die Soldaten konnten mit der „Ayesha“, die in einem sehr schlechten Zustand war, das niederländische Padang erreichen, erhielten aber nur eine Erlaubnis, sich dort innerhalb von 24 Stunden zu versorgen und mussten dann erneut ablegen. Nach zwei Wochen trafen sie auf das deutsche Schiff „Choising“ des Norddeutschen Lloyd, mit dem sie die jemenitische Küste bei Hodeida erreichten. Mit zwei kleinen Dauen kamen die Männer zunächst auf dem Seeweg weiter durch das Rote Meer und dann auf dem Landweg nach Al-Ula, wo sie bereits erwartet wurden und mit dem Zug weiterreisen konnten.

Diese abenteuerliche Rückkehr der Landungseinheit ins Deutsche Reich verstärkte noch einmal den Mythos von SMS „Emden“, nicht nur im Deutschen Kaiserreich, sondern auch im British Empire.

Die überlebende Schiffsbesatzung von SMS „Emden“ wurde nach Asien gebracht und dort interniert.

HMAS Sydney

Der Leichte Kreuzer HMAS „Sydney“; HMAS steht für „Her Majesty’s Australian Ship“, Quelle: commons.wikimedia.org/wiki/File:British_Ships_of_the_First_World_War_Q21817.jpg

Internierung auf Ceylon

Acht britische und 46 deutsche Verletzte kamen in das Militärkrankenhaus nach Colombo, wo nach Angaben des Sri Lanka College of Military Medicine alle Eingelieferten genesen konnten. Die deutschen Seeleute wurden anschließend in das Camp Diyatalawa gebracht.

“On 14th November 1914, 8 British and 46 German casualties from the naval action off Cocos Island between the Australian ship Sydney and the famous German cruiser Emden, were landed in Colombo and transferred to the military hospital. All of them recovered. The Germans were then interned in a prisoner of war camp at Diyatalawa, the medical supervision of which fell on the doctors of the Ceylon Volunteer Medical Corps.”
Quelle: Sri Lanka College of Military Medicine, slcomm.lk/cool_timeline/history/

Im Camp Diyatalawa hat sich zu dieser Zeit auch Professor Erich Hupka befunden, der einige Tage auf der „Fürth“ im Hafen von Colombo gefangen gehalten worden war: Wie ein bekannter deutscher Physikprofessor auf die „Fürth“ kam

Außerdem war auch die Familie Freudenberg in Diyatalawa interniert, nachdem ihr Unternehmen in Zwangsverwaltung genommen worden war. Freudenberg & Co. in Colombo

Auch Besatzungsmitglieder der „Fürth“, die zuerst im Camp Ragama untergebracht waren, könnten später im Camp Diyatalawa mit Besatzungsmitgliedern der SMS „Emden“ in Kontakt gekommen sein. Zum Camp RagamaDas Lager Ragama auf Ceylon

Die Woche, Deutsche Kriegsgefangene auf Ceylon

Deutsche Kriegsgefangene auf Ceylon, darunter auch Seeleute der „Emden“, DIE WOCHE, Heft 14, 04. März 1915, © http://dlibra.bibliotekaelblaska.pl/dlibra/publication?id=31234&tab=3

In späterer Zeit

1916 wurde ein neues Schiff auf Befehl Kaiser Wilhelm II. wieder SMS „Emden“ benannt (weitere Schiffe danach erhielten ebenfalls den Namen „Emden“).

Eine der 10,5 cm Bordkanonen von SMS „Emden“ steht noch heute auf einem Denkmal in Sydney (Whitlam Square).

Das Wrack von SMS „Emden“ auf North Keeling Island ist ein durch den Australia’s Historic Shipwrecks Act von 1976 geschützter Ort.

Wer mehr über SMS „Emden“ erfahren möchte, dem empfehle ich die Internetseite der Bordgemeinschaft der Emdenfahrer http://www.bgef.de/index.php.

Auf der Internetseite der Bordgemeinschaft der Emdenfahrer finden Sie auch einen Link zu einem sehr eindringlichen und lesenswerten Dokument. Es ist der Bericht des leitenden Bordarztes der HMAS „Sydney“, Dr. Leonhard Darby, an seinen Vorgesetzten über die Ereignisse am 9./10. November 1914 bei den Cocos Inseln. Sachlich und nüchtern beschreibt Darby darin, wie er die Verwundeten versorgt hat und unter welchen Bedingungen er auf der HMAS „Sydney“ arbeitete (in englischer Sprache): http://www.gwpda.org/medical/darby/darby.htm

Dieser Beitrag wurde zuerst veröffentlicht am 16. November 2019.

SMS Emden, Cocos Islands, 1914

Wrack von SMS „Emden“, Cocos Inseln, Indischer Ozean, Aufnahme von 1914, Quelle: State Library of South Australia, Ref [PRG 280/1/12/59]

Kerman, exFurth

Das Dampfschiff „Kerman“, exFürth

Titelbild: Frachtdampfer „Kerman“, exFürth der Anglo-Persian Oil Company (ab 1954 British Petroleum, heute bp), undatiertes Foto (vermutlich aus dem Jahr 1915), Fotograf und Aufnahmeort unbekannt, eigene Sammlung

Ein Bilderrätsel

Dieses unscheinbare Foto habe ich neulich auf einem bekannten Marktplatz für Sammler erstanden. Es zeigt den Frachtdampfer „Kerman“.

Der Name des Schiffes ist relativ klein unter dem vorderen Mast und unter den Luken der Mannschaftsräume auf der Back zu erkennen.

Als weiteres Detail erkennt man zwei Trossen, mit denen das Schiff wahrscheinlich an einer Pier festgemacht war. Die Trosse auf der Backbordseite lässt sich auf dem Foto schräg über den Anker gehend erkennen. Der feine Strich der zweiten Trosse auf der Steuerbordseite ist auf dem Scan verschwunden.

Über den Aufnahmeort lässt sich nur spekulieren. Registriert wurde die „Kerman“ 1915 von der Anglo-Persian Oil Company (APOC) in London. Die Bereederung, also das Schiffsmanagement, hatte Strick & Co. übernommen, Firmensitz ebenfalls in London. Ich denke, dass die Aufnahme daher wahrscheinlich im Londoner Hafen entstanden ist, dem damals noch größten Hafen Europas.

Über den Reeder Frank C Strick erfahren Sie hier mehr:
Die „Kerman“, exFürth bei Frank C. Strick und Co.

Auffällig ist der unregelmäßige, wenig attraktive graue Anstrich des Schiffes –eine gewollte Eigenschaft, denn das Foto ist vermutlich während des Ersten Weltkrieges aufgenommen worden. Zu dieser Zeit waren graue Anstriche oder auch Tarnanstriche (Camouflage) vorherrschend. Nur die Schiffe neutraler Staaten hatten auf den Seiten groß ihre Nationalflaggen aufgemalt, um eindeutig die Neutralität zu signalisieren und sie vor Beschuss zu bewahren.

Jeweils zwei Seemänner in zwei Arbeitsbooten bei der „Kerman“ deuten darauf hin, dass Arbeiten am Schiff durchgeführt wurden. Des Weiteren sind wenige Seeleute an Deck zu erkennen.

Ein anderes Detail ist die Schornsteinmarke. Drei Bänder in Rot-weiß-rot weisen die „Kerman“ als Schiff der Anglo-Persian Oil Company (APOC) aus. Diese hatte den Frachtdampfer „Fürth“ von der Britischen Regierung gekauft und in „Kerman“ umbenannt.

Siehe dazu: Die „Kerman“, exFürth in der Flotte der British Tanker Company…

Zur Erinnerung: Die „Fürth“ der Deutsch-Australischen Dampfschiff-Gesellschaft war am 10. August 1914 vor Ceylon (heute Sri Lanka) von der British Navy gekapert worden und im Oktober 1914 nach London überführt worden. Siehe: Die Kaperung der „Fürth“

Der Verkauf an die APOC erfolgte dann im Januar 1915 (eventuell auch schon im Dezember 1914): Paukenschlag: Das Dampfschiff „Fürth“ wird verkauft

Leider ist auf dem Schornstein ein entscheidendes Detail nicht zu erkennen: das Logo bzw. die Schrift auf der Seite. Diese könnten uns einen wichtigen Hinweis auf das Aufnahmedatum geben. Bis April 1915 hatten die, zu diesem Zeitpunkt nur zwei Schiffe der noch jungen Ölgesellschaft, den Schriftzug APOC auf dem Kamin, der in der Mitte einen Geologenhammer zeigte.

SS Ferrara Anglo-Persian Oil Company, 1912-1915
SS „Ferrara“ im Trockendock; Quelle: BP 100 The First One Hundred Years in Pictures, J. Bamberg, V. Johnson, S. Shaw; Herausgeber: bp Gruppe (2009)

APOC funnel mark
Schornsteinmarke der SS „Ferrara“; Quelle: BP 100 The First One Hundred Years in Pictures, J. Bamberg, V. Johnson, S. Shaw; Herausgeber: bp Gruppe (2009)

Am 30. April 1915 gründete die APOC eine Tochtergesellschaft für ihr bestehende und vor allem ihre zukünftige Flotte: die British Tanker Company.

British Tanker Company, house flag and funnel mark
Hausflagge der British Tanker Company, 1915; abgerufen über commons.wikimedia.org

Das rot-weiß-rote Band wurde als Schornsteinmarke beibehalten, allerdings verschwand die Aufschrift APOC um den Geologenhammer und die Schiffe trugen nun die Buchstaben BTC am Schornstein. Der Geologenhammer in der Mitte symbolisierte dabei den Buchstaben „T“.

Wie dem auch sei, halte ich das Jahr 1915 für das wahrscheinlichste Aufnahmejahr. Schiffe wurden in der Regel von ihren Eignern dann fotografiert, als sie in Betrieb genommen wurden. Bereits 1916 hatte die BTC ihren ersten Tanker in Fahrt, dem 1917 über zehn weitere folgen sollten.

Anmerkung: Die „British Emperor“ erhielt 1916 ein weiß-rot-weißes Band als Schornsteinmarke (siehe Abbildung unten). Das rot-weiß-rote Band mit der Aufschrift BTC existierte aber parallel dazu weiter, wie eine Aufnahme des Tankers „British Workman“ vom 28. April 1923 belegt.
https://collections.falkirk.gov.uk/objects/9312/oil-tanker-british-workman-at-grangemouth-with-gantry-on-jetty
Mit der Corporate Identity nahm man es noch nicht so genau.

British Emperor 1916 BTC
Der Tanker „British Emperor“, der erste Neubau der British Tanker Company, 1916, Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/File:British_Emperor_1916.jpg

Die „Kerman“ dürfte bei der APOC/BTC vorwiegend zum Transport von Bohrausrüstung, Material und Verbrauchsgütern in den Nahen Osten eingesetzt worden sein. Außerdem könnte die „Kerman“ Ölprodukte in Kanistern in die Häfen der Golfregion, nach Indien oder Ceylon transportiert haben.

Zur frühen Entwicklung der BTC siehe den ausführlichen Artikel:
Die „Kerman“, exFürth in der Flotte der British Tanker Company…

Rückseite des Fotos

Der Erwerb des Titelfotos war auch mit der Hoffnung verbunden, auf der Rückseite Angaben zum Fotografen, Aufnahmeort bzw. -datum zu erhalten. Leider wurde diese Aussicht nicht erfüllt. Außer den beiden Schiffsnamen gibt auch die Rückseite des Fotos keine Informationen, die näheren Aufschluss über das Foto geben.

So bleibt nur die vage Hoffnung, dass das Foto auch im gesammelten Nachlass eines Fotografen vorhanden ist und mit ergänzenden Angaben zum Vorschein kommt.

Bis dahin bleiben Aufnahmeort und -datum sowie der Fotograf Rätsel, die uns solche historischen Aufnahmen immer wieder stellen.

Kommen Sie gut durch den Spätsommer!

Hinweis:

Dieses Foto der „Kerman“ wurde auch von Biografen der Reederei Strick in ihrem Buch 1996 verwendet:

J. E. B. Belt, H. S. Appleyard (1996), A history of Frank C. Strick and his many shipping enterprises, World Ship Society, Kendal (UK)

Auch hier findet sich nur der Hinweis Author’s Collection.

Strick Line
A history of Frank C. Strick and his many shipping enterprises, J. E. B. Belt, H. S. Appleyard (1996), World Ship Society, Kendal (UK)
Rottnest Island 1915 internment camp

Offiziere dreier Schiffe

Auf Rottnest Island (West-Australien)

Vor einigen Wochen hatte ich hier im Blog die Aufnahme von Schiffsoffizieren des Dampfers „Reichenbach“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft vorgestellt: Die Offiziere der „Reichenbach“ und Kapitän Peters‘ tragisches Ende

Heute haben wir die Offiziere von drei Schiffen zusammen in einer schönen Gruppenaufnahme, wenngleich die Herren nicht ganz vollzählig sind.

Die Männer bildeten eine Zwangsgemeinschaft: sie waren internierte Seeleute auf Rottnest Island, einer kleinen, Westaustralien vorgelagerten Insel. Siehe: Rottnest Island: Die Internierung deutscher Seeleute in Westaustralien

Ihre drei Frachtschiffe waren die „Neumünster“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG), die „Thüringen“ und die „Greifswald“, beide Norddeutscher Lloyd Bremen (NDL).

Dampfschiff Neumünster 1907
Zeichnung der „Neumünster“, einem Schwesterschiff der „Fürth“ (Ausschnitt), © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. BN_269).

Die Schiffe hatten im August 1914 nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges den Hafen Fremantle in Westaustralien erreicht und waren dort von den Behörden beschlagnahmt worden beziehungsweise vor der Einfahrt in den Hafen als Prisen genommen worden. Keines der drei Schiffe verfügte über Telegraphie an Bord.

Alle drei Kapitäne und Mannschaften waren erst bei ihrer Ankunft vom Kriegsausbruch persönlich unterrichtet worden. Zuletzt erreichte die Nachricht den Dampfer „Thüringen“, der am 29. August 1914 von Bremen über Antwerpen kommend Fremantle erreichte. Das waren dreieinhalb Wochen nach der Kriegserklärung Englands an das Deutsche Reich.

Thüringen Schiff
Frachtdampfer „Thüringen“, Norddeutscher Lloyd Bremen, Ansichtskarte ungelaufen und undatiert (ca. 1906-1914), eigene Sammlung

Die „Thüringen“ hatte auf ihrer Fahrt nach Australien nicht in Südafrika angelegt, sondern das Kap weiträumig und unbemerkt von den Briten umfahren. So datierte die letzte Landberührung vom Juli 1914, also noch vor Kriegsbeginn.

Die Mannschaften der drei Schiffe wurden kurz nach ihrer Ankunft in Fremantle jeweils nach Rottnest Island transportiert.

Fremantle Harbour, German Prisoners, August 1914
Die deutschen Gefangenen bei der Einschiffung in Fremantle auf dem Weg nach Rottnest Island, wo sie interniert wurden, Western Mail, Perth, 21. August 1914, Quelle: http://www.trove.nla.gov.au

Der Fotograf Karl Lehmann

Karl Lehmann war dritter Offizier auf der „Greifswald“ und Amateurfotograf. Bereits auf See machte er eindrucksvolle Bilder von der Passage seines Schiffes. Nach der Festsetzung durfte er überraschenderweise seine Kamera behalten und machte während seiner Gefangenschaft in Australien über 300 Fotos.

Lehmann ist auch Autor der oben wiedergegebenen Titelabbildung. Glücklicherweise ist das Foto als eines von wenigen beschriftet, so dass wir heute zumindest in Teilen rekonstruieren können, wer darauf abgebildet ist. Erschwert wird die Namenszuordnung jedoch dadurch, dass siebzehn Personen auf der Gruppenaufnahme zu sehen sind, der Autor uns aber nur fünfzehn Namen nennen kann:

Korf, Schörtner, Bussard, Heinzel, Spitter
Kyso, Hoffmann, Zinius, Molter, Rumbruch, Meier
Mathy, Mertens, Martens, Trojan

Die Aufnahme wurde im Mai 1915 auf Rottnest Island aufgenommen. Die Offiziere hatten das Privileg, in festen Gebäuden untergebracht zu sein, von denen eine Fassade im Hintergrund des Fotos zu sehen ist. Die Mannschaften hingegen mussten in Zelten wohnen, die bei Sturm und Regen nur ungenügenden Schutz boten.

Das Lager auf Rottnest Island bestand bis November 1915, dann wurden die Gefangenen von Westaustralien nach New South Wales überstellt: die Mannschaften nach Holsworthy (Liverpool), die Kapitäne und höheren Offiziersgrade nach Berrima, die anderen Offiziere nach Trial Bay.

Karl Lehmann, Schiff Greifswald, NDL
Aufnahme von Karl Lehmann auf hoher See; Originalzitat: Lehmann, Karl. 1914, A wave breaks over the ship during the voyage, Indian Ocean, 1914 , viewed 2 janvier 2020 http://nla.gov.au/nla.obj-151913029

Die Offiziere

Bei der Identifizierung der abgebildeten Offiziere konzentriere ich mich auf die Besatzung des Schiffes „Neumünster“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft.

Für eine sichere Ansprache der NDL-Offiziere wäre ein Abgleich der Bildunterschriften mit den Schiffsdokumenten der „Thüringen“ und der „Greifswald“ erforderlich.

Diese Dokumente existieren zwar, und dies auch außergewöhnlich vollständig, allerdings nicht in digitalisierter Form. Sie liegen gut verwahrt im State Records Office of Western Australia in Perth.

Für die „Neumünster“ hatte ich mir die Dokumente durch einen Historiker scannen und zusenden lassen, aus Kostengründen aber darauf verzichtet, dies auch für die beiden NDL-Schiffe zu tun.

Wenn ich einen Sponsor für einen Forschungsaufenthalt in Perth finde, hole ich das auch gerne selber nach!

Rottnest Island, about 1920
Rottnest Island, 20er Jahre, National Library of Australia über https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rottnest_map_nla.jpg

Nun zum Bild: von links nach rechts:

Johannes Korff

Der Herr ganz links ist Johannes Korff, 2. Decksoffizier der „Neumünster“, geboren in Rinkenis am 2.6.1885.

Rinkenis, heute Rinkenæs, liegt am Nordufer der Flensburger Förde. Der Ort gehörte bis 1920 zum Deutschen Reich, danach und bis heute zu Dänemark.

Korff sollte es in seiner späteren maritimen Laufbahn bis zum Kapitän bringen, er starb am 23. Februar 1978. Er ist zusammen mit seiner Frau Marianne (geb. Christensen, 4.5.1899-7.7.1973) auf dem Friedhof in Rinkenæs (Rinkenæs Gamle Kirkegård) begraben (Quelle: Lokalhistorisk Arkiv for Graasten, graastenarkiv.dk).

Johannes Kiesow

Rechts vor Korff steht der mit „Kyso“ beschriftete Offizier. Es ist der erste Decksoffizier der „Neumünster“, Johannes Kiesow, geboren in Wolgast am 24.6.1883. Er trägt seine Uniformjacke mit den drei Streifen am Ärmel, die ihn als ersten Offizier ausweisen.

Es ist keine Überraschung, dass die Mehrzahl der nautischen Offiziere am oder in der Nähe des Meeres aufgewachsen waren. Unter den Ingenieuren/Maschinisten waren „Landratten“ dagegen häufiger anzutreffen. Maschinisten-Assistent Hofmann beispielsweise kam aus Sachsen:

Richard Hofmann

Der etwas kleinere Herr rechts neben Kiesow mit der offenen Jacke und der Schirmmütze dürfte der Maschinisten-Assistent Richard Hofmann aus Flöha sein, geb. am 28.9.1893. Die Kleinstadt Flöha liegt östlich von Chemnitz im Erzgebirge.

Seine Schirmmütze mit dem hellen Emblem in der Mitte weist ihn als Mitglied der Deutschen-Australischen-Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) aus. Auch wenn die helle Reedereiflagge bei der Auflösung des Bildes nur schemenhaft zu erkennen ist, unterscheidet sie sich deutlich von dem dunklen Emblem vorne auf den Mützen des NDL.

Dampfschiff Neumünster (1907)
Der Matrose Czech war ein guter Zeichner. Von ihm sind zahlreiche Zeichnungen aus dem Internierungslager Rottnest überliefert und diese nachgestellte Szene von der Kaperung der „Neumünster“ durch HMAS „Pioneer; mit freundlicher Genehmigung der State Library of Western Australia, Ref. b2554592_6

Heinr. Bussert

Ganz hinten in der Mitte schräg rechts hinter Hofmann und mit der weißen Jacke steht Heinrich (?) Bussert (auf dem Foto als Bussard beschriftet), 4. Offizier der „Neumünster“, geboren in Sievertshagen am 19.5.1889. Sievertshagen liegt als Ortsteil von Papenhagen in Mecklenburg-Vorpommern südwestlich von Stralsund.

Der Familienname Bussert ist in der Gegend von Papenhagen noch heute häufig anzutreffen.

Mertens und Martens

Auch die beiden Herren in der Mitte der vorderen Reihe tragen Offiziersmützen der DADG. Ich lese die Namen auf dem Foto als Mertens und Martens. Der Herr rechts wäre dann Gustav Martens, 3. Maschinist, aus Flensburg, geboren am 8.11.1885.

Jetzt wird es problematisch, da die Musterrolle der „Neumünster“ keinen Mertens kennt. Am nächsten kommt der 4. Maschinist Jul. Meentzen, geboren in Sedan am 16.6.1883. Sedan liegt an der Maas in Nordfrankreich an der belgischen Grenze. Im Deutschen Kaiserreich war die Stadt durch die Schlacht von Sedan und den Sedantag bekannt.

Ob Mertens allerdings gleich Meentzen ist, muss offenbleiben.

Dampfschiff Neumünster 1907, DADG
Zeichnung der „Neumünster“, einem Schwesterschiff der „Fürth“, © mit freundlicher Genehmigung des Schifffahrtsmuseums Flensburg (Ref. BN_269). Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass sämtliche Bildrechte beim Schifffahrtsmuseum Flensburg liegen und jegliche Nutzung dieses Bildes der Genehmigung des Rechteinhabers bedarf.

Weitere Offiziere

Ein weiterer Offizier der „Neumünster“ war Boy Hansen (3. Decksoffizier). Er ist entweder nicht auf dem Foto oder Lehmann kannte seinen Namen nicht.

Von den Maschinisten der „Neumünster“ können wir nicht identifizieren: Adolf Cortie aus Hamburg (Chefingenieur), Heinrich Kaerkes aus Neuwark (2. Ingenieur) und Berthold Gruhl (Maschinisten-Assistent aus Goslar.

Falls Sie auf dem Foto einen Ihrer Vorfahren wiederentdecken und/oder weitere Angaben zu dem Bild machen können, freue ich mich auf Ihre Nachricht!

Beauty Point Tamar River 1913

Handel mit dem anderen Ende der Welt

Titelbild: Der Beautypoint in der Trichtermündung des Tamar auf Tasmanien, Postkarte der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft, veröffentlicht 1913, Fotograf unbekannt; eigene Sammlung

Von Hamburg nach Tasmanien

Das Postkartenidyll zeigt einen beschaulichen Anleger mit einem kleinen Schuppen am sogenannten Beautypoint im Norden Tasmaniens.

Die Auswahl dieses Ansichtskartenmotivs durch die die Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) im Jahr 1913 überrascht, denn die Reederei unterhielt vor dem Ersten Weltkrieg keine Linienverbindung zu dieser, südlich des australischen Kontinents gelegenen Insel, die bis 1856 Van-Diemens-Land hieß.

In der Regel wurden Güter, die für die tasmanischen Städte Hobart, Lanceston oder Burnie bestimmt waren, in Melbourne umgeladen und dann mit Schiffen anderer Reedereien nach Tasmanien transportiert.

Tasmanien vor 1911
Tasmanien, Karte aus Encyclopedia Britannica, 11. Ausgabe 1911; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:EB1911_Tasmania.jpg; die Lage der Städte Burnie, Launceston und Hobart sind vom Autor gelb markiert

Nur bei großen Lademengen wurde Tasmanien direkt angelaufen, meist für ausgehende Fracht.

So wurden saisonal in Hobart nach der Ernte Äpfel für den direkten Transport nach Europa geladen. Die neuen, 1912 in Dienst gestellten Schiffe der DADG, „Adelaide“ und „Melbourne“, die beide über Kühlräume verfügten, machten dies noch besser möglich. Gelegentlich wurde auch Wolle befrachtet und im Huon River südwestlich von Hobart Holzladungen aufgenommen.

Piesse & Co.

Als Agent der DADG vor Ort agierte das Unternehmen Messrs. C. Piesse and Company mit Sitz in Hobart.

Messrs. C. Piesse and Company arbeiteten als Händler und Schiffsmakler. Die Firma war Ende des 19. Jahrhunderts von Charles August James Piesse gegründet worden. Sein Sohn Leslie Fraser Piesse führte das Geschäft nach dem Tod des Vaters im Jahr 1909 fort.

Der Tätigkeitsbereich war Import/Export von und nach Großbritannien und Festlandseuropa sowie der Handel mit der australischen Hauptinsel. Die Exportprodukte waren mannigfaltig: Wolle, Hopfen, Obst, Häute von Schaf und Kaninchen, Pelze, Silber, Bleierze und Getreide.

Hobart, Ocean Pier about 1900
Hobart, Ocean Pier (Länge ca. 370 M, Breite 58 M, Wassertiefe 18,9 M), kurz nach 1900, Foto H.H. Baily; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ocean_Pier,_Hobart,_Tasmania_-_very_early_1900s.jpg; Lizenz: CC BY-SA 4.0

In einem Artikel der Tageszeitung The Mercury (Hobart) vom 18. Juni 1912 brachte Piesse zum Ausdruck, dass eine regelmäßige Verbindung der DADG nach Tasmanien in Planung wäre.

Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges kam dies jedoch nicht zustande, dafür dürften die Lademengen der Hamburger Reederei für Tasmanien zu klein und nicht regelmäßig genug gewesen sein.

So blieben die Schiffe der DADG in Tasmanien eine Ausnahmeerscheinung. Dokumentiert ist zum Beispiel die Ankunft der „Altona“, die im Juli 1912 immerhin 400 Tonnen allgemeine Ladung nach Hobart brachte. Im April 1913 erreichte die „Reichenbach“ Burnie im Nordwesten Tasmaniens mit einer großen Menge Zement für den Bau einer Hafenmole.

Die Reichenbach in Burnie
© Maritime Museum of Tasmania, Cyril Smith Collection vol. 11., https://ehive.com/collections/3906/objects/842355/reichenbach

Besuch der Geschäftsführung

Im Oktober 1912 besuchte Marius Böger als Mitglied der Geschäftsführung der DADG Burnie und Lanceston.

Ein wichtiges Thema war der geplante Ausbau des Flusses Tamar und seiner Trichtermündung, so dass Schiffe der DADG die Stadt Launceston erreichen konnten, was bis dahin nicht der Fall war.

Burnie hatte hingegen nach Böger den Vorteil, direkt am Meer zu liegen und über geschützte Liegeplätze zu verfügen.

Böger machte bei seinem Besuch jedoch klar, dass Tasmanien nur dann regelmäßig angelaufen werden könne, wenn die Ladungsmengen interessant genug wären.
Quelle: The Mercury, Hobart, 23. Oktober 1912.

Burnie Tasmania 1919
Panoramaansicht von Burnie, Tasmanien, 1919; https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/85/Burnie%2C_Tasmania_%281919%29_%2813415397133%29.jpg (Ausschnitt)

Das Dampfschiff „Oberhausen“ – beschlagnahmt im Huon River

Ein Schiff der DADG, der Frachtdampfer „Oberhausen“, lag bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges im tasmanischen Huon River.

Kapitän Johann Meier und seine Mannschaft waren dabei, eine große Menge Eisenbahnschwellen für Südafrika zu laden, als australische Reservisten das deutsche Schiff beschlagnahmten.

Nach einer ersten Zeit der Gefangenschaft auf dem Schiff, kam die Mannschaft der „Oberhausen“ im Februar 1915 in die Quarantänestation auf Bruny Island, wo insgesamt etwa 70 Internierte untergebracht waren.

Die „Oberhausen“ hatte 33 Mann Besatzung, die anderen Lagerinsassen waren Deutsche und Österreicher, die auf Tasmanien lebten.

Nach Auflösung der regionalen Lager in Australien und damit auch des Camps auf Bruny Island, kam die Mannschaft der „Oberhausen“ in das große Lager nach Holsworthy bei Sydney. Kapitän und Offiziere wurden nach Berrima bzw. nach Trial Bay überstellt.

Der Frachtdampfer „Oberhausen“ wurde unter dem neuen Namen „Booral“ von der australischen Regierung als Transportschiff eingesetzt.

Zur Geschichte der „Oberhausen“ auf Tasmanien gibt es drei schöne informative Artikel in GeschiMag, dem Online-Geschichtsmagazin:

Der Fall des Dampfschiffes Oberhausen

Zur falschen Zeit am falschen Ort

Die Mannschaft der Oberhausen im Ersten Weltkrieg

Hobart Tasmania
Hobart, Tasmanien, Stadtpanorama mit Mt. Wellington (1271 m), undatierte Aufnahme (um 1900-1920?); Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hobart,_Tasmania_(4749707971).jpg

Das Tagebuch des vierten Offiziers Fritz Stegherr

Im Jahr 2016 wurde bekannt, dass der 4. Offizier der „Oberhausen“, Fritz Stegherr, in Hobart und auf Bruny Island Tagebuch geführt hatte. Insgesamt hat er fünf Hefte mit fast 600 Seiten verfasst. Bestimmt war das Tagebuch des Offiziers der Handelsmarine für seine Mutter.

Veröffentlicht wurde 2021 der erste Teil in einer Übersetzung in die englische Sprache mit dem Titel „Dear Mama“ – The Diary of a German P.O.W. in Tasmania 1914-1915.

Mehr Informationen dazu gibt es ebenfalls beim GeschiMag:

Interniert in Australien

Neuerscheinung Dear Mama

Tamar River about 1900
River Tamar, Tasmanien, Aufnahme undatiert, Quelle: Tasmanian Archive and Heritage Office Commons, no restrictions, via Wikimedia Commons, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:View_of_River_Tamar,_Launceston_(36298934486).jpg

Andere Tagebücher hier im Blog

Hier im Blog hatte ich in mehreren Artikeln die Tagebücher des Offiziers Friedrich Meier vorgestellt, der den Ersten Weltkrieg in den australischen Lagern Langwarrin, Holswothy und Trial Bay verbringen musste. Hier der erste Teil: In australischer Gefangenschaft

Ein weiteres Tagebuch berichtet von der Gefangenschaft des Matrosen Paul Thomas in Portugiesisch-Indien (Goa): Kriegsgefangenschaft in Goa (Teil 1 von 2)

Ostern Malta 1917

Allen Bloglesern ein frohes Osterfest!

Titelbild: Ostergruß aus Malta, 8. April 1917, Fotografie des St. Clement’s Camp im Fort Verdala von Daniel Hiesinger aus Greding, Cospicua, Malta,
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Daniel_Hiesinger,_Oster_Gruss_aus_Malta.jpg

Der heutige Kurzbeitrag ist ein Nachtrag zu dem Artikel über die Internierung deutscher Kriegs- und Zivilgefangener zwischen 1914 und 1919 auf Malta: Internierung auf Malta

Bei den Bildrecherchen habe ich zwei Osterbilder gefunden, deren Veröffentlichung vergangene Woche thematisch noch nicht gepasst hätte.

Über den Fotografen, Maler und Zeichner Daniel Hiesinger, den Autor des Titelbildes konnte ich bislang leider noch nicht viel herausfinden. Er stammte aus Greding im Landkreis Roth, also aus Mittelfranken.

Vor dem Ersten Weltkrieg war er als Fotograf in Kairo tätig. Fotos von ihm, die anlässlich von Besuchen hochgestellter Persönlichkeiten entstanden sind, zeigen, dass er zu dieser Zeit recht erfolgreich gewesen sein muss.

Einem Selbstportrait zufolge, dass er im Andenkenbuch des Wachoffiziers George H. Salter hinterlassen hat, dürfte er zur Zeit seiner Internierung zwischen 40 und 50 Jahre alt gewesen sein.
Siehe: https://timesofmalta.com/articles/view/The-Salter-album-from-World-War-I.532336

Das ist nicht gerade viel, aber vielleicht weiß ja ein Leser mehr! Betrachten Sie es als Osterrätsel. Eine Auflösung kann ich Ihnen jedoch nicht bieten.

Friedliche Ostern!

Ein zweites Osterbild aus Malta ist ebenfalls aus dem Jahr 1917. Es wünscht friedliche Ostern – dem kann ich mich nur anschließen!

Friedliche Ostern 1917 Malta
Osterkarte 1917, Kriegsgefangenenlager St. Clement’s Camp, Cospicua, Malta; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Osterkarte_1917,_Kriegsgefangenen_Lager_Malta.jpg

Fort Verdala Malta 1915

Internierung auf Malta

Prominente und weniger prominente Gefangene

Titelbild: Blick vom St. Clement’s Camp (Cospicua, Malta) in Richtung Fort Verdala, Fotografie von Theodor Kofler, ca. 1915; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:St._Clement%27s_camp_for_prisoners_of_war,_Fort_Verdala,_Cospicua,_Malta_(1).jpg

Die Seeleute der Schiffe „Rostock“ „Goslar“ und „Annaberg“

Vor wenigen Wochen hatte ich über das Dampfschiff „Albany“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) berichtet, dem es nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges als letztem Frachter der Reederei gelungen war, den Suezkanal zu passieren und anschließend Messina auf Sizilien als Schutzhafen anzulaufen. SIEHE: Fluchtpunkt Messina

Weniger Glück war den Seeleuten der Schiffe „Rostock“ „Goslar“ und „Annaberg“ beschieden:

„Die beiden in Suez liegenden D. [Dampfer] „Annaberg“ und „Goslar“ wurden nach See hinausgetrieben, dort gekapert und als Beute durch den Kanal geführt“ (Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft Hamburg, Otto Harms, 1933, Schröder und Jeve).

Harms beschreibt hier das Vorgehen der Briten, die die deutschen Kapitäne gezwungen hatten, aus der neutralen Kanalzone in offene Gewässer zu fahren, um ihre Schiffe anschließend dort zu beschlagnahmen. Damit war der Plan der DADG, die beiden Schiffe im Bittersee  ankern zu lassen, gescheitert. Zum Suezkanal siehe den Artikel: Dampfschiff „Fürth“: durch den Suezkanal

„Von Port Said sind sie im Verein mit „Rostock“ und anderen deutschen Schiffen zwangsmäßig nach See vertrieben und dann durch englische Kreuzer nach Alexandrien verbracht.“ (gleiche Quelle)

Die Seeleute der drei DADG-Schiffe wurden in Malta interniert:

„Hinzugefügt sei noch, dass die Besatzungen der D. „Rostock“, „Goslar“ und „Annaberg“ (aus dem Suezkanal) soweit wehrdienstpflichtige Leute nicht vorher die Heimreise versucht hatten, zu Kriegsgefangenen gemacht, und nach Malta gebracht worden sind.“ (gleiche Quelle)

Die Festung Malta

Auf der an Verteidigungsanlagen reichen Insel Malta existierten während des Ersten Weltkrieges mehrere Gefängnisse für Kriegsgefangene und internierte Zivilisten:

Fort Verdala (Verdala Barracks) für die Offiziere

St. Clement Camp (auch St. Clement Retrenchment) und angeschlossene Lager in Zejtun sowie

Fort Salvatore für Unteroffiziere, Soldaten, Seeleute, männliche Zivilgefangene

Schließlich die Polverista Barracks, in denen Frauen und Kinder untergebracht werden sollten.

Fort Verdala Cospicua Malta
Die Verdala Barracks und St. Clement’s Retrenchment/St. Clement’s Camp in Cospicua auf Malta in direkter Nachbarschaft, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Fort_Verdala_map.png

Die Seeleute der drei DADG-Dampfer erreichten Malta im November oder Dezember 1914. Am 4. November 1914 waren 597 deutsche und österreichische Zivilgefangenen aus Ägypten auf Malta angekommen und weitere 564 am 1. Dezember 1914.

Insgesamt sollen bis 17. Dezember 1914 1651 Kriegsgefangene aus Ägypten nach Malta transportiert worden sein.

Bis Ende des Krieges im November 1918 waren auf Malta etwa 2650 Personen interniert.

Neben Deutschen und Österreichern befanden sich auch Ungarn, Bulgaren, Türken, Griechen und Italiener unter den Gefangenen.

St. Klements Kamp Malta 1915
Zelte im Lager St. Clement’s in Cospicua auf Malta, Aufnahme vom 1. Januar 1915; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:St._Clement%27s_POW_camp,_Fort_Verdala,_Cospicua,_Malta.jpg

Schlechte Haftbedingungen

In den maltesischen Gefängnissen herrschten beengte Verhältnisse. So war Fort Verdala in Friedenszeiten eigentlich für 350 Offiziere ausgelegt, inhaftiert waren dort jedoch rund 650 Gefangene.

Auch das St. Clement Camp war mit 850 Internierten überbevölkert. Die Gefangenen waren in kleinen Zelten mit vier Metern Durchmesser untergebracht, die weder dicht waren noch starken Winden standhielten. Die sanitären Einrichtungen waren ungenügend, ebenso die medizinische Versorgung. Wasser war auf der kargen Mittelmeerinsel ein knappes Gut.

Auch die Verpflegung ließ zu Wünschen übrig und in der eingerichteten Lagerkantine waren die Preise so hoch, dass sich nur wenige diesen Luxus leisten konnten.

Gab es zu Beginn des Krieges für die Gefangenen noch einige Freiheiten, wurden die Haftbedingungen nach der erfolgreichen Flucht zweier Inhaftierter am 10. April 1916 deutlich verschärft.

Während der Internierung kam es von 1914 bis 1919 zu 32 Todesfällen im Lager. Einige Gefangene versuchten durch Suizid der Gefangenschaft zu entkommen. Lagerinterne Spannungen gipfelten in einem Mord.

Malta 1915
Große Gruppe Gefangener im St. Clement’s Camp, Fotografie von Theodor Kofler, 1915; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:St._Clement%27s_camp_for_prisoners_of_war,_Fort_Verdala,_Cospicua,_Malta_(3).png

Anmerkung: Theodor Kofler, geboren in Innsbruck, hatte vor dem Ersten Weltkrieg ein Fotostudio in Kairo. Von ihm stammen die ersten Luftaufnahmen der Pyramiden und anderer archäologischer Stätten in Ägypten.

Prominente Gefangene

Unter den Gefangenen auf Malta waren einige bekannte Namen:

Karl von Müller und Prinz von Hohenzollern-Sigmaringen

Die Kaperfahrt von SMS „Emden“ hatte am 9. November 1914 ihr Ende gefunden. SIEHE dazu den Blogartikel: SMS „Emden“ versenkt die „Diplomat“

Anschließend wurden die unverletzten überlebenden Seeleute über Colombo und Suez nach Malta gebracht, wo sie am 6. Dezember 1914 eintrafen.

Unter ihnen befand sich auch der Kapitän von SMS „Emden“, Karl von Müller und der Leutnant zur See Franz Josef Prinz von Hohenzollern-Sigmaringen. Der junge Prinz war Sohn des Fürsten Wilhelm von Hohenzollern und Fürstin Maria Theresia Magdalena von Bourbon-Sizilien.

SMS Emden Mannschaft Malta 1914
Die Mannschaft der „Emden“ als Kriegsgefangene auf Malta, mit Kapitän von Müller und Prinz Hohenzollern von Sigmaringen, Fotografie von Heinz Leichter, Dezember 1914; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:SMS_Emden_POWs_in_Malta_(Photo_Lechter).jpg

Anmerkung: Die unverletzten Kriegsgefangenen von SMS „Emden“ kamen nach Malta. Die Verletzten wurden auf Ceylon behandelt und anschließend in das Lager Trial Bay nach Australien überstellt.

Karl Dönitz

Ein anderer bekannter Kriegsgefangener auf Malta war der spätere Großadmiral Karl Dönitz.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges war er als Leutnant zu See auf SMS „Breslau“. Zusammen mit SMS „Goeben“ gelang es dem Kleinen Kreuzer am 6. August 1914 Messina zu verlassen, den Briten zu entkommen und Konstantinopel zu erreichen. SIEHE: Fluchtpunkt Messina

Im späteren Kriegsverlauf kam er als Kommandant von UB 68 am 4. Oktober 1918 in Kriegsgefangenschaft, nachdem er sein U-Boot nach schweren Artillerietreffern selbst versenken ließ. Es folgte die Internierung auf Malta.

Karl von Müller war zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr auf der Mittelmeerinsel. Er war aus gesundheitlichen Gründen im Oktober 1916 nach England gebracht und dann im Januar 1918 auf Betreiben des Roten Kreuzes in den neutralen Niederlanden interniert worden.

Andere bekannte Gefangene waren der preußische General Liman von Sanders, der italienische Dirigent Aurelio Doncich und der türkische General Esref Kuscubasi.

Kaum bekannt: Der Nürnberger Geo Fürst

An dieser Stelle möchte ich, da es sich um den Blog des Dampfschiffes „Fürth“ handelt, noch einen anderen Gefangenen erwähnen: Geo Fürst aus der Nachbarstadt Fürths, aus Nürnberg.

Fürst, mit Vornamen eigentlich Johann, kam vor dem Ersten Weltkrieg nach Malta, wo er als Botschaftssekretär tätig war. Deutscher Botschafter zu dieser Zeit war Baron Maximilan Tucher von Simmelsdorf. Also gut möglich, dass Baron Tucher und Fürst beziehungsweise ihre Familien sich bereits aus der bayerischen bzw. fränkischen Heimat kannten.

1912 hatte Fürst die Malteserin Helen „Lily“ Debono geheiratet. 1914 wurde er nach Kriegsausbruch auf Anweisung Londons direkt interniert, was vermuten lässt, dass er nicht nur als Sekretär arbeitete, sondern auch als Spion tätig war.

Es war wahrscheinlich während seiner Gefangenschaft von 1914-1919, als Fürst die Malerei für sich entdeckte.

Nach dem Krieg musste er zurück nach Deutschland, kehrte aber bald wieder zurück nach Malta, wo er sich als Landschafts- und Marinemaler und später als Fotograf einen Namen machte. Er hinterließ rund 1000 Fotografien, meist aus den 1930er Jahren. Der maltesische Richter und Historiker Giovanni Bonello hat zahlreiche davon in einem Buch öffentlich zugänglich gemacht:
Nostalgias of Malta, Images by Geo Fürst from the 1930s, Giovanni Bonello, 2006, FPM, Valetta, Malta.

Fürst starb 1964 in München.

St. Clements Internment Camp POW Malta 1915
Aufführung des Chors im Lager St. Clement, Aufnahme des Gefangenen Daniel Hiesinger aus Greding, 1916, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:St.Clement_Cospicua_choral_society_meeting_in_the_club_room.jpg

Lagerleben

Die Aktivitäten der Internierten auf Malta waren denen anderer Gefangenenlager ähnlich.

Ein wichtiger Ausgleich war Sport. Dokumentiert sind Fußball (mit dem Fußballclub „Gemütlichkeit“), Tennis, Billard, Schach und Kegeln auf einer eigens gebauten Bahn. Ab Sommer 1917 war den Gefangenen das Schwimmen in der Maraskala Bay erlaubt, allerdings nur im Sommer und nur eine halbe Stunde täglich.

Bei Wettkämpfen war auch das Wetten auf Mannschaften oder Sportler ein beliebter Zeitvertreib.

Ein großer Chor, ein Blas- sowie ein Streichorchester und eine Theatergruppe standen kulturell Interessierten offen.

Andere betätigten sich handwerklich, in jährlichen Ausstellungen präsentierten sie ihre Werke.

Ausstellung Franz Josef Kaiser Malta 1915
Plakat der Ausstellung der Erzeugnisse des Lagers zu Ehren des 85. Geburtstages S.M. Franz Josef I. am 18. August 1915, Fotografie von Theodor Kofler, 1915; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Exhibition_for_the_85th_birthday_of_Emperor_Franz_Jozeph,_by_prisoners_of_war_in_Malta,_18_August_1915_(a).jpg

Über das Lagerleben sowie über die politische Lage informierten die „Camp Nachrichten“, soweit die Zensur dies zuließ.

Außerdem boten mehrere Fotografen einen Portraitservice an und ein beliebter Treffpunkt war das türkische Café.

An Weiterbildungsmöglichkeiten gab es Fremdsprachenkurse und sicher noch einiges andere. Geo Fürst besuchte Kurse für Malerei.

Daniel Hiesinger Malta 1915
Belustigungs-Wettspiele am 11. Juli 1915, St. Clement’s Camp, handgezeichnete Postkarte von Daniel Hiesinger aus Greding, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Daniel_Hiesinger,_Belustigungs_-_Wettspiele_11_July_1915.jpg

Heimkehr

Wie in anderen Lagern bedeutete auch auf Malta das Kriegsende nicht das Ende der Gefangenschaft.

Erste Gefangene konnten erst ab November 1919 das Lager verlassen und auf eigene Kosten heimkehren.

Danach schien es schnell gegangen zu sein, denn es wird berichtet, dass an Weihnachten 1919 alle Internierten wieder in ihren Heimatländern angekommen waren.

Fort Verdala WW1 Malta
Fort Verdala, Ansammlung von Gefangenen, wahrscheinlich für ein Festkonzert, Foto von Heinz Leichter, um 1915; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:St._Clement%27s_camp_for_prisoners_of_war,_Fort_Verdala,_Cospicua,_Malta_(4).jpg

Quellen

Die Gefangenschaft Deutscher auf Malta ist vergleichsweise gut dokumentiert.

Die folgenden drei Artikel (in englischer Sprache) bieten einen guten Einstieg in das Thema.

German prisoners of war in Malta, Anthony Zarb Dimech, Malta Independent vom 1. April 2012; https://www.independent.com.mt/articles/2012-04-01/news/prisoners-of-war-in-malta-in-the-first-world-war-307997/

The Prisoner Experience at Verdala and St. Clement’s Retrenchment during World War One, Dylan Agius, in Futouristic, Institute of Tourism Studies, Malta, 1. Ausgabe, Januar 2022, S. 50-55; abgerufen über: https://issuu.com/instituteoftourismstudies/docs/futouristic_1st_issue

The Salter Album from Word War I, Giovanni Bonelli, 17. August 1914 in Times of Malta; https://timesofmalta.com/articles/view/The-Salter-album-from-World-War-I.532336

Was jedoch fehlt, sind Spuren der Seeleute der eingangs erwähnten DADG-Schiffe „Rostock“ „Goslar“ und „Annaberg“. Für jeden Hinweis zu deren Schicksalen im Voraus herzlichen Dank.

Stegelmann Steglman work certificate 1910

Der Weg des Schiffszimmermanns Stegelmann nach Australien

Titelbild: Dienstzeugnis des Schiffszimmermanns Stegelmann, Dampfschiff „Kiel“, 7. April 1911, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg, Quelle: Museums Victoria Collections https://collections.museumsvictoria.com.au/items/130292; gemeinfrei.

Die Geschichte einer Auswanderung

Johannes Friedrich Wilhelm Stegelmann wurde 1884 in Wellingdorf (Schleswig-Holstein) geboren, das 1910 nach Kiel eingemeindet wurde.

1900 trat er als Lehrling in die Kaiserliche Werft in Kiel ein, um Schiffszimmermann zu werden.

Kiel Gaarden Kaiserliche Werft 1902
Kiel, Kaiserliche Werft, um 1902; Quelle: Stadtarchiv Kiel über commons.wikimedia.org

In seinem Lehrbrief heißt es:

Der Schiffszimmer-Lehrling Johannes Stegelmann, geboren am 9. November 1884, in Wellingdorf, welcher mit dem 18. April 1900 das Schiffszimmers-Handwerk erlernt hat, wird hiermit nach bestandener Prüfung zum Gesellen freigesprochen.
Die Führung desselben während der Lehrzeit war gut.
Kiel, den 19. März 1904.
Quelle: Museums Victoria Collections; https://collections.museumsvictoria.com.au/items/1303016

Stegelmann war noch minderjährig (unter 21) und so schrieb ihm sein Vater Hans eine handschriftliche Genehmigung, dass er zur See fahren dürfe. Diese wurde von der Gemeinde Ellerbeck am 9. Juni 1904 beglaubigt.

Stegelmann Ellerbek 1904
Einwilligung von Hans Stegelmann, dass sein Sohn Johannes zur See fahren kann, beglaubigt von der Gemeinde Ellerbeck am 9. Juni 1904; Quelle: https://collections.museumsvictoria.com.au/items/1302996

Erste Anstellungen und Militärzeit

Seine erste Anstellung erhielt Stegelmann im Juni 1904 auf dem Segelschiff „Parnassus“ zu einer Heuer von 60 Mark.

Weiter wissen wir von ihm, dass er am 3. Juli 1905 als Zimmermann auf dem Frachtdampfer „Kiel“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) anheuerte. Die Fahrt sollte bis zum 20. Januar 1906 dauern; seine Heuer betrug jetzt monatlich 85 Mark.

Auf dem Dampfer „Thasos“ der Deutschen Levante-Linie, auf dem er 1906 fuhr, verdiente er dann 90 Mark monatlich.

Am 18. Februar 1907 trat er seine Militärzeit in der 5. Kompagnie der 1. Werft-Division in der Kaiserlichen Marine als Ober-Zimmermannsgast an. Hier leistete er bis zum 29. September 1909 Dienst.

Noch im gleichen Jahr fuhr er ab 21. Oktober wieder als Zimmermann in der Handelsmarine: Schiff „Sarnia“ (HAPAG), Heuer 80 Mark. Außerdem trat Stegelmann in den Deutschen Transportarbeiter-Verband ein.

Am 28. Oktober 1910 führte ihn sein Berufsweg erneut auf das Dampfschiff „Kiel“ der DADG. Das Dienstzeugnis der Titelabbildung stammt von dieser Fahrt, die bis zum 6. April 1911 dauerte.

Kiel Mannschaftsliste January 3rd 1911 Sydney
Mannschaftsliste der „Kiel” beim Einlaufen in Sydney am 3. Januar 1911, an fünfter Position: J. F. W. Stegelmann, 26 Jahre, aus Wellingdorf, Zimmermann; Dokument der Hafenbehörde Sydney über die Webseite marinersandships.com.au.

Zurück in Hamburg erhielt er eine Vorladung des Seemannsamtes Hamburg. Er musste als Zeuge zu dem Tod eines Schiffsmannes auf dieser Australienfahrt aussagen, der beim Bootwaschen über Bord gefallen und ertrunken war.

Die Vorladung ist das letzte Dokument, welches ihm in Deutschland ausgestellt wurde (und erhalten geblieben ist).

Desertion in Australien

Nach Angaben seiner Tochter Margaret ist er noch im Jahr 1911 mit zwei anderen Seeleuten in Australien desertiert, weil er Angst hatte, wieder zur Kaiserlichen Marine eingezogen zu werden.

Ich vermute, dass er eine zweite Fahrt auf der „Kiel“ nach Australien gemacht hatte und die Desertion zwischen dem 3. und 10. Juli 1911 in Melbourne erfolgte, als das Schiff dort im Hafen lag.

Grund für meine Annahme ist, dass bei der Ankunft der „Kiel“ in Sydney am 14. Juli 1911 der Schiffszimmermann fehlte.

Dampfer Kiel, um 1910
Der Frachtdampfer „Kiel“, ein Schiff der „Meißen-Klasse“, Quelle: R. Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888 – 1926, Eigenverlag (Strandgut), Cuxhaven 1984, Aufnahme aus der Sammlung Kludas.

Aus Johannes Stegelmann wird Jack Steglman

Stegelmann tauchte unter und schlug sich als Wanderarbeiter in Victoria und New South Wales durch. Auch den Ersten Weltkrieg überstand er ohne interniert zu werden.

Er hatte sich an seine australische Umgebung assimiliert und aus Johannes Stegelmann war Jack Steglman geworden.

Um 1922 nahm ihn ein gewisser Mr Bishop unter die Fittiche und Steglman konnte in Melbourne bleiben. 1924 ließ er sich als Zimmermann nieder und bekam die australische Staatsbürgerschaft.

Im Mai 1935 heiratete Steglman Gladys Muriel Leichti. Das Paar lebte in St. Kilda und Prahran (Großraum Melbourne) und hatte drei Kinder: Margaret, Helen und Bruce.

Glayds Leichti 1924
Stegelmanns Frau Gladys Leichti an Bord der S.S. Bendigo bei der Überfahrt nach Australien 1924; Bild aufgehellt; Quelle: Museums Victoria, https://collections.museumsvictoria.com.au/items/1302836

Gladys (geboren 1896) stammte aus einer armen Londoner Familie (dem Namen nach mit Schweizer Abstammung) und war 1924 mit Unterstützung der Heilsarmee auf der SS „Bendigo“ als Haushaltshilfe nach Melbourne gekommen.

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges arbeitete Steglman auf der renommierten Blunt Werft in Williamstown. Seine Arbeit im Schiffbau wurde als kriegswichtig eingestuft, außerdem war er zu diesem Zeitpunkt bereits über 50 Jahre alt und so entging Steglman erneut einer Internierung.

Johannes Stegelmann alias Jack Steglman starb am 19. November 1957. Seine Frau Gladys überlebte ihn um fast 40 Jahre, sie starb am 15. August 1995.

Williamstown 1932
Williamstown, Victoria, 1932, Boote an einem Anleger; Quelle: Museums Victoria Collections, https://collections.museumsvictoria.com.au/items/770959

Quellen

Der vorliegende Blogartikel beruht auf Informationen und Dokumenten, die Stegelmanns Tochter Margaret 2006 den Museums Victoria in Melbourne überlassen hat, ergänzt durch eigene Recherchen.

Im Text des Museums wird sehr viel ausführlicher auf die Einwanderungsgeschichte von Stegelmanns Frau Gladys eingegangen. Siehe: https://collections.museumsvictoria.com.au/items/1302836

Insgesamt sind in den Museums Victoria Collections dreizehn Dokumente Stegelmanns erhalten, ein Teil davon unterliegt dem Copyright, andere wie die hier gezeigten Bilder sind gemeinfrei.

Messina, Palazzata und Hafen um 1900

Fluchtpunkt Messina

Titelbild: Messina, die „Palazzata“ (1500 Meter lange, einheitliche Palastfassade am Ufer aus dem 19. Jahrhundert), Aufnahme um 1900, die „Palazzata“ wurde bei dem katastrophalen Erdbeben am 28. Dezember 1908 zerstört;
Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Messina_vist_des_del_mar.jpg

Der Frachtdampfer „Albany“ in Sizilen

Viele Frachtschiffe der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) suchten bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs Schutz in Häfen neutraler Staaten, um nicht in die Hände der Briten zu fallen.

Hier im Blog hatte ich bereits über Dampfer der Reederei berichtet, die in Niederländisch-Indien, in Portugal und seinen Kolonien, in Spanien oder auch in den USA Schutzhäfen angelaufen waren.

Ein Schiff der DADG, der Frachtdampfer „Albany“, lief Anfang August 1914 in Messina ein und sollte dort die ersten Kriegswochen verbringen.

Der Artikel berichtet über die Zeit des Schiffes in Sizilien und seine Beschlagnahmung durch die Behörden nach dem Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg am 23. Mai 1915. Im späteren Kriegsverlauf kam die „Albany“ unter dem Management der staatlichen Bahngesellschaft (Ferrovie dello Stato) als „Matteo Renato Imbriani“ wieder für kurze Zeit in Fahrt.

Am 20. Mai 1918 wurde der ehemalige Frachtdampfer der DADG bei der Île de Planier vor Marseille von einer ausgelegten Mine des deutschen U-Boot UC 67 versenkt. Dort liegt das Wrack noch heute.

Mannheim steamer German Australian Line
Der mit der „Albany“ baugleiche Frachter „Mannheim“, hier in den 1920er Jahren als französischer Frachter „Lieutenant Saint Loubert Bié“; „Albany“ und „Mannheim“ wurden beide auf der Tecklenborg-Werft in Geestemünde parallel nebeneinander hergestellt (Baunummern 243 und 244) und im Oktober bzw. November 1911 an die DADG abgeliefert; unbekannter Fotograf; Quelle: R. Schmelzkopf, Deutsch-Australische Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg 1888 – 1926, Eigenverlag (Strandgut), Cuxhaven 1984, Aufnahme aus der Sammlung Vonarb

Durch den Suezkanal

Der Frachtdampfer „Albany“ war 1911 auf der Tecklenborg-Werft in Geestemünde für die DADG gebaut worden und hatte bei einer Länge von 137 Metern 5882 Bruttoregistertonnen. Mit einer Dreifach-Expansions-Dampfmaschine mit 3600 PS ausgestattet, machte das Schiff eine Fahrt von 12,5 Knoten. Es hatte 48 Mann Besatzung.

Von Java kommend erreichte „Albany“ Suez am 2. August 1914, durchquerte den Suezkanal und verließ Port Said zwei Tage später am 4. August. Der Frachtdampfer war damit das letzte Schiff der DADG, das den Suezkanal in Richtung Mittelmeer verlassen konnte.

„Albany“ war mit einer Telefunkenanlage ausgerüstet, hatte Nachricht vom Krieg erhalten und lief daraufhin Messina an. Die Stadt an der sizilianischen Küste wurde – je nach Quelle – am 7. oder 8. August erreicht.

Messina 1906
Messina, 1906; Library of Congress, Washington DC; https://www.loc.gov/resource/stereo.1s29476/

SMS „Goeben“ und SMS „Breslau“

Kurz zuvor, nämlich am 6. August 1914 war den beiden Kriegsschiffen SMS „Goeben“ und SMS „Breslau“ eine spektakuläre Flucht aus dem Hafen von Messina gelungen.

Der Schlachtkreuzer SMS „Goeben“ und der leichte Kreuzer SMS „Breslau“ waren am Morgen des 5. August in Messina eingelaufen, nachdem sie die Städte Philippeville und Bône in Französisch-Nordafrika bombardiert hatten, um die Einschiffung von Truppen nach Kontinentalfrankreich zu verzögern.

Anmerkung: Philippeville und Bône heißen heute Skikda und Annaba (Algerien).

Auf dem Rückweg nach Sizilien trafen die beiden Kreuzer am 4. August auf britische Schiffe, wurden von diesen jedoch nicht behelligt, da zu diesem Zeitpunkt Großbritannien Deutschland noch nicht den Krieg erklärt hatte.

Zurück in Messina (5. August) nahmen SMS „Goeben“ und SMS „Breslau“ von den deutschen Schiffen „General“ (Deutsche Ostafrikalinie) und „Barcelona“ (HAPAG) Kohlen und Proviant auf.

Da die Liegezeit eines Kriegsschiffes in einem neutralen Staat zeitlich begrenzt war, mussten die beiden Kreuzer Messina am 6. August wieder verlassen.

Die Briten hatten mit einer Fahrt der beiden Schiffe nach Westen in Richtung Gibraltar oder in die Adria gerechnet. SMS „Goeben“ und SMS „Breslau“ legten zunächst zum Schein Adriakurs an, der jedoch dann Richtung Peloponnes/Konstantinopel geändert wurde. Auf Grund ihrer Schnelligkeit konnten Sie den einzigen Verfolger HMS Glouchester abschütteln und nach Konstantinopel flüchten.

Die spektakuläre Fahrt der beiden Kreuzer nach Konstantinopel, der letztlich zum Kriegseintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg führte, ist in der Vergangenheit detailliert beschrieben worden.

Eine reich bebilderte Zusammenfassung finden Sie zum Beispiel hier: https://deutsche-schutzgebiete.de/wordpress/projekte/kaiserliche-marine/seiner-majestaet-schiffe/s-m-s-goeben-1911/

Wir bleiben heute bei dem Frachtdampfer „Albany“ in Sizilien.

Messina Porto circa 1900
Porto di Messina, um 1900 (vor dem schweren Erdbeben im Jahr 1908); Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Porto_di_Messina_(1900_ca).jpg

Von Messina nach Syrakus

Anfang September 1914 wurde die „Albany“ nach Syrakus (Siracusa) verlegt. Der Grund dafür wird nicht genannt, für mich gibt es dafür zwei Erklärungen.

Erstens war Messina der italienische Hafen mit dem größten Passagieraufkommen, was natürlich an den zahlreichen Fährverbindungen der sizilianischen Hafenstadt zum italienischen Festland liegt. Man brauchte also einfach Platz im Hafen.

Zweitens war Messina immer noch stark von dem verheerenden Erdbeben am 28. Dezember 1908 gezeichnet. Dabei war die Stadt nahezu vollständig zerstört worden. Syrakus bot hingegen eine unbeschädigte Infrastruktur zur Versorgung der Schiffe.

Messina Palazzata distrutto 1909
Messina, Via Vittorio Emmanuele an der Meerenge im Jahr 1909 nach dem Erdbeben vom 28. Dezember 1908; Library of Congress, Washington DC; https://www.loc.gov/resource/stereo.1s29491/

Brand an Bord

Am 28. November 1914 brach gegen 22 Uhr auf „Albany“ Feuer aus. Es wurde durch Ladungsüberhitzung verursacht. Laut der Tageszeitung La Stampa vom 3. November 1914 war Ladung mit einem kleinen heißen Druckkessel in Kontakt gekommen und in Brand geraten.

Das Schiff war noch voll beladen: über 7000 Tonnen Zucker, Kaffee, Tee und andere Kolonialwaren waren an Bord. Zeitungsmeldungen sprechen von einem Warenwert in Höhe von £ 300.000 (6 Mio. Mark).

Versuche, den Brand zu löschen, scheiterten zunächst. Das Hilfsangebot des Kapitäns der „Iberia“, einem englischen Dampfer, hatte Kapitän Moritzen der „Albany“ abgelehnt. In Friedenszeiten unvorstellbar.

Damit der Brand nicht auf andere Schiffe im Hafen übergriff, wurde „Albany“ aus dem Hafen geschleppt.

Schließlich gelang es dem Bergungsdampfer „Audax“ am 1. Dezember den Brand zu löschen. Zu diesem Zeitpunkt waren das Schiff und seine Ladung bereits schwer beschädigt. Die Kommandobrücke, der Instrumentenraum und die Kapitänskajüte waren zerstört worden.

Anschließend wurden 550 Tonnen Copra, 129 Ballen Kapok, 58 Ballen u. 200 Bündel Garne sowie 500 Bündel Rattan gelöscht. Außerdem wurden 2000 Tonnen Zucker, die für Le Havre bestimmt waren, in das griechische Dampfschiff „Girda Ambatiellos“ umgeladen. Teakholz und Zinkerze verblieben an Bord.

Angaben nach Zeitungsmeldungen in der Berliner Volkszeitung vom 1.Dez. 1914, dem Hamburgischen Correspondent (9. Dez. 1914), Rotterdamsch nieuwsblad (3. Dez. 1914), De Maasbode (4. Jan. 1915) und De courant (17. Feb. 1915).

Siracusa Hafen 1900
Syrakus (Siracusa), Anleger im Hafen um das Jahr 1900; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Siracusa_Porto.gif

Kriegseintritt Italiens und Beschlagnahmung der „Albany“

Nach dem Brand und dem Löschen eines Teils der Ladung verschwand „Albany“ wieder aus den Schlagzeilen. Das änderte sich fünf Monate später.

Am 23. Mai 1915 trat Italien auf Seite der Entente-Mächte in den Ersten Weltkrieg ein. Das führte zur Beschlagnahmung deutscher Schiffe in italienischen Häfen. Insgesamt sollen davon 25 Schiffe betroffen gewesen sein (Hamburger Anzeiger, 29. Mai 1915).

In Syrakus waren dies neben dem Dampfer „Albany“ der DADG die Frachtdampfer „Sigmaringen“ (exLöwenburg) des Norddeutschen Lloyd Bremen und „Kattenturm“ der Deutschen Dampfschiffahrts-Gesellschaft Hansa, ebenfalls Bremen.

Hinzu kamen die Dampfer „Ambria“ und „Barcelona“ der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (HAPAG) sowie „Mudros“ der Deutschen Levante-Linie.

Allein in Syrakus also sechs stattliche Schiffe der deutschen Handelsmarine.

Weiterhin lagen zwei kleinere österreichische Schiffe in Syrakus: „Ampelea“ und „Assir“, die ebenfalls beschlagnahmt wurden.

Syrakus Hafen um 1900
Syrakus, großer Hafen, undatierte Aufnahme von Carlo Brogi (1850-1925), ca. Anfang des 20. Jh.; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Brogi,_Carlo_(1850-1925)_-_n._12032_-_Siracusa_-_Veduta_del_Porto_Grande.jpg

Ausweisung der Kapitäne

Die deutschen Schiffe in Syrakus hatten nur noch kleine Rumpfbesatzungen an Bord, die zum Betrieb und zur Bewachung unbedingt notwendig waren. Die meisten Seeleute dürften bereits 1914 die Heimreise auf dem Landweg angetreten haben.

Im September 1915 schließlich wurden die Kapitäne und Restbesatzungen wegen Spionageverdacht von den Schiffen geholt und aus Italien ausgewiesen.

Die Schiffe kamen jetzt in die Obhut der Königlichen Marine Italiens (Regia Marina).

Quelle: Il Resto del Carlino, Giornale di Bologna, 15. Sept. 1915; http://badigit.comune.bologna.it

Noch Ende 1915 kamen die ersten Schiffe wieder unter italienischer Flagge in Fahrt. Die Berliner Volkszeitung vom 23. Dez. 1915 berichtet:

Mailand, 22. Dezember. Wie „Secolo“ aus Syrakus meldet, ist auf den deutschen Dampfern „Kattenturm“, „Mudros“ und „Sigmaringen“ die italienische Flagge gehißt worden. Die Schiffe wurden festlich bewimpelt. Die drei Dampfer werden sofort nach Beendigung von Maschinenreparaturen ausfahren.
Quelle: europeana.eu

„Albany“ verließ den Hafen Syrakus im Januar 1916 in Richtung Messina. Dort dürfte die restliche Ladung gelöscht und eingelagert worden sein.

Syrakus, Abfahrt von Emigranten um 1900
Syrakus, Abfahrt von Emigranten, undatierte Aufnahme eines unbekannten Fotografen, ev. um 1900; Migranti in partenza dal porto di Siracusa, Public domain, über commons.wikimedia.org

Das Dampfschiff „Matteo Renato Imbriani“

Es dauerte bis Anfang 1918, bis die exAlbany als „Matteo Renato Imbriani“ in Genua registriert und im März von Lloyd’s zertifiziert wurde.

Bereedert, also gemanagt wurde das Schiff von der staatlichen Eisenbahngesellschaft Ferrovie dello Stato. Die Gesellschaft arbeitet auch als Reederei, sie ist seit 1896 für den Betrieb der Staatsfähren zwischen dem italienischen Festland und den Inseln Sizilien und Sardinien verantwortlich. Im Ersten Weltkrieg übernahm sie die Bereederung der beschlagnahmten Schiffe.

Dem Frachtdampfer „Matteo Renato Imbriani“, exAlbany war jedoch nur eine äußerst kurze Existenz beschieden.

Der Untergang der „Matteo Renato Imbriani“

Am 20. März 1918 verließ „Matteo Renato Imbriani“ in einem Konvoi mit vier anderen Schiffen den Hafen von Marseille und lief um 12.45 Uhr etwa sechs Seemeilen südwestlich der Insel Île de Planier auf eine Seemine, die vom deutschen U-Boot UC-67 unter Leitung von Kapitän Karl Neumann ausgebracht worden war.

Trotz sofortiger Hilfestellung und Abschleppversuchen durch das Patrouillenboot „Gabriella“, das den Konvoi begleitete, sank „Matteo Renato Imbriani“, exAlbany noch am gleichen Tag um 22.35 Uhr. Die gesamte Besatzung konnte gerettet werden.

Baie de Marseille, Ile de Planier
Karte der Bucht von Marseille mit der Île de Planier (im Bild unten); Jacques-Nicolas Bellin, 1764, Bibliothèque Nationale de France über commons.wikimedia.org

„Matteo Renato Imbriani“ als Tauchziel

Das Wrack der „Matteo Renato Imbriani“, exAlbany liegt noch heute an der Stelle des Untergangs im Südwesten der Île de Planier in 110 Metern Wassertiefe.

Die Koordinaten sind: Breite 43° 07’ 788 N; Länge 5° 07’ 634 E.

Die große Tiefe, in der das Wrack liegt, macht es nur für sehr erfahrene Taucher mit Zusatzausbildung im technischen Tauchen zugänglich.

Falls Sie solch ein qualifizierter Tec-Taucher sind und die „Matteo Renato Imbriani“ einmal besucht haben, freue mich über Ihren Bericht und Ihre Fotos!

Angaben über den Untergang und das Wrack der „Matteo Renato Imbriani“ nach einem Artikel auf plongee-infos.com: Chaque jour, une épave: 20 mars 1918, le Matteo Renato Imbriani, une épave oubliée à Marseille, 20. März 2018; https://www.plongee-infos.com/chaque-jour-une-epave-20-mars-1918-le-matteo-renato-imbriani/

Internment Camp Durban 1915

Neujahrsgrüße aus Südafrika (1915)

Titelbild: Karte zu Neujahr 1915 aus dem Kriegsgefangenenlager für Offiziere in Durban, Südafrika, Kartentext: „Am Ende seines Lebens wurde das arme Luder blödsinnig!“, unbekannter Autor; Quelle: Sammlung Herbert von Rapacki-Warnia, via Europeana 1914-1918, https://1914-1918.europeana.eu/en/contributions/18325, item 6; Lizenz: CC BY-SA 3.0; http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Allen Bloglesern ein gesundes und friedliches Jahr 2023!

Ich wünsche Ihnen ein gesundes und friedliches Jahr 2023. Außerdem wünsche ich Ihnen, dass Sie den Jahresanfang an einem Ort feiern konnten, den Sie sich selbst ausgesucht haben.

Ihren Aufenthalt definitiv nicht selbst ausgewählt hatten sich deutsche Offiziere im Lager Durban. Einer von ihnen war Herbert von Rapacki-Warnia.

Herbert von Rapacki-Warnia

Der 1891 in Görlitz geborene Herbert von Rapacki-Warnia hatte sich im Mai 1914 entschlossen, als Offizier nach Deutsch-Südwest-Afrika zu gehen. Dort sollte er jedoch nie ankommen.

„Er wurde am 28. September 1914 in Kapstadt als Leutnant der feindlichen Armee des Deutschen Kaiserreichs gefangen genommen. Zunächst wurde Herbert in Durban für kriegsgefangene Offiziere interniert, da die Südafrikanische Union unter britischer Kontrolle stand. Später wurde er in Fort Napier, im dortigen britischen Internierungslager in Pietermaritzburg (Natal) gefangen gehalten.“

Zitat aus Europeana, https://1914-1918.europeana.eu/en/contributions/18325#prettyPhoto

Zwei Mannschaften der Deutsch-Australischen-Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg

Ebenfalls in Kapstadt festgesetzt wurden die Mannschaften zweier Schiffe der Deutsch-Australischen-Dampfschiffs-Gesellschaft, Hamburg (DADG).

Der Frachtdampfer „Apolda“

Das Dampfschiff „Apolda“ verließ Hamburg am 19. Juli 1914 auf der Linie 3 der DADG, das heißt über Zwischenstopps in Südafrika sollten Waren nach Melbourne, Sydney und Brisbane transportiert werden.

Angelaufene Häfen zwischen Hamburg und Kapstadt waren Antwerpen, das am 25. Juli verlassen wurde, sowie Madeira mit einer Abfahrt am 31. Juli 1914.

Das Schiff war nicht mit drahtloser Telegrafie ausgerüstet und somit lief „Apolda“ unter Leitung von Kapitän Suhr ohne Nachricht vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 17. August in Kapstadt ein (die Kriegserklärung Großbritanniens an das Deutsche Reich erfolgte am 4. August 1914).

Die ahnungslose und überraschte Mannschaft der „Apolda“ wurde von den südafrikanischen Behörden festgesetzt. Das Schiff hatte etwa 7000 Tonnen Ladung für Südafrika und Australien an Bord.

Dampfschiff Apolda 1901, DADG

“Apolda”, Foto aus der Arbon Le Maistre Collection, keine Datumsangabe (1901-1914), Quelle: State Library of South Australia, Referenznr.: PRG 1324/1515A, https://collections.slsa.sa.gov.au/resource/PRG+1324/1515A, gemeinfrei

Das Dampfschiff „Hamm“

Ganz ähnlich erging es der Mannschaft der „Hamm“. Das Schiff hatte unter Leitung von Kapitän Davidsen Hamburg am 11. Juli mit Fahrtziel Fremantle (Westaustralien) verlassen. Letzte Nachrichten erhielt die Mannschaft in Antwerpen, wo das Schiff am 18. Juli ablegte. Danach erfolgte die lange Fahrt durch den Atlantik. Wie „Apolda“ hatte auch „Hamm“ keine Telegrafie an Bord und erreichte Kapstadt ohne Nachricht vom Krieg.

Somit waren über 80 Seeleute der DADG in südafrikanische Gefangenschaft geraten.

Zu den beiden DADG-Schiffen gesellte sich noch der Dampfer „Birkenfels“ der Deutschen Dampfschifffahrts-Gesellschaft Hansa (Bremen). Er kam am 20. August 1914 in Kapstadt an.

Pietermaritzburg, Fort Napier, WW1

Aufnahme aus dem Lager Fort Napier in Pietermaritzburg, unbekannter Fotograf; Quelle: Sammlung Herbert von Rapacki-Warnia, via Europeana 1914-1918, https://1914-1918.europeana.eu/en/contributions/18325, item 3; Lizenz: CC BY-SA 3.0; http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Fort Napier in Pietermaritzburg

Das Lager in Durban, von wo die Postkarte der Titelabbildung versandt wurde, hatte nicht lange Bestand. Es beherbergte in einem kurzen Zeitraum von November 1914 bis März 1915 ausschließlich eine relativ kleine Anzahl an Reserveoffizieren.

Daneben existierten zu Beginn des Ersten Weltkrieges Transitcamps in Kapstadt, Kimberley, Winburg, Johannesburg und Pretoria.

Das Hauptlager in Südafrika, in das vermutlich auch die Schiffsbesatzungen der „Apolda“, „Hamm“ und „Birkenfels“ gebracht wurden, befand sich im Fort Napier in Pietermaritzburg. Dort waren während des Ersten Weltkrieges 2500-3000 „enemy aliens“, also feindliche Ausländer, interniert. Ein Bericht vom August 1915 nennt 2608 Gefangene, unter denen sich 267 Österreicher und sechs Türken befanden.

Die meisten unter ihnen waren deutsche Zivilisten, die vor dem Krieg nach Südafrika ausgewandert waren. Einige andere waren aus Deutsch-Südwest, Rhodesien, Belgisch-Kongo oder Deutsch-Ostafrika nach Pietermaritzburg gebracht worden.

Fort Napier liegt westlich von Pietermaritzburg auf einem Hügel. Es war 1843 als Hauptsitz des Britischen Militärs in Natal errichtet worden. Die militärische Nutzung endete im Jahr 1914. Nach der Nutzung als Gefangenenlager stand das Fort bis 1927 leer. Dann wurde in einem Teil eine psychiatrische Klinik eingerichtet, die bis heute existiert.

Fort Napier, Internment Camp, World War 1

Waschräume in Fort Napier, wahrscheinlich aus dem Lagerbereich für Offiziere, unbekannter Fotograf; Quelle: Sammlung Herbert von Rapacki-Warnia, via Europeana 1914-1918, https://1914-1918.europeana.eu/en/contributions/18325, item 3; Lizenz: CC BY-SA 3.0; http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Im Lager Fort Napier

Das große Lager in Fort Napier war in vier Lagerbereiche aufgeteilt.

Der Lagerbereich 1 bestand aus einem großen Gebäude mit 18 Mannschaftsräumen, gebaut aus Holz und Eisen auf einem Ziegelfundament. Das Gebäude verfügte über eine Veranda und war mit einer Küche, 26 WCs, zwölf Duschen und zwei Badezimmern ausgestattet.

Eine Skizze von Lager 2 zeigt 15 Wohnbaracken, ein Verwaltungsgebäude, ein Wasch- und Badehaus, eine Kegelbahn, ein Versammlungslokal, eine Schlachterei, eine Bäckerei, das Café Hindenburg und einen Sportplatz.
Quelle: http://www.stobscamp.org/wordpress/wp-content/uploads/2019/09/Stobs-South-African-Education-Pack-1914-1919.pdf

Lager 4, das Bessergestellten und Älteren vorbehalten war, verfügte über 136 Zimmer mit 51 kleinen Küchen.

Jeder Gefangene in Pietermaritzburg hatte eine Matratze, Decken, einfaches Geschirr und Besteck erhalten.

Alle vier Kampbereiche hatten eine eigene Küche mit einem (weißen) Koch, der von indischem und afrikanischem Personal unterstützt wurde. Jedem Lagerbereich stand außerdem ein sogenannter „Camp Captain“ als Sprecher der Gefangenen vor.

Eine Krankenstation war mit einem Militärarzt und zwölf Sanitätern besetzt, die von einem Gefangenen unterstützt wurden.

Im Lager selbst waren nur Männer untergebracht. Für Frauen und Kinder existierten außerhalb des eigentlichen Lagers zusätzliche Unterkünfte.

Einige der Gefangenen konnten die Lager auf Ehrenwort (parole) wieder verlassen. Vor allem ältere, kränkliche aber auch bekannte Personen, die bereits lange in Südafrika lebten, waren darunter.

Wie in den anderen Lagern, über die ich hier im Blog schon berichtet hatte, war die Langeweile das drückendste Problem.

Die Gefangenen begegneten der Monotonie mit zahlreichen Aktivitäten: Sport und Sportfeste, Theater, handwerkliche Tätigkeiten, Malerei, von Gefangenen selbst organisierte Weiterbildungskurse. Die Herausgabe einer Lagerzeitschrift mit dem Titel der „Der Hunne“ ist ebenfalls belegt.

Der Gefangene Hugo Bode schreibt dazu:

… ich benutze das Unvermeidliche zu meinem Vorteil, in dem ich mich bemühe gesund zu werden. Ich turne so gut es geht, aber als „alter Herr“, und treibe französisch, außerdem male ich und schnitze Spielsachen für die Kinder. …“
Auszug eines Briefs von Hugo Bode, POW 4283, Camp II, C9 an seine Eltern vom 17. Mai 1917

Anmerkung: POW = Prisoner of War (Kriegsgefangener)

In einem anderen Brief schreibt Bode:

„… Das Essen ist ganz leidlich, was ich mir dazu kaufe ist wohl Milch u. Frucht u. Wurst. …“

Quelle: http://www.stobscamp.org/wordpress/wp-content/uploads/2019/09/Stobs-South-African-Education-Pack-1914-1919.pdf

Neben der Verpflegung scheint auch die Behandlung der Gefangenen in Ordnung gewesen zu sein:

„Laut meiner sehr entfernten Cousine, Carol Hobson, die heute in Kapstadt lebt, wurden die Gefangenen gut behandelt, konnten abends ausgehen und erhielten eine praktische Ausbildung, Herbert lernte Zimmermann.“
Zitat aus Europeana, https://1914-1918.europeana.eu/en/contributions/18325#prettyPhoto

Fort Napier Internment Camp, Herbert von Rapacki-Warnia

Gefangene im Lager Fort Napier beim Kartenspielen, links Herbert von Rapacki-Warnia und zweiter von links Dr. Hans Merinsky, unbekannter Fotograf; Quelle: Sammlung Herbert von Rapacki-Warnia, via Europeana 1914-1918, https://1914-1918.europeana.eu/en/contributions/18325, item 4; Lizenz: CC BY-SA 3.0; http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/

Nach dem Krieg

Nach Kriegsende war die Abschiebung Deutscher und Deutschstämmiger weniger rigoros als in Australien, was auf den Widerstand der niederländisch stämmigen Afrikaners zurückzuführen war.

Anders als in Australien, wo die Briten die große Bevölkerungsmehrheit stellten, war die weiße Bevölkerungsstruktur in der Südafrikanischen Union durch die Eingliederung der Burenrepubliken im Jahr 1910 wesentlich komplexer. Die deutsche Minderheit genoss bei der großen Gruppe der Afrikaners zahlreiche Sympathien.

So konnten sich viele Deutsche, die nach dem Ersten Weltkrieg in Südafrika bleiben wollten, wieder in die Gesellschaft eingliedern.

Auch für Herbert von Rapacki-Warnia lag trotz der Internierung in Pietermaritzburg die Zukunft in Südafrika. Er starb am 2. September 1952 in Kapstadt.

Cape Town, Darling Street, about 1905

Kapstadt, Darling Street, frühes 20. Jhdt. nach 1905 (die Town Hall in der Bildmitte wurde 1905 gebaut; Foto ohne Datumsangabe), DRISA Archiv Johannesburg, Ref. code ZA 0375-LS-LS_01_116 http://atom.drisa.co.za/collections/LS_Collection_lo-res/LS_01_116.jpg

Weitere Informationen

Viele Informationen über die Internierung Deutscher in Südafrika während des Ersten Weltkrieges habe ich dieser Quelle entnommen:

Prisoners of War and Internees (Union of South Africa), Version 1.0, letztes Update am 14. Juli 2015, Tilman Dedering, University of South Africa, in 1914-1918 online, International Encyclopedia of the First World War; https://encyclopedia.1914-1918-online.net/article/prisoners_of_war_and_internees_union_of_south_africa

Bei Interesse empfehle ich die Lektüre dieser sehr viel ausführlicheren Quelle.

Weitere Informationen, Bilder und Zeichnungen gibt es in dem Unterrichtsmaterial Minorities and Internment in South Africa during the Great War 1914-1919 herausgegeben vom Internment Research Center (IRC) in Hawick (UK) , www.stobscamp.org/IRC

22 historische Fotos aus dem Lager Pietermaritzburg finden Sie auf einer privaten Webseite über die deutschen Kolonien und die Zeit während des Ersten Weltkriegs mit dem Titel Kolonialarchiv:

https://www.kolonialarchiv.de/gefangenenlager/pietermaritzburg-fort-napier-s%C3%BCdafrika/

Carl Schiesser, about 1912-1914

Die bemerkenswerten Fotografien von Schiffskoch Carl Schiesser aus Ochsenfurt

Titelbild:
Carl Schiesser (Karl Schießer) mit seiner Kamera, Aufnahme vermutlich zwischen 1912-1914 in Parramatta (Großraum Sydney), Fotograf unbekannt; Album Carl Schiesser, National Library of Australia, https://nla.gov.au/nla.obj-153362071/view

Eine kurze Karriere auf See

Carl Schiesser aus Ochsenfurt hatte eine kurze Karriere als Schiffskoch. Sie kann nicht länger als zwei bis drei Jahre gedauert haben.

Der 1889 in Ochsenfurt (Unterfranken) geborene Schiesser ging nach Kochlehre und Militärdienst nach Australien.

Die Kosten für seine Überfahrt hat Schiesser wahrscheinlich auf dem NDL-Dampfer „Scharnhorst“ als Schiffskoch abgearbeitet. In Parramatta, Großraum Sydney lebt er bei Verwandten (Freunden?), wie viele Aufnahmen vom ihm nahelegen. Die meiste Zeit verbrachte er jedoch auf See. Er arbeitete als erster Schiffskoch (chief cook) auf dem Dampfer „Prinz Sigismund“.

Wir finden Schiesser auf Mannschaftlisten vom Dezember 1912 und März 1913. Im August 1914 war Schiesser immer noch (oder wieder) als Schiffskoch auf der „Prinz Sigismund“. Damit war seine Seefahrerkarriere auch schon wieder beendet. Es sollten für ihn fünf lange Jahre der Gefangenschaft in Australien folgen und es gibt keine Anzeichen dafür, dass er in seinem späteren Leben noch einmal zur See gefahren ist.

Zu unserem Glück war Schiesser nicht nur Koch, sondern auch begeisterter Fotograf. Neben vielen Familienfotos aus Deutschland und Australien hat er uns wertvolle Zeitdokumente von seinen Fahrten zwischen Sydney und Yokohama sowie später von seiner Gefangenschaft hinterlassen: aus Brisbane, aus dem Enoggera Camp nordwestlich von Brisbane und später aus dem Lager Holsworthy (Liverpool im Großraum Sydney).

Insgesamt umfasst das fotografische Erbe Schiessers 822 Aufnahmen, die er in zwei Fotoalben mit dem gemeinsamen Titel „Erinnerungen aus froher und ernster Zeit“ zusammentrug. Sie enthalten überwiegend eigene Bilder, aber auch Fotos, die nicht von ihm sind.

Wir haben noch ein zweites Mal Glück: beide Alben wurden 2014 von der National Library of Australia angekauft und sind heute digital verfügbar (http://nla.gov.au/nla.obj-153347192).

Wissenschaftlich aufgearbeitet sind die Alben nur ansatzweise. Es gibt noch viel zu entdecken!

Prinz Sigismund, Norddeutscher Lloyd Bremen

Reichspostdampfer „Prinz Waldemar“, Schwesterschiff des Dampfers „Prinz Sigismund“ in Friedrich-Wilhelmshafen (Deutsch-Neuguinea); Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Prinz_Waldemar_NDL.jpg

Der Reichspostdampfer „Prinz Sigismund“

Der Reichspostdampfer „Prinz Sigismund“, auf dem Schiesser arbeitete, sicherte mit dem Schwesterschiff „Prinz Waldemar“ und dem Dampfschiff „Coblenz“ den regelmäßigen Verkehr auf der Austral-Japan-Linie des Norddeutschen Lloyd Bremen.

Diese Nebenlinie der deutschen Reichspostdampferverbindungen führte von Sydney über Brisbane nach Deutsch-Neuguinea und Hong Kong mit Verlängerung nach Kobe und Yokohama.

Damit band die Linie die „Deutsche Südsee“ (Deutsch-Neuguinea) vierwöchentlich an die Außenwelt an. Angelaufen wurden Rabaul, Friedrich-Wilhelmhafen und Jap sowie auf jeder zweiten Fahrt entweder Angaur oder die zu den Eremiteninseln gehörende Insel Maron.

In der untenstehenden Anzeige des Norddeutschen Lloyd wir die Austral-Japan-Linie im unteren Teil beworben.

NDL mail steamers 1913, sydney

Anzeige des Norddeutschen Lloyd in The Bulletin, Sydney, Vol34 Nr. 1716, vom 2. Januar 1913; Quelle: trove.nla.gov.au

An Bord der „Prinz Sigismund“ waren zwei deutsche Köche für die deutsche Mannschaft und sechs asiatische für die asiatische Mannschaft und die Passagiere.

Der Proviantmeister Friedrich Glinz

Carl Schiesser war mit einem Verwandten/Freund auf der „Prinz Sigismund“, dem Metzger Friedrich Glinz aus Neckargemünd, der als Proviantmeister auf dem Schiff angestellt war.

Ein enges Verhältnis der beiden legt eine Porträtaufnahme in Schiessers Album nahe, die vor der Abreise der beiden entstanden sein dürfte. Später gibt es einige Aufnahmen von Glinz in Australien – auf dem Schiff und in der Freizeit.

Glinz war neun Jahre älter als Schiesser und in Begleitung seiner Frau Maria. Wir kommen gleich nochmal auf das Ehepaar Glinz zurück.

Friedrich Glinz and his wife, about 1910

Friedrich Glinz mit seiner Frau, um 1910, Studioaufnahme, Fotograf unbekannt; Album Carl Schiesser, PIC Album 1198/1-2 #PIC/15798/1-822-Carl Schiesser collection, 1912-1919/Carl Schiesser album, 1912-1917; https://nla.gov.au/nla.obj-153347826/view

Brisbane, den 4. August 1914

Der Reichspostdampfer „Prinz Sigismund“ erreichte Brisbane am 4. August 1914. Er kam aus Japan zurück und sollte seine Reise in Sydney beenden, von wo aus er am 30. Mai 1914 gestartet war.

Das Schiff wollte noch im Lauf des 4. August von Brisbane nach Sydney weiterfahren, jedoch wurde Kapitän August Hurtzig das Ausklarieren von den australischen Zollbehörden verwehrt.

Dies geschah, obwohl Großbritannien zu diesem Zeitpunkt dem Deutschen Reich noch nicht den Krieg erklärt hatte. Das sollte erst – Ortszeit Brisbane – einen Tag später erfolgen.

„Prinz Sigismund“ wurde im Brisbane River am Garden Reach in unmittelbarer Nähe der Brisbane Botanic Gardens (Queen’s Park) ein Liegeplatz zugewiesen. Hier lag der Reichspostdampfer längsseits eines zweiten deutschen Schiffes, der „Cannstatt“ der Deutsch-Australischen Dampfschiffs-Gesellschaft (DADG) Hamburg.

Brisbane, Garden Reach, 1906

Brisbane, Ansicht des Zollhauses und des Garden Reach (Abschnitt des Brisbane Rivers) um 1906; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Custom_House_and_Garden_Reach,_Brisbane,_Australia.jpg

Frachtdampfer „Cannstatt“

Kapitän Carl Madsen war mit dem Frachtdampfer „Cannstatt“ auf Australienreise und erreichte den Hafen Brisbane am 30. Juli 1914.

Auch er wollte am 4. August ausklarieren. Wie Kapitän Hurtzig wurde auch Kapitän Madsen die Weiterfahrt verwehrt. An ein eigenmächtiges Verlassen des Hafens war nicht zu denken, da das offene Meer etwa 15 Kilometer entfernt lag.

Cannstatt in Fredrikstad

Der Frachtdampfer „Cannstatt“ in Fredrikstad, Dezember 1913, Aufnahme von G.A. Geriold, Fredrikstad Norwegen; Quelle: Berrima District Historical & Family History Society, Ref. 100561

Der Dampfer „Signal“

Zu den beiden Dampfern gesellte sich fast drei Wochen später, am 23. August 1914, das Dampfschiff „Signal“ der Reederei Jebsen in Apenrade, das ohne Kenntnis vom Krieg in Brisbane einlief.

Der Frachtdampfer war auf dem Weg von Ocean Island (heute Banaba) in der Südsee nach Melbourne. In Brisbane musste Kapitän Eduard Pahren Bunkerkohlen und Wasser aufnehmen, als er dort vom Ausbruch des Krieges erfuhr und von den australischen Behörden festgesetzt wurde.

Sein Schiff lag dann längsseits an „Prinz Sigismund“ und „Cannstatt“ bei den Brisbane Botanic Gardens.

Carl Schiesser in Brisbane

Der Schiffskoch Carl Schiesser hat im August/September 1914 zahlreiche Aufnahmen auf und von den deutschen Schiffen und verschiedenen Mannschaftsmitgliedern gemacht. Darunter zahlreiche Offiziere und Seeleute der „Prinz Sigismund“ und des DADG-Dampfers „Cannstatt“.

Die Mannschaften der Schiffe konnten sich zu diesem Zeitpunkt noch frei in der Stadt bewegen. So fotografierte Schiesser die große Militärparade, die am 19. September 1914 mit über 2000 Soldaten durch Brisbane zog.

Das Enoggera Camp

Die Situation für die deutschen Seeleute änderte sich Anfang Oktober 1914. Sie mussten die Schiffe verlassen und wurden in das Enoggera Internment Camp bei Brisbane gebracht:

Darunter waren die gesamte Besatzung von der „Cannstatt“ (49 Mann), sowie die deutschen Mannschaften der „Prinz Sigismund“ (19 Mann) und der „Signal“ (6 Mann).

Die beiden letzten Dampfer hatten nur wenig deutsche Besatzung. Der größte Teil waren asiatische Seeleute, die Anfang Oktober 1914 von Australien in ihre Heimat zurückkehren konnten.

Schiesser blieb in Enoggera fotografisch sehr aktiv. Seine Aufnahmen dürften die einzigen aus diesem relativ kleinen Internierungslager bei Brisbane sein.

Die Schiffsoffiziere genossen dort eine privilegierte Behandlung. Sie konnten außerhalb des Camps Unterkünfte anmieten und mussten sich regelmäßig im Lager melden. So wohnte Kapitän Hurtzig mit seiner Frau Luise und zwei Kindern, die in Australien zu Besuch waren, in der Nähe des Camps. Hier hatte sich auch Frau Glinz eingemietet.

Das Berrima Camp

Die Kapitäne und höheren Schiffsoffiziere wurden ab August 1915 von Enoggera in das Lager Berrima gebracht. Berrima war von allen australischen Lagern im Ersten Weltkrieg das exklusivste, wenn man das Wort für ein Gefängnis verwenden darf. Die Gefangenen dort genossen zahlreiche Privilegien.

Überraschenderweise war auch Friedrich Glinz unter diesen Privilegierten. Die australische Regierung hatte den gelernten Metzger und Proviantmeister der „Prinz Sigismund“ als Storemanager für den Laden vorgesehen, in dem sich die Gefangenen mit Dingen versorgen konnten, die im Lager nicht erhältlich waren.

Die meisten Kapitäne und Offiziere verfügten über gutes Geld von ihren Reedereien und machten von dem Laden reichlich Gebrauch.

Frau Glinz

So kam es, dass sich Luise Hurtzig und Maria Glinz bei der Ankunft in Berrima ein Haus teilen mussten. Frau Hurtzig beschreibt die Frau des Proviantmeisters in ihrem Tagebuch als streitsüchtig und launisch. Darunter hatte die Frau des Kapitäns während des gesamten Aufenthalts in Berrima sehr zu leiden.

Maria Glinz bekam kurz nach ihrer Ankunft in Berrima eine Tochter, Ursula.

Liverpool camp, compound 1, WW1

Blick nach SW über das Lager 1 in Holsworthy. Im Bild: Wäscherei, Waschplatz, Duschen, Küche und ein Tennisplatz sowie der westliche Freizeitbereich im Hintergrund; Quelle: Australian War Memorial Collection, H17352, public domain

Das Holsworthy Camp

Carl Schiesser hatte weniger Glück. Er wurde in das größte der australischen Lager eingewiesen: Holsworthy in der Stadt Liverpool im Großraum Sydney.

Seine Fotografien aus diesem Lager legen nahe, dass seine Interessen vor allem dem Sport, dem Theater und handwerklichen Arbeiten galten.

Zurück in Deutschland

Nach seiner Gefangenschaft wurde Schiesser 1919 wie fast alle anderen Internierten des Lagers Holsworthy nach Deutschland abgeschoben.

Wie die meisten Gefangenen aus Holsworthy dürfte Schiesser auf der „Kursk“ nach Deutschland gekommen sein.

SIEHE dazu: Abschiebung aus Australien – Ein Tagebuchbericht (Teil 1 von 2)

Schiesser lebte zunächst wieder in Ochsenfurt und arbeitete als Konditor. Am 5.9.1922 heiratete er Anna Maria Apollonia Ruckert, Tochter eines Schreiners. Sie bekamen 1923 und 1925 zwei Kinder.

Karl Schießer und Anna Ruckert 1922

Carl Schiesser mit seiner Braut, Anna Maria Apollonia Ruckert am 5. September 1922, Studioaufnahme, unbekannter Fotograf, Sammlung Carl Schiesser; Quelle: National Library of Australia; http://nla.gov.au/nla.obj-153347192

Schiesser scheint nun in der Schreinerei seines Schwiegervaters Franz Ruckert tätig gewesen zu sein.

Im Holsworthy Camp hatte er zuvor mit Holzarbeiten an den lagerinternen Ausstellungen teilgenommen und war für seine Arbeiten prämiert worden.

Überliefert ist ein Diplom, dass er bei der „4. Allgemeinen Kunst- & Gewerbeausstellung im Kriegsgefangenenlager Liverpool, N.S.W. am 8.-10. Juni 1918“ für hervorragende Holzarbeiten erhalten hat. Eine handschriftliche Ergänzung weist daraufhin, dass es bereits sein zweites Diplom war (Quelle: https://nla.gov.au/nla.obj-153401226/view).

Am 14.10.1924 verzog die Familie Schiesser nach Rothenburg und am 31.1.1928 nach Würzburg. Schiesser war nun schon seit Jahren nur noch als Schreiner tätig und wird auch im Einwohneradressbuch 1927 als Schreiner geführt.

Am 30.6.1930 verzogen die Schiessers nach Darmstadt. Karl Schiesser starb am 12. April 1966 in Darmstadt, seine Frau fünf Jahre später.

Carl Schiesser's children about 1930

Wahrscheinlich die beiden Kinder der Schiessers (die Aufnahme ist wie fast alle nicht beschriftet), Studioaufnahme, unbekannter Fotograf, Sammlung Carl Schiesser; Quelle: National Library of Australia; http://nla.gov.au/nla.obj-153347192

Dank

Die Angaben zu Karl Schiessers späterem Lebenslauf hat mir freundlicherweise das Stadtarchiv Ochsenfurt zur Verfügung gestellt. Ich bedanke mich ganz herzlich für diese Informationen und auch dafür, diese hier verwenden zu dürfen.

Schlussbemerkungen

Urheberrecht

Keine der in diesem Artikel gezeigten Aufnahmen stammt von Carl Schiesser selbst. Das hat seinen Grund: Nachdem er im Jahr 1966 verstorben ist, unterliegen seine Bilder noch dem Urheberrecht, das 70 Jahre und damit bis Ende 2036 andauert.

Ich hoffe, der Artikel trägt dazu bei, lebende Nachfahren Carl Schiessers zu finden. Gerne würde ich hier im Blog mehr über seine Bilder schreiben. Es sind teilweise sehr seltene Aufnahmen, die zwar keinen materiellen Wert, dafür aber historische Relevanz besitzen. Ich wünsche mir, dass ich damit nicht bis in das Jahr 2037 warten muss!

Carl Schiesser – Karl Schießer

Ich habe in dem Artikel durchgängig die Schreibweise mit „C“ und „ss“ verwendet. Schiesser selbst hat seine Fotoalben mit dieser Schreibweise angelegt. Es war eine Anpassung an seine englischsprachige Umgebung. Mit dieser Schreibweise sind die Aufnahmen auch in der Australischen Nationalbibliothek archiviert.

In deutschen Dokumenten findet er sich mit „K“ oder „C“ und mit „ß“, wie in untenstehenden Einträgen aus Adressbüchern der Stadt Darmstadt aus den Jahren 1942 bzw. 1962/63. Sein Beruf ist hier wieder mit Koch angegeben.

Karl Schießer Darmstadt

Karl Schießer in: Adressbuch der Haupt- und Residenzstadt Darmstadt 1942; Quelle: Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, https://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/Zs-4159-1942/0227/image, public domain

Carl Schiesser Darmstadt 1962

Carl Schießer in: Adressbuch der Stadt Darmstadt 1962-63; Quelle: https://wiki.genealogy.net/Portal:Adressbuch

 

Neue Informationen (aktualisiert am 15. Februar 2024)

Am 5. Februar 2024 erschien in der Tageszeitung Mainpost (Würzburg) der Artikel Südseefahrer, Koch, Konditor und Schreiner: Das bewegte Leben des Ochsenfurters Carl Schiesser von Georg Menig mit weiteren Informationen zum Lebenslauf Carl Schiessers. Menig ist Hisoriker und Leiter des Stadtarchivs Ochsenfurt.

https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/suedseefahrer-koch-konditor-und-schreiner-das-bewegte-leben-des-ochsenfurters-carl-schiesser-art-11377826

Es bleiben aber weiterhin offene Fragen: Bei wem wohnte Schiesser in Paramatta? Welches Verhältnis bestand zwischen Schiesser und Glinz? Auf welchem Weg kamen die Fotoalben in die National Library nach Sydney?

Für alle Hinweise zu Carl Schiesser und seiner Familie sowie zu Friedrich Glinz, seiner Frau Maria und seiner Tochter Ursula im Voraus herzlichen Dank!